Neue point S: Wandel nach innen und Überzeugung nach außen
Nachdem point S in Deutschland siebeneinhalb Jahre von Doppelspitzen geführt wurde, setzt die Kooperation jetzt wieder auf einen einzigen Geschäftsführer: Rolf Körbler. Bis zur Abberufung von Mitgeschäftsführer Jürgen Benz im Dezember war Körbler für IT und Controlling zuständig. Unter seiner alleinigen Geschäftsführung soll sich nun einiges bei point S ändern. Etwa der Führungsstil und die interne Kommunikation, aber auch die Betreuung der Gesellschafter und der weitere Ausbau von „point S“ als Marke mit einer klaren Ausrichtung und einem hohen Wiedererkennungswert, außerdem die europäische Zusammenarbeit, die jetzt vertieft werden soll. Ganz oben auf der To-do-Liste sieht Rolf Körbler auch den weiteren Ausbau des Zentraleneinkaufs. In einem Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG erklärte er gemeinsam mit Jürgen Pischinger und Heinrich Steinmetz vom point-S-Gesellschafterrat, was die Zukunft für Deutschlands größte unabhängige Reifenhandelskooperation bringen soll.
War man zunächst noch davon ausgegangen, Rolf Körbler würde nur vorrübergehend alleiniger Geschäftsführer von point S Deutschland sein und schon bald wieder einen zweiten Geschäftsführer neben sich haben, hat sich der Gesellschafterrat mit Rolf Körbler allerdings für ein neues Führungsmodell entschieden. Nach den Jahren Maurer/Wrede (2004 bis 2008) und Benz/Körbler (2008 bis 2011) plant der Gesellschafterrat jetzt ausschließlich mit Rolf Körbler als Geschäftsführer. „Vorerst“, so sagen Jürgen Pischinger und Heinrich Steinmetz vom Gesellschafterrat, werde man „keinen zweiten Geschäftsführer berufen“.
Dass es sich bei Körbler um die ‚erste Wahl’ handelt, unterstreicht der Vorsitzende des Gesellschafterrates. Man sei sich „sehr sicher, dass wir mit Herrn Körbler gut zusammenarbeiten können“, so Pischinger. Dass Körbler als Geschäftsführer für die Zeit nach der Abberufung von Jürgen Benz im Dezember „gesetzt“ gewesen sei, unterstreicht auch Heinrich Steinmetz; es sei der „erklärte Wunsch“ des Gesellschafterrates gewesen. Auch wenn die Abberufung eines Geschäftsführers ohne eine erneute Ernennung natürlich Kostenvorteile für die point-S-Zentrale mit sich bringt, sind diese wohl eher nachrangig. Klar wird im Gespräch, dass der point-S-Gesellschafterrat und Rolf Körbler ein vertrauensvolles und vertrautes Miteinander pflegen, das auf dreieinhalb gemeinsame Jahre aufbauen kann. Folglich sollten in Bezug auf die Zusammenarbeit wenig offene Fragen bestehen. Man kennt sich, man schätzt sich und ist ‚auf einer Wellenlänge’, wenn man das so sagen kann. Dass Körbler nicht lange gezögert hat, bevor er sein Ja zu den Plänen des Gesellschafterrates gegeben hat, unterstreicht dies.
Wie der neue alleinige point-S-Geschäftsführer allerdings sagt, werde der Führungsstil in der Zentrale in Ober-Ramstadt künftig eher kooperativ geprägt sein. Bei der Kommunikation nach innen, „da sehe ich wirklich Verbesserungspotenzial“. Dass dies auch das Ergebnis einer gewissen Zweckmäßigkeit ist, sagt selbst Körbler, unterstreicht aber auch, dass es „meine Überzeugung ist, Mitarbeiter einzubinden“. Dieser neue „ganz andere Führungsstil“, bringe jetzt etwa die fünf Abteilungsleiter – IT, Einkauf, Controlling, Rechnungswesen, Marketing – zu regelmäßigen Besprechungen mit dem Geschäftsführer zusammen; es sollen Fragen besprochen und Abstimmungen getroffen werden. Auch der Gesellschafterrat findet, Körbler solle „Mitarbeitern die Freiräume für die eigene Entwicklung geben“, solle ihnen ihre „Entwicklungsfähigkeit“ ermöglichen.
Weil Körbler sich jetzt förmlich und formell ‚um alles’ in Ober-Ramstadt kümmern muss, erwarte er gleichzeitig – quasi im Gegenzug für eingeräumte neue Spielräume – auch die „Unterstützung der Kooperationszentrale“. Damit diese dafür optimal gerüstet ist, werde es künftig ein gewisses „Feintuning am Organigramm“ geben. Es soll etwa noch im Laufe dieses Jahres eine neue Stelle in der Zentrale geschaffen werden, und zwar die eines „Leiters operatives Geschäft“, der sich zusammen mit den bestehenden fünf Coaches um die Betreuung der Gesellschafter kümmern soll und mit dem man „qualitativ in die Fläche“ gehen wolle. „Wir können mehr als wir verkaufen“, sagt Heinrich Steinmetz und will den „großen Strauß an Leistungen“ durch eine „kontinuierliche Betreuung“ der Gesellschafter künftig noch unerlässlicher machen. Man wolle die Kommunikation mit den Gesellschaftern nicht verändern, denn „da wird es nichts Wesentliches zu ändern geben“, man wolle die Kommunikation aber durch die Neuausrichtung in der Kooperationszentrale intensivieren und noch weiter qualifizieren. So soll hier etwa auch das neue „Infoportal“ den point-S-Händlern einen großen Nutzen bringen. Dabei ist es den Verantwortlichen in der point-S-Zentrale besonders wichtig, betont Marketingleiter Stefan Brohs, das ein Austausch in verschiedene Richtungen stattfindet: zwischen der Zentrale, dem Händler und der Zentrale wie auch unter den Händler selbst.
„Das Thema ‚Marke’ haben wir in den vergangenen Jahren etwas vernachlässigt“, sagt Rolf Körbler. Folglich wolle man künftig die „Wiedererkennbarkeit der ‚Marke point S’ steigern“, weswegen aktuell auch eine Erhebung stattfindet, die Auskünfte über den Status quo der Marke geben soll. Auch in Zukunft soll „die Marke des Händlers und der point S gleichgestellt“ sein, unterstreicht der Geschäftsführer. Während die Bedeutung des Händlers und die des Unternehmensnamens vor Ort von zentraler Bedeutung sei, komme der Marke „point S“ eben überregional die zentrale Bedeutung zu. Die Bedeutung einer landesweiten „Markenidentität“ müsse stärker ins Bewusstsein der Händler gerückt werden. Wenn man dies verstehe, könne man von den Synergien der gemeinsamen Marke profitieren. Voraussetzung dafür sei etwa die „Außendarstellung der Betriebe als point-S-Partner“, so Heinrich Steinmetz. Man müsse dafür Sorge tragen, dass diese „vereinheitlicht“ werde bzw. gewissen Mindeststandards entspreche. Man könne natürlich keinen unabhängigen Reifenhändler zu irgendetwas zwingen, so Steinmetz weiter. Der Händler sollte dies „aus Überzeugung umsetzen“, nachdem man ihn zuvor mit Qualität überzeugt habe, erwartet Steinmetz und sieht dies als „freiwillige Selbstverpflichtung“, deren Umsetzung man zum Wohle der Kooperation auch kontrollieren müsse.
Ein weiteres zentrales Thema, mit dem sich der neue point-S-Geschäftsführer nun beschäftigen wird, ist die europäische Zusammenarbeit, die vertieft werden soll. Es gebe zwar aktuell noch weiße Flecken auf der europäischen point-S-Karte – Schweden und Spanien sind darunter die größten. Trotzdem: Nachdem man nun die „strategische Expansion“ europaweit auf der Zielgeraden wähnt und der „Expansionsdrang“ der Vergangenheit abebbt, wolle man sich jetzt mehr um die Vertiefung dieser Zusammenarbeit kümmern. So haben sich schon erstmalig die Mitglieder einer neuen deutsch-französischen Arbeitsgruppe getroffen. Dazu gehören neben den Geschäftsführern Rolf Körbler und Christophe Rollet (point S France) je zwei Vertreter der Gesellschafterräte – für Deutschland sind dies eben Jürgen Pischinger und Heinrich Steinmetz – sowie Fabien Bouquet (International Operations Director bei point S Development, Lyon). Nur die point-S-Gesellschaften in Deutschland und in Frankreich sind Gesellschafter von point S Development und halten je 50 Prozent der Anteile.
Rolf Körbler habe seinen Kollegen in Frankreich bereits einen Antrittsbesuch als neuer alleiniger Geschäftsführer von point S Deutschland abgestattet, sei „dankbar für die Aufnahme dort“ und lobt das „offene Verhältnis“ zu seinem Kollegen Christophe Rollet. In den vergangenen dreieinhalb Jahren hatte sich Ex-Geschäftsführer Jürgen Benz um die internationalen Geschäfte gekümmert und diese vorangetrieben. Mit seiner Abberufung in Deutschland wurde Benz außerdem von Rolf Körbler als Mitgeschäftsführer der point S Development abgelöst.
Das Ziel der neuen deutsch-französischen Arbeitsgruppe soll es sein, möglichst große Synergien aus der aktuellen Struktur in Europa für jede teilnehmende Landesgesellschaft zu erzielen. Man denke da an gemeinsame Marketingprojekt und auch an gemeinsame IT-Projekte entsprechend der bereits in Betrieb befindlichen europaweiten B2B-Handelsplattform für point-S-Händler namens „EIOS“ (European Internet Ordering Solutions). Insbesondere zähle zu den Projekten, die man künftig gemeinsam vorantreiben wolle, aber auch der Einkauf.
Beim Thema „Einkauf“ denken viele in Deutschland natürlich sofort an den seit zwei Jahren praktizierten und besonders propagierten „Zentraleneinkauf“. Wenn man auf europäischer Ebene über gemeinsame Projekte beim Einkauf spricht, bedeute dies „nicht notwendigerweise Zentraleneinkauf“, sagen die Verantwortlichen in Ober-Ramstadt. Es gibt zwar auch auf europäischer Ebene Rahmenverträge samt der dazugehörigen Konditionen mit verschiedenen Herstellern, einen europäischen Zentraleneinkauf allerdings gibt es derzeit nicht. Und es ist fraglich, ob und gegebenenfalls wann er kommen könnte.
Das Thema Zentraleneinkauf jedenfalls hat Rolf Körbler sich ebenfalls ganz oben auf seine To-do-Liste für Deutschland geschrieben; diesen wolle man in jedem Fall „weiter ausbauen“, komme darin doch „die Basis der Kooperation“ zum Ausdruck. Aktuell werden in Deutschland Reifen der Hersteller Continental, Bridgestone, Hankook, Pirelli und Vredestein (Pkw-Reifen; bei anderen Sortimenten kommen weitere Hersteller hinzu) über die Zentrale eingekauft und an die point-S-Gesellschafter weiterverkauft.
Für den Erfolg und die Akzeptanz des Zentraleneinkaufs von zentraler Bedeutung sei natürlich die Preisgestaltung dort. Der Zentraleneinkauf biete zwar über die dazugehörige Zentralfaktura und die einheitlichen, planbaren Preise auch große organisatorische Erleichterungen bis hin zur papierlosen Abwicklung von der Bestellung bis hin zur Bezahlung. Aber wenn point S nicht den Preis bieten kann, den die Gesellschafter etwa auf den üblichen Internetplattformen bekommen können, werden solche Vorteile zweitrangig. Und da die beiden vergangenen Jahre Verkäufermärkte mit hoher Preisstabilität waren, muss sich 2012 zeigen, inwiefern der zum Käufermarkt gedrehte Reifenmarkt dem point-S-Zentraleneinkauf zusetzt. Kaum ein Beobachter erwartet wirklich stabile Preise. Rolf Körbler wie auch Jürgen Pischinger und Heinrich Steinmetz sind sich aber sicher, dem „Prozess Zentraleneinkauf“ bereits genügend Schwung gegeben zu haben. arno.borchers@reifenpresse.de
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