Die Alliance Tire Group (ATG): Vielfalt
Während er fern des Unternehmens in Hannover auf der Agritechnica sei, werde mit großer Wahrscheinlichkeit das Sortiment der Alliance Tire Group (ATG) um eine weitere Ausführung erweitert, erklärt Dr. George Ronai, der das als Entwicklungschef wohl wissen sollte: Denn durchschnittlich etwa alle vier Tage werde das Produktsortiment des Unternehmens um eine Ausführung erweitert, und so lange sei er schon unterwegs. Alliance wird hierzulande und in weiteren europäischen Märkten immer in Zusammenhang mit dem großen Vertriebspartner Bohnenkamp gesehen, der seine Exklusivmarke ja auch nur wenige Meter entfernt positionierte, aber der hauseigene ATG-Messestand mag Ausdruck der Eigenständigkeit und Bedeutung des Unternehmens sein, von dem hiermit ein kleines „Update“ erfolgen soll, denn genau genommen ist das ja nicht mehr die „alte Alliance“, sondern hat sich zu einem neuen Unternehmen gewandelt.
Angefangen hat die ATG-Geschichte erst vor weniger als einem halben Jahrzehnt, als die amerikanische Investorengruppe Warburg Pincus und der indische Geschäftsmann Yogesh Mahansaria, den man von seinem Engagement beim Aufbau des Reifenherstellers BKT kannte, die schon seit Längerem zum Verkauf stehende israelische Alliance Tire übernahmen. Seitdem war die Unternehmensentwicklung furios: Ein Jahr nach Übernahme, wozu vor allem das Reifenwerk im nordisraelischen Hadera gehörte, machte sich der „Reifenmann“ Mahansaria bereits auf, ein völlig neue OTR-Reifenfabrik im südindischen Tamilnadu aus dem Boden zu stampfen; aktuell ist bereits die nächste Reifenfabrik ins Stadium konkreterer Planung getreten. 2009 war der nordamerikanische Reifenhersteller GPX, dem in Zeiten der von der „Lehman-Pleite“ ausgelösten Wirtschafts- und Finanzkrise der Boden unter den Füßen weggezogen worden war, zu haben, womit dem gerade einmal zwei Jahre alten neuen Unternehmen nicht nur ein komplementärer Wettbewerber zufiel, sondern mit Galaxy und Primex auch zwei neue Marken. Kann gut sein, dass aus der 3-Marken-Strategie bestehend aus Alliance, Galaxy und Primex eine mit vier Marken wird, denn auf dem Messestand in Hannover war auch das Kürzel ATC (steht für Alliance Tire Co.) zu sehen, was aber noch nicht ausdiskutiert zu sein scheint, denn für ihn stehe als Marke Alliance oben drüber, ASC sehe er eher eine Ebene darunter als Produktlinie, so Ronai.
Gleichwohl ist der Entwicklungschef aus Hadera nicht auf „seine“ Hausmarke fixiert, sondern erinnert daran, dass Galaxy in Nordamerika immerhin für einen Jahresumsatz von 150 Millionen US-$ stehe und in der Erstausrüstung einen guten Namen habe – genannt sei JCB. Freilich sei vieles im Fluss gewesen, musste Produktion aus der Fabrik Rumaguma, die im Rahmen der GPX-Insolvenz an Mitas fiel, und aus anderen Fabriken „umgeshiftet“ werden. So werden inzwischen Galaxy-Reifen in Indien und Primex-Reifen in Israel gefertigt. Mit der Marke Galaxy, die in Europa ja schon mal Bedeutung hatte, wolle man daran wieder anknüpfen. Und selbst für die hierzulande noch sehr weitgehend unbekannte Marke Primex kann sich George Ronai einen Platz im europäischen Markt, zum Beispiel im Forstsegment, vorstellen.
Aber die Hauptmarke ist und bleibt Alliance, vor allem im Flotationsegment sind die Reifen dieser Marke nicht wegzudenken. Wobei es inzwischen so manches mal heißt, „designed in Israel, produced in India“. Während das Werk in Hadera, das für eine Jahreskapazität von 35.000 Jahrestonnen steht, tendenziell eher auf „Highend“-Produkte ausgelegt wurde, steht Tamilnadu mit einer Jahreskapazität von etwa 50.000 Tonnen für höhere Losgrößen und Produkte mit einem besonders günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Im Sinne der weiteren Wettbewerbsoptimierung kann ATG auch auf Produktionskapazitäten in Höhe von 18.000 Jahrestonnen aus China-Fertigung zurückgreifen, die das Unternehmen seit der GPX-Akquisition ebenfalls nutzen kann. Zusammengenommen fertigt ATG monatlich etwa 85.000 Einheiten entsprechend eine Million Reifen jährlich.
Die drei aktuellen Marken, die derzeit für 160 verschiedene Reifentypen in 2.600 Ausführungen stehen, werden wie folgt voneinander abgegrenzt, jedenfalls tendenziell: Alliance steht für Hightech-Agrar- und -Forstreifen, agro-industrielle Einsätze, Flotationreifen radialer Bauart und Erntereifen; Galaxy ist fokussiert auf Bau-, Minen- (über- und untertage), Hafen- und Kompaktladerreifen; das Primex-Programm wiederum ist ausgerichtet an forstlichen und „Flotation“-Einsätzen sowie am OTR-Bereich, wenn es um preisgünstige Problemlösungen geht.
Die Alliance Tire Group hat in 2011 den Konzernumsatz von 336 Millionen US-Dollar im Vorjahr auf eine halbe Milliarde hochkatapultiert (die genaue Zahl liegt noch nicht vor) und ist dem Unternehmensziel damit näher gekommen, bis zum Jahre 2015 der drittgrößte Hersteller von AFC-Reifen (Agricultural, Forestry, Construction) zu werden und ein anerkannter Reifenlieferant in Nischen des EM-Marktes, womit Produkte für den Hafeneinsatz und den Untertagebau gemeint sind. Im Jahre 2010 waren 83 Prozent aller im Konzern hergestellten Reifen dem Kerngeschäftsfeld „Off Highway“ zuzurechnen, was sich aufteilt in 59 Prozent für die Landwirtschaft, 28 Prozent für Bau-, sieben Prozent für Forst- und sechs Prozent für Erdbewegungsmaschinen. Die überragenden Absatzmärkte waren Europa (46 Prozent) und die Vereinigten Staaten (39 Prozent), aufs Ersatzgeschäft entfielen 89, auf die Erstausrüstung elf Prozent. detlef.vogt@reifenpresse.de
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