Wo sind all die Reifen hin?
Das öffentliche Echo auf eine Verlautbarung des BRV, wonach für die jetzt beginnende Saison um 19 Prozent höhere Bestände im Reifenhandel vorhanden sein müssten als im Vorjahr, war, wie es kommen musste. Händler, deren Lebenswirklichkeit sich eben – aus welchen Gründen auch immer – mit der statistischen Gesamtmarktrealität nur begrenzt in Einklang bringen lässt, haben sich zuhauf zu Wort gemeldet. Der Reifenhandelsverband versucht nun noch einmal Klarheit in die Berechnung zu bringen und übermittelt dazu einen „Vermerk“ an die NEUE REIFENZEITUNG. Die „aktualisierte Liefer-/Warenverfügbarkeitssituation bei Winterreifen zum Stand 11.10.2011“, heißt es da, wird demnach durch ein Plus in Höhe von 6,8 Prozent bei den Sell-in-Zahlen laut ETRMA per Ende September sowie einem Minus von 12,2 Prozent bei den Sell-out-Zahlen laut WdK per Ende September im Vergleich zum Vorjahr berechnet. In der Summe – weniger Verkäufe und mehr Einkäufe – ergebe sich folglich „rein rechnerisch ein Bestandsaufbau an Winterreifen beim Handel (über alle Distributionsstufen und -kanäle) von plus 19 Prozent“, so der BRV. „Damit ist der Handel für dieses Jahr bestandsseitig gut gerüstet für das laufende Winterreifengeschäft“, betont der BRV noch einmal und verweist außerdem auf die Tatsachen, dass bereits im September – also bevor die oben genannten Zahlen erhoben wurden – deutlich mehr Winterreifen (plus 15 Prozent) verkauft wurden als im Vorjahresmonat und dass kaum eine der Prognosen davon ausgeht, die Saison 2011/2012 werde ein weiteres Rekordjahr wie 2010/2011. Gegenüber dem Vorjahr könnte der Markt sogar um bis zum 19,3 Prozent schrumpfen, so die Befürchtung. Dennoch fragen sich viele Marktteilnehmer: Wo sind all die Reifen hin?
In der Annahme, dass die Berechnungen des BRV durchaus fundiert sind, gibt es allerdings eine durchaus qualifizierte Einschränkung zur Feststellung eines Nicht-Problems, die auch der Verband machen muss. Es kann zwar „derzeit für den Markt gesamt (über alle Distributionsstufen und –kanäle) keine generelle Liefer-/Warenverfügbarkeitsproblematik bei Winterreifen nachvollzogen werden“, so der Verband in seinem Vermerk weiter. „Wohlwissend“ allerdings, „dass ggfs. existente Steuerungsprobleme sowohl die einzelnen Distributionsstufen als auch die Distributionskanäle betreffend damit nicht abgebildet werden können.“ Mit anderen Worten: Wenn es ein Problem gibt, dann handelt es sich dabei um ein Verteilungsproblem mit vielleicht logistischen Ursprüngen in der Lieferkette und kein generelles Liefer-/Warenverfügbarkeitsproblem. Die Reifen, die im Reifenhandel also so dringend benötigt werden, liegen also vielleicht im Reifengroßhandel, in Autohäusern, Fachmärkten, bei B2C-Vermarktern oder – die Verschwörungstheorie lässt grüßen – Hersteller haben die Reifen eben nicht ‚gleichmäßig’ verteilt sondern beim Sell-out die ihnen nahestehenden Organisationen bevorzugt. Am Ende der laufenden Saison wird man wissen, wer lieferfähig war und auf den entsprechenden Plattformen stets ein umfangreiches Angebot machen konnte. ab
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