Pirelli ist auch bei Lkw-Reifen eine Premiummarke
Hierzulande ist Pirelli bei Lkw-Reifen ein „Nischen-Player“ – das lässt sich nicht wegdiskutieren. Aber erstens ist das in vielen anderen Reifenmärkten ganz anders und Pirelli dort mit Produkten, die dem Premiumbereich zugerechnet werden, an der Spitze des Marktes: so im Mittelmeerraum, vor allem aber in Südamerika. Und zweitens schickt sich Pirelli auch nördlich der Alpen an, das Nischendasein zu verlassen – wozu es einerseits ausgezeichneter Produkte bedarf und andererseits eines Service, der sich mit den Etablierten des Marktes messen lassen kann.
Wobei der internationale Reifenhersteller mit Sitz in Italien auch im Nutzfahrzeugreifenbereich (siehe auch an anderer Stelle in dieser Ausgabe) durchaus lange und kräftige Wurzeln hat, denn Pirelli feiert 100 Jahre Erfahrung im Lkw-Bereich. Dazu präsentiert das Unternehmen drei neue Reifenlinien für den Einsatz im Winter (siehe bereits NEUE REIFENZEITUNG 9/11), im Fernverkehr sowie auf Schotter und Kies. Die drei Produktreihen komplettieren die Serie:01.
Die drei Reifenlinien wurden speziell entwickelt für den Einsatz
– bei harten winterlichen Witterungsbedingungen (FW:01 und TW:01),
– im Fernlastverkehr (FH:01 und TH:01) und
– auf Baumaschinen (FG:01 und TG:01).
Die Reifen wurden eigens dafür entwickelt, den hohen Anforderungen der verladenden Wirtschaft in den Kategorien Sicherheit, ökologische Nachhaltigkeit, Verschleiß und Wirtschaftlichkeit zu entsprechen.
In einer Präsentation aus Anlass der Vorstellung der genannten Produkte betont Alberto Pirelli, Stellvertretender Chairman des Pirelli-Konzerns, die soziale Verantwortung des Reifenherstellers, die in der modernen Unternehmenskultur Corporate Social Responsibility (CSR) genannt wird und die in dem Unternehmen, das seinen Namen trägt, einerseits intern gelebt werde, aber beispielsweise auch ein Anspruch sei, der an die Zulieferer und Geschäftspartner herangetragen werde. Pirelli setzt viel Geld ein, um Ressourcen wie Wasser und Energie einzusparen – und schon heute könnte etwa jeder zweite von Pirelli hergestellte Reifen den Anspruch an „Green Performance“ erfüllen. Weitere Projekte – wie beispielhaft von Alberto Pirelli genannt Silica aus Reisabfällen – seien initiiert. Diese hehren Umweltansprüche verfolgt Pirelli nicht nur bei Pkw-, sondern auch bei Lkw-Reifen – wie der Serie:01.
Die Markteinführung der jüngsten Mitglieder der Serie:01 erfolgte im türkischen Izmit. Dort befindet sich Pirellis weltweit größtes Reifenwerk, das nicht allein auf Reifen für mittelschwere und schwere Nutzfahrzeuge spezialisiert ist, sondern auch auf Pkw- und Motorsportreifen. Insgesamt werden in der 1962 eingeweihten Fabrik jährlich etwa acht Millionen Reifen gefertigt, davon ca. 250.000 für den Motorsport (inklusive Formel 1 und GP2 sowie GP3, aber selbst für anspruchsvolle Motorradrennserien) und 1,8 Millionen Lkw-Reifen. Darüber hinaus produziert Pirelli in der Türkei nach wie vor Landwirtschaftsreifen und in Izmit Stahlkord.
Für die Wahl des Veranstaltungsortes gab es gute Gründe: Zum einen gehört die Türkei als Fertigungsstandort wie als Absatzmarkt zu den wichtigsten Ländern für den Lkw-Bereich des Konzerns. Zum anderen zählt die Türkei zu den Ländern, die in den vergangenen Jahrzehnten am meisten dazu beigetragen haben, die Marke Pirelli in den internationalen Lkw-Märkten zu etablieren.
Seit im Jahre 1911 der erste Lkw-Reifen, der historische Ercole 1000 x 150, sein Debüt auf einer Pirelli-Preisliste gab, expandiert der Geschäftsbereich Lkw. Heute betreibt er sechs Fertigungsstätten. Je ein Werk befindet sich in der Türkei, in Italien, in Ägypten und in China. In Brasilien produzieren zwei Werke Lkw-Reifen. Sämtliche Produktionsstätten des Geschäftsbereichs entsprechen den Pirelli-Standards moderner Fertigungstechnologie. Sie werden von den Forschungs- und Entwicklungszentren in Izmit, Santo Andrè (Brasilien), Yanzhou (China) and Mailand unterstützt. Dies garantiert eine Reifenentwicklung, die auf die unterschiedlichen Erfordernisse der verschiedenen Märkte zugeschnitten ist. 95 Prozent aller Pirelli-Lkw-Reifen werden in Ländern hergestellt, die der strategischen Ausrichtung des Konzerns auf Wachstumsmärkte und kostengünstige Produktion entsprechen. Die verbleibenden etwa fünf Prozent entfallen auf den italienischen Standort Settimo bei Turin, der damit in etwa einen ähnlichen Status hat wie dereinst Stöcken für Continental über die Produktionsstätte hinaus als verlängerter Arm von Forschung und Entwicklung.
Die weltweite Wachstumsstrategie der vergangenen Jahre hat es dem Geschäftsbereich Lkw ermöglicht, seinen Status in den traditionellen Märkten zu halten und in den Boom-Märkten zu expandieren. Besonders dank der jüngsten Investitionen in Brasilien und China verfügt der Geschäftsbereich über wettbewerbsfähige Produktionswerke. Deren Kapazitäten reichen aus, um dem steigenden Bedarf an Nutzfahrzeugreifen gerecht zu werden, der in Wirtschaftsgebieten mit hohen Zuwachsraten besonders stark ausgeprägt ist. Diese Strategie soll Pirelli eine führende Position in einigen dieser Märkte sichern. Zu ihnen gehören die Länder des Mittelmeerbeckens – in erster Linie die Türkei und Ägypten – sowie Südamerikas.
Die Winterreifen W:01 kreierte Pirellis Forschungs- und Entwicklungsabteilung, um auf nassen, verschneiten und vereisten Straßen sowie bei Temperaturen unter vier Grad Celsius hohe Performance zu gewährleisten. Gerade dieses Produkt dürfte überwiegend von nationalen Verkaufsorganisationen wie Pirelli Deutschland herbeigesehnt worden sein.
Ein geringer Rollwiderstand, ein geräuscharmer Lauf sowie eine hohe Laufleistung werden als die herausragenden Merkmale der Straßenreifen H:01 für Fernverkehrsfahrzeuge bezeichnet, die auf Autobahnen und Landstraßen unterwegs sind. Aktuell während der Produktvorstellung lief auf Fahrzeugen der Spedition Jens Thomsen (Gudendorf/Schleswig-Holstein) ein Praxistest im Fernverkehrseinsatz. Die Spedition verfügt über etwa 170 Zugfahrzeuge sowie Trailer und ist spezialisiert auf Einsätze bis in den skandinavischen Raum. Für Baustellenfahrzeuge, die sowohl auf der Straße als auch auf der Baustelle vor Ort eingesetzt werden, hat Pirelli die G:01-Schotterreifen entwickelt. Sie sind besonders abriebfest ausgelegt und dürften daher eine hohe Laufleistung versprechen.
Wie sämtliche Reifen der Serie:01, so sind auch die drei neuen Produktlinien mit der jüngsten Generation der SATT-Technologie (Spiral Advanced Technology for Truck) ausgestattet. Diese biete – so der Hersteller – eine längere Haltbarkeit, eine sehr gute Runderneuerbarkeit, extreme Verschleißbeständigkeit und eine verbesserte Lenkpräzision. Die Mischung und das Profil wurden mit Blick auf die in verschiedenen Einsatzbereichen benötigten Leistungsmerkmale entwickelt. Bei sämtlichen Linien der Serie:01 kennzeichnen die „ECOIMPACT“-Symbole auf der Reifenflanke die Einsatzvorteile der Pneus.
Parallel zur Markteinführung der neuen Reifenpalette erweitert Pirelli die integrierten Serviceleistungen, mit denen der Konzern Frachtunternehmen unterstützen will. So hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren ein Reifenrunderneuerungssystem eingeführt, das auf einem Netzwerk von zertifizierten Runderneuerern basiert, die selbst bei mehrfacherer Runderneuerung der Reifen Spitzenqualität garantieren soll. Zudem hat Pirelli vor Kurzem den Pannendienst CQ24 International erweitert, der seine Dienste in ganz Europa und in der Türkei anbietet. Er ist darauf spezialisiert, Fahrzeuge so schnell wie möglich wieder fahrtüchtig zu machen. Im Einzelnen:
Der Pannendienst
CQ24 International heißt Pirellis Pannendienst für Nutzfahrzeuge. Ein Anruf sollte garantieren, dass alle Komplikationen beseitigt werden, die aus der Panne eines Lkw resultieren. Zu jeder Tages- und Nachtzeit, 365 Tage im Jahr, überall in Europa. CQ24 International bietet aber nicht nur einen 24-Stunden-Notrufdienst, sondern unterstützt zugleich das Flottenmanagement. Denn der Service ermöglicht eine genaue Planung der Ersatzteil- und Arbeitskosten, verknüpft mit der Garantie kurzer Reparaturzeiten und effizienter Betriebsabläufe. Der Reifenhersteller nennt folgende Vorteile:
Schnelle Reaktionszeiten
– Für den Notruf muss lediglich eine europaweit einheitliche Telefonnummer gewählt werden, die auf der Servicekarte steht.
– Der Mitarbeiter in der Notrufzentrale antwortet in der Sprache des Anrufers (Muttersprachler).
– Die Überprüfung der Kraftfahrzeugkennzeichen erfolgt über eine eigens dafür entwickelte Website.
Schnelles Handeln
– Die Anfrage wird vom Callcenter erfasst.
– Daraufhin erhalten der Fahrer (per SMS) und die Flotte (per E-Mail) sofort einen Hinweis über die benötigte Zeit bis zum Eintreffen am Pannenfahrzeug.
– Ein Servicewagen bricht zum Ort der Panne auf – oder der Fahrer erhält über das Internet Hilfe, wie er die nächstgelegene Werkstatt erreichen kann.
– Spätestens nach zwei Stunden ist ein Servicewagen am Ort der Fahrzeugpanne. Anderenfalls entfällt die Gebühr für das Abrufen der Leistung.
– Vor Ort erfolgt die Montage eines neuen Reifens oder des Reserverads.
– Das Arbeitsblatt wird vom Fahrer unterzeichnet.
Computerbasiertes Verfahrensmanagement
– Zeitnaher Bericht über den aktuellen Status der Panne auf der Website und per E-Mail an die Flotte.
– Flottenabrechnung gemäß der europäischen Preisliste.
– Keine Papierdokumente, sondern komplette Onlineabwicklung: Kosten, Rechnungstellung, Bezahlung.
– Jede Flotte kann auf der Website die Aufzeichnungen der für sie erbrachten Leistungen einsehen.
Sicherheit und professionelle Kompetenz
Pirelli verfügt über ein ausgewähltes Netz von mehr als 5.000 Reifenhändlern, die sämtliche Straßen Europas und der Türkei im Blick haben und erreichen können.
Das Runderneuerungssystem „Life Cycle Management“
Einheitliche Pirelli-Qualität für jede Lebensphase des Reifens. – Dies ist das Ziel von Pirellis Runderneuerungssystem „Life Cycle Management“, das für jeden Reifen aus dem Produktportfolio des Konzerns bereitsteht. Dies Runderneuerungssystem soll einen steigenden Karkassenwert mit Hilfe von drei Hauptelementen erzielen: Reifenkonzept und Produktqualität, ein optimierter Bereich der Novateck-Linie und ein ausgewähltes Netzwerk von Runderneuerern.
Die Möglichkeit der Runderneuerung von Reifen beginnt mit der Qualität der Reifengestaltung und der verwendeten Materialien. Die Gestaltung des Reifens wird zum entscheidenden Faktor. Pirelli verbessert die Runderneuerbarkeit der Karkassen beginnend mit dem Karkassenentwurf und der Auswahl von neuen Reifenmaterialien. Tatsächlich müssen sämtliche Bestandteile, die während der gesamten Lebensdauer des Reifens Einfluss auf ihn haben, berücksichtigt werden, um eine höhere Runderneuerbarkeit zu sichern.
Das Runderneuerungssystem nutzt vorgeformte Laufstreifen von Novateck mit originalen Pirelli-Laufflächenprofilen. Dadurch dürfte die Interaktion zwischen Laufflächenprofil und Karkasse selbst nach der Runderneuerung unverändert bleiben.
Anhand definierter Qualitätsprüfungen hat Pirelli Runderneuerer ausgewählt, um den Kunden einen qualitativ hohen Runderneuerungsprozess zu bieten. Das Unternehmen gewährleistet die Qualitätsüberwachung bei der Auswahl der Karkassen sowie beim Prozess der Runderneuerung durch den Runderneuerer. Derzeit (Stand September 2011) gehören 26 Runderneuerer in Europa und 88 in Südamerika zum Netzwerk.
Das Flottenmanagement
Der „Pirelli Flotten Check“ ist eine eigens für Flotten entwickelte Softwareanwendung. Sie soll ein komfortables Management der Reifenbestände ermöglichen und den Verantwortlichen zudem hochentwickelte Systeme zur Kontrolle des Reifenfülldrucks und der Profiltiefe bieten. Die erfassten Werte überträgt ein Taschen-Computer (PDA) in die zentrale Datenbank der Flotte und ermöglicht so das Erstellen eines umfassenden Reifeninspektionsberichtes: montierte Reifen, ersetzte Reifen, Gründe für den Reifenersatz, Lagerbestände, Onlineanalyse der Betriebskosten, Performanceanalysen, Reifenprüfungen.
Pirelli entwickelte die Anwendung in Großbritannien gemeinsam mit dem Partnerunternehmen Cadnet Solutions. Derzeit wird sie in Großbritannien, in der Türkei sowie in Südamerika von Flotten eingesetzt, die Pirelli betreut. Demnächst wird die Anwendung auch in Italien eingesetzt.
Das Reifenkontrollsystem
Wenn sie neue Produkte der Serie:01 testet, dann nutzt die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Pirelli ein elektronisches System, um den Reifenfülldruck und die Temperatur zu kontrollieren. Es kann die Laufleistung messen und Daten, die von einem im Reifen angebrachten Sensor übertragen werden, an einen Palmtop-Receiver weiterleiten (Reifenkontrollsystem).
Das System nutzt die Funkübertragung im Hochfrequenzbereich und signalisiert den Verlust von Reifenfülldruck. Dabei hat jeder Sensor, der in einem Reifen platziert wurde, seine eigene Identifikationsnummer.
Diese Lösung bietet erstens mehr Sicherheit (fast zehn Prozent sämtlicher Straßenunfälle werden durch Reifen mit zu geringem Fülldruck verursacht), zweitens Kraftstoffersparnis (fährt ein Reifen mit sieben Bar Fülldruck statt mit den vorgegebenen neun Bar, dann steigt sein Spritverbrauch auf Grund des erhöhten Rollwiderstandes um fünf Prozent) und drittens einen längeren Produktlebenszyklus (geringerer Reifenverschleiß).
Stets darauf zu achten, dass die Reifen einer Flotte mit einem korrekten Reifenfülldruck fahren, erhöht das Bewusstsein aller Transportunternehmer für das Thema Sicherheit. Das ist umso wichtiger, wenn man bedenkt, dass allein in Europa 75 Prozent der Lkw mit Reifen fahren, deren Luftfülldruck unterhalb des empfohlenen Wertes liegt. Weitere 15 Prozent der schweren Fahrzeuge sind mit Reifen unterwegs, die sogar die gesetzliche Vorgabe unterschreiten. detlef.vogt@reifenpresse.de
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