„Pilot Road 3“ Nachfolger, nicht Ablösung von „Pilot Road“/„Pilot Road 2“
Nicht lange nach der Intermot im Herbst vergangenen Jahres hatte Michelin den neuen Sporttouringreifen „Pilot Road 3“ angekündigt. Seit Beginn des Jahres ist er zwar schon im Handel, doch die offizielle Präsentation des Motorradreifens fand nichtsdestoweniger erst kürzlich statt. Eigens dazu hatte der französische Hersteller den 23. März zum „Tag der Innovationen“ erklärt und den Nachfolger des 2002 eingeführten „Pilot Road“ sowie des fünf Jahre später gefolgten „Pilot Road 2“ der Fachpresse vorgestellt.
Denn neu ist nicht nur der Motorradreifen – auch mit der Art seiner Präsentation hat das Unternehmen Neuland beschritten. Michelin setzte dabei auf eine „virtuelle Pressekonferenz“, bei der Hubert Hannezo, Leiter der Produktlinie Zweirad weltweit bei dem Reifenhersteller, sowie Pierre Fraisse, Direktor Entwicklung Zweirad bei Michelin, von Paris (Frankreich) aus via interaktiver Satellitenkonferenzschaltung mit Journalisten in elf europäischen Ländern verbunden waren. Damit nicht genug, hat man darüber hinaus durchaus noch weitere Neuerungen zu bieten gehabt: zwei Michelin-Reiseführer unter dem Titel „Mit dem Motorrad durch die Alpen“ bzw. „90 virées à moto – France 2011“ sowie eine sich speziell an Motorradfahrer richtende Internetseite unter der Adresse www.michelinpilotroad3.com.
Damit will das Unternehmen eigenen Worten zufolge einen Beitrag zur Verbesserung der weltweiten Mobilität leisten. Die Seite steht in sechs Sprachen zur Verfügung (Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch und Japanisch) und soll interessierten Bikern/Internetsurfern umfangreiche Services bieten. Unter anderem ist geplant, dort die Roadmaps der beiden Michelin-Motorradreiseführer online zu stellen, damit sie dann heruntergeladen, erprobt und kommentiert werden können. Außerdem finden sich auf der Website abgesehen davon natürlich beispielsweise noch Produktinformationen, technische Erläuterungen und Kurzvideos. Klar dürfte selbstredend sein, dass Michelin dort vor allem auch die Eigenschaften des „Pilot Road 3“ ins rechte Licht zur rücken weiß.
Dabei soll der aktuelle Tourensportreifen seine(n) Vorgänger vor allem in puncto Nassgrip deutlich übertreffen. Nach einem entsprechenden, beim Dekra Testcenter in Aufrag gegebenen Vergleich mit dem „Pilot Road 2“ ist etwa von einem um durchschnittlich zweieinhalb Meter kürzeren Bremsweg (aus 50 km/h bis zum Stillstand) auf nasser Fahrbahn die Rede. Auf besonders rutschigen Fahrbahnbelägen soll eine mit dem „Pilot Road 3“ bereifte Maschine sogar bis zu fünf Meter früher zum Stillstand kommen als wenn dessen Vorläufer an dem Motorrad montiert ist. „Und bei einer Bremsung aus einer höheren Geschwindigkeit beispielsweise von 70 km/h verdoppelt sich der Vorteil noch weiter“, meint Eric Leyval, Entwicklungsleiter Motorradreifen weltweit bei Michelin. All dies habe man realisieren können, ohne gleichzeitig Abstriche in Sachen Laufleistung hinnehmen zu müssen, erklärt Fraisse.
Als ein Schlüssel dazu wird die neue „XST“ (steht für X Sipe Technology) bezeichnete Lamellentechnologie beschrieben. Dahinter verbirgt sich Herstelleraussagen zufolge eine Kombination aus Lamellen und exakt definierten Profilrillen, um einerseits bei nasser Fahrbahn den Wasserfilm zu durchschneiden und andererseits gleichzeitig das Wasser nach außen abzuleiten. Zwecks Optimierung des Ganzen wurden zudem kleine sogenannte „Wasserspeicherbecken“ ins Profil integriert – sie erhöhen laut Michelin die Wasserverdrängung und verstärken die Effizienz der Lamellen. Dieser Ansatz verleiht dem „Pilot Road 3“ zugleich ein für Motorradreifen eher ungewöhnliches Profilbild. „Anfangs waren wir sehr skeptisch, ob dieses Profildesign bei den Motorradfahrern ankommen wird“, gibt Jürgen Ihl, Leiter des Geschäftsbereiches Zweiradreifen ASA/Zentraleuropa bei Michelin, frank und frei zu. „Doch nach der bisherigen Resonanz unter anderem bei den Frühjahrsmessen stellen wir fest, dass das Aussehen des Reifens doch sehr positiv aufgenommen wird“, ergänzt er.
Augenscheinlich werde das Profil gerade wegen seines für einen Motorradreifen ungewohnten Aussehens als etwas ganz Besonderes bzw. Individuelles wahrgenommen, erklärt Ihle sich dieses Phänomen unter gleichzeitigem Verweis auf eine hohe Nachfrage nach dem neuen Produkt aus dem Markt. Das kann – wie übrigens schon sein Vorläufer – mit einer Zweikomponentenlaufflächenmischung aufwarten, für die bei Michelin das Kürzel „2CT“ steht. Eine weichere Gummimischung im Schulterbereich der Lauffläche ist dabei für die Verbesserung der Haftung in Kurven, eine verkürzte Aufwärmphase sowie ein Plus an Nassgrip auf unterschiedlichen Fahrbahnbelägen zuständig, während eine widerstandsfähigere Mischung in der Reifenmitte für die Übertragung der Antriebs- und Bremskräfte sowie eine hohe Lebensdauer verantwortlich zeichnet. „Der neue Sporttouringreifen wird allen Motorradfahrern zugutekommen, die sowohl bei Fahrspaß, Grip, Langlebigkeit und Fahrverhalten keine Kompromisse eingehen wollen“, verspricht der Reifenhersteller.
„Das Profil des ‚Pilot Road 3’ ist mit drei Patenten geschützt. Die Lamellen reichen bis zum Profilgrund und ermöglichen dadurch gleichbleibende Fahreigenschaften über die gesamte Lebensdauer. Die in einem Winkel von 15 Grad quer eingeschnittenen Lamellen begünstigen die gleichmäßige Abnutzung des Reifens“, fügt Fraisse hinzu. „Der neue Reifen ist ein Weltprodukt: Er wird auf allen Kontinenten angeboten“, erklärt Hannezo. Für das Marktsegment, in dem die dritte Ausgabe des „Pilot Road“ positioniert wird, erwartet das Unternehmen nach seinen Worten ein weiteres Wachstum. In den Jahren 2004 bis 2010 sei der europäische Markt für Motorradradialreifen im Sporttourersegment überdurchschnittlich um 31 Prozent gewachsen, und dieser Trend werde sich – sagt er – auch in diesem Jahr mit einem Anstieg von voraussichtlich sieben Prozent weiter fortsetzen. Mit Blick auf den deutschen Markt wird 2011 mit dem Überschreiten der 400.000-Einheiten-Grenze gerechnet, nachdem im vergangenen Jahr über 360.000 Reifen in diesem Segment verkauft worden sein sollen.
Wie dem auch sei: Seit Anfang des Jahres ist der Neue jedenfalls in zunächst neun Größen erhältlich. Bis August werden laut Michelin aber noch einmal sieben weitere Dimensionen – darunter auch eine für leistungsstarke Reiseenduros – das Produktprogramm ergänzen, sodass das Angebot dann die Größen 110/70 ZR17 (54W), 110/80 ZR18 (58W), 120/60 ZR17 (55W), 120/70 ZR17 (58W), 120/70 ZR18 (59W) und 110/80 R19 59V für das Vorderrad sowie 150/70 ZR17 (69W), 160/60 ZR17 (69W), 160/60 ZR18 (70W), 170/60 ZR17 (72W), 180/55 ZR17 (73W), 190/50 ZR17 (73W), 190/55 ZR17 (75W) und 150/70 R17 69V für das Hinterrad umfassen wird. Wie es vonseiten des Unternehmens übrigens heißt, ist der „Pilot Road 3“ zwar der Nachfolger seiner Vorversionen, doch trotzdem nicht deren Ablösung: Sowohl der „Pilot Road“ als auch der „Pilot Road 2“ sollen demnach im Michelin-Programm weitergeführt werden.
„Noch ist die Nachfrage nach diesen beiden Modellen so hoch, dass sich deren Produktion weiter rechnet“, erklärt Jürgen Ihl. Für den Hersteller eröffne sich so die Möglichkeit, die Motorrad fahrende Klientel mit Produkten auf unterschiedlichem (Preis-)Niveau bedienen zu können. Die einzelnen Produktlinien würden „zu unterschiedlichen Preisen entsprechend den unterschiedlichen Budgets der Kunden“ weiter angeboten, erklärt Hubert Hannezo die dahinter stehende Strategie. Insofern dürfte also der Verkaufpreis für die dritte „Pilot-Road“-Generation über dem seiner Vorgänger liegen. „Der Preis ist etwas, was wir im Auge behalten“, gibt sich Hannezo auf konkrete Nachfrage diesbezüglich zunächst recht unverbindlich, ergänzt dann aber, dass im Vergleich mit dem „Pilot Road 2“ wohl mit einem Plus in der Größenordnung von drei bis vier Prozent zu rechnen sei. christian.marx@reifenpresse.de
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