Laurent Reifen verkauft „so viel Reifen wie noch nie“
Auch die Laurent Reifen GmbH konnte – nach krisenbedingten Rückgängen in 2009 – im vergangenen Jahr wieder auf Wachstum setzen. Während der Runderneuerer laut Jahresabschluss im Krisenjahr immerhin über 80.000 runderneuerte Lkw-Reifen absetzte und dabei seine Lagerbestände verringerte, stiegen die Absätze im vergangenen Jahr wieder „deutlich zweistellig; wir haben so viel Reifen verkauft wie noch nie zuvor“, sagt Vertriebsleiter Dirk Schierhorn im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG. Der zur Michelin-Gruppe gehörende Runderneuerer hat die wirtschaftliche Erholung im vergangenen Jahr unter anderem auch dazu genutzt, das Unternehmen auf weitere Marktveränderungen einzustellen.
Wie viele Unternehmen der Runderneuerungsbranche, so hat auch Laurent Reifen mit Sitz in Oranienburg bei Berlin das vergangene Jahr dazu genutzt, sich auf die sich ständig ändernden Wettbewerbsbedingungen einzustellen. Hier sei insbesondere der sich stets fortsetzende Trend hin zur Runderneuerung von Wulst zu Wulst zu nennen, die einen gut gemachten runderneuerten Reifen nicht nur von seinen Leistungsparametern, sondern auch von seinem Aussehen her recht nah an Neureifen heranbringt. Hatte der Heißrunderneuerer Laurent Reifen – macht einen Anteil von rund 80 Prozent aller Runderneuerten im Hause aus – auch bisher schon auf die Flankenbelegung gesetzt, „wenn die Form dafür prädestiniert war“, so Schierhorn – die Halbflankenbelegung war dabei eher die Ausnahme –, so hatte das zur Michelin-Gruppe gehörende Unternehmen im vergangenen Jahr einen sechsstelligen Betrag in eine teilautomatisierte Flankenbelegung investiert; das Flankenband reicht nun von der Wulst bis zur Reifenschulter.
Dies bietet Laurent Reifen vor allem einen zentralen Vorteil: Der Kunde blickt nicht ständig auf den Namen des Herstellers, aus dessen Hause die runderneuerte Karkasse stammt. Vielmehr kann der industrielle Runderneuerer die Seitenwand in ihrer „perfekten Optik“ nutzen, um sich dort mit einem eigenen Markennamen zu verewigen. „Der Kunde kauft dann Pneu-Laurent-Reifen“, so Vertriebsleiter Schierhorn. Hier muss erwähnt werden, dass Laurent Reifen beinahe ausschließlich Karkassen runderneuert, die nicht vom französischen Mutterkonzern stammen.
Auf die Wulst-zu-Wulst-Runderneuerung setzt man bei Laurent Reifen große Stücke. Wie Produktionsleiter Bernhard Huppert sagt, sei der Trend eindeutig. In den kommenden Jahren werden 100 Prozent der Heißrunderneuerten auch eine neue Flanke mit dem Schriftzug „Pneu Laurent“ erhalten. Dabei wird man in Zukunft nicht mehr die bekannte Serifenschrift nehmen, sondern eine Schriftart in Versalien nehmen, die der auf der Michelin-Seitenwand nicht unähnlich ist.
Dass die Einführung nicht auf einen Schlag nach der grundsätzlichen Entscheidung stattfinden könne, sei den Kosten durch neue Formen und Seitenwandspiegel geschuldet. Laut Dirk Schierhorn sollen alle neu eingeführten Profile im Vollformverfahren erneuert werden. Eine rückwirkende Einführung für bereits am Markt etablierten Produkte sei selbst für gängige Produkte nicht angedacht, so der Verkaufsleiter weiter. Die Umstellung soll „möglichst schnell“ vonstatten gehen, so Schierhorn, und rechnet mit wenigstens fünf Jahren für die vollständige Markteinführung. Es gibt übrigens heute bereits Profile, die in einer Wulst-zu-Wulst-Version wie auch in einer herkömmlichen Runderneuerung erhältlich sind – je nach Karkasse. Laurent Reifen bietet dabei beide Produkte zu identischen Preisen an.
Im Mittelpunkt der Vertriebs- und Karkassenbeschaffungsstrategie steht der enge Kontakt zum Kunden. Laurent Reifen hat derzeit zehn Lkw-Züge mit 20 Trailern in einem 700-Kilometer-Radius um das Werk im Einsatz. Wie Dirk Schierhorn erklärt, sollen demnächst zwei weitere Züge und somit auch zwei weitere Fahrer eingestellt werden, die nicht nur die runderneuerten (Kunden-)Karkassen ausliefern, sondern die sich insbesondere auch um die Beschaffung von hochwertigen, runderneuerungsfähigen Karkassen kümmern sollen. Die Verfügbarkeit von solchen Karkassen hat sich in den vergangenen beiden Jahren zu einem echten Wettbewerbsfaktor entwickelt.
Laurent Reifen hat derzeit zehn Lkw-Züge mit 20 Trailern in einem 700-Kilometer-Radius um das Werk im Einsatz; es sollen demnächst zwei weitere Züge und somit auch zwei weitere Fahrer eingestellt werden
Es ist die globale Finanz- und Wirtschaftskrise mit den dramatisch zurückgegangenen Neuzulassungen bei Lkws in den Jahren 2008 und insbesondere 2009, die heute die Verfügbarkeit von Karkassen – also abgefahrenen Lkw-Reifen – stark beeinflusst. Dass parallel dazu die Nachfrage nach China-Reifen deutlich zurückging und der entsprechende Bedarf durch runderneuerungsfähige Reifen aus europäischer Produktion ersetzt wurde, hat die Karkassenknappheit am Markt nur geringfügig verbessert. Folglich, so Schierhorn, müsse ein Unternehmen wie Laurent Reifen in die reibungslose Versorgung mit hochwertigen Karkassen investieren. Die Nähe zum Kunden sei aber auch deshalb von immer größerer Bedeutung, weil der Anteil an Kundenkarkassen in der Laurent-Runderneuerung immer größer werde; bereits jetzt finde schon jede zweite Runderneuerung auf einer kundeneigenen Karkasse statt, die dieser natürlich auch zurückhaben möchte.
Wie oben bereits kurz erwähnt, werden bei Laurent Reifen in Oranienburg beinahe ausschließlich Karkassen runderneuert, die eben nicht von Michelin stammen. Die Strategie des Marktführers aus Frankreich, der in Europa mit seinen Töchtern über rund ein Drittel des Runderneuerungsmarktes bedienen dürfte, sieht getreu dem „Vier-Leben-Konzept“ vor, dass die erste Runderneuerung einer Michelin-Karkasse als Remix-Heißrunderneuerung stattfinden soll; eine zweite Runderneuerung könne dann durch Laurent Reifen bzw. Pneu Laurent – der französischen Schwestergesellschaft mit Sitz in Avallon – gefertigt werden. Dabei seien die Runderneuerungen der beiden Michelin-Töchter in Deutschland und Frankreich formell nicht Teil des Vier-Leben-Konzeptes von Michelin; man ist dort quasi für das Leben nach dem vierten Michelin-Leben zuständig. Karkassen von Michelins Wettbewerbern seien aber bereits für die erste Runderneuerung bei Laurent Reifen an der richtigen Adresse, so Dirk Schierhorn weiter.
Auch personell hat sich Laurent Reifen im vergangenen Jahr verstärkt. Wie die neue Personalleiterin Nadine Knauer mitteilt, habe man die Anzahl der Mitarbeiter in 2010 von 150 auf dann 182 zum Ende des Jahres um rund 25 Prozent deutlich ausgebaut. Und im laufenden Jahr soll das Personal weiter aufgestockt werden. Dazu zählen nicht nur die beiden zusätzlichen Fahrer, wie oben erwähnt, sowie neue Kollegen für die Produktion selbst. Auch will Laurent Reifen im Laufe dieses Jahres einen Verkaufsleiter Nord und einen für das Gebiet Süd neu einstellen. Darüber hinaus ist man seit 2010 mit einem eigenen Außendienstmitarbeiter auf dem wichtigen polnischen Reifenmarkt vertreten und will dort alsbald ebenfalls einen weiteren Verkäufer einstellen.
Laurent Reifen hat in der jüngsten Vergangenheit nicht nur in die Produktionstechnologie, den Formen- und Pressenpark sowie das Karkassenmanagement und das Personal investiert. Der industrielle Runderneuerer mit Sitz im Stadtgebiet von Oranienburg bei Berlin hat darüber hinaus im vergangenen Dezember ein Audit für die Zertifizierung nach EN ISO 14001 (Umweltmanagement) erfolgreich bestanden und hat Ende Februar die Zertifizierungsurkunde erhalten. Laurent Reifen ist darüber hinaus bereits seit 2005 nach DIN ISO 9001 (Qualitätsmanagement) zertifiziert. Damit soll sichergestellt werden, „dass das Werk in Oranienburg in einer umweltgerechten Weise runderneuerte Lkw-Reifen produziert“. Besonderen Wert habe man dabei auf den verstärkten Verzicht von umweltbelastenden Lösungsmitteln gelegt, die im herkömmlichen Runderneuerungsverfahren eingesetzt werden. Diese Verringerung sei unter anderem durch die Installation der teilautomatisierten Flankenbelegung sichergestellt worden, die somit nicht nur einer Prozessoptimierung diene. Gleichzeitig hat Laurent Reifen etwa den kompletten Lagerbereich mit Energiesparlampen ausgestattet. Im Rahmen der Zertifizierung mussten keine Produktionsprozesse von Grund auf verändert werden, vielmehr seien Anpassungen im Detail vorgenommen worden. „Wir sind durch das Audit alle sensibler geworden“, betont Schierhorn.
Auch wenn das vergangene Jahr ein „Rekordjahr in Produktion und Vertrieb für die Laurent Reifen GmbH“ war, was sich wiederum positiv auf die Auslastungsgrade und somit die Produktionskosten ausgewirkt habe, konnte das Unternehmen dennoch nicht umhin und musste Preissteigerungen vornehmen. Wie Verkaufsleiter Dirk Schierhorn erläutert, habe man in 2010 lediglich einmal die Preise angehoben, und zwar im Mai um durchschnittlich drei Prozent. Dieser Preisschritt habe die Kostensteigerung aufseiten der Rohstoffe bei gleichzeitig verbesserter Auslastung der Produktion nicht in vollem Umfang auffangen können, so Schierhorn weiter; die operativen Margen seien unter Druck geraten. Dies müsse man im neuen Jahr nun nachholen. Der erste Preisschritt erfolgte demnach gleich zum 1. Januar: Die Preise stiegen um durchschnittlich 3,75 Prozent. Eine zweite Preisrunde für 2011 sei bereits in Planung, so Schierhorn; man müsse auf die weiterhin sehr hohen Rohstoffpreise reagieren.
Zum 1. April steigen die Preise bei Laurent Reifen um weitere fünf bis sechs Prozent; dies sei im Einklang mit den vom Mutterkonzern für Neureifen angekündigten Preiserhöhungen, so der Vertriebsleiter. In Summe ergeben diese drei Schritte eine Erhöhung der Preise um über 13 Prozent innerhalb eines Jahres. Und ob die angekündigte Erhöhung im April die letzte des laufenden Geschäftsjahres bleibt, kann derzeit in Oranienburg noch niemand sagen. arno.borchers@reifenpresse.de
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