Studie zu Winterreifenpreisen in Kfz-Werkstätten
Die Unister GmbH hat als Betreiber des unter der Adresse www.auto.de zu erreichenden Onlineportals vor dem Hintergrund des derzeit laufenden Umrüstgeschäftes mittels einer Studie klären wollen, was der Reifenwechsel – gemeint ist Umstecken der Räder ohne Auswuchten – in Deutschland kostet. Deswegen wurden innerhalb von sechs Wochen bei 733 Kfz-Werkstätten in 111 Städten und Gemeinden die entsprechenden Preise abgefragt. Das Unternehmen selbst sieht eigenen Worten zufolge einen Radwechselpreis von bis zu 20 Euro als akzeptabel an. Forderungen von Werkstätten, die über diesen Betrag für das Umstecken der Räder hinausgehen, entbehren nach seiner Ansicht letztlich einer betriebswirtschaftlich nachvollziehbaren Kalkulation. Begründet wird dieser Standpunkt damit, dass Räder innerhalb von durchschnittlich 20 bis maximal 30 Minuten umgesteckt seien. Unter dem Auto.de-Limit von 20 Euro für das Umstecken von Rädern blieben bei der Untersuchung alles in allem etwa zwei Drittel der abgefragten Werkstätten: Sechs Prozent der Betriebe berechneten demnach bis zu zehn Euro, zwischen zehn und 15 Euro verlangten 23 Prozent und 38 Prozent der Werkstätten kassieren 15 bis 20 Euro. Demgegenüber wurde festgestellt, dass in rund einem Drittel der Fälle Preise über 20 Euro zu zahlen sind, 15 Prozent der Werkstätten berechnen der Erhebung zufolge sogar über 25 Euro. „Das ist endgültig die Grenze, wo auto.de sagt: Hier zocken die Kfz-Werkstätten ihre Kunden ab. Hierunter fällt jede sechste Werkstatt“, so die Studienautoren.
Besonders tief müssen Autofahrer demnach in Deutschlands „Finanzhauptstadt“ in die Tasche greifen: Wer in Frankfurt am Main eine Werkstatt ansteuert, zahlt durchschnittlich 32 Euro – ein Drittel mehr als im Bundesdurchschnitt. Den Vogel soll dabei ein Autohaus mit angeschlossener Werkstatt im Frankfurter Gallusviertel abgeschossen haben und seinen Kunden 80 Euro für den Reifenwechsel – also 20 Euro pro Rad – berechnen. Vergleiche man diesen Preis mit dem günstigsten Betrieb Deutschlands in Regensburg, welcher vier Euro für den gesamten Radwechsel verlangt, lägen die „Mainhatten-Schrauber“ um das 20-fache drüber. Angesichts von Werkstattpreisen von bis zu 62 Euro in Mainz, 60 Euro in Potsdam (teuerstes Angebot im Osten), 50 Euro in München oder 42 Euro in Freiburg im Breisgau, wird Verbrauchern zum Wechsel der Werkstatt geraten. Zumal in diesen Städten auch günstigere Angebote mit Preisen zwischen zehn bis 15 Euro recherchiert wurden, sodass sich ein Sparpotenzial von bis zu 50 Euro oder über 50 Prozent ergibt. „Wie in fast allen Wirtschaftsbereichen lohnen sich Preisvergleiche auch innerhalb der Städte. So gibt es zwischen Frankfurt nördlichstem Stadtteil Niedererlenbach und Frankfurt-Süd auch Werkstätten, die den Reifenwechseljob schon für zwölf Euro machen. Auch Kunden in einer Regensburger Werkstatt müssen nur vier Euro für den Winterreifenwechsel hinblättern. In Berlin, Dresden, Aachen, Braunschweig, Dortmund, Leipzig, Bonn oder Offenbach a. Main haben die Kunden bei der richtigen Werkstattauswahl auch nur zehn Euro auf dem Kassenzettel stehen“, ist der Studie weiter zu entnehmen, die selbst im als teuer geltenden München Preise von 15 Euro für „durchaus realistisch“ hält.
Eine weitere Erkenntnis der Reifenwechselstudie lautet, dass das Umstecken von Rädern in der Werkstatt auf dem Dorf nicht zwangläufig günstiger sein muss als in der Stadt. So wurde für Städte zwar ein Durchschnittspreis von 21 Euro und für Dörfer von 18 Euro ermittelt. Doch es werden auch Gegenbeispiele genannt wie etwa das baden-württembergische Altdorf, wo Autofahrer für den Wechsel von Sommer- auf Winterbereifung 33 Euro berappen müssen. Und im 6.800-Einwohner-Städtchen Rheurdt am Niederrhein stünden 31 Euro auf der Quittung. Ähnliches wird aus Waldmohr in Rheinland-Pfalz berichtet, wo Kunden ein paar Kilometer in Schönenberg-Kübelberg aber nur 18 Euro zu zahlen hätten. „Da lohnt sich eine Fahrt nicht nur für den Einkauf im günstigeren Supermarkt im Nachbarörtchen“, sagen die Betreiber des Kfz-Portals unter www.auto.de und vermuten als Gründe für die „ländliche Preistreiberei“ die teils marktdominierend Stellung der jeweiligen Betriebe. „Allerdings muss der Gerechtigkeit halber angemerkt werden, dass nicht jede Kfz-Werkstatt eine starke Stellung in der Gemeinde ausnutzt, um Mondpreise durchzusetzen. So zahlt man beispielsweise für den Reifen-Wechsel im Örtchen Eppendorf (Sachsen) nur sieben Euro, in Twistetal (Hessen) neun Euro. Diese Preise sind wiederum sehr niedrig“, heißt es.
Ähnlich sieht es mit der Reifeneinlagerung aus, wobei man hier Preise von bis zu 25 Euro für ein halbes Jahr für okay hält und alles, was über 30 Euro hinaus geht, als Abzocke ansieht. „Mit der Einlagerung verdienen die Werkstätten richtig Geld. Wenn allein nur 50 Kunden ihre 200 Reifen vor Ort einlagern lassen, würde beispielsweise eine Kölner Werkstatt mit Einlagerungskosten von 69 Euro, bis zum Frühjahr fast 3.500 Euro fürs Nichtstun verdienen“, meint Auto.de-Manager Thomas Kuwatsch. Besonders ins Gewicht fällt dabei seiner Meinung nach der Umstand, dass die gestapelten Räder nur etwa einen halben Quadratmeter Platz einnehmen. Zudem – so die Tester – stapeln einige Werkstätten nicht vier, sondern acht Räder übereinander. Als Rechtfertigung für „überhöhte Lagerpreise“ will man auch Immobilienmieten in Deutschland nicht als Rechtfertigung akzeptieren. Über 30 Euro für die Reifenlagerung verlangen laut der Studie 31 Prozent aller Werkstätten – also fast jede dritte. Als „besonders dreist“ wird empfunden, dass 13 Prozent der Betriebe ihren Kunden sogar über 40 Euro für die Reifenlagerung pro Halbjahr berechnen. Als Extrembeispiele werden in diesem Zusammenhang zwei Betriebe in Köln und Leverkusen erwähnt, wo Autofahrer „närrische“ 69 Euro Einlagerungsgebühr zahlen müssen.
In beiden Städten wurden jedoch zugleich auch Angebote für 17 oder 28 Euro recherchiert, sodass sich daraus ein Sparpotenzial von über 50 Euro errechnet. „Als Beweis dafür, dass die Kosten für die Lagerung der Reifen nichts mit hohen Gewerbemieten zu tun haben müssen, können Städte dienen, in denen sowieso eher niedrige Mieten bezahlt werden müssen. So zahlen Kunden beispielsweise bis 64 Euro für die Reifenlagerung in Ulm. In Bremen, Aachen, Potsdam oder Duisburg sind ebenfalls bis 60 Euro fällig“, so die Autoren der Studie. Die Analyse hat allerdings auch ergeben, dass fünf Prozent aller Werkstätten nur bis zehn Euro für eine halbjährige Reifeneinlagerung berechnen, acht Prozent sind mit 10 bis 15 Euro dabei, 17 Prozent mit 15 bis 20 Euro und 20 Prozent mit 20 bis 25 Euro. Über 25 Euro berechnet also jede zweite Werkstatt. Als Beispiel, dass es bei der Reifeneinlagerung auch günstig geht, werden Werkstätten in Cottbus oder in Stuttgart besonders erwähnt, die dafür jeweils lediglich fünf Euro verlangen. In Legden und in Büsum zahlt man demnach ebenfalls nur fünf Euro bis zum Frühjahr, und als billig werden diesbezüglich zudem die Orte Eppendorf (Sachsen, sechs Euro) oder Kraftsdorf (Thüringen, acht Euro) bezeichnet.
Nicht wirklich preiswert sei die Einlagerung von Reifen demgegenüber in der deutschen Hauptstadt Berlin. Hier bezahlen Kunden durchschnittlich 34 Euro für die Einlagerung von Reifen, während die günstigste Werkstatt nur zehn Euro verlangt. „Nach Bekanntwerden der gesetzlichen Neuregelung für die Winterreifenpflicht schnellte der Preis plötzlich auf 20 Euro herauf“, stellten die Tester darüber hinaus fest. Teuer präsentierte sich wiederum München bei diesem Vergleich: Im Mittel 40 Euro sind dort für die Reifenlagerung fällig, beim günstigsten Anbieter war der Preis jedoch auch hier mit 14 Euro deutlich weniger. Analog zum Thema Reifenwechsel stellte sich des Weiteren heraus, dass Dörfer in Sachen Reifenlagerung nicht immer billiger als die Städte sind. Ordentlich zur Kasse gebeten werden Autofahrer für die Reifenlagerung demnach beispielsweise in Waldsee (Rheinland-Pfalz) mit 50 Euro oder in Ladbergen (Nordrhein-Westfalen) mit 48 Euro.
Im Zuge der geplanten Einführung einer gesetzlichen Winterreifenpflicht in Deutschland wird es nach Einschätzung der Betreiber von www.auto.de auch einen Run auf sogenannte Komplettangebote geben, womit ein Paket aus Reifenwechsel und Einlagerungsservice gemeint ist. „Wer glaubt, hier gäbe es möglicherweise einen Preisrabatt, irrt in vielen Fällen“, heißt es mit Blick auf die „Abzocke“ einer Kfz-Werkstatt wiederum in der Mainmetropole Frankfurt. Hier soll eine als „besonders dreist“ bezeichnete Werkstatt 130 Euro für Wechsel und Einlagerung verlangen, während es in der gleichen Stadt andere Betriebe gebe, die diesen Service für bereits 40 Euro offerieren. Ebenfalls im Preis-Ranking ganz oben hat sich dabei die brandenburgische Hauptstadt Potsdam präsentiert, die 120 Euro als Preis für ein solches Komplettpaket aufruft. Und für Main steht als höchster diesbezüglicher Preis eine Summe von 119 im Testprotokoll. Dabei gehe es beiden Städten auch deutlich günstiger, wie auf Angebote ab 39 Euro verwiesen wird. Der durchschnittliche Preis für Montage und Lagerung lag in München bei 65 Euro, während die teuerste Werkstatt für die gleiche Dienstleistung 100 Euro und die billigste 39 Euro verlangt.
Im Rahmen der Studie wurde zudem Ost-West-Gefälle bei den Preisen für Reifenwechsel und Lagerung festgestellt. So zahlen die Sachsen oder Sachsen-Anhaltiner durchschnittlich 37 Euro für den Reifenwechsel samt saisonaler Lagerung, in Thüringen werden 38 Euro berechnet, in Mecklenburg 39 Euro, in Brandenburg 41 Euro. Zu den teuersten Bundesländern gehören Hessen (57), Berlin (56 Euro), Bremen (54), Hamburg (53) und Bayern (51). Günstigstes „altes“ Bundesland ist Niedersachsen mit durchschnittlich 44 Euro. Außerdem registrierten die Tester steigende Preise nach der Ankündigung der geplanten Winterreifenpflicht Anfang Oktober durch Bundesverkehrsminister Peter Raumsauer. Da die meisten Auto.de-Preischeckanrufe im September stattfanden, wurden nach Bekanntwerden der Pläne des Bundesverkehrsministeriums bei einigen Werkstätten Preiskontrollanrufe wiederholt. „Bei einigen war plötzlich ein deutlicher Preisanstieg zu verzeichnen, teils bis 18 Prozent – beispielsweise in Frankfurt a.M. In Osnabrück stieg der Preis innerhalb von 14 Tagen in einer Werkstatt von elf auf 15 Euro. Ebenso in Cottbus. Hier verlangt man nun 18 Euro anstatt elf. In einer Stuttgarter Werkstatt sollten die Tester plötzlich 23,80 für den Wechsel zahlen. 14 Tage vorher waren es noch 20 Euro. Selbst auf dem Land wirft die mögliche Winterreifenpflicht ihre Schatten voraus: In Großbettlingen (Baden-Württemberg) wurde der ursprünglich angegebene Preis für einen Reifenwechsel von 14,90 Euro auf 30,30 Euro hochgeschraubt. Auch in Frankfurt a.M. schnellte der Preis für den Reifenwechsel plötzlich von 60 auf 80 Euro hoch“, ist der Untersuchung zu entnehmen. cm
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