Werner Olm startet mit Sicuplus neu durch
Unter der italienischen Marke FARAD wird bereits seit 1974 automobiles Zubehör vertrieben, heute vor allem Dachboxen, Windabweiser, Schneeketten und Radsicherungen. Hersteller ist ein Familienunternehmen mit Werken in Ceresole Alba und Sanfre, die Orte liegen im Piemont südlich von Turin. Lanzaro Groppo, der die Firma zusammen mit seinem Bruder einst gründete, ist noch heute im Unternehmen, die Leitung der für Radsicherungen zuständigen Sparte Security Bolt hat sein Neffe Matteo Groppo inne. Laut Anbieter vertrauen mehr als 25 Automobilhersteller weltweit auf die von FARAD angebotenen Felgenschlösser.
Dass der Name „FARAD“ im deutschen Ersatzmarkt allerdings etwas unglücklich klingen würde, war Werner Olm (Wesseling) schnell klar, als er den Plan fasste, in diesem Segment noch einmal durchzustarten. Den Ersatzmarkt der Raddiebstahlsicherungen kennt er wie kein zweiter, hier ist er seit zweieinhalb Jahrzehnten zu Hause, in der Rückschau nicht immer auf der Sonnenseite, aber letztlich doch sehr erfolgreich. Wer im deutschen Rädermarkt an Radsicherungen denkt, der denkt unwillkürlich auch an Werner Olm. Für seinen Neustart hat er sich dennoch Verstärkung geholt: Thomas Wunderlich war rund zehn Jahre beim maßgeblichen Wettbewerber tätig. Olms Wunsch ist es, dass Wunderlich in den nächsten Jahren immer mehr Verantwortung in dem kleinen Team übernimmt, das unter dem Namen „Sicuplus“ mit den vier Radsicherungstypen „Sicurit“, „Sicubloc“, „Sicustar“ und „Sicutune“ von FARAD bzw. „Manufactured by Security Bolt“ startet und an die früheren unternehmerischen Erfolge anknüpfen soll.
Familienbetrieb mit einem Schwerpunkt Radsicherungen
Beinahe wären die Groppos in den Anfängen selbst Hersteller von Aluminiumrädern geworden, erinnern sie an die ersten Unternehmensjahre. Das war damals durchaus eine Option. Statt dessen aber wurden Formen für eine damals sehr bekannte und heute noch bzw. wieder in der Erstausrüstung vertretene Marke hergestellt: Cromodora. Die Firmengründer wollten in den 70-er, 80-er Jahren unbedingt ein eigenes Produkt haben und müssen ein gutes Gespür gehabt haben. Denn die damals so erfolgreiche italienische Felgenindustrie ist sehr weitgehend in der Versenkung verschwunden. Die Groppos sind geblieben und setzen heute mit etwa 150 Mitarbeitern ca. 30 Millionen Euro jährlich um.
Eines der ersten Eigenprodukte war im Jahre 1978 eine noch recht einfache Raddiebstahlsicherung mit drei Löchern im Bolzenkopf unter der Bezeichnung „Trilock Mk I“ – aber es war wohl die erste ernst zu nehmende Raddiebstahlsicherung weltweit überhaupt! Und wurde natürlich verfeinert, 1984 folgte der Entwicklungssprung zum System „Mk III“, das unter dem Namen „Locky“ in Italien bei Radenthusiasten schnell Popularität erlangte. 1992 kam der wegen des optischen Kopfbildes „Flower Look“ genannte Radsicherungstyp „Mk IV“, 1998 als weitere Entwicklungsstufe „Mk V“, auch unter „Star“ bekannt und mit einem bis dahin für Radsicherungen unerreichten Anzugsmoment von 400 Newtonmetern. Das war auch international der Durchbruch, denn dieses Produkt wurde im Jahre 2001 erfolgreich dem sogenannten „Thatcham“-Test unterzogen. Dieser Test ist zwar bei Insidern technisch nicht ganz unumstritten, gleichwohl der international anerkannte Standard und schafft auch in versicherungstechnischer Hinsicht eine allgemeingültige Grundlage; wer diesen Test besteht – beispielsweise zwei Minuten selbst rüdesten Methoden zwecks Knackens der Sicherung –, dem steht das Tor zur Erstausrüstung offen. Matteo zeigt beispielhaft die Zertifikate des Systems „Mk V“ für Volkswagen, Audi, Porsche und andere, die allesamt zur Entwicklung von Produktfamilien geführt haben. Etwa drei Viertel des Unternehmensumsatzes mit Radsicherungen wird direkt mit den Automobilherstellern bestritten, um kurze Wege zu den Kunden zu haben, gibt es Verbindungsbüros in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Auch außereuropäisch sind die Groppo-Systeme angekommen, gleichwohl gibt es in Ländern wie Japan oder in den USA noch reichlich Potenzial. Matteo Groppo: „Uns fehlen dort einfach die richtigen Verbindungen.“
Stillstand ist Rückschritt, weiß man auch in der Unternehmenssparte „Security Bolt“. Und so wird permanent daran getüftelt, potenziellen Raddieben das Handwerk noch weiter zu erschweren, den Look der Schrauben noch hochglänzender und damit hochwertiger zu machen, möglichst ohne dabei Einbußen bei der Sicherungsqualität hinzunehmen. Experte Werner Olm: „Verbraucher achten auf die Optik, verlangen beispielsweise hochglänzende Oberflächen bzw. Chromlook, auch wenn das bezüglich der physikalischen Eigenschaften kontraproduktiv sein mag und eine graue Oberfäche vielleicht genau genommen technisch überlegen ist.“
Vor allem bei Premiumautos geht es beim Ersatz einer Schraube an jedem der vier Räder auch um Optik. Es gilt, die Konsumentenwünsche zu treffen, in der Erstausrüstung wie im Ersatzgeschäft. Gerade erst hat Security Bolt die erforderlichen Thatcham-Tests für ein Lkw-Verschlusssystem bestanden, das für Iveco gedacht ist. Aktuell in der Entwicklung sind neue Radsicherungen für Volvo und Porsche.
Für jeden etwas
Solch ein Radsicherungssatz ist mit Blick auf den Entwicklungs- und Fertigungsaufwand eigentlich erstaunlich preiswert, in der Erstausrüstung wie im Ersatzgeschäft. Preisunterschiede ergeben sich vor allem, weil beispielsweise eine Schraube unterhalb des Kopfes zwecks Differenzierung konisch verläuft oder wenn die Oberfläche hochglänzend ist bzw. Chromlook hat. Während die Radsicherungstypen „Sicurit“, „Sicubloc“ und „Sicutune“ in der Handhabung eher übersichtlich sind und die Anzahl der notwendigen Schlüssel, die sich ein Anbieter wie „Sicuplus“ wird ins Lager packen bzw. bei den europäischen Vertriebspartnern positionieren müssen, ist „Sicustar“ mit einer großen Vielfalt schon anspruchsvoller. Werner Olm kann allerdings beim Handling auf eine lange Erfahrung zurückblicken und arbeitet permanent an Lösungen, die einen möglicherweise erforderlichen Ersatzbedarf für alle Beteiligten so unproblematisch wie möglich machen und dafür sorgen, dass auch bei einem Verlust des Schlüssels oder Schlüsselcodes möglichst schnelle Reaktionszeiten gewährleistet sind. „Ich bin im Notfall auch immer privat per Handy erreichbar.“
Als Massenproduzent mag man vielleicht die Produktvielfalt beklagen, die sich aus der großen Anzahl Automarken und -modelle ergibt. Unter dem Sicherheitsaspekt allerdings wäre eine Vereinheitlichung der Systeme fatal. Ein „Generaladapter“, noch dazu ganz legal erhältlich in Geschäften des automobilen Zubehörs, wäre wie eine Einladung zum Diebstahl. Übrigens müssen sich auch Reifenhändler damit abfinden, dass es einen Schlüssel für alle oder wenigstens für sehr viele Systeme nicht geben darf, obwohl sie sich den in ihrer täglichen Arbeit (besonders in der Umrüstzeit) vielleicht manchmal wünschen mögen. Denn sie kennen schon die „Pappenheimer“ unter ihren Kunden, die den Schlüssel irgendwie verlegt, verloren oder sogar den Schlüsselcode, der unkompliziert Ersatzbedarf ermöglicht, nicht mehr verfügbar haben.
Ein wenig ähnelt die Entwicklung immer weiter differenzierter Radsicherungen dem Rennen zwischen Hase und Igel. Die Ingenieure in den Groppo-Entwicklungsbüros müssen sich immer wieder neue Varianten ausdenken – diese auch mit ihren eigenen alten abgleichen, um ja kein „Eigentor“ zu schießen –, damit sie den oftmals durchaus cleveren Räderdieben mindestens einen Schritt voraus bleiben. Dann müssen sie bei jeder Variante über Jahre Vorratshaltung betreiben sowohl was die Radsicherungsschraube selbst als auch den Schlüsseladapter betrifft. Matteo Groppo beim Gang durch die Fertigungsanlagen: „Glücklicherweise ist unsere Produktion so ausgerichtet, dass wir im Branchenvergleich (es gibt weltweit kaum ein Dutzend Radsicherungen herstellende Unternehmen, mit denen sich Security Bolt messen lassen muss, d. Red.) auch eher kleine Losgrößen fertigen können. So haben wir beispielsweise auf Wunsch eines Automobilherstellers eine Serie fortgesetzt, die sich bei einem Mitbewerber wegen der geringen Stückzahlen einfach nicht mehr rentiert hat.“
Klassische „Insourcing“-Philosophie
Das Rohmaterial für die Radsicherungen bekommt Security Bolt im Wesentlichen von zwei renommierten europäischen Stahlunternehmen in der gewünschten und genau definierten Legierung. Von da an erfolgt jeder der zahlreichen Produktionsschritte unter eigenem Dach. Diese Philosophie des „Möglichst-viel-Selbstmachens“ gilt übrigens analog auch für die „Schwesterprodukte“, auch wenn diese aus Kunststoff sind. Jeder Arbeitsschritt freilich werde wie ein „Profit Center“ gesehen und darauf getrimmt, stellt Lanzaro Groppo klar. Aber über all die Jahre ist das Unternehmen bei den vertriebenen Produkten dermaßen hochspezialisiert, dass eine Außerhausvergabe von Arbeitsschritten an Subunternehmer gar nicht in infrage kommt.
Was gemeinhin als „Schmieden“ bezeichnet wird, lässt sich im Verständnis des Otto Normalverbrauchers vielleicht eher als Umformtechniken beschreiben. Eine Domäne von Security Bolt ist dabei die Kaltverformung in mehreren Schritten. „Das Produktions-Knowhow in diesem Bereich ist entsprechenden Fertigungen von Mitbewerbern überlegen“, kommentiert Werner Olm. Drehen, Entspanen, Fräsen – Arbeitsschritt reiht sich an Arbeitsschritt, bis die Rohlinge in die Wärmebehandlungsanlage kommen, um in einem dreistufigen Prozess von Aufheizen, Abkühlen und dem erneuten Hochfahren der Temperatur (Aushärten/Warmauslagern) genau die notwendigen mechanischen Eigenschaften des Produktes wie Festigkeit oder Widerstandsfähigkeit zu erreichen. Anfang dieses Jahres hat Groppo einen zweiten Ofen installiert, der nicht den ersten ersetzen, sondern ihn ergänzen soll. Bevor die aus zwei Einzelteilen bestehende Radsicherung per Hand (!) zum Endprodukt zusammengeführt wird, erfolgt die ebenfalls mehrschrittige Oberflächenbehandlung, die bei Security Bolt selbstverständlich den gesetzlichen Vorgaben entsprechend chromfrei erfolgt. Worüber man im Nachhinein schnell hinweggehen möchte, denn tatsächlich hatte das Schwermetall Chrom gegen Korrosion geholfen und bedurfte die Umstellung in der Fertigung Investitionen in die galvanischen Prozesse. Übrigens können aggressive und giftbelastete Felgenreiniger auch einer Schraubenoberfläche durchaus zusetzen.
Radsicherungen sind keine Nullachtfünfzig-Produkte, sondern Sicherheitselemente am Automobil. Die Aufgaben sind differenziert: Die Schraube darf nicht brechen, sie soll die unberechtigte Demontage des Rades verhindern, sie muss den enormen Kräften, die zwischen dem Rad und seiner Befestigung auftreten, trotzen.
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