Branchenstudie: Automobilzulieferer zu optimistisch
Den Automobilmärkten in Westeuropa stehen nachhaltige Veränderungen bevor – in der Branche geht man davon aus, dass nahezu 17 Prozent der Automobilzulieferer vom westeuropäischen Markt verschwinden werden. Weltweit wird sogar von einer Konsolidierung in Höhe von 19 Prozent ausgegangen. Dies belegt eine aktuelle Umfrage der Münchner Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner GmbH (W&P). Die mittelfristigen Aussichten der über 50 nationalen und internationalen Automobilzulieferer, die sich an der Befragung beteiligten, sind ebenso düster: Auf Grund von Kapazitätsverlagerungen nach Osteuropa und in die asiatischen Wachstumsregionen gehen rund 64 Prozent davon aus, dass das westeuropäische Produktionsniveau die Volumina des Top-Jahres 2007 nicht wieder erreichen wird.
Obwohl damit deutlich erkennbar ist, dass die Automobilzuliefererindustrie zusätzlich zur Konjunkturkrise auch einer Strukturkrise gegenüber steht, ergreifen die meisten Unternehmen keine nachhaltigen Maßnahmen, um ihr Überleben zu sichern: Über 80 Prozent der Befragten vertrauen immer noch auf „klassische“ operative Ansätze, um die angespannte wirtschaftliche Situation zu überwinden. Dazu zählen unter anderem Prozessoptimierungen oder die Anpassung der Personalkosten. Weniger als 40 Prozent haben Ansätze zur nachhaltigen Anpassung ihrer Strukturen, zum Beispiel durch Standortschließungen und der Neuausrichtung ihres Geschäftsmodells durch Optimierung und/oder Bereinigung der Produktpalette implementiert.
Auch Planungen zur Anpassung von Strukturen, beziehungsweise zur Neuausrichtung der Produktpalette werden heute lediglich von 33 Prozent bzw. 39 Prozent in Erwägung gezogen. „Die meisten Unternehmer fixieren die Krise derzeit wie das Kaninchen die Schlange – während um sie herum der Wald abbrennt“, interpretiert Dr. Peter Fey, Senior Projektleiter und Branchenexperte bei W&P. „Sie übersehen völlig, dass aufgrund der strukturellen Situation ihre Risikopuffer bald aufgezehrt sind.“ Denn mit den Umsätzen von 2004 lassen sich die Strukturen aus 2008 nicht dauerhaft aufrecht erhalten.
Zudem rechnen die befragten Unternehmen für den westeuropäischen Markt erst im ersten Quartal 2012 mit einer deutlichen Erholung. Peter Fey hält diese Aussichten für zu optimistisch: „Um auch nur annähernd an das Niveau des Jahres 2007 heranzureichen, müssten inklusive 2010 durchschnittliche jährliche Wachstumsraten von über 17 Prozent erreicht werden – das ist momentan nicht realistisch.“
Angesichts dieser Aussichten sind dringend nachhaltige Veränderungen notwendig – die Automobilzuliefererindustrie muss endlich überlebenswichtige Maßnahmen in Angriff nehmen und ihre Krisenpläne auf den Prüfstand stellen: Klassische Ansätze sind dabei schon Alltagsgeschäft. Vielmehr müssen harte, einschneidende Restrukturierungsmaßnahmen in Betracht gezogen werden, die die Marktentwicklung der Jahre 2010/2011 berücksichtigen. „Die Branche muss jetzt kritisch in die Zukunft blicken, um ihr Überleben nachhaltig zu sichern“, so Dr. Feys Fazit.
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