EU-Kommission macht Vorschläge zur GVO
Die Europäische Kommission hat eine Mitteilung angenommen, in der sie die politischen Optionen für den Rechtsrahmen präsentiert, der nach Auslaufen der derzeit geltenden Gruppenfreistellungsverordnung im Mai 2010 für Vereinbarungen über den Kfz-Vertrieb und Kundendienstleistungen gelten soll. Alle Betroffenen werden um Stellungnahme ersucht. In der Mitteilung unterscheidet die Kommission grundsätzlich zwischen dem Primärmarkt für den Verkauf von Neuwagen, auf dem sie in der EU keine nennenswerten Wettbewerbsprobleme sieht, und dem Anschlussmarkt (Kundendienst und Instandsetzung), auf dem der Wettbewerb weniger stark ausgeprägt ist.
Sie kommt zu dem Schluss, dass die allgemeinen Regeln für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen (d. h. Vereinbarungen zwischen Unternehmen auf unterschiedlichen Ebenen der Produktions- und Vertriebskette) den Primärmarkt schützen und gleichzeitig den Wettbewerbsschutz auf dem Anschlussmarkt verbessern können. Da der Anschlussmarkt nach Auffassung der Kommission Zeit für einen reibungslosen Übergang braucht, wird sie vorschlagen, die ihn betreffenden Bestimmungen in der geltenden Verordnung um drei Jahre zu verlängern.
EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes: „Der Kfz-Sektor ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in der EU und braucht – vor allem in Krisenzeiten – Rechts- und Planungssicherheit hinsichtlich der künftig für ihn geltenden wettbewerbsrechtlichen Regeln. Deshalb bin ich für einen neuen Rahmen, der es den Marktteilnehmern erleichtert, sich auf rasch wechselnde Marktbedingungen einzustellen und der gleichzeitig die Interessen der Verbraucher besser schützt.“
Gruppenfreistellungen schaffen für bestimmte Kategorien von Vereinbarungen eine Art „sicheren Hafen“, indem sie die Vertragsparteien von der Verpflichtung entbinden, die Vereinbarungen einzeln daraufhin zu überprüfen, ob sie die EU-Bestimmungen über wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken (Artikel 81 EG-Vertrag) erfüllen. Für den Kfz-Sektor (Pkw und Nutzfahrzeuge) besteht mit der Kommissionsverordnung (EG) Nr. 1400/2002 eine sektorspezifische Gruppenfreistellung, die am 31. Mai 2010 auslaufen wird.
Die der Verordnung (EG) Nr. 1400/2002 zugrunde liegenden Ziele behalten ihre Gültigkeit. Die Kommission hat allerdings keine Anhaltspunkte für nennenswerte Wettbewerbsbeschränkungen auf dem EU-Primärmarkt (Verkauf von Neuwagen) gefunden, sondern eher für strukturelle Überkapazitäten und rückläufige reale Preise festgestellt. Der künftige wettbewerbsrechtliche Rahmen für den Kfz-Sektor sollte deshalb keine rechtlichen Vorgaben enthalten, die die Vertriebskosten in die Höhe treiben könnten und nicht eindeutig dem Ziel des Wettbewerbsschutzes dienen.
Angesichts dieser Marktlage schlägt die Kommission vor, die Regeln für den Primärmarkt an die allgemeinen Wettbewerbsregeln für vertikale Vereinbarungen anzugleichen. Sie hält allerdings ergänzende Leitlinien für unbedingt erforderlich, um einen Ausschluss neuer Marktteilnehmer, starre Preisvorgaben der Hersteller oder die Segmentierung der Märkte durch Gebietsaufteilung oder die Beschränkung des grenzübergreifenden Vertriebs zu verhindern und zu gewährleisten, dass in diesen Bereichen mindestens so viel Wettbewerb herrscht wie unter der derzeitigen Verordnung. Da Investitionen auf dem Primärmarkt oft markenspezifisch und auf längere Sicht angelegt sind, muss für einen reibungslosen Übergang gesorgt werden. Deshalb will die Kommission die Geltungsdauer der für den Primärmarkt geltenden Bestimmungen der derzeitigen Verordnung um drei Jahre verlängern.
Besonders wichtig sei es, den Wettbewerb auf dem Anschlussmarkt zu schützen, der dort aufgrund der Markenspezifik weniger ausgeprägt ist. Schließlich entfallen auf diesen Markt rund 40 Prozent der Kfz-Ausgaben der Verbraucher. Die Kommission will hier die allgemeinen Wettbewerbsregeln anwenden und diese durch sektorspezifische Leitlinien bzw. eine gezieltere sektorspezifische Gruppenfreistellungsverordnung ergänzen. Darin würden zentrale Aspekte des Anschlussmarktes geregelt sein, z. B. der Zugang unabhängiger Betreiber zu technischen Informationen, der Zugang zu Ersatzteilen sowie der Zugang zu den Vertragswerkstattnetzen. Aber auch neuere Fragen, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben – wie missbräuchliche Gewährleistungspraktiken, mit denen unabhängige Werkstätten verdrängt werden sollen –, finden Berücksichtigung.
Diese Mitteilung ist das Ergebnis einer Überprüfung, die 2007 eingeleitet wurde. Nach einer eingehenden Marktuntersuchung hatte die Kommission in einem Bericht vom 28. Mai 2008 beschrieben, wie sich die geltende Gruppenfreistellung in der Praxis auswirkte. Auf diesen Bericht gingen Stellungnahmen zahlreicher Akteure ein, darunter Kfz-Hersteller, Händler, Vertragswerkstätten, unabhängige Händler, Verbraucher, Behörden und Rechtsanwälte.
Auf der Grundlage dieses Bewertungsberichts und der danach erfolgten Konsultationen und Gespräche wurde ein Folgenabschätzungsbericht mit mehreren Optionen für eine künftige Regelung erstellt. Der Folgenabschätzungsbericht und die Mitteilung sind abrufbar unter: http://ec.europa.eu/comm/competition/sectors/motor_vehicles/news.html. Betroffene können sich zu den heute präsentierten Optionen bis zum 25. September 2009 äußern und ihre Stellungnahmen senden an comp-car-sector@ec.europa.eu (Referenz: HT-1021 – Communication).
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