Studie: Automobilzulieferer stehen vor drastischen Strukturveränderungen

Ergebnisse einer Umfrage der Unternehmensberatung „Management Engineers“ und des Center of Automotive an der FHDW (Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach) belegen, dass Kurzarbeit und Kostensenkung den Auftragsrückgang nicht kompensieren können. Die deutschen Automobilzulieferer sichern derzeit ihre Liquidität und treten auf die Kostenbremse. Um die Folgen der weltweiten Absatzkrise zu meistern, ist Kurzarbeit für fast alle Firmen das „Gebot der Stunde“. Doch dabei wird es nicht bleiben: Die große Mehrheit der heimischen Zulieferer plant vorübergehende oder sogar dauerhafte Stilllegungen. Und der Konsolidierungsdruck steigt weiter. Diese Entwicklung wird auch deutliche Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen. Zu diesen Einschätzungen kommen die Unternehmensberatung  „Management Engineers“ und das FHDW auf der Grundlage einer Umfrage unter mehr als 200 deutschen Top-Automobilzulieferern.
                       
„Die Unternehmen befinden sich derzeit in einer kritischen Phase der Gefahrenabwehr. Sie müssen auf den drastischen Einbruch ihrer Absätze scharf reagieren. Sparmaßnahmen auf breiter Front und Liquiditätssicherung haben bei über 90 Prozent der Unternehmen absolute Priorität. An zweiter Stelle stehen Kapazitätsanpassungen und Restrukturierungen, die künftig an Bedeutung noch gewinnen werden“, beschreibt Helmut Surges, Geschäftsführer von „Management Engineers“, die Situation bei den Zulieferern.

Die Krise traf die Branche unvorbereitet: Im Jahr 2008 blickten rund 70 Prozent der Zulieferer noch optimistisch in die Zukunft. Daher wurden zusätzliche Produktionskapazitäten aufgebaut, die nun aktuell und auf absehbare Zeit nicht ausgelastet werden können. Das belastet die finanzielle Situation erheblich: Die Investitionen sind bereits getätigt und stehen in den Büchern. Die Kosten der Finanzierung sind allerdings nicht durch entsprechende Erträge gedeckt, was wiederum die Liquidität stark belastet.

Nur knapp ein Drittel der Befragten rechnet mit einem Aufschwung bereits im kommenden Jahr; 21 Prozent haben sich allerdings schon mit dem Einbruch abgefunden. Sie erwarten keine Wiederbelebung auf absehbare Zeit. Deutlich wird auch die Unsicherheit der Zulieferer: Wegen der aktuellen Schwankungen traut sich die Hälfte der Befragten eine Prognose nicht zu. Zur Absicherung der Kostenposition nutzen daher knapp 90 Prozent der Befragten den „Krisen-Airbag“ Kurzarbeit. Er ist aber nach ihrer Ansicht – zumindest unter den derzeit geltenden Bedingungen – kein Allheilmittel, um eine längere Rezession erfolgreich zu überbrücken. Daher kommen die Unternehmen auch nicht um Stilllegungen herum: Planen 41 Prozent der Unternehmen nur zeitweilige Stilllegungen, so werden 29 Prozent dauerhaft Produktionskapazität abbauen, was dann auch mit entsprechenden Personalreduzierungen verbunden sein wird.

Die Maßnahmen in der Produktion haben auch Konsequenzen für die Verwaltungsbereiche. So wollen wegen der Krise 98 Prozent der Unternehmen ihre Fixkosten im Overhead senken. Dabei wird nicht zwischen Zentrale und den einzelnen Standorten unterschieden. Bemerkenswert dabei ist allerdings, dass die Auslagerung von Zentralfunktionen nicht oben auf der Agenda steht: Nur zwölf Prozent sehen dies als Option zur Kostenreduzierung an. Dabei steht wohl die Absicht im Vordergrund, die Auslastung der eigenen Mitarbeiter sicherzustellen.

„Die Konsolidierung der Branche wird sich weiter beschleunigen. Schon ab der zweiten Jahreshälfte ist mit einer deutlichen Steigerung der Insolvenzzahlen zu rechnen“, so die Einschätzung von Prof. Dr. Stefan Bratzel, Center of Automotive an der FHDW. „Hiervon besonders betroffen sein werden solche Unternehmen, die in der Zulieferkette keine zentrale Rolle spielen und daher auch nicht von den OEMs gestützt werden“, so Bratzel weiter. Die vorhandenen Kapazitäten werden sich den reduzierten Bedarfen anpassen.

Strategisch gesehen müssen die Zulieferer nach Ansicht der Autoren der Studie also mehr denn je Abhängigkeiten vermeiden und neue Stärken entwickeln. Im Vordergrund stehen daher die Entwicklungsaktivitäten. Auch wenn es in der Krise wegen der Liquiditätssituation schwierig ist, wollen 52 Prozent der Unternehmen ihre Aufwände in der Forschung und Entwicklung (F+E) konstant halten, fünf Prozent wollen sie sogar erhöhen. Dabei wird es strukturelle Veränderungen und neue Prioritäten in den F+E-Portfolios geben. Dies planen jedenfalls mehr als zwei Drittel der Befragten.

Im Hinblick auf den technologischen Fortschritt (z. B. durch Elektroantriebe) planen 60 Prozent der Befragten, ihr Produktportfolio partiell anzupassen.

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