Wesseler behauptet sich auf umkämpften Altreifenmarkt

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Im Geschäft mit Altreifen sind unternehmerische Hartnäckigkeit und technologische Innovationen gefragt, will man auf diesem umkämpften Markt bestehen. Die Containertransporte Wesseler GmbH aus Melle (bei Osnabrück in Niedersachsen) kann ganz offenbar beides bieten, gehört das Unternehmen doch seit der ersten Ölkrise Mitte der 1970er Jahre fest zur Gruppe der etablierten, deutschen Altreifenentsorger. Durch die Entdeckung von Altreifen als kostengünstiger, überaus energiehaltiger Sekundärbrennstoff für die Zementindustrie hat sich Wesseler einen Unternehmenszweig aufgebaut, mit dem heute ein Großteil der 20 Millionen Euro Jahresumsatz entstehen.

In den vergangenen 30 Jahren hat Wesseler umfangreich in die Entsorgung und Verarbeitung von Altreifen investiert. Seit der Deutschen Wiedervereinigung ist ein Großteil dieser Investitionen in das „Sortierzentrum für Altreifen und Altgummi“ in Kroppenstedt bei Magdeburg (Sachsen-Anhalt) geflossen, wo heute rund zwei Drittel der jährlich anfallenden rund 120.000 Tonnen Altreifen und Altgummi weiterverarbeitet werden. Dass sich entsprechende Investitionen in Shredder- und Granulieranlagen und insbesondere in deren Weiterentwicklung gelohnt haben, so Heinz Wesseler, zeige sich an der Tatsache, dass Wesseler heute eines der wenigen Unternehmen in Europa ist, das auch unvulkanisierten bzw. nicht ausvulkanisierten Gummi – etwa so genannte „Grüne Reifen“ – entsorgen und vor allem zerkleinern kann.

„Das kann sonst keiner“, sagt der Geschäftsführer und Inhaber des Unternehmens. Der „schmierende, nicht vulkanisierte Gummi setzt den Zerkleinerungsanlagen in der Regel sehr zu“, so Wesseler weiter. Da diesem Problem nicht mit herkömmlichen, am Markt verfügbaren Geräten beizukommen war, habe man das eigentliche Zerkleinerungswerk selbst entwickelt, mit dem heute auch unvulkanisierter Gummi ohne große Probleme für die thermische Verwertung in der Zementindustrie zerkleinert werden kann. Allerdings, sagt Wesseler nicht ohne Stolz: „Da haben wir auch schon einiges an Lehrgeld gezahlt.“

Letzten Endes hat sich die Hartnäckigkeit und der Erfindergeist des Unternehmens und seiner Mitarbeiter (derzeit beschäftigt Wesseler über 140 Mitarbeiter an seinen vier Standorten) bezahlt gemacht. Ein wichtiges Indiz dafür ist etwa die Tatsache, dass Goodyear in Frankreich neuerdings seine drei Werke in Montlucon und in Amiens (zwei Werke) zum Teil durch Wesseler entsorgen lässt. Den „gewöhnlichen“ Produktionsabfall entsorgen lokale Firmen; Wesseler hingegen macht die Problemabfälle wie Reifenrohlinge oder gummierter Stahlcord. Dasselbe trifft auch auf Goodyears Flugzeugreifenfabrik im holländischen Tilburg zu. Darüber hinaus führe das niedersächsische Unternehmen aktuell Verhandlungen über die Entsorgung entsprechender Abfälle in den Goodyear-Fabriken in Polen, Slowenien und in der Türkei.

Dass Wesseler natürlich auch bei der Entsorgungen von Altreifen und Co. in den deutschen Goodyear-Fabriken aktiv ist, versteht sich: „Seit 1986 fahren wir bei Goodyear“, sagt Firmengründer Josef Wesseler im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG. Mit Ausnahme des Werkes in Philippsburg entsorge Wesseler alle hiesigen Fabriken des US-Konzerns (Hanau, Fulda, Wittlich, Riesa und Fürstenwalde). Neben den soeben beschriebenen Problemabfällen werde hierzulande aber das komplette Spektrum an Gummiabfällen bei Goodyear entsorgt. Auf die Frage, warum das Philippsburger Goodyear-Werk eine Ausnahme von der Regel bildet, wird auf „traditionelle Gründe“ verwiesen.

Neben den Reifenfabriken, die Wesseler europaweit entsorgt, stammt ein Großteil der jährlich bei Wesseler anfallenden 120.000 Tonnen Altreifen aus dem Reifenfachhandel. Insgesamt, so der Geschäftsführer, stehen die roten Wesseler-Container – das Unternehmen besitzt davon rund 1.800 Stück – bei über 500 Verkaufsstellen. Ketten wie Vergölst (rund 200 Filialen), First Stop (rund 50 Filialen in Westdeutschland) oder Euromaster (rund 30) gehören genauso zu den Wesseler-Kunden wie Filialisten wie Reifen Ehrhardt (29 Niederlassungen), Reifen Günther (23) oder Emigholz (16) und andere kleinere Filialisten.

Bei einer dermaßen hohen Abdeckung des Reifenfachhandels – gerade im Nordwesten Deutschlands – muss man eigentlich davon ausgehen, dass in den Containern nicht nur Schrottreifen, sondern eben auch noch brauchbare Altreifen zu finden sind. Die so genannte Sortierquote werde allerdings immer geringer, meint Heinz Wesseler. Während vor zehn Jahren noch rund 20 bis 30 Prozent der von Wesseler entsorgten Reifen entweder als Gebrauchtreifen oder für die Runderneuerung weiterverwendet werden konnten, ist diese Quote seither deutlich zurückgegangen. Wie der Geschäftsführer betont, hätten heute nurmehr fünf bis zehn Prozent der bei Wesseler eintreffenden Reifen einen Wert für das Unternehmen, während der überwiegende Anteil – kostenpflichtig – in der Zementindustrie entsorgt werden muss.

Dafür gebe es im Wesentlichen zwei Gründe. Einerseits kommt hier das altbekannte Übel zum Tragen: „Die Container werden reihenweise beraubt.“ Wie Heinz Wesseler, der seit 18 Jahren in Kroppenstedt bei Magdeburg ansässig ist, behauptet, brauche man in der Regel keinen Container, der östlich von Magdeburg abgeholt werde, sortieren. Hier seien „alle Container beraubt“, es landen also keinerlei verwertbare Reifen in Wesselers Sortierzentrum in Kroppenstedt. Urteil oder Vorurteil? Wesseler selbst jedenfalls beschäftigt seit vergangenen Dezember einen eigenen Wachdienst am Standort in Kroppenstedt. Der Schaden halte sich zwar in Grenzen. Früher seien die Altreifendiebe aber „zwei bis drei Mal die Woche“ gekommen, hätten eine Sprinter-Ladung voller Altreifen bei Wesseler vom Hof geholt und haben sogar in die Sortierhalle am Standort eingebrochen. Ohne Wachdienst, so Heinz Wesseler, ginge es einfach nicht mehr, obwohl das Gelände natürlich umzäunt ist. Der nächtliche Wachdienst werde wohl eine Dauereinrichtung bleiben, so der Geschäftsführer.

Es gibt aber noch einen weiteren Grund, warum sich die Sortierquote in den vergangenen zehn Jahren so dramatisch verringert hat. Verwertbare Altreifen würden heute mehr denn je vom Reifenfachhandel auch direkt vermarktet, schließlich sind runderneuerungsfähige Lkw-Karkassen und Gebrauchtreifen ein knappes Gut, für das es einen umkämpften Markt in Deutschland und Europa gibt. Die sortierten und für eine Weiterverwendung für gut befundenen Reifen werden in den üblichen Kanälen vermarktet. Während runderneuerungsfähige Lkw-Reifen an den europäischen Karkassengroßhandel vermarktet werden, gehen die noch nutzbaren Pkw-Reifen in der Regel in den Export nach Osteuropa oder sogar Russland, wo so als Gebrauchtreifen ein zweites Leben geschenkt bekommen. Der Trend hierzulande hin zu schneller, größeren und breiteren Reifen sorge allerdings dafür, dass ein nicht unwesentlicher Anteil der weiterverwertbaren Reifen eben nicht verwertet wird – es gebe es oftmals keine Exportmärkte dafür. Wesseler: „Breitreifen brauche ich gar nicht erst zu sortieren.“ Die Exportmärkte, in denen heute noch gebrauchte Pkw-Reifen zu vermarkten sind, verlangen in der Regel kleine Dimensionen mit hohen Querschnitten. Standardgrößen bei Neureifen werden zu Ladenhütern als Gebrauchtreifen. Und die Runderneuerungsbranche nimmt auch jedes Jahr weniger Pkw-Reifen ab. Wesseler selbst jedenfalls liefert keine Pkw-Reifen mehr an Runderneuerer.

Diejenigen Reifen, die nicht weitervermarktet werden können, landen heute in aller Regel als Ersatzbrennstoff in der Zementindustrie. Während vor fünf Jahren noch rund ein Drittel der anfallenden Reifen – auf Kosten des Entsorgers – an Granulierer weitergereicht wurden, spielt dieser Kanal heute für die Containertransporte Wesseler kaum noch eine Rolle, so der Geschäftsführer und Inhaber. „Ein Großteil der bei uns anfallenden Pkw- und Lkw-Reifen geht direkt in die Zementindustrie.“ Während diese vergleichsweise kleinen Reifen unzerkleinert in die Öfen der Zementindustrie befördert werden können, besteht für Großreifen ein Dimensionsproblem. Landwirtschafts-, EM- und Industriereifen müssen in der Regel geshreddert werden, damit sie durch die Öffnung der Zementöfen passen. Außerdem habe jeder Zementhersteller seine eigene Philosophie, was den Zustand der Altreifen betrifft, die zur thermischen Verwertung angefahren werden; während das eine Werk vergleichsweise große Altreifenteile in der Verbrennung verwerten kann, benötigt das andere Werk vergleichsweise klein geshredderte Stücke.

Wesseler jedenfalls kann beides problemlos liefern, muss aber – wie jeder andere Entsorger in Deutschland auch – Geld mitbringen. Während bis vor zehn Jahren die Zementindustrie für den Sekundärbrennstoff Altreifen bezahlte, sparte man doch auf der anderen Seite nennenswerte Summen bei den Energiekosten ein, verlangt die Zementindustrie heute zwischen 45 und 70 Euro pro Tonne Altreifen. Solche Beträge wird auch Wesseler zu zahlen haben, wobei der Geschäftsführer diese Zahlen nicht bestätigen will.

Das traditionsreiche Unternehmen aus Melle (gegründet 1963) ist allerdings nicht nur bei Altreifen aktiv. Wesseler – wie der gesamte Firmenname „Containertransporte Wesseler“ bereits deutlich macht – ist eben auch im Container- und Muldendienst überaus engagiert. Weitere Unternehmenssparten sind: Industrieabbrüche, Bauschuttaufarbeitung und die Spedition, für die derzeit 40 große und durch die Bank moderne Lkw eingesetzt werden. Erst Ende des vergangenen Jahres habe Wesseler 15 neue Fahrzeuge angeschafft. Lastfahrzeuge mit Euro-3-Norm befinden sich nun gar nicht mehr im Fuhrpark des Unternehmens, was beträchtliche Summen bei der Maut spart. „Wir wollen immer auf dem neuesten technischen Stand sein“, so Heinz Wesseler. In der Altreifen- und Altgummientsorgung beispielsweise kommen mittlerweile nur noch Fahrzeuge zum Einsatz, die der Euro-5-Norm entsprechen.

Der Unternehmer, der eigener Aussage zufolge jedes Jahr bis zu drei Millionen Euro investiert, sieht das folgendermaßen: „Wenn ich nicht investiere, sterbe ich.“ Allein für die Anschaffung einer seit wenigen Jahren in Betrieb stehenden Granulieranlage, mit der Granulat von 30 Millimetern und kleiner gefertigt werden kann, habe Wesseler einen hohen sechststelligen Betrag investiert, wobei insbesonder Wartung und Instandsetzung der Anlage zu den größten Kostenblöcken des Betriebes zählen.

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