Vacu-Lug will Vorteile aus seiner Unabhängigkeit ziehen

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Durch die Continental-Übernahme und anschließende Integration von Bandvulc ist im britischen Runderneuerungsmarkt mit dem in Lincolnshire ansässigen Unternehmen Vacu-Lug nur noch ein größerer unabhängiger Anbieter übrig geblieben. Die zwei Firmen eint durchaus so manche Gemeinsamkeit: beide von Familienhand geführt (Bandvulc: bis zur Conti-Akquisition), einen großen Teil des UK-Runderneuerungsgeschäftes für sich reklamierend sowie im Flottenmanagement aktiv. Doch durch die Veränderung hinsichtlich des Besitzverhältnisses bei dem einen ergibt sich für im Segment Nutzfahrzeugreifen engagierte Reifenhersteller eine andere Ausgangslage bezüglich dessen, wer als Partner für die Produktion Runderneuerter für den britischen Markt infrage kommt. Für sein überarbeitetes Runderneuerungsprogramm ist Giti Tire etwa von Bandvulc zu Vacu-Lug gewechselt, was im Zusammenhang mit dem Eigentümerwechsel ersteren Unternehmens stehen dürfte. Angesichts dessen meint Vacu-Lug-Geschäftsführer Tim Hercock, dass der Markt an sich zwar mehr oder weniger der gleiche geblieben sei, man aber – wie er es formuliert – „positiv in dem bestärkt wurde, was wir bereits tun”.

Wie in früheren Ausgaben des Retreading Special dargelegt, ist es vor allem die Ausweitung seines Serviceangebotes, woran Vacu-Lug beständig arbeitet. Derzeit bietet das Unternehmen demnach weit mehr unterschiedliche Flottenmanagement-Tools, wozu nicht zuletzt die kürzlich erfolgte Neuvorstellung einer App für Mobilgeräte zählt, die einen besseren und einfacheren Zugriff auf Fahrzeugdaten ermöglichen soll. Zugleich setzt man auf einen pragmatischen Umgang mit preisgünstigen Neureifen. Darüber hinaus weitet Vacu-Lug über eine vierte Vulkanisationspresse die Produktionskapazitäten für runderneuerte Reifen seiner Marke Logistik aus und entwickelt das Unternehmen neue, speziell auf die Anforderungen seiner Kunden zugeschnitte Produktlösungen wie das „Duramold WZY2“ genannte Llkw-Profil in der Dimension 245/70 R17.5. Er wurde vor allem für Müllfahrzeuge konzipiert, deren Bereifungen häufigem Bordsteinkontakt ausgesetzt sind und die daher im Seitenwandbereich einen entsprechend höheren Schutz aufweisen müssen.

Beim Treffen mit der NEUE REIFENZEITUNG in Vacu-Lugs Zentrale in Grantham ist Hercock nicht zuletzt zudem auf die jüngsten Entwicklungen im britischen Runderneuerungsmarkt eingegangen. „Mit Blick auf die wesentlichen Spieler in Sachen Runderneuerung und Flottenmanagement – also Conti-Bandvulc, Michelin, Goodyear, Bridgestone – hat sich nichts wirklich verändert”, sieht er darin das eigene Unternehmen auf dem Weg seiner Entwicklung bestätigt. „Für uns ist das positiv aus einer Reihe von Gründen. Erstens ist das Ganze ein Beleg dafür, dass das Angebot ordentlicher Runderneuerter und im Bereich Flottenmanagement für alle maßgeblichen Spieler im Reifengeschäft und den Markt insgesamt von Wichtigkeit ist. Zurückblickend haben wir immer schon Vorteile aus unserer Unabhängigkeit, höheren Beständigkeit und Flexibilität gezogen. Und wenn wir damit nun als einzige unabhängige Firma gegenüber den größeren Unternehmen übrig bleiben, dann bieten sich uns dadurch noch mehr Chancen”, so Hercocks Standpunkt aus mittel- bis langfristiger Perspektive. Sich von anderen Unternehmen im Reifengeschäft zu differenzieren, die Flottenmanagementdienstleistungen für Nfz-Fuhrparks anbieten, sei bei der derzeitigen Marktgegebenheiten gleichwohl herausfordernd, ergänzt er.

„Alle wichtigen Spieler haben gute Produkt, ein breites Lieferprogramm, gute Flottenmanagementlösungen – wie will man sich davon abheben? Ich denke, einen persönlicheren Kontakt und Service anzubieten, schnell eine Antwort auf Fragen liefern zu können und in Kontakt mit den jeweils Verantwortlichen zu stehen, ist in den meisten Fällen hilfreich“, meint Hercock. Demgegenüber sei Vacu-Lug „aus dem Rennen” bei paneuropäischen Flottenverträgen. Doch obwohl die seinen Worten zufolge vor allem mit Blick auf Runderneuerte nur einen relativ kleinen Teil des Marktes ausmachen, in dem regional operierende Anbieter als irgendwo zwischen vorteilhaft und unverzichtbar angesehen werden, ist Hercock der Ansicht, das Vacu-Lugs Beziehungen zu so manchem Hersteller dem Unternehmen durchaus zu solchen Aufträgen verhelfen könnten. Was neue Runderneuerungsaufträge betrifft, gewinne das Unternehmen Hercock zufolge jedenfalls an Attraktivität gerade bei solchen Anbietern, die neu in den britischen Markt eintreten wollen bzw. die auf der Suche nach einem geeigneten Kandidaten für die Produktion runderneuerter Reifen sind. Bei der Wahl zwischen einem unabhängigen Hersteller und einem unter Kontrolle eines Wettbewerbers sieht man sich zumindest bei Vacu-Lug demnach klar im Vorteil.

Verbesserte Flottenservices

Hercock glaubt auch, dass die Unabhängigkeit Vacu-Lugs dem Unternehmen helfen werde, sein Flottendienstleistungsangebot weiterzuentwickeln. Alle Firmen, die entsprechende Services anböten, arbeiteten an einer Verbesserung der dabei eingesetzten Technologien. Doch die dafür erforderlichen schnellen Entwicklungsschritte erfordern gleichzeitig entsprechend zügige Anpassungen aufseiten der Unternehmen selbst, meint Hercock. Und dies sei – ist er überzeugt – „sehr viel einfacher“ für kleinere Firmen. Wie er hinzufügt, zahlen die sich kleineren Marktspieler bietenden größeren Möglichkeiten nicht zuletzt in Form beispielsweise noch schnellerer Prozesse rund um die Entwicklung und Markteinführung neuer Software aus. Damit dürfte er nicht zuletzt die eigene mobile VMS-Reifenmanagement-App meinen, die seinen Worten zufolge „binnen weniger Wochen“ gemeinsam mit einem Partner entwickelt wurde. Hercock sagt jedenfalls, dass ungeachtet eines freilich wohl kleineren eigenen Budgets Vacu-Lug im Hinblick auf die Adaption technologischer Veränderungen behände genug ist, um sie schneller umzusetzen als der Wettbewerb.

Was den digitalen Absatzkanal betrifft, so sammelt Vacu-Lug auch hier Erfahrungen. In diesem Zusammenhang verweist Hercock auf den zur Unternehmensgruppe gehörenden Werkstattausrüster The Tyre Equipment Company, der für Produktbestellungen eine entsprechende Onlineplattform betreibt. Seit dessen Übernahme durch Vacu-Lug vor rund drei Jahren soll sich der Anteil der über die entsprechende Website abgewickelten Kaufprozesse auf etwa 50 Prozent gesteigert haben. Die hierbei gesammelten Erfahrungen lässt der Runderneuerer demnach auch bei der Weiterentwicklung der von ihm angebotenen Technologielösungen einfließen, heißt es. Doch Hercock zufolge gibt es noch eine weitere Komponente mit Blick auf einen verbesserten Flottenservice, die er gegenüber der technologischen Seite aber eher „am anderen Ende des Spektrums“ verortet. Die Herangehensweise mit dem „Selbstverständnis, ein kleines Unternehmen zu sein“, sei hilfreich dabei, den Kunden einen persönlicheren Service angedeihen lassen zu können, erklärt er, was damit gemeint ist.

„Entweder sind es herausragende Technologie oder Menschen”, nach denen die Kunden verlangen, meint Hercock. Dabei verweist er auf die jüngsten Rückmeldungen seitens der eigenen Kunden, wo der „Kontakt zu einem Mitarbeiter” als wichtiger bewertet wurde als der nur zu einem System. „Wir wollen dies als Vorteil noch stärker in den Vordergrund rücken”, erklärt er. Über speziell Hinblick auf Kundenanforderungen maßgeschneiderte Produktlösungen wie der beim „Duramold WZY2” verwendete Seitenwandschutz hinaus seien Technologien und Menschen daher zwei weitere Aspekte, bei denen „schnell handeln“ den „Unterschied ausmacht“ im Geschäft mit Flotten oder gegenüber dem Endverbraucher. „Wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen wir uns auch weiterhin differenzieren können“, fügt Hercock hinzu. „Damit verbunden ist so manche Herausforderung, weil wir zum Beispiel nicht das gleiche Forschungs- und Entwicklungsbudget haben wie die großen vier oder fünf Unternehmen der Branche. Doch unsere Fähigkeit, einige Dinge schnell umzusetzen, ist ein Vorteil. Wir können zudem ausgefallenere Lösungen realisieren und [leichter] gewisse Risiken eingehen“, ergänzt er.

Wachsende Partnerschaften mit Reifenherstellern

Ergänzend zu den Vorteilen, die Vacu-Lug eigenem Dafürhalten nach Flotten anbieten kann, vermag Hercock zudem noch größere Synergien bei der Zusammenarbeit mit den Reifenherstellern unter seinen Kunden zu erkennen. „Ich denke hier beispielsweise an die Synergien, die sich aktuell bei der Kooperation mit Prometeon ergeben”, wie er erklärt. Vacu-Lug unterstütze die Marke Pirelli – bei Prometeon hat Pirelli Industrial Tyres bzw. die Nutzfahrzeugreifensparte des Reifenherstellers bekanntlich ein neues Zuhause gefunden – bei ihrer verstärkten Ausrichtung auf das Flottengeschäft mit Heißrunderneuerten aus dessen neuester „01:“-Lkw-Reifenfamilie. In diesem Zusammenhang spricht Hercock von einer „engeren Verbundenheit” bei dieser Partnerschaft als noch vor der Fusion von Pirelli Industrial Tyre mit Aeolus sowie anderem ChemChina-Marken unter dem Prometeon-Dach. Auch Pirelli habe dadurch „an Stärke gewonnen” als Nutzfahrzeugreifenmarke, ist er überzeugt.

Neu formierte Partnerschaften würden sich ebenso in Form positiver Resultate auszahlen, heißt es weiter. „Mit Giti zu arbeiten, gibt uns einen Anknüpfungspunkt mit Blick auf neuere Unternehmen der Reifenbranche [im britischen Markt] und den von ihnen entwickelten Technologien. Wir haben die Zusammenarbeit mit Apollo aufgenommen, wo man einen ganz anderen Ansatz in Bezug auf den Markteintritt verfolgt”, so Hercock unter Verweis darauf, dass die indische Marke ihre Nutzfahrzeugreifen zusätzlich zu den üblichen traditionellen Vertriebskanälen über ein Onlinebestellsystem auch direkt ab Hersteller vermarktet. „Apollo hat die Partnerschaft mit uns gesucht, weil wir mit einem dynamischen Service genau zu dem Weg passen, den das Unternehmen bei seinem Marktauftritt verfolgt“, erklärt der Vacu-Lug-Geschäftsführer. andrew.bogie@tyrepress.com/cm

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