Bohnenkamp schafft Sprung auf „riesigen Markt für EM-Reifen“

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Während der EM-Reifenmarkt traditionell ein durch die großen Hersteller dominierter Markt ist, reklamieren zunehmend auch Großhändler einen Teil des zuletzt kontinuierlich wachsenden Kuchens. Insbesondere eines der größten Großhandelsunternehmen Europas – die Bohnenkamp AG – macht hier zunehmend von sich reden und setzt dabei, zumindest für den Moment, bei EM-Reifen auf eine klare Markenstrategie. Genauso, wie sich das Osnabrücker Handelsunternehmen bei Landwirtschaftsreifen gemeinsam mit dem indischen Hersteller BKT im Laufe von zwei Jahrzehnten zu einem der führenden Anbieter in Europa aufgeschwungen hat, so soll dies auch bei EM-Reifen gemeinsam mit BKT gelingen, erläutert dazu Vertriebsleiter Thomas Pott im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG. Außerdem vollzieht das Unternehmen mit der deutlichen Erweiterung seines Produktangebotes auch eine maßgebliche Diversifizierung und löst sich damit schrittweise von der Abhängigkeit von Landwirtschaftsreifen.

button_nrz-schriftzug_12px-jpg Dieser Beitrag ist in der Mai-Ausgabe der NEUE REIFENZEITUNG erschienen, die Abonnenten hier auch als E-Paper lesen können. Sie sind noch kein NRZ-Abonnent? Das können Sie hier ändern.

Dass sich Bohnenkamp seit vier Jahren auch intensiv um EM- wie auch um Industriereifen kümmert, hat Vertriebsleiter Pott zufolge einen wichtigen Grund, und zwar der nicht unerhebliche Erfolg, den das Unternehmen gerade in den vergangenen zwei Jahrzehnten im Handel mit Landwirtschaftsreifen erzielen konnte. Dabei von zentraler Bedeutung: die Marke BKT, die Bohnenkamp exklusiv in ganz Europa (exklusive Dänemark und Schweden), also in seinem kompletten Vertriebsgebiet bis einschließlich Russland und Kasachstan, vermarktet. Wie Thomas Pott es formuliert: „Wir sind BKT.“ Nicht zuletzt auch wegen seiner aus Indien stammenden Exklusivmarke BKT konnte das Osnabrücker Unternehmen auf seine heutige Größe anwachsen, die exemplarisch durch zwei Zahlen umschrieben werden kann: 259 und 495. Im vergangenen Jahr generierte Bohnenkamp europaweit einen Umsatz von 259 Millionen Euro, wobei 85 Prozent davon aus dem DACH- und dem Benelux-Markt (das ist die sogenannte „Gruppe West“ unter dem Dach der Bohnenkamp AG) stammten, und beschäftigt – ebenfalls europaweit – 495 Menschen, 280 davon in der Bohnenkamp-Gruppe West. BKT ist demnach das Fabrikat, mit dem das Handelsunternehmen in Europa starkes Wachstum erzielen konnte und kann.

Der indische Hersteller gilt gerade bei Landwirtschaftsreifen als einer, dessen Line-up kaum zu überbieten ist, und dessen Produkte mit einem herausragenden Preis-Leistungs-Verhältnis am oberen Ende des Qualitätssegments des Marktes gut zu verorten sind. Maßgeblich bei der Entwicklung des Line-ups war freilich stets die Zusammenarbeit mit den Produkt- und Vertriebsverantwortlichen bei Bohnenkamp. Gemeinsam habe man über die Jahre für nahezu jeden Bedarf im Markt auch ein entsprechendes Angebot machen können, heißt es dazu in Osnabrück weiter. „Wir sind gemeinsam gewachsen“, fasst Vertriebsleiter Pott die Entwicklung während der vergangenen 20 Jahre zusammen, ohne dabei allerdings die Bedeutung der Marke Alliance für diese Entwicklung unter den Scheffel stellen zu wollen.

Wie Thomas Pott weiter betont, habe BKT gerade auch bei EM- und bei Industriereifen in den vergangenen Jahren eine deutliche Entwicklung im Produktangebot vollzogen und sich damit gleichzeitig von einem Anbieter mit fast ausschließlicher Ausrichtung auf das Geschäft mit Landwirtschaftsreifen weiterentwickelt zu einem Anbieter, der nahezu das komplette Segment der OTR- bzw. Off-Highway-Reifen anbieten kann. Dass Bohnenkamp als fest etablierter und langjähriger Vertriebspartner in Europa und gerade auf dem DACH- und auf dem Benelux-Markt irgendwann ‚auf den fahrenden Zug aufspringen‘ und sein Produktangebot erweitern würde, war vielen Beobachtern im Markt längst klar, als in Osnabrück vor gut vier Jahren auch die formelle Entscheidung dazu fiel, zu diversifizieren.

In diesem Zusammenhang nicht vergessen werden sollte, dass Bohnenkamp bei EM-Reifen nicht ausschließlich auf die Marke BKT setzt. Doch während der Großhändler bei Landwirtschaftsreifen mittlerweile auch in Bezug auf die Marken ein absoluter Vollsortimenter ist, wird bei EM-Reifen – derzeit zumindest – außerdem nur noch die Marke Windpower angeboten. Weitere Marken wolle man zunächst im Vertrieb EM-/Industriereifen nicht anbieten, so Pott weiter und verweist dabei auf eine offenkundige Tatsache: Bei EM-Reifen hat Bohnenkamp noch längst nicht den Status auf dem Markt, wie dies bei Landwirtschaftsreifen der Fall ist, und man sei außerdem auch nicht so vermessen, eine entsprechende Entwicklung für die kommenden Jahre zu prognostizieren, auch wenn man natürlich von einem Wachstum wenigstens auf Marktniveau ausgehe. Somit wolle man „fokussieren“, was das Angebot betrifft.

Der Grund, der Bohnenkamp dazu brachte, ins Geschäft mit EM- und Industriereifen einzusteigen, erklärt sich demnach durch den augenscheinlichen Erfolg, den wir in den vorangegangenen Absätzen beschrieben haben. Bei Einstieg mit der Marke BKT auf dem deutschen und auf dem europäischen Landwirtschaftsreifenmarkt lag das Wachstumspotenzial theoretisch bei nahezu unendlich. Bohnenkamp konnte die für den hiesigen Markt neue Marke BKT nach eigenem Gusto platzieren und tat dies – wie oben beschrieben – auch mit offensichtlichem Erfolg. Während die Marke und das Produkt zu Beginn vielleicht noch aktiv in den Markt ‚hineinverkauft‘ werden mussten, so hat sich BKT Vertriebsleiter Pott zufolge seither zu „einem klaren Nachfrageprodukt“ weiterentwickelt. Bedeutet: Reifen von BKT haben sich mittlerweile ihren festen Platz auf dem Landwirtschaftsreifenmarkt erarbeitet – und dabei auch so manches andere Fabrikat in seiner Marktbedeutung geschmälert.

Wie dies aber mit neuen Marken oder Produkten ist: Zu Beginn ist die Wachstumskurve noch überaus steil, flacht mit zunehmendem Erfolg aber immer mehr ab, so dass weiteres Wachstum, gerade auch gegen einen mitunter schwachen Markt, immer schwieriger wird. Dann „müssen wir wachsen, wie alle anderen auch“, skizziert Pott die Veränderungen. Ist ein entsprechender Punkt in der Entwicklung erreicht, ist es Zeit, zu diversifizieren und das Angebot zu erweitern, will man nicht Gefahr laufen, die Zyklen eines mitunter launischen Reifenmarktes jedes Mal voll mitzunehmen. Mit anderen Worten: Der Erfolg der vergangenen Jahre mit Landwirtschaftreifen hat die Bohnenkamp AG an einen Punkt gebracht, an dem weitreichende Richtungsentscheidungen notwendig waren.

Dieses Auf und Ab musste der Osnabrücker Großhändler wie auch alle anderen Marktteilnehmer im Zuge der 2008 beginnenden globalen Finanz- und Wirtschaftskrise noch einmal ganz konkret erleben. Dabei brach auch der Markt für Landwirtschaftsreifen überall stark ein und hat sich immer noch nicht wieder von den Rückgängen ganz erholt. Andere Märkte waren in der Erholung schneller. Dennoch ist Wachstum da. Dieses gilt aber insbesondere für den für Bohnenkamp neuen Markt für EM- und Industriereifen. Während der Markt für EM-Reifen beispielsweise europaweit den Zahlen der ETRMA zufolge im vergangenen Jahr um rund fünf bis sechs Prozent gewachsen ist, erwarten alle Beobachter auch für das laufende Jahr noch einmal ein Wachstum von wenigstens drei bis fünf Prozent. Das Wachstum wird dabei vor allem angetrieben von einer ununterbrochen guten Baukonjunktur, unterstützt durch hohe öffentliche Aufwendungen für Infrastruktursysteme. Auch der Markt für Industriereifen erfährt derzeit eine starke Entwicklung, getragen durch eine ungebrochen gute Industrieproduktion. Parallel zur Einführung von EM- und Industriereifen hat Bohnenkamp außerdem noch den Einstieg in das Geschäft mit Lkw-Reifen vollzogen, hier ausschließlich mit Reifen der Marke Windpower.

Mit EM-Reifen ist die Bohnenkamp AG demnach in ihrem gesamten derzeitigen Vertriebsgebiet aktiv, wozu spätestens seit der Starco-Übernahme im vergangenen Sommer auch Skandinavien sowie alle Märkte östlich und südöstlich des DACH-Marktes zählen, Russland und Kasachstan inklusive. „Dies ist ein riesiger Markt für EM-Reifen“, bescheinigt Vertriebsleiter Thomas Pott. Während die schiere Größe des Absatzpotenzials durchaus verführerisch wirkt, haben sich die Verantwortlichen in Osnabrück ganz bewusst dagegen entschieden, „Reifen in den Markt hineinzudrücken; das geht dann schief“, so Pott weiter. Im Gegensatz zu einem aggressiven Marktzugang über den Preis setze man bei Bohnenkamp eher auf eine schrittweise Entwicklung; die Marke BKT soll auf dem stark auf Premiumfabrikate ausgerichteten EM-Reifenmarkt nachhaltig aufgebaut werden, das erfordert eben Zeit.

Und das erfordert außerdem eine besondere Art der Marktbearbeitung. Bei Bohnenkamp beschreibt man den EM-Reifenmarkt als „High-Expert-Markt“; die Kunden kennen sich beim Produkt genau aus und wissen um ihre Bedürfnisse. Je hochwertiger das Produkt, umso mehr setzen die Kunden ihren Fokus auf Premiumfabrikate; EM-Reifen sind Investitionsgüter für die Endverbraucher. Dieser Besonderheit entsprechend hat die Bohnenkamp AG eine Vertriebsmannschaft aufgebaut, die samt und sonders aus EM-Reifenexperten besteht. Der Geschäftsbereich EM und Lkw wird von Karsten Krückeberg geleitet. Allein der Markt Deutschland ist dabei in 13 Vertriebsgebiete aufgeteilt, in denen die jeweiligen Gebietsleiter den intensiven Kontakt zum Kunden herstellen und halten sollen. Unterstützt werden sie dabei von einem mehrköpfigen Innendienstteam inklusive Produktmanager und Key Accounter. „Bei EM-Reifen ist die Beratung intensiver, weil das Produkt komplexer ist“, unterstreicht Karsten Krückeberg die Notwendigkeit eines breit aufgestellten Vertriebsteams. EM-Reifen würden eben vorwiegend über Produktqualität, Beratungskompetenz, einen herausragenden Aftersales-Service und natürlich die Angebotsbreite und -tiefe – gestützt durch ein großes lieferfähiges Zentrallager (siehe dazu nebenstehenden Beitrag) – erfolgreich vermarktet.

Dass sich Bohnenkamp auch mit dem vor vier Jahren eingeführten Angebot an EM-Reifen bereits einen gewissen Anteil des Marktes sichern konnte, zeigt ein Blick auf die Umsatzverteilung. Von den 259 Millionen Euro Umsatz, die das Unternehmen im vergangenen Jahr erzielen konnte, stammten immerhin schon rund 15 Prozent bzw. 40 Millionen Euro aus dem Handel mit EM- und Industriereifen – Tendenz: stark steigend. Der Anteil der Sparte „Agrar und Forst“ lag im Gegensatz dazu bei immerhin noch 60 Prozent, wobei sich die Anteilsverhältnisse – nicht aber die Volumina der Erlöse – zunehmend verschieben. Zukünftig wird dementsprechend das Geschäft mit Kleinreifen, das man mit der Starco-Übernahme erworben hat, eine größere Rolle spielen. Der Umsatzanteil dieses Produktsegments lag im vergangenen Jahr bereits bei rund zehn Prozent, allerdings werden die Starco-Kennzahlen erst seit dem 1. Juli 2016 im Bohnenkamp-Geschäftsbericht aufgeführt, der das ganze Jahr 2016 abdeckt. arno.borchers@reifenpresse.de

 

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