Pneuhage und First Stop: „Klare Wertschätzung unseres Geschäftsmodells

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Pneuhage und Bridgestone haben ein Joint Venture gegründet – die Pneuhage Partners Group –, das zukünftig die operative Führung der First-Stop-Regiebetriebe und des First-Stop-Partnernetzwerkes übernehmen soll. Auch wenn derzeit der Genehmigungsprozess durch die EU-Wettbewerbsbehörden noch läuft, so zeichnen sich doch erste Ansätze der zukünftigen Zusammenarbeit der beiden Unternehmen ab, auch welche Rolle die Pneuhage Reifendienste und das Reifen1+-Partnersystem in der neuen Struktur der Pneuhage-Gruppe spielen könnten. Im Interview mit der NEUE REIFENZEITUNG betonte Peter Schütterle, Inhaber und Geschäftsführer von Pneuhage und Interpneu, dass man First Stop nicht gekauft habe. Vielmehr sei ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet worden, von dem beide Seiten profitieren könnten. Während sich Bridgestone jetzt wichtige Impulse für die Weiterentwicklung von First Stop verspricht, kann Pneuhage seinen Großhandel Interpneu samt der Eigenmarke Platin noch einmal weiter im Markt etablieren.

button_nrz-schriftzug_12px-jpg Dieser Beitrag ist in der August-Ausgabe der NEUE REIFENZEITUNG erschienen, die Abonnenten hier auch als E-Paper lesen können. Sie sind noch kein Abonnent? Das können Sie hier ändern.

NEUE REIFENZEITUNG:

Derzeit (Ende Juli) liegt die geplante Übernahme bei den Wettbewerbsbehörden. Wann rechnen Sie mit einer Entscheidung und könnte es gegebenenfalls Probleme geben?

Peter Schütterle:

Das geplante Joint Venture wurde Anfang Juli eingereicht. So ein Genehmigungsverfahren kann zwischen einem und drei Monate dauern. Wir gehen daher davon aus, dass wir bis spätestens Herbst die Zustimmung erhalten. Grund zum Zweifeln haben wir keinen. Aber da das Modell sehr innovativ ist, wollten wir mit der Anfrage im Sinne eines freien und fairen Wettbewerbs auf Nummer sicher gehen. Immerhin ist Bridgestone der weltgrößte Reifenhersteller.

NRZinterview_Icon_WEB_tbNEUE REIFENZEITUNG:

Nachdem die Übernahme genehmigt ist, beginnt der Integrationsprozess. Welchen Status in Ihrer Unternehmensgruppe haben zukünftig die First-Stop-Regiebetriebe im Vergleich zu Ihren eigenen Niederlassungen und welchen die First-Stop-Partnerbetriebe im Vergleich zu den Reifen-1+-Partnern?

Peter Schütterle:

Alle innerhalb unserer Unternehmensgruppe im Einzelhandel künftig vertretenen Marken, d. h. die Pneuhage Reifendienste, First Stop und Ehrhardt Reifen + Autoservice bleiben als Firmen unverändert bestehen. Sie behalten ihren selbstständigen Status und Markenauftritt. Die First-Stop-Partner haben ihren Vertrag mit der First-Stop-Gesellschaft und nutzen weiterhin Markenauftritt und Konzept der europaweit aktiven First-Stop-Organisation. Reifen1+ ist das Partnerkonzept für freie Reifenhändler und Werkstätten unseres Großhandels Interpneu und bleibt ebenfalls eine eigene Marke.

NEUE REIFENZEITUNG:

Wo sind diesbezüglich zukünftig Unterschiede zu erwarten und warum wird es solche Unterschiede gegebenenfalls geben?

Peter Schütterle:

Unterschiede werden im Markenauftritt bestehen und natürlich in den Identitäten der einzelnen Firmen. Traditionen und Werte spielen bei uns eine große Rolle. Ein Ziel des Joint Ventures ist es aber, Synergien zu nutzen, wo sie möglich und sinnvoll sind. Das jeweils Beste aus verschiedenen Erfahrungen heraus zu kombinieren und voneinander zu lernen, sehe ich als spannende Aufgabe. Damit können wir uns alle gemeinsam erfolgreich weiterentwickeln.

NEUE REIFENZEITUNG:

Warum haben Sie eigentlich nicht auch die sieben Regiebetriebe in der Schweiz gekauft?

Peter Schütterle:

Wir haben die deutschen Betriebe der First Stop nicht ‚gekauft’, sondern Bridgestone bringt diese in das Gemeinschaftsunternehmen ein. Bridgestone hat uns die Schweizer Betriebe auch nicht angeboten. Die Schweiz ist ein anderer Markt.

NEUE REIFENZEITUNG:

Wollen Sie die Identitäten der jeweiligen Betriebe erhalten, also bleibt First Stop First Stop?

Peter Schütterle:

Ja, die Identitäten der Betriebe bleiben erhalten, so wie auch die Gesellschaften erhalten bleiben. Es handelt sich sowohl bei First Stop als auch bei Reifen Ehrhardt und Pneuhage um etablierte Marken mit entsprechendem Bekanntheitsgrad in ihren lokalen Märkten. Es besteht für uns kein Grund, dies zu ändern.

NEUE REIFENZEITUNG:

Welche weiteren Konstanten soll es trotz Integration nach heutiger Planung in jedem Fall geben?

Peter Schütterle:

Der optimale Kundenservice in allen Produktgruppen durch engagierte und hoch qualifizierte Mitarbeiter soll im Vordergrund stehen. Viel mehr können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilen.

NEUE REIFENZEITUNG:

Was werden hingegen die zentralen Veränderungen sein, die Sie in den ehemaligen Regiebetrieben umsetzen werden?

Peter Schütterle:

Wir freuen uns darauf, die Mitarbeiter von First Stop und ihre Leistungsfähigkeit näher kennenzulernen. Aber das dürfen wir erst nach der Genehmigung des Joint Ventures. Und erst danach können wir uns ein konkretes Bild machen.

NEUE REIFENZEITUNG:

First Stop gilt – wie viele andere Ketten auch – als hochdefizitär. Unter welchen Bedingungen kann Ihnen hier der Turnaround gelingen? Was kann Ihr Unternehmen hier Anderes und Besseres leisten als der weltgrößte Reifen- und Gummiartikelhersteller?

Peter Schütterle:

Bridgestone verspricht sich durch unsere von freiem und unternehmerischem Handeln geprägte Führung wichtige Impulse für die Weiterentwicklung von First Stop. Von Synergien können beide Seiten profitieren. Das sehen wir auch an der zufriedenstellenden Entwicklung bei Reifen Ehrhardt. Zum Beispiel bieten unser spezialisiertes Produktmanagement und die Sortimentsgestaltung mit Interpneu als einem der größten Großhändler für Reifen und Felgen in Deutschland entsprechende Chancen. Ein Merkmal unserer Kundenorientierung ist, dass wir insbesondere auf die gewerblichen Kunden proaktiv zugehen und ihnen individuelle Lösungen über verschiedenen Produktgruppen hinweg anbieten.

Die Pneuhage Partners Group (PPG) –geführt durch Dr. Wolfgang Koppert und Erwin Schwab – ist die neue ‚Mutter’ von First Stop in Deutschland, ihre Aufgabe: Sie soll die operativen Geschicke der Regiebetriebe sowie des Partnernetzwerks selbstständig leiten; um dies auch operativ garantieren und umsetzen zu können, hält Pneuhage 75 Prozent

Die Pneuhage Partners Group (PPG) –geführt durch Dr. Wolfgang Koppert und Erwin Schwab – ist die neue ‚Mutter’ von First Stop in Deutschland, ihre Aufgabe: Sie soll die operativen Geschicke der Regiebetriebe sowie des Partnernetzwerks selbstständig leiten; um dies auch operativ garantieren und umsetzen zu können, hält Pneuhage 75 Prozent

NEUE REIFENZEITUNG:

Könnte es sein, dass es nach 2014 nun noch weitere First-Stop-Filialschließungen bzw. -Verkäufe geben wird?

Peter Schütterle:

Ausgesprochenes Ziel des Joint Ventures ist Wachstum und Ausbau der Präsenz beim Kunden. So etwas erreicht man normalerweise nicht durch Schließungen oder Verkäufe.

NEUE REIFENZEITUNG:

Man könnte meinen, dass Sie zur Führung der neuen Filialen sowie der Partnerbetriebe zukünftig keine Zentrale in Bad Homburg mehr benötigen. Was ist der Plan diesbezüglich?

Peter Schütterle:

Auch in diesem Punkt können wir erst nach erfolgter Genehmigung tiefer einsteigen und die Mitarbeiter und ihre Tätigkeiten näher kennenlernen. Wir freuen uns schon darauf, diese in unsere weiteren Planungen mit einzubeziehen.

NEUE REIFENZEITUNG:

Und wie stellen Sie sich in Zukunft die Betreuung der Partnerbetriebe vor? Wird es hier Veränderungen geben?

Peter Schütterle:

Von den Vorteilen, die die First-Stop-Regiebetriebe durch das Joint Venture haben, können auch die Partner profitieren. Zum Beispiel vom Sortiment und den Bezugsmöglichkeiten über Interpneu, unserem Know-how in den speziellen Produktgruppen oder unserer Flottenkompetenz. In die Details können wir erst gehen, nachdem uns die Genehmigung der EU vorliegt.

NEUE REIFENZEITUNG:

Inwiefern werden Sie mit dem First-Stop-Beirat kooperieren und diesen auch an andere entsprechende Gremien anbinden?

Peter Schütterle:

Wir sehen in einem Partnerbeirat prinzipiell eine gute Möglichkeit zur gemeinsamen Weiterentwicklung von Leistungen für die angeschlossenen Händler und stehen dem positiv gegenüber. Bei Reifen1+ haben wir aus diesem Grund ebenfalls kürzlich eine Partnervertretung gegründet.

NEUE REIFENZEITUNG:

Wird es darüber hinaus vermutlich Veränderungen in Bezug auf die angebotenen Produkte, Dienstleistungen, etc. für die First-Stop-Partner geben? Was geschieht insbesondere mit etwaigen Abnahmeverpflichtungen von (Bridgestone-) Konzernmarken?

Peter Schütterle:

Den Bridgestone-Konzernmarken wird natürlich weiterhin entsprechendes Augenmerk und Fürsorge gelten, das sind die Kunden von First Stop auch so gewohnt. Doch darüber hinaus wird heutzutage von einem Fachhändler eine große Auswahl aller Top-Marken in Form von wettbewerbsfähigen Angeboten erwartet. Die können wir als großer unabhängiger Händler bieten. Über Interpneu steht den First-Stop-Kunden zudem eine große Auswahl an Alufelgen zur Verfügung.

NEUE REIFENZEITUNG:

Wenn zukünftig ein Reifenhändler Ihr neuer Partner werden will, kann er dann bei Ihnen beides werden: First-Stop- oder Reifen-1+-Partner?

Peter Schütterle:

Ja, der Händler kann wählen, welches Konzept besser zu ihm passt. Die Leistungsbausteine unterscheiden sich. Die Partnermarke First Stop wird nach wie vor eng mit der Marke Bridgestone verbunden sein und als solches Teil des europaweiten Markennetzwerks von First Stop.

Reifen1+ ist das Partnersystem von Interpneu. Der Händler hat darin die Wahl zwischen drei Ausbaustufen mit entsprechenden Umsatzverpflichtungen bei Interpneu. Leistungen wie das E-Commerce-Paket mit eigenem Onlineshop, der Terminbühnenplaner oder Teilnahme an der Zeitungsbeilage sind separat dazu buchbar. Die lokale Identität des Partners steht bei Reifen1+ im Vordergrund, es gibt nur minimale Anforderungen an die Signalisation.

NEUE REIFENZEITUNG:

Würde es eventuell Sinn machen, den Reifen-1+-Partnern die ‚Umfirmierung’ zum First-Stop-Partner zu empfehlen, schließlich ist dieser Markenname durchaus geläufig?

Peter Schütterle:

Unsere aktuell 525 Reifen1+-Partner haben sich bewusst für ein sehr offenes System entschieden, welches ihre individuellen Bedürfnisse an Unterstützung in Einkauf, Marketing und Vertrieb aufgreift. Wir sehen uns daher nicht in der Rolle, unseren Partnern etwas zu empfehlen. Wenn ein Reifen1+-Partner in ein anderes System wechseln möchte, kann er das jederzeit mit einer minimalen Kündigungsfrist auch tun. Davon haben bislang allerdings nur wenige Gebrauch gemacht. Wir sind zuversichtlich, dass sich der Markenname Reifen1+ mit steigender Präsenz und Dauer der Verwendung weiterhin gut etabliert.

NEUE REIFENZEITUNG:

Bridgestone ist Minderheitspartner im neuen Joint Venture. Inwiefern müssen Sie mit dem Hersteller entsprechende strategische Fragen abstimmen?

Peter Schütterle:

Die entsprechende Abstimmung mit Bridgestone in strategischen Fragen gebietet schon die Tatsache, dass Bridgestone das Wohl und die Weiterentwicklung der First-Stop-Betriebe und Partner weiterhin sehr wichtig ist. Das respektieren wir und freuen uns über das Vertrauen, die operativen Geschicke selbstständig zu leiten, was die Anteilsverteilung entsprechend dokumentiert.

NEUE REIFENZEITUNG:

Warum haben Sie mit ihrem Joint-Venture-Partner Bridgestone die Anteilsverteilung 75-25 gewählt?

Peter Schütterle:

Um die freie und unternehmerische Führung durch uns auch operativ garantieren und umsetzen zu können, haben wir uns für diesen Weg entschieden.

NEUE REIFENZEITUNG:

In Ihrer Mitteilung zur Joint-Venture-Gründung hieß es, Sie sehen dies auch ‚als Wertschätzung des freien Reifenhandels als Geschäftsmodell’. Dennoch haben Sie die Industrie in der gegenwärtigen Konstruktion als berechtigten Partner mit am Tisch. Warum kam es nicht zu einer Komplettübernahme wie im Falle Reifen Ehrhardt?

Peter Schütterle:

Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Hersteller einer Anteilsverteilung 75-25 für ein solches Joint Venture zur Weiterentwicklung und Führung seiner Betriebe zustimmt. Das Vertrauen ehrt uns sehr und würdigt die Leistungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bridgestone sieht große Chancen darin, dass wir die First-Stop-Betriebe über die Pneuhage Partners Group (PPG) künftig als unabhängiger Reifenhändler führen, also genauso wie wir Reifen Ehrhardt oder die Pneuhage Reifendienste führen. Darin sehe ich eine klare Wertschätzung unseres Geschäftsmodells. Zusätzlich hat First Stop weiterhin einen starken Herstellerpartner im Hintergrund, der Interesse am Ausbau und Wachstum hat. Das war uns auch sehr wichtig, denn die Marke First Stop ist natürlich stark mit Bridgestone verbunden. Davon soll sie auch weiterhin profitieren.

NEUE REIFENZEITUNG:

Zusammen mit den Regiebetrieben und dem Partnernetzwerk haben Sie auch die beiden Runderneuerungswerke von First Stop mehrheitlich erworben. Wie passt dies zu ihren drei bestehenden Fabriken inklusive Reifen Ehrhardt? Pneuhage scheint diesbezüglich große Überkapazitäten in einem schrumpfenden Markt zu haben.

Peter Schütterle:

Was die Runderneuerungsbetriebe angeht, sprechen wir ja von verschiedenen Marken. First Stop und Reifen Ehrhardt erneuern mit Bandag, Pneuhage mit Recamic. Nur über den Preis zu verkaufen, war noch nie eine Lösung. Es ist die Gesamtleistung, die zählt, und die von den Kunden honoriert wird. Unser Ziel ist, bei First Stop und Reifen Ehrhardt gemeinsam mit Bandag Wachstum in den jeweiligen Märkten zu generieren.

Eine Schrumpfung des Runderneuerungsmarktes wird durch die erreichten Erfolge auf politischer Ebene in Sachen De-minimis hoffentlich gebremst. Der BRV und Branchenkollegen haben sich vehement dafür eingesetzt. Hierfür meinen herzlichen Dank. Eine wieder wachsende Bedeutung der Runderneuerung ist also möglich. ab

 

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