Nokian Tyres will sich aus der russischen Abhängigkeit lösen

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Seit 2012, als Nokian Tyres in Russland und den anderen GUS-Staaten noch 600 Millionen Euro an Umsätzen generierte und folglich von seinem „zweiten Heimatmarkt“ sprach, hat sich wirtschaftlich und politisch im großen Nachbarland Finnlands einiges verändert. Von den damals 37 Prozent Umsatzanteil sind im ersten Halbjahr gerade einmal noch 15,7 Prozent übrig geblieben – Tendenz: bestenfalls ungewiss. Seitdem der finnische Hersteller 2005 in St. Petersburg seine Fabrik in Betrieb nahm, kannte man im Prinzip jahrelang nur eine Richtung: nach vorn. In den vergangenen Jahren zeigte sich indes immer mehr die Verwundbarkeit Nokian Tyres’ durch diese stark auf Russland ausgerichtete Wachstumsstrategie. Nun will Ari Lehtoranta hier das Ruder herumreißen und sich aus der russischen Abhängigkeit lösen, auch wenn er im März bei der Vorlage des Jahresberichtes 2015 betonte, man habe mit den weitestgehend stabilen Umsätzen und Erträgen gezeigt, dass der „Erfolg nicht von Russland abhängt“. Anlässlich der Vorstellung der jüngsten Halbjahreszahlen gestern kündigte der CEO nun an, Nokian Tyres wolle „in den kommenden Jahren in neue Märkte expandieren“ und nennt dabei etwa China und Japan.

Jahrelang schwamm Nokian Tyres auf einer Welle des Erfolgs. Der Hersteller aus dem hohen Norden konnte eine Umsatzsteigerung nach der anderen melden und dabei gleichzeitig auch immer wieder mit hohen Renditen aufwarten; gerne bezeichnet sich Nokian Tyres auch als „profitabelster Reifenhersteller der Welt“ mit einer aktuellen Nettogewinnmarge von 17,6 Prozent (lag 2011 bei über 22 Prozent). Doch seit spätestens 2012 dämmert es den Finnen, dass sie sich zwar zahlenseitig dank ihrer starken Ausrichtung auf Russland als Produktionsstandort und vor allem auch als Absatzmarkt große Vorteile gegenüber dem Wettbewerb erarbeitet hatten, dass diese Vorteile aber nicht unbedingt nachhaltig sein würden.

In den vergangenen Jahren hat Nokian Tyres folgerichtig großes Engagement gezeigt, was das Wachstum in der Region Central Europe betrifft. Von Januar bis Juni kamen bereits 28 Prozent der Umsätze aus dieser Region (Vorjahr: 24 Prozent). Nicht nur, dass der „Erfinder des Winterreifens“ zunehmend speziell auf Mitteleuropa ausgelegte Produkte entwickelt, wozu konsequenterweise auch die Einführung des technisch herausragenden Ganzjahresreifens Weatherproof im vergangenen Jahr gehörte. Auch setzte Nokian Tyres in den vergangenen Jahren großes Engagement in den Ausbau seiner Marktpräsenz in Europa. In Deutschland etwa ist der Hersteller mit seiner Handelsorganisation Vianor aktuell bereits an 30 Standorten präsent, in Zentraleuropa sogar an 350, während dem Händlerunterstützungsprogramm Nokian Authorized Dealers (NAD) hierzulande sogar 247 und europaweit inklusive China 1.341 Verkaufspunkte angehören. Diese Bestandsaufnahme darf dabei nicht darüber hinwegtäuschen, dass Nokian Tyres – gerade auch in Deutschland – bisher traditionell stark auf den Großhandel ausgerichtet war. Thorsten Herzog, Geschäftsführer Deutschland, arbeitet bereits gezielt daran, über den Großhandel hinaus den Fokus der Absatzbemühungen auf weitere Kanäle zu legen; Stichwort: Multi Channel.

Nun soll sich Ari Lehtoranta zufolge aber auch international noch mehr ändern. Wie der CEO anlässlich der Vorstellung der jüngsten Halbjahreszahlen gestern ankündigte, „müssen nach 2018 neue Regionen schrittweise wachsende Umsätze für das Unternehmen generieren“ und will sich damit weiter aus der Abhängigkeit von Russland lösen. „China bietet eine große Perspektive“, so Lehtoranta beim Conference Call zu den Halbjahreszahlen. Der Hersteller betreibt in China bereits eine Vertriebsorganisation. Dort würde es etwa bald auch rechtliche Vorschriften zu Winterreifen geben. „Japan stellt eine weitere Möglichkeit dar“, so der CEO, nennt indes aber keine genaueren Ziele, wann und vor allem wie der finnische Hersteller in Asien Fuß fassen will. arno.borchers@reifenpresse.de

 

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