Zwei Jahre „Bewährung“ für Alzura-Reifenflatrate: Mehr als ein Marketing-Gag?

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Während der von Z Tyre im Rahmen der diesjährigen Reifenmesse öffentlichkeitswirksam enthüllte „teuerste Reifensatz der Welt“ landauf und landab durch die Medien ging und teils immer noch weiter geht, soll die sogenannte Reifenflatrate, die das Unternehmen zusammen mit der Saitow AG (ehemals Tyre24) unter dem Namen Alzura in diesem Frühjahr an den Start gebracht, alles andere als ein Marketing-Gag sein. Doch kann das wirklich funktionieren? Und wem nutzt das auch Reifenabo genannte Modell, bei dem der Endkunde einen festen Betrag ab fünf Euro aufwärts für die Nutzung von Z-Tyre-Reifenmodellen an seinem Fahrzeug berappt, anstatt sie tatsächlich zu erwerben?

Zuallererst wird dabei immer auf die Vorteile für die Partner des Konzeptes verwiesen. Denn Händlern, die sich als sogenannter „Z Store“ listen lassen, wird eine garantierte Marge von 25 Prozent versprochen. Und dies ohne eigenes (Lager-)Risiko, weil den Teilnehmern zum Start 20 Reifen als Konsignationsware kostenfrei zur Verfügung gestellt werden und sie auch sonst keine Ware einkaufen, auf Lager legen bzw. damit finanziell nicht in Vorleistung gehen müssen. Gegen eine Bankbürgschaft sei es aber dennoch möglich, sich 200 oder 500 Reifen ins Lager zu nehmen, heißt es weiter. Da das Ganze online über die Alzura-Plattform abgewickelt wird, werden dem Handel so idealerweise Abokunden zugeführt ohne großes Zutun von eigener Seite. Und über die vorherige Terminvereinbarung des Kunden kennt der „Z Store“ dann schon dessen Reifengröße, bevor er überhaupt den Betrieb betritt. Ein Z-Tyre-Zentrallager soll gleichzeitig sicherstellen, dass der jeweils gewünschte Reifen innerhalb von 24 Stunden vor Ort in der Servicewerkstatt ist.

Von daher wird von einer Win-win-Situation gesprochen für die Teilnehmer an dem „Z-Store“-Konzept. Zumal das ganze Risiko nicht bei dem Händler selbst, sondern einzig und allein bei der Saitow AG und der hinter der Z Tyre stehenden Zenises Ltd. liege, wie Michael Saitow, CEO von ersterem Unternehmen im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG erklärt. „Der Handel braucht sich nicht mehr um Preiskäufer kümmern, denn die Preishoheit liegt nun ja nicht mehr ihm. Er kann sich damit voll und ganz auf den Service konzentrieren und sich darüber vom Wettbewerb differenzieren“, hebt Stephan Nungess, Geschäftsführer der deutschen Z Tyre GmbH, als weiteren Vorteil des Flatratekonzepts hervor, das auf eine Idee von Zenises-CEO Harjeev Kandhari zurückgeht. Als Beleg dafür, dass all diese Argumente verfangen, verweist Nungess auf die steigende Zahl von „Z-Store“-Partner. „In nur sechs Wochen nach dem Start haben wir bereits 250 Z-Tyre-Händler gewinnen können“, freut er sich.

Langfristig sollen es bundesweit einmal rund 600 „Z-Store“-Partner werden, um eine weitgehende Flächenabdeckung im deutschen Markt zu erreichen. „Wir haben allerdings keinen Druck“, so Nungess weiter. Derzeit scheinen die „weißen Flecken“ auf der Landkarte jedenfalls vor allem im Norden Deutschlands noch deutlich größer zu sein als im Süden der Republik sowie rund um Ballungszentren kleiner als auf dem „platten“ Land. Zudem findet sich unter den aktuellen Konzeptteilnehmern offensichtlich (noch?) ein höherer Anteil an Kfz-Werkstätten/Autohäusern denn wirklicher Reifen(fach)händler. „Die Abdeckung im Umkreis von Kaiserslautern ist jedenfalls enorm hoch“, sagt der Geschäftsführer der Z Tyre GmbH, hat die doch dort ebenso wie die Saitow AG ihren Sitz. Kennt die Flatrate also nur Gewinner? Was für Alzura bzw. Z Tyre/Zenises und Saitow als Anbieter noch am ehesten nachvollziehbar erscheint und möglicherweise auch auf der „Z-Store“-Partner zutreffen mag, wirft aber unwillkürlich die Frage nach dem Verbraucher als drittem Term in der Gleichung auf.

Ob sich das Ganze für den Durchschnittsautofahrer wirklich rechnet, ist auf jeden Fall einen näheren Blick wert. Das Abomodell sieht nämlich vor, mindestens fünf Euro im Monat für wenigstens zwölf Monate Reifennutzung zu zahlen: Macht 60 Euro pro Reifen im ersten Jahr bzw. 240 Euro für einen kompletten Satz „Z-One“-Sommerreifen in einer der beiden hierzulande meistgefragten Größen 195/65 R15 oder 205/55 R16. Zu diesem Preis und – je nach letztendlicher Markenpräferenz – teils noch einiges darunter bekommt man im einschlägigen Onlinehandel beispielsweise bereits Contis „PremiumContact 5“, Goodyears „EfficientGrip Performance“, Fuldas „EcoControl HP“, Nokians „iLine“, Vredesteins „Sportrac 5“ oder Uniroyals „RainSport 3“. Unterschied: Nach zwölf Monaten können tatsächlich gekaufte Reifen weiter genutzt werden, während bei der Flatrate Monat auf Monat wieder jeweils weitere fünf Euro Gebühr fällig werden.

Selbst wenn man den zum Zeitpunkt einer Preiserhebung der NEUE REIFENZEITUNG Mitte Juni für 59,10 Euro bei Gripgate angebotenen „PremiumContact 5“ in 205/55 R16 für den Sommer mit einem Fulda „Kristall Montero 3“ in derselben Dimension für den Winter und zu einem Stückpreis von 61,30 Euro kombiniert, errechnen sich bei einer angenommenen vierjährigen Nutzung beider Sätze daraus Kosten (nur für die Anschaffung) in Höhe von 481,60. Dem stünden bei der Alzura-Flatrate andererseits 960,00 Euro – vier Reifen mal fünf Euro je Monat bei insgesamt 48 Monaten, weil Winterreifen bei Alzura ebenfalls ab fünf Euro je Monat angeboten werden bzw. während eines „Winterabos“ ein etwaig bestehendes „Sommerabo“ ruht – und damit doppelt so hohe Kosten allein für die Reifen gegenüber. „Mit dem Verbraucher habe ich kein Mitleid. Uns geht es vorrangig darum, dem Handel zu helfen“, antwortet Nungess auf die Frage, ob man bei der Alzura-Flatrate nicht möglicherweise die Fähigkeiten der Endkunden beim Umgang mit einem Taschenrechner unterschätzt.

Das Alzura genannte Abomodell soll beim Thema Reifen für Tiefenentspannung aufseiten der Verbraucher sorgen – so wie einige Besucher der zurückliegenden Reifenmesse auch die dortige Z-Tyre-Präsenz nutzten

Das Alzura genannte Abomodell soll beim Thema Reifen für Tiefenentspannung aufseiten der Verbraucher sorgen – so wie einige Besucher der zurückliegenden Reifenmesse auch die dortige Z-Tyre-Präsenz nutzten

 

Aber allein durch eine aus Sicht nüchtern kalkulierender Autofahrer wohl gegen das Abomodell sprechende Kostengegenüberstellung lässt sich Michael Saitow ebenfalls nicht einbremsen. Schließlich nutze er seit einiger Zeit wie viele andere Deutsche eine Musikflatrate, obwohl er auch davor eigentlich nie monatlich CDs im Wert von den bei solchen Angeboten meist gängigen zehn Euro im Monat gekauft habe. Ergänzend dazu wirft er in den Ring, dass eine solche Flatrate dem Kunden ja gerade den Kopf frei davon machen soll, sich näher mit dem „Low-interest-Produkt Reifen“ befassen zu müssen – zumal es für abgefahrene oder beschädigte Reifen ja jeweils Ersatz gibt. „Er kann also beispielsweise die Reifen durchdrehen lassen, wenn er das will“, führt er als Beispiel an. Klar, das Ganze rechnet sich natürlich umso eher, je weiter der konkrete Anwendungsfall nicht vom Normalkunden weg ins Extreme abdriftet. Bei einer nur zweijährigen Nutzung und entsprechend doppelt so hohen jährlichen Kilometerleistung eines damit bereiften Fahrzeuges etwa würden die Kosten für die beiden Beispielsätze schließlich in ähnliche Regionen vorstoßen, wie diejenigen für die nur zur Nutzung überlassenen Z-Tyre-Modelle.

Ob sich das Alzura-Konzept, das Michael Saitow mit dem „All-you-can-eat“-Angebot in (China-)Restaurants vergleicht, für Z Tyre/Zenises und die Saitow AG bei einem solchen Szenario dann letzten Endes noch rechnet, ist insofern die nächste spannende Frage. „Das Ganze ist halt eine Mischkalkulation: Manche fahren mehr, andere dafür weniger“, erklärt der Saitow-CEO. Gleichwohl gibt er ganz freimütig zu, dass er hinsichtlich des neuen Angebotes „keine Ahnung [hat], wie es ausgeht“. Zwar werde bereits über mögliche Erweiterungen des Konzeptes etwa durch eine neben Z Tyre weitere Marke – so Saitow – „eher aus dem Premiumbereich“ genauso nachgedacht wie demnächst Kompletträder im Abo angeboten sollen. Doch selbst wenn es eine zusätzliche Serviceflatrate für die Reifenmontage und eventuelle Zusatzdienstleistungen schon jetzt gibt, wolle man nun erst einmal abwarten, ob sich das Ganze bewährt. „Wir werden sehen, wo wir in zwei Jahren damit stehen“, spricht Michael Saitow in diesem Zusammenhang von einer Art „Bewährungsfrist“. Man kann es drehen, wie man will: Für Aufmerksamkeit in der Branche hat das Abomodell ebenso wie der besonders teure Z-Tyre-Reifensatz jedenfalls allemal schon gesorgt. christian.marx@reifenpresse.de

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