Die Farmreifenmarke Goodyear ist nicht tot

Im Rahmen der Agritechnica hat die NEUE REIFENZEITUNG mit Lindsay Hart, Director European Tyre Sales of Titan Distribution (UK) Ltd., ein Gespräch über das wenige Tage zuvor bekannt gewordene Lizenzabkommen zwischen Titan International und Goodyear zu führen, das es Ihrem Unternehmen erlaubt, Landwirtschaftsreifen der Marke Goodyear in Europa, dem Mittleren Osten, Afrika und Russland sowie der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) zu vermarkten und in den genannten Ländern bzw. Regionen auch herzustellen. Weil die Nachricht noch so frisch war, wollte bzw. konnte Lindsay Hard noch nicht zu allen Details Auskunft geben, aber soviel sei ja wohl klar: „Die Farmreifenmarke Goodyear ist nicht tot, sondern stark.“ Um die Marke im ja eigentlich gesättigten europäischen Markt für Landwirtschaftsreifen zu „repositionieren“, werde man über Nischen gehen, in denen die großen Spieler genügend Raum ließen für die Expansion mit Qualitätsprodukten. Darüber hinaus gab es das Angebot, via E-Mail bei einigen Aspekten nachzufassen, wovon die NEUE REIFENZEITUNG gerne Gebrauch gemacht hat.

NEUE REIFENZEITUNG: Titan International hat von Goodyear auch eine Reihe von Reifenformen erworben und die Lizenz, Reifen der Marke Goodyear in mehr als hundert Ländern zu verkaufen. Macht es da Sinn, diese Formen ausschließlich in das 2013 erworbene Reifenwerk in Russland zu schaffen?

TITAN: Wir analysieren die Liste der Reifenformen und entscheiden dann, wo sie uns am ehesten nutzen. Wir haben Reifenfabriken außer in Russland auch in Brasilien und Nordamerika und Größe, Profil sowie die Antwort auf die Frage, wo die jeweiligen Reifen überwiegend genutzt werden, entscheiden über den Produktionsstandort. Wir wollen kosteneffizient sein und effizient sowohl hinsichtlich Logistik wie Produktion.

NEUE REIFENZEITUNG: Goodyear stellt noch Farmreifen in Indien her. Länder und Regionen wie Indien, China, Südafrika und Australien fehlen noch auf Titans Distributionsliste, sind aber riesige Märkte und verheißen eine ganze Reihe künftiger Möglichkeiten wie die Radialisierung in einem Land wie China. Strebt Titan an, die Vermarktungsrechte für Goodyear-Landwirtschaftsreifen in der ganzen Welt zu erlangen?

TITAN: Wo wir Räder liefern können, da wollen wir auch Reifen herstellen. Wir wollen unseren Kunden Unterstützung bieten wo auch immer in der Welt. Wir sind die Nummer Eins als Räder- und Reifenhersteller mit Off-Highway-Bestimmung und wollen diese Position behalten.

NEUE REIFENZEITUNG: Ist die Nutzungsdauer der Goodyear-Namensrechte im Rahmen der jetzt geschlossenen Vereinbarung limitiert? Gibt es Unterschiede zu den entsprechenden 2011 getroffenen Abkommen für Nord- und Südamerika? Titan International hat selbst von einer siebenjährigen, also bis 2018 terminierten Frist gesprochen und von einem geleisteten Betrag von 33,8 Millionen US-Dollar, das entspräche etwa jährlichen Lizenzgebühren in der Höhe von knapp fünf Millionen Dollar. Wieviel muss jetzt bezahlt werden und für wie lange gilt die Vereinbarung?

TITAN: Diese Details unseres Vertrages mit Goodyear sind wirtschaftlich sensibel und wir möchten das nicht öffentlich bekanntgeben.

NEUE REIFENZEITUNG: Gibt es Überschneidungen bei den Reifenmarken Goodyear und Titan? Ist ein Fokus auf Goodyear-Landwirtschaftsreifen einerseits und Titan-EM-Reifen andererseits geplant?

TITAN: Gewisse Überschneidungen gibt es bei den Sortimenten beider Marken. Es ist aber wichtig, daran zu erinnern, dass Titan eine sehr starke Landwirtschaftsreifenmarke in Nordamerika ist und beide Marken ihren Platz im Markt haben. Sie werden promotet und strategisch so positioniert, dass sie einander ergänzen und nicht im Wettbewerb zueinander stehen. In Europa ist sicherlich eine Entwicklung aller drei Marken zu erwarten: Goodyear, Titan und Voltyre.

NEUE REIFENZEITUNG: Sicherlich will Titan International zurück ins europäische Erstausrüstungsgeschäft mit der Landwirtschaftsreifenmarke Goodyear. Ist da auch eine zweite OE-Marke Titan angedacht?

TITAN: Zweite Marken sind immer möglich. Aber es ist wahr, dass die Marke Titan in Europa nicht das gleiche Renommee hat wie die Marke Goodyear und auch derzeit noch weniger bekannt ist. Die Titan-Farmreifenrange wurde ganz überwiegend für den nordamerikanischen Markt entwickelt, der sich schon hinsichtlich der Reifengrößen vom europäischen unterscheidet. Daher unsere Spezialisierung in gewisse Nischen mit der Titan-Palette wie Erntereifen.

NEUE REIFENZEITUNG: In einer Veröffentlichung hat Titan International über Verluste geklagt, die sich aus Geschäften mit neuem Equipment ergeben hätten, das von Nordamerika nach Europa exportiert worden ist, nachdem sich Goodyear im Jahre 2014 aus dem Landwirtschaftsreifengeschäft in der Region Europa, Mittlerer Osten, Afrika zurückgezogen hatte. Können Sie erklären, wie sich diese Verluste errechnen und welche Geschäfte genau verloren wurden und warum?

TITAN: Vereinfachend gesagt, hatte Titan Schlepper in der nordamerikanischen Erstausrüstung mit Reifen der Marke Goodyear ausgerüstet, die dann nach Europa exportiert wurden. Weil wir aber keine Goodyear-Produkte in Europa verkaufen durften, konnten wir unseren Kunden auch keinerlei Unterstützung im Ersatzgeschäft bieten oder uns um Fragen wie Gewährleistung und Replacement kümmern. Dies hat die Schlepperhersteller gezwungen, nach alternativen Zulieferern zu suchen für Fahrzeuge, die nach Europa exportiert werden sollten, damit gewährleistet war, dass es den erforderlichen Service auch außerhalb Nord- und Südamerikas gab. detlef.vogt@reifenpresse.de

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  1. […] Obgleich die Titan International Inc. sich bemüßigt sieht zu betonen, über die Produktion in Lizenz hergestellter Landwirtschaftsreifen der Marke keine weiteren Verbindungen zur Goodyear Tire & Rubber Company zu haben und mit Trump […]

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