Reifenersatzgeschäft: Harte Fakten zu 2015 erst nächstes (Früh-)Jahr

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Von einem Stimmungsumschwung im Reifenhandel hin ins eher Positive hatte der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseurhandwerk e.V. (BRV) Anfang Dezember berichtet, und zu diesem Zeitpunkt belegte auch der Zwischenstand bei der aktuellen Frage des Monats der NEUE REIFENZEITUNG mit Blick auf das diesjährige Wintergeschäft einen eher erfreulichen Trend nach einer enttäuschenden Sommerreifensaison. Zwischenzeitlich hat sich der Wind jedoch zumindest ein klein wenig gedreht. Konkrete Zahlen etwa des Wirtschaftsverbandes der deutschen Kautschukindustrie (WdK) oder der European Tyre and Rubber Manufacturers’ Association (ETRMA) zur Absatzentwicklung liegen für den Dezember ohnehin, aber auch für den November noch nicht vor, jedoch hat zumindest der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseurhandwerk e.V. (BRV) zum Jahresende eine erste vorläufige Einschätzung zum Reifenjahr 2015 gegeben. Gleichwohl heißt es dabei einschränkend, dass gesicherte Aussagen zur voraussichtlichen Stückzahlentwicklung wohl erst im kommenden Februar gemacht werden können.

Begründet wird dies seitens des BRV-Vorstandes mit „sehr differierenden Informationen und Nachrichten, die uns zum Geschäftsverlauf 2015 erreichen und die teilweise deutlich von der positiven Grundtendenz des Ende November erhobenen BRV-/BBE-Branchenbarometers abweichen“. All dies spiegelt sich entsprechend ebenso bei der Einschätzung der Teilnehmer an besagter Onlineumfrage dieser Fachzeitschrift wider, die mittlerweile leicht weniger optimistisch ausfällt als noch vor Kurzem. Waren Anfang des Monats noch mehr als 46 Prozent der Meinung der Winterreifenabsatz werde 2015 besser bzw. viel besser ausfallen als im Vorjahr, so ist dieser Anteil innerhalb weniger Wochen und wohl nicht zuletzt aufgrund der bis dato doch eher zu milden Witterung in diesem Winter auf gut 41 Prozent abgeschmolzen. Gleichzeitig damit sind freilich immer mehr Umfrageteilnehmer der Meinung, die Winterreifenverkaufszahlen werden mehr oder weniger auf dem (niedrigen) Vorjahresniveau – jetzt 30 statt zuvor knapp 27 Prozent – verharren oder gar schlechter bzw. viel schlechter – jetzt rund 29 statt vorher etwa 27 Prozent – ausfallen.

Laut BRV steht jedenfalls schon heute fest, dass die Stückzahlentwicklung bei Pkw- Sommer- und Winterreifen national betrachtet auch 2015 wohl hinter den diesbezüglich ohnehin unbefriedigenden Zahlen des Vorjahres zurückbleiben wird. Bezüglich des Absatzes von M+S-Reifen hätten Händler in den süddeutschen Bundesländern von teilweise recht guten Zuwächsen berichten können, während national agierende Filialisten demnach offenbar einen eher unbefriedigenden Geschäftsverlauf verzeichneten. „Bereits auf der Grundlage des BRV-/BBE-Betriebsvergleichs für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Mai 2015 schien sich dies abzuzeichnen“, so die Branchenvertretung, die zugleich konstatiert, dass der Reifenfachhandel erhebliche Anstrengungen unternommen habe, um einerseits seine Vermarktungsqualität zu steigern sowie andererseits Kostenreduzierungen zu realisieren. „Wenngleich mit der negativen Stückzahlentwicklung zwangsläufig Umsatzverluste einhergehen, so konzentriert sich der geschäftliche Fokus des Reifenfachhandels nach unserem Eindruck verstärkt auf die Ertragsseite. Diese scheint 2015 eine leicht positive Entwicklung erfahren zu haben“, berichtet der BRV-Vorstand unter Verweis auf von Betrieben vielerorts gemeldete moderate Steigerungen.

Bei alldem kristallisiere sich heraus, dass Auto- und Reifenservicedienstleistungen (RDKS, Auswuchten, Achsvermessung, Reifeneinlagerung und Reifenwäsche) „mehr und mehr zu Garanten einer relativ befriedigenden betriebswirtschaftlichen Situation“ würden. Beim BRV stellt man sich allerdings die Frage, ob angesichts fortgesetzter Stückzahlverluste, eines deutlichen Margendrucks und einer wachsenden Bedeutung des Ganzjahresreifensegments diese Strategie dauerhaft durchhaltbar sei. „Es sind Zweifel angebracht, ob mit dem Dienstleistungsbereich allein eine Kompensation der Ertragsverluste aus dem Produkt dauerhaft möglich bleibt. Diesbezüglich stehen die Reifenhersteller in der besonderen Verantwortung, ordnungspolitische Maßnahmen zu ergreifen, die ausreichende Produkterträge sicherstellen. Ansonsten werden die hohen Investitionen, die zukünftig sowohl im Reifen- als auch im Autoservicesegment hinsichtlich Personal und Equipment zu tätigen sein werden, kaum finanzierbar sein“, ist der Verbandsvorstand überzeugt.

Angesichts des dahinter stehenden Branchenstrukturwandels hat der BRV in diesem Jahr bekanntlich zusammen mit Roland Berger Strategy Consultants das Projekt „Geschäftsmodell Zukunft“ entwickelt. Es soll dem Handel Unterstützung dabei bieten, ein neues Geschäftsmodell zu etablieren, in dem das klassische Reifenersatzgeschäft zwar eine nach wie vor dominante Rolle spielt, durch zusätzliche Optionen aber eine stärkere Unabhängigkeit vom Handel mit Reifen sichtbar wird. Nach anfänglicher Zurückhaltung habe das Ganze inzwischen Fahrt aufgenommen und zahlreiche Reifenfachhändler beschäftigen sich demnach mittlerweile intensiv mit der konkreten Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen. Daher soll ergänzend ab Januar weitere Hilfestellung in Form einer sogenannten Umsetzungs-Task-Force angeboten werden, die solchen Unternehmern, die dies wünschen, vor Ort dabei behilflich sein wird, ihr Geschäftsmodell zu überprüfen und gegebenenfalls zu modifizieren.

Apropos Aufbruch zu neuen Ufern: Da das Thema Autoservice bei Reifenhändlern augenscheinlich eine immer größere Rolle spielt, trägt der BRV dem Wunsch zahlreicher seiner Mitglieder Rechnung und will im kommenden Jahr sein Fortbildungsangebot um einen Lehrgang zum Kfz-Serviceberater erweitern. Ein erster Pilotkurs ist für den Sommer 2016 geplant. In die gleiche Richtung zielen die erstmals im Januar vorgesehenen Strategiegespräche des Verbandsvorstandes mit Anbietern von Autoservicekonzepten für den freien Markt. Was das Wohl des Reifenhandels angeht, bleibt der BRV also auch kommendes Jahr gewohnt umtriebig wie darüber hinaus die Fortsetzung der PR- und Imagekampagne pro runderneuerter Lkw-Reifen, die Initiative zur Einleitung eines Antidumpingverfahrens gegen Billig-Lkw-Neureifenimporte aus außereuropäischer Produktion oder das Engagement rund um die Verlängerung des „De-minimis“-Förderprogramms für runderneuerte Lkw-Reifen belegen.

Dass die Bemühungen des BRV und jedes einzelnen der Reifen- und Räderbranche fruchten, haben sicherlich viele auf ihrem Wunschzettel stehen. Ob das Christkind dies wohl erhört? Darauf hat das Team der NEUE REIFENZEITUNG zwar keinen Einfluss, aber nichtsdestoweniger wünschen wir allen unseren Lesern frohe Festtage und einen guten Rutsch in das neue, hoffentlich für alle bessere Jahr 2016. christian.marx@reifenpresse.de

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