Studie: Hochkonjunktur für globale Zulieferer, vor allem von Reifen

Der globale Zulieferermarkt erlebt eine Hochkonjunktur: 2014 wird die durchschnittliche EBIT-Marge der Branche ein Allzeithoch von ca. 7,5 Prozent erreichen. Vor allem das Geschäft in den Bereichen Antriebsstrang und Reifen mit EBIT-Margen von acht Prozent und mehr ist besonders profitabel. Doch nach der sehr guten Entwicklung der vergangenen Jahre dürfte sich das Marktwachstum der Zuliefererindustrie in den kommenden zwei Jahren abschwächen, die Unsicherheit auf den internationalen Märkten hingegen zunehmen. Das ist das Ergebnis der neuen „Global Automotive Supplier Study 2014“, einer Analyse, die Roland Berger Strategy Consultants und die Investment Bank Lazard gemeinsam vorlegen. Trotzdem wachse der globale Markt für Fahrzeugkomponenten bis 2020 voraussichtlich auf rund 800 Milliarden Euro an – dies entspricht einer Steigerung des Marktvolumens um 125 Milliarden Euro gegenüber heute.

Dabei werden sich die Marktanteile innerhalb der Zuliefererindustrie zukünftig sehr wahrscheinlich anders verteilen, denn die Branche erlebt gerade einen starken Strukturwandel – die Verschiebung von globaler Nachfrage, Entwicklungs- und Produktionsstandorten nach Asien sowie neue Technologie sorgen für Umbruch. Darauf müssten sich Zulieferunternehmen einstellen, wenn sie Potenziale hieraus nutzen und Risiken eliminieren wollen, raten die Experten.

Zuliefererprofitabilität auf Rekordniveau

„Nach einem hervorragenden Jahr 2013 werden die internationalen Automobilzulieferer auch dieses Jahr voraussichtlich eine EBIT-Marge von rund 7,5 Prozent erzielen. So wird auch 2014 zu einem Rekordjahr für die Branche“, erläutert Felix Mogge, Partner von Roland Berger Strategy Consultants. Haupttreiber dieses Wachstums seien die steigende Automobilproduktion sowie die hohe Kapazitätsauslastung der Zulieferer.

Doch trotz guter Konjunktur schneiden die Firmen unterschiedlich ab – je nach Region, Unternehmensgröße, Produktschwerpunkt und Geschäftsmodell. So sind Zulieferer aus der NAFTA-Region zurzeit um ca. einen Prozentpunkt profitabler als ihre europäischen Wettbewerber. Große, global agierende Zulieferer erreichen sehr hohe EBIT-Margen von ca. acht Prozent, mit denen kleinere Firmen nicht Schritt halten können. Deutliche Unterschiede zeichnen sich auch zwischen den Produktsegmenten ab. So erreichen die Zulieferer in den Bereichen Antriebsstrang und Reifen zurzeit die höchste Profitabilität von ca. acht Prozent und mehr. Demgegenüber fällt das Interieurgeschäft mit einer EBIT-Marge von nur fünf bis sechs Prozent deutlich ab.

„Wichtig ist vor allem die Innovation über alle Produktsegmente hinweg“, erklärt Roland Berger-Partner Marcus Berret. „Zulieferer mit innovativen Produkten können Margen realisieren, die im Schnitt zwei Prozentpunkte höher sind als bei prozessorientierten Lieferanten.“ Doch es geht nicht nur um die Profitabilität der Firmen: „Neben der operativen Performance haben viele Unternehmen auch ihre Liquiditäts- und Finanzlage deutlich verbessert und sind nun stabiler aufgestellt als noch 2007“, meint Christof Söndermann, Direktor bei Lazard.

Steigende Unsicherheit setzt Profitabilität unter Druck

Die Volatilität der Märkte werde jedoch im kommenden Jahr das internationale Wachstum der Automobilindustrie bremsen. So dürfte die Zahl der verkauften Pkw in Europa auf relativ niedrigem Niveau verharren und in den NAFTA-Ländern eher moderat zunehmen, heißt es. Länder wie Japan müssten sogar mit einem Rückgang der Verkaufszahlen rechnen. Potenzielles Wachstum könnte es – nach schwierigen Jahren 2013 und 2014 – in Märkten wie Indien, Brasilien oder Russland geben, doch auch hier überwiegt das Risiko einer weiteren Stagnation. Wichtigster Wachstumsmotor für die Industrie ist weiterhin China: In den nächsten zwei Jahren dürfte der chinesische Automobilmarkt um weitere sechs bis acht Prozentpunkte pro Jahr zulegen.

Die schwächere Nachfrage auf dem Automobilmarkt setzt so die Automobilhersteller (OEMs) wieder stärker unter Druck: Fallende Preise in vielen Märkten, steigende Produktionskosten und -komplexität führen zu niedrigeren Gewinnmargen. Darauf haben viele Automobilkonzerne mit Einsparprogrammen reagiert. Diese Sparmaßnahmen belasten wiederum die Zuliefererindustrie. „Wir rechnen damit, dass die Zuliefererbranche 2015 und 2016 nicht mehr so stark wachsen wird wie in den vergangenen Jahren“, sagt Berger-Experte Mogge. „Doch obwohl die Profitabilität nachlassen wird, werden die Gewinnmargen auch 2015 voraussichtlich auf einem guten Niveau bleiben.“

Strukturwandel verlangt neue Strategien

Die gesamte Automobilbranche befindet sich im Umbruch. Die Kfz-Nachfrage verschiebt sich immer stärker nach Asien, die OEMs verlagern zunehmend ihre Entwicklungszentren nach China und ihre Produktion in neue Märkte jenseits der BRIC-Staaten. Hinzu kommen verstärkt Übernahmen von europäischen Automobilzulieferern durch Investoren aus den Schwellenländern sowie neue technologische Entwicklungen etwa bei Antrieb, Fahrerassistenz und Konnektivität. All das sorgt für neue Wettbewerbsstrukturen und eine Umverteilung der Gewinnanteile unter den Zulieferern.

Obwohl das Margenniveau der Gesamtindustrie auch nächstes Jahr gut sein wird, steigt das Risiko für einzelne Firmen, dass ihre Gewinnmargen schrumpfen. „Unternehmen sollten sich auf dieses neue Szenario entsprechend vorbereiten“, rät Berret. „Kurzfristig sollten Maßnahmen zur Effizienzsteigerung ganz oben auf der CEO-Agenda für 2015 stehen. Dabei sollten aber die Zulieferer ihre Flexibilität nicht verlieren. Intelligente Verbesserungen der Effizienz sind hier gefragt.“ Dies bedeute vor allem Maßnahmen, die Produkt- und Produktionskosten reduzieren. Die gesamte Wertschöpfungskette – von Forschung und Entwicklung über die Produktion bis hin zu Support-Funktionen im Unternehmen – sollte jedoch flexibel bleiben.

Zugleich sollten sich Unternehmen auf den Wandel der Branche vorbereiten, um Chancen besser zu nutzen und Risiken zu minimieren. „Die Zulieferer sollten ihre Strategien kontinuierlich überdenken und häufiger und präziser als bisher nachjustieren, um dem volatileren Umfeld Rechnung zu tragen“, sagt Dr. Eric Fellhauer, Co-Head von Lazard Deutschland. Das gelte zunächst für die gesamte Konzernausrichtung, um sich durch Innovations-, Technologie- oder Prozessexzellenz Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Ebenso wichtig sei es aber, passende Produkt-, Kunden- und Regionalstrategien zu entwickeln, um nachhaltig überdurchschnittliches Wachstums- und Margenpotenzial zu realisieren. dv

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