Giti Tire eröffnet in Hannover neues F&E-Zentrum für Europa

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Einheitsgrößen sind in der Regel kein guter Kompromiss, wenn es um Kleidung geht. Reifen, die alle Ansprüche gleichzeitig erfüllen sollen, sind dies auch nicht. Produkte, die auf einem Markt gut gehen, können auf einem anderen wiederum gar nicht gehen. Daher hat Giti Tire bereits vor Jahren beschlossen, speziell auf europäische Bedürfnisse hin optimierte Produkte zu entwickeln und diese auf dem regionalen Reifenmarkt anzubieten. Diese Strategie hat in diesem Jahr noch einmal einen kräftigen Schub erhalten, und zwar mit der Eröffnung des neuen „European Research and Development Center“ in Hannover; eine ähnliche Einrichtung wurde zeitgleich in den USA etabliert. Bei einem Vor-Ort-Besuch erläuterten die Verantwortlichen nun im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG, welche Pläne sie mit der neuen Einrichtung verfolgen.

„Einige Hersteller schauen auf Europa und meine, das sei ein einziger Markt; wir tun dies nicht“, erläutert Richard Lyons. Die Errichtung eines eigenen F&E-Zentrums in Europa – zusätzlich zu den zentralen Einrichtungen in Asien – sei Teil der „Entwicklung als Unternehmen“, so der General Manager bei Giti Tire Europe weiter, und es sei wichtig, dabei eben auch die europäische Erstausrüstung einen weiteren Schritt auf dem Weg nach Europa zu sehen. Es sei eine der zentralen Aufgaben des neuen Forschungs- und Entwicklungszentrums in Hannover, sich um die weitere Entwicklung des hiesigen Erstausrüstungsgeschäftes zu kümmern. Die geografische Nähe zwischen Entwicklern und den (potenziellen) Kunden unter der deutschen und europäischen Automobilherstellern sei dabei zentraler Erfolgsfaktor, vom Fehlen sprachlicher Barrieren ganz zu schweigen. Laut Lyons stehen diesbezüglich in den kommenden Monaten entsprechende Ankündigungen zu neuen OE-Aufträgen an.

Giti Tire Europes neuen Forschungs- und Entwicklungszentrum in Hannover nimmt im Dezember seine Arbeit auf

Giti Tire Europes neuen Forschungs- und Entwicklungszentrum in Hannover nimmt im Dezember seine Arbeit auf

„Im Geschäft mit den Erstausrüstungskunden stellt man immer wieder fest, dass sie am Liebsten mit Leuten zusammenarbeiten, die den Markt von Haus aus kennen. Europäische OE-Kunden wollen mit Ingenieuren zusammenarbeiten, die ein grundlegendes Verständnis ihre Bedürfnisse das Produkt betreffend haben“, so Lyons weiter. Außerdem seien bestehende Kontakt zu (potenziellen) Kunden bei der Entwicklung dieses Geschäftes nicht weniger wichtig.

Nachdem im Oktober das Equipment im neuen Forschungs- und Entwicklungszentrum in Hannover – der sogenannten „Technologieplattform“ – installiert wurde, soll die eigentliche Arbeit im Dezember beginnen. Geleitet wird die Einrichtung dabei von Stefan Fischer, bei Giti Tire Europe neuer F&E-Direktor. Er stand zuletzt in den Diensten Hankooks und leitete deren European Technical Center – ebenfalls in Hannover. Stefan Fischer kann mittlerweile auf über 18 Jahre Berufserfahrung als Reifenentwickler zurückblicken, von denen er einige auch bei Continental verbrachte.

„Unser Plan für die kommenden drei Jahre sieht vor, dass wir hier im Zentrum bis zu 18 Experten einstellen“, erläutert der neue Giti-Tire-Direktor. „Unsere Mitarbeiter werden neuen Produkte für den europäischen Markt entwickeln. Zunächst werden sie einige Zeit in China mit den Kollegen dort verbringen. Zunächst einmal geht es dabei um Pkw- und LLkw-Reifen, später dann auch andere Produkte und die Entwicklung im Auftrag von Erstausrüstungskunden.“ Fischer ist überzeugt, dass seine bisherige langjährige Berufserfahrung dabei helfen werde, das neuen F&E-Zentrum für Giti Tire Europe aufzubauen.

Zusammen mit der Einrichtung in Hannover betreibt Giti Tire jetzt vier Forschungs- und Entwicklungszentren. Jeweils eines in China und Indonesien sowie ein weiteres in den USA, das erst zum 1. November den Betrieb aufnahm. „Wir sind immer noch ein Wachstumsunternehmen, wenn auch eine Wachstumsunternehmen mit einem Jahresumsatz von 4,3 Milliarden US-Dollar. Eigentlich sind wir noch in der Anfangsphase unserer Entwicklung.“ Weiter: „Es ist für uns wichtig, dem Markt zu folgen“, erläutert Fischer die zunehmende Regionalisierung im Unternehmen, was Marketing, aber auch Forschung und Entwicklung betrifft.

Diese zunehmende Regionalisierung berge die Gefahr, gewisse Aufgabe – gerade in der Entwicklung von Produkten und der dazu notwendigen Grundlagenarbeit – zu Duplizieren, wissen auch Richard Lyons und Stefan Fischer. „Um dies zu verhindern, habe wir einen drei- bis fünfjährigen Produktfahrplan entwickelt und Zuständigkeiten für die jeweiligen Regionen festgelegt“, so Lyons. „Eine Verdopplung soll es definitiv nicht geben. Es wird regelmäßige persönliche Treffen mit den anderen Technologieplattformen geben; dies kann man einfach nicht per E-Mail oder Telefon machen. Das erste Treffen findet im Dezember statt. Wir sind alle hochmotiviert, um zusammenzuarbeiten“, ergänzt Fischer.

Diese Einteilung von Zuständigkeiten führt demnach auch dazu, dass das neue Forschungs- und Entwicklungszentrum in Hannover besondere Schwerpunktaufgaben im Konzernverbund übernehmen wird. So soll sich das Team um Stefan Fischer etwa um die Entwicklung von „ökologischen Produkten“ kümmern, während die Einrichtung in den USA sich ihrerseits um die Entwicklung von Ganzjahresreifen kümmern soll. Auch könnten produktübergreifende Arbeiten – etwa in der Mischungsentwicklung – einmal in Hannover (oder andernorts) zentral angesiedelt werden.

Neben dem Forschungs- und Entwicklungszentrum will Giti Tire Europe auch weiterhin bei der britischen MIRA testen

Neben dem Forschungs- und Entwicklungszentrum will Giti Tire Europe auch weiterhin bei der britischen MIRA testen

Von der Gründung des neuen Forschungs- und Entwicklungszentrums in Hannover soll der Reifentestbetrieb in der Einrichtung im britischen MIRA nicht beeinträchtigt werden, unterstreicht Fischer. Im Gegenteil: MIRA wie auch die Technologieplattform in Hannover erfüllten jeweils eigenständige Aufgaben.

Einer der Gründe, warum Giti Tire sich für den Standort Hannover und nicht für einen Standort in der Nähe von Birmingham (bei MIRA) entschieden hat, sei das verfügbare Talent vor Ort, so Fischer mit Blick auf ähnliche Einrichtungen anderer Hersteller in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Hannover sei in Deutschland das, was Akron in den USA ist – das Herz der europäischen Reifenentwicklung, so Richard Lyons.

Einen ersten weiteren Spezialisten konnte Stefan Fischer unterdessen bereits in seinem Team begrüßen, und zwar Prof. Dr. Martin Görlich, der als Hochschullehrer aus Emden bei Giti Tire die Rolle eines technischen Beraters übernommen hat. Weitere Einstellungen renommierter und erfahrener Reifenentwickler folgen in diesen Tagen. General Manager Richard Lyons betont in diesem Zusammenhang gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG, dass man stets auf der Suche nach ‚Hochkarätern’ für das neue Team sei – mit weniger sei man nicht zufrieden. Erst dann könne man auch junges Personal richtig in das Forschungs- und Entwicklungsteam integrieren.

„Wenn Sie mich nach den Investitionen hier fragen, dann bewegen wir uns im Bereich von Millionen“, so Richard Lyons, ohne dabei Details zu nennen. „Ein Forschungs- und Entwicklungszentrum kann man nicht ‚mal eben so’ aufbauen. Entweder ist man dazu entschlossen, oder man lässt es. Natürlich ist eine solche Einrichtung nicht billig. Aber langfristig ist der Return on Investment daraus sehr hoch“, meint Richard Lyons.  stephen.goodchild@tyrepress.com/ab

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