Point-S-JHV: „Nur gemeinsam werden wir es schaffen“

Hatten Beobachter zu Beginn noch erwartet, auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung der point S Deutschland GmbH würde allgemeines Gemurre den Grundton bestimmen, sahen diese sich am Ende getäuscht. Retter-E-Mail, vermeintliche Austritte, jüngste Initiativen wie das Qualitätshandbuch oder das neue Kosten-/Gebührenmodell – all dies war dazu angelegt, um unter den point-S-Gesellschaftern mit all ihren unterschiedlichen Bedürfnissen und Ausrichtungen zu Spannungen zu führen. Nur die Stimmung in Frankfurt am Main auf der Jahreshauptversammlung Ende Juni kann nicht anders als gut bezeichnet werden. Die Gesellschafter stellten ihrer Zentrale erneut ein gutes Zeugnis aus, so wurde der NEUE REIFENZEITUNG über den nicht-öffentlichen Teil der Zusammenkunft berichtet. Und der Auftrag ist klar: Point S muss weiter an ihrer Neuausrichtung arbeiten und dabei versuchen, möglichst viele Gesellschafter mit auf diesen schwierigen Weg zu nehmen.

Dass die Gesellschafter der point S Deutschland eine heterogene, mit unterschiedlichsten Bedürfnissen, Maßstäben und Möglichkeiten ausgestattete Gruppe ist, ist seit jeher bekannt. Nicht zuletzt auch daher stammt der Unmut, der immer wieder zutage tritt, sobald die Organisation bzw. deren Zentrale in Ober-Ramstadt bei Frankfurt versucht, Weiterentwicklungen oder Veränderungen ihres Dienstleistungsangebotes und der dahinterstehenden Finanzierung auf den Weg zu bringen. In einer Gruppe von über 400 Gesellschaftern führt alles Neue stets zu einer Belastungsprobe und stellt die Kommunikations- und Durchsetzungsfähigkeiten der Verantwortlichen in der Zentrale auf die Probe, einfach zu weit gefasst ist das Spektrum der Interessen der Gesellschafter.

Man kommt aber nicht umhin, der Zentrale unter der Leitung von point-S-Geschäftsführer Rolf Körbler ein stückweit Lob auszusprechen, dass sie es bisher offenbar stets verstanden hat, dem Querfeuer standzuhalten, einen Ausgleich unterschiedlichster Interessen herbeizuführen und gleichzeitig – im Rahmen der Möglichkeiten – Weiterentwicklungen oder Veränderungen auf den Weg zu bringen. Auch wenn selbst Körbler von „einer gewissen Unzufriedenheit in der Kooperation“ spricht, gerade was etwa die Preisverhandlungen der Zentrale mit der Industrie zum abgelaufenen Sommerreifengeschäft und all seiner Preisverwerfungen betrifft, scheint dies nicht nennenswert und schon gar nicht negativ auf die Kooperation als Ganzes und deren Zusammengehörigkeitsgefühl abzufärben. Ein Beispiel ist die geplante Neuausrichtung des Kosten-/Gebührenmodells. Der Stand der Dinge wird vielleicht von einigen als Durchsetzungsschwäche empfunden, ist aber – positiv gewendet – durchaus Ausdruck der Stärke der Zentrale, die sich eben ihren Gesellschaftern und nicht sich selbst verpflichtet sieht.

Wie point-S-Geschäftsführer und der Sprecher des Gesellschafterrates Heinrich Steinmetz zum Opens external link in new windowAnfang dieses Jahres gegenüber dieser Zeitschrift erklärten, wolle man als Teil der „strategischen Neuausrichtung“ auch Veränderungen am Kosten-/Gebührenmodell der Kooperation vornehmen. Im Mittelpunkt dieser Neuordnung stand der Versuch, Anreize für die Gesellschafter zu schaffen, eben noch mehr Leistungsbausteine der Kooperation abzurufen und sich durch die Einrichtung eines Belohnungs- oder Entwicklungsbonusmodells einiges von ihrer gezahlten Pauschale zurückzuverdienen. Dies sei einerseits ein quantitativer, hauptsächlich aber qualitativer Ansatz, um die Vermarktungsqualität der Gesellschafter zu steigern – das Mega-Thema der Organisation, deren Fokus die Qualitätsführerschaft im Markt ist – und ihnen dies auch noch zu vergüten.

Wie Rolf Körbler im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG jetzt am Rande der Jahreshauptversammlung erklärt, sei man bis vor einiger Zeit immer wieder und auch lautstark von einigen wegen der Dienstleistungspauschale kritisiert worden; diese sei zu hoch. Gerade point-S-Gesellschafter, die in ihrer Kooperation nicht mehr als eine Einkaufsgemeinschaft sehen (wollen) und folglich auch bei jeder Weiterentwicklung oder Veränderung des Zentralenangebotes mit beiden Füßen auf der Bremse stehen, sehen sich als Nettozahler in einer Transfergesellschaft. Selbst das Stichwort des „Solidaritätszuschlags“ mit all seinen negativen Konnotationen fiel in diesem Zusammenhang in den Pausengesprächen der Redaktion der NEUE REIFENZEITUNG in Frankfurt.

In der jüngsten Vergangenheit aber, betont Körbler, habe man insbesondere bei Neumitgliedern immer wieder zu hören bekommen, die Dienstleistungspauschale als ein Alles-in-einem-Angebot treffe genau die Bedürfnisse und sei so wie sie ist absolut zweckmäßig. Die Pauschale im Gegensatz zu einer Einzelbepreisung der Leistungen ermutigt neue Gesellschafter offenbar dazu, möglichst viele Leistungsbausteine der Zentrale abzurufen. Oder sie ist es, die gerade die Attraktivität der point S für neue Mitglieder ausmacht, die wie die Verantwortlichen in Ober-Ramstadt ihre point S als Dienstleistungskooperation mit Qualitäts- und nicht Preisführerschaft sehen und eben in diesem Marktsegment die einzige Möglichkeit sehen, sich gegen die wachsende Konkurrenz durch Industrie- und andere Systeme des Reifenhandels zu behaupten.

So oder so, Neumitglieder tragen das Kosten-/Gebührenmodell offenbar uneingeschränkt mit, so Körbler. Aber auch vonseiten bestehender Partner sei es in den vergangenen Monaten durchaus ruhig und die Kritik selten geworden, wenn auch das Spektrum an Meinungen nach wie vor breit ist. Entsprechendes konnte auch die NEUE REIFENZEITUNG während der Jahreshauptversammlung in vielen Gesprächen erfahren: Es gibt einen breiten Konsens zugunsten der aktuell gültigen Pauschale. Da dies offenbar so ist und die Mehrheitsmeinung einer Einzelbepreisung der Leistungen nichts abgewinnen kann, erläutert Rolf Körbler, habe man etwaige Pläne in Bezug auf das Kosten-/Gebührenmodell der Kooperation, zumindest für den Moment, ad acta gelegt. Dass die Zentrale also diesen Plan in näherer Zukunft nicht weiter verfolgen will, zeigt, inwiefern sie eben doch auch von den Gesellschaftern geführt wird.

Die Jahreshauptversammlung selbst bedeutete für die Gesellschafter erneut eine gute Gelegenheit, sich über alles Neue in der point S zu informieren. Sei es das Dauerthema „Internet und Technik“, bei dem die point S Deutschland sich ohne Frage zu den führenden Anbietern unter den Marktteilnehmern in Deutschland zählen darf, oder das Thema „Einkauf und Einkaufsstrategie“, das der frischgebackene und bereits vielgelobte Einkaufsleiter Alfred Wolff, der seit November im Unternehmen ist, vortrug, oder das Thema „Point S in Europa“ – große Neuigkeiten konnten die Zuständigen in Frankfurt nicht verkünden. Hier und dort ein neues oder weiterentwickeltes Tool, das das Leben der Gesellschafter in der Onlinewelt weiter erleichtern soll, oder Antworten auf Fragen nach aktuellen Listungen und Fabrikaten im Zentraleneinkauf, oder eben neueste Zahlen von point S Development, deren Mitglieder weltweit im vergangenen Jahr 16 Millionen Reifen verkauften.

Während weltweit in 27 Ländern aktuell 1.400 Gesellschafter 2.600 Verkaufspunkte unter dem point-S-Label betreiben, seien dies in Deutschland per 31. Dezember genau 205 Voll- und 200 Stille Gesellschafter gewesen, wie Rolf Körbler gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG betont. Zusammengenommen ist point S damit in Deutschland allein mit 511 Verkaufspunkten präsent und gehört so zu den stärksten Reifenhandelsorganisationen im Land. Ein Jahr zuvor seien es noch 515 Standorte gewesen. Von einer wahren Mitgliederflucht, wie mitunter im Markt kolportiert wird, könne man folglich nicht reden. Es gebe Fluktuationen, große und kleine Gesellschafter scheiden aus den unterschiedlichsten Gründen aus, entweder, weil sie sich in einer anderen Organisation besser repräsentiert fühlen, oder weil sie einfach keinen Nachfolger im eigenen Unternehmen haben, ihren Betrieb aber natürlich nicht an die Kooperationszentrale verkaufen können. „Wir haben Gerüchte durch Fakten entkräftet“, sagt Rolf Körbler im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG. arno.borchers@reifenpresse.de


Wenigstens zwei Drittel der stimmberechtigten Vollgesellschafter der point S waren zur Jahreshauptversammlung 2013 nach Frankfurt gereist – die Stimmung in den Reihen war durchweg gut, die Gesellschafter stellten ihrer Zentrale ein gutes Zeugnis aus

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