ESKA: Alles ist gut

Es ist kein Geheimnis und Lothar Kerscher (60), geschäftsführender Gesellschafter der ESKA-Reifendienst GmbH (München und Regensburg), redet auch nicht um den heißen Brei herum: In den letzten Jahren gab es reichlich familiären Ärger um die Zukunft des Unternehmens. Nachkarten, geschweige denn Nachtreten will er nicht, denn jetzt ist ja alles gut. Kurz vor dem 60-jährigen Firmenjubiläum kann er befreit aufatmen, es hat sich alles zum Guten gewendet, die Weichen sind gestellt und weisen in eine erfolgversprechende Zukunft. Darüber zu sprechen ist ihm jetzt ein Bedürfnis, nicht der Blick in die Vergangenheit.

Die Anteile der Firma liegen nun gänzlich in der Hand von Lothar Kerscher, der seit 2002 aktiv im Vorstand des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) mitwirkt und seit 2005 als stellvertretender Vorstandsvorsitzender oberster Ehrenamtsträger unter Deutschlands Reifenfachhändlern ist. Am besten ist Kerscher in all den Jahren, in der er das mittelständische Unternehmen führt, immer dann gefahren, wenn sich ESKA auf das Kerngeschäft rund um Rad und Reifen konzentriert hat. Er räumt ein, zum Beispiel das Potenzial von Tuning einst überschätzt zu haben.

Das Geschäftsmodell von ESKA ruht im Wesentlichen auf drei Säulen und wird von mehr als hundert Mitarbeitern engagiert getragen: Die Bandag-Runderneuerung (am ostbayrischen Gründungsort der Firma in Cham) läuft prima, das Hofgeschäft mit sieben Betrieben in Bayern (München, Regensburg, Nürnberg, Rosenheim, Passau, Mainburg, Cham-Janahof) und einem in Tschechien recht gut. Mit dem Wiederverkäufer- bzw. Großhandelsgeschäft hingegen könne ESKA im Jahre 2012 nicht zufrieden sein, so Lothar Kerscher, der allerdings weniger ein unternehmenseigenes, sondern vielmehr ein branchenweites Problem sieht: Vor allem im Großhandel täte dem deutschen Reifenmarkt eine Konsolidierung gut. Dass ESKA den Jahresumsatz, der 2011 bei ca. 50 Millionen Euro lag, im vergangenen Jahr nicht würde halten können, war schon frühzeitig vorhersehbar gewesen, zu sehr haben die starken Marktrückgänge bei Pkw-Sommerreifen 2012 auch bei dem Münchner Mittelständler Spuren hinterlassen. ESKA gehört seit 1997 der Kooperation „team“ an, Kerscher: „Insgesamt ist die Mitgliedschaft in einer Verbundgruppe wie „team“ ein Engagement, das richtig war und von dem ich mir zumindest mittelfristig weiterhin Nutzen für ESKA verspreche.“

Als Großhändler ist ESKA bundesweit und sogar „europäisch“ aktiv, strahlt aber vor allem bis nach Österreich, in die Schweiz, nach Frankreich und künftig auch wieder stärker nach Italien aus, schränkt Kerscher den Radius ein. Der internationale Einkauf ist in den letzten Jahren schwerer geworden, der Verkauf habe sich von ganzen Lkw-Ladungen tendenziell hin zur Nutzung von Paketdiensten „vierstückweise“ verschoben. Gleichwohl fahren im Auftrage ESKAs immer noch Speditions-Lkw die Kunden mit größeren Volumina an.

Der erste Ausgangspunkt ist das Pkw-Zentralreifenlager in Regensburg – so an die zwei Tage pro Woche arbeitet Kerscher von Regensburg bzw. der dortigen Hauptniederlassung aus, die andere Zeit vom Traditionsstandort in der Landsberger Straße in München –, das in dem Vierteljahrhundert seit der Einweihung immer wieder modernisiert, den Erfordernissen angepasst und auf jetzt ca. 150.000 Stück Kapazität erweitert worden ist. Hier sieht Lothar Kerscher das Unternehmen gut sortiert auch in den Bereichen UHP- und Runflat-Reifen, wobei er sich selbst als eher „markenorientierten Vollsortimenter“ versteht und um Low-Budget-Reifen lieber einen Bogen macht; bei entsprechendem Bedarf kann ESKA im Großhandel auch auf eine kleine Komplettradmontage in Regensburg zurückgreifen.

Der zweite Ausgangspunkt ist das erst unlängst in Betrieb genommene Zentrallager II für Landwirtschafts-, Baustellen- und Lkw-Reifen im Gewerbepark Cham-Süd. Dort, in den angemieteten Hallen, sei eine gut organisierte und kostenoptimierte Logistik ohne größere Umbaumaßnahmen umsetzbar gewesen. Das Geschäft mit Nutzfahrzeugreifen habe ESKA immer ein wenig im Verborgenen betrieben, so der ESKA-Chef. Womit er weniger das Lkw-Reifengeschäft meint, das durch die schon erwähnte Bandag-Runderneuerung und die Nutzung der Angebote durch die im Lkw-Geschäft so stark verankerte Kooperation „team“ Unterstützung erfährt, sondern eher das mit Landwirtschaftsreifen, in dem sich ESKA klammheimlich in die Riege der großen deutschen Agrarreifen-Grossisten geschoben haben dürfte. Im Diagonalbereich seien die Fabrikate TVS Eurogrip, Speedways, ATF Farm King und KRM genannt, im Radialbereich Firestone, Mitas, Michelin (ESKA ist Exelagri-Händler) und Petlas. Auch Reifen für Oldtimer-Traktoren sind verfügbar.

Ein Faible hat Lothar Kerscher auch immer für das Geschäft mit Leichtmetallrädern gehabt, die Geschichte von Alurädermarken wie Stilauto, Union oder Gamma im deutschen Nachrüstmarkt ist eng mit seinem Namen verbunden. Heute orientiert sich der Räderhändler eher an Designs denn an Marken und kauft auch dementsprechend ein. Wenn er und seine Mitarbeiter bestimmte Trends ausgemacht haben, dann spiegelt sich darin auch der Einkauf wider. Aktuell stehen die Räder der vier Uniwheels-Marken hoch im Kurs.

Wie lange er selbst noch an der ESKA-Spitze stehen wird, weiß Lothar Kerscher nicht so ganz genau. Er fühle sich durchaus in der Lage, das Ruder noch viele Jahre selbst zu führen. Geschäftlich interessante Projekte sieht Lothar Kerscher für sich in fernerer Zukunft auch außerhalb des eigentlichen Reifenbereiches. In der Hinsicht ist er bereit, sein Kerngeschäftsfeld zu verlassen. Irgendwann. detlef.vogt@reifenpresse.de

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