Ergebnisse der achten „Continental-Studentenumfrage“ liegen vor

Die Diskussion um die Einführung der Frauenquote in deutschen Unternehmen hat bei den Studentinnen hierzulande offenbar Spuren hinterlassen: Vor dem Hintergrund der unklaren Regelung im Bezug auf die Quote schätzen die weiblichen Nachwuchskräfte ihre Karrierechancen so zurückhaltend ein wie zuletzt 2004. Nur etwa jede zweite Studentin ist sehr bzw. eher zuversichtlich, was ihre Karriereaussichten anbelangt, vor zwei Jahren waren es noch zwei von drei Studentinnen. Gleichzeitig ist die Diskrepanz in der Bewertung der eigenen Zukunftschancen zu den männlichen Kommilitonen auf einen Höchstwert gewachsen: Rund 15 Prozentpunkte beträgt die Differenz, da gut 70 Prozent der Studenten ihre Karriereaussichten sehr bzw. eher zuversichtlich einschätzen. Das sind einige Ergebnisse der repräsentativen „Continental-Studentenumfrage“, die in diesem Jahr zum inzwischen bereits achten Mal unter angehenden Ingenieurinnen und Ingenieuren sowie Natur- und Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern durchgeführt wurde. TNS/Infratest hat dazu im Auftrag des Automobilzulieferers 1.000 Studierende nach ihren Ansichten zu Karriere, Arbeitswelt und Hochschulthemen befragt. Ein zusätzlicher Schwerpunkt lag in diesem Jahr auf dem Thema Förderung von „Diversity“ in Bezug auf Alter, Herkunft und Geschlecht im Kontext von Fachkräftemangel und demografischer Entwicklung.

Grundsätzlich bleiben die Hochschulabsolventinnen und -absolventen in ihrer Mehrheit optimistisch, was die eigene Karriere angeht. Doch obwohl eine starke wirtschaftliche Erholung nach der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise sichtbar ist, schätzen die Studierenden ihre Berufschancen und Karriereaussichten leicht negativer als im Vorjahr ein: Immerhin bewerten noch 61,7 Prozent ihre Aussichten als sehr gut bzw. gut, das sind aber mehr als drei Prozentpunkte weniger als 2010 (65 Prozent) und damit der niedrigste Wert seit Beginn der Befragung im Jahr 2004. Verursacher des Umfragetiefs sind die eher verhaltenen Einschätzungen der weiblichen Befragten: 54,7 Prozent der Frauen drücken bei eher zuversichtlichen männlichen Studenten (70,1 Prozent) den Durchschnittswert auf 61,7 Prozent. Gleichzeitig haben die Studierenden Staat und Wirtschaft in der Umfrage in Bezug auf ihr „Diversity“-Management ein schlechtes Zeugnis ausgestellt: Nahezu jede/r Zweite ist der Meinung, dass sich weder Wirtschaft noch Staat ausreichend der Herausforderung „Diversity“ in Bezug auf Alter und Geschlecht stellen.

Als Treiber für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Leistung seitens der Wirtschaft sehen die Studierenden flexible Arbeitszeiten (22,4 Prozent), Kinderbetreuung am Arbeitsplatz (22,2 Prozent), Kinder-Ganztagsbetreuung (10,3 Prozent) und Homeoffice-Möglichkeiten (8,7 Prozent). Als Bringschuld des Staates sehen die Absolventinnen und Absolventen Kinderganztagsbetreuung (29,4 Prozent), staatliche Förderung bzw. Unterstützung der Familien (6,9 Prozent), kostengünstigere bzw. kostenlose Kinderbetreuungsplätze (6,4 Prozent), Förderung der Kinderbetreuung im Unternehmen (5,6 Prozent) und Elterngelderhöhung (4,5 Prozent). „Die Studentinnen und Studenten haben Staat und Wirtschaft mit diesem Umfrageergebnis eine klare Aufgabe gegeben: ‚Diversity’ als Herausforderung annehmen, Lösungen erarbeiten und anbieten, Perspektiven eröffnen“, wertet Continental-Personalvorstand Heinz-Gerhard Wente die Ergebnisse. „Continental hat sich dieser Aufgabe bereits in den vergangenen Jahren gestellt: Wir wollen verstärkt weiblichen Absolventen Berufsaussichten bei einem der weltweit führenden Automobilzulieferer aufzeigen und ihre Karrierechancen bei uns durch aktives Coaching und Mentoring nachhaltig verbessern“, sagt er.

Im Vergleich zu anderen Industrieländern sehen Studentinnen und Studenten die Arbeitsbedingungen in Deutschland bezüglich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie insgesamt etwas schlechter (38 Prozent). Speziell mit Blick auf weibliche Führungskräfte glauben 32,7 Prozent der Befragten, dass die Vereinbarkeit in Deutschland etwas schlechter ist. In Bezug auf die häusliche Pflege erkrankter bzw. älterer Familienangehöriger schätzen 30,5 Prozent die Situation in Deutschland etwas schlechter ein. Allein in Bezug auf internationale Fachkräfte bestätigen die Studierenden der Wirtschaft Tatkraft (51,8 Prozent; Staat: 33 Prozent). In Bezug auf die Förderung von Familie und Beruf (Wirtschaft: 22 Prozent; Staat: 29,7 Prozent), die (Weiter-) Qualifizierung älterer (Wirtschaft: 18,7 Prozent; Staat: 18,8 Prozent) bzw. gering qualifizierter Arbeitnehmer (Wirtschaft: 22,7 Prozent; Staat: 25,6 Prozent) schneiden sowohl Staat als auch Wirtschaft nicht eben positiv ab.

Nach dem grundsätzlichen Verständnis von „Diversity“ gefragt, gibt knapp ein Viertel an, noch keine konkrete Vorstellung zu haben, weitere 22,5 Prozent verstehen darunter Vielfältigkeit und Diversität, kulturelle Vielfalt (9,4 Prozent) und übergreifende Kenntnisse (9 Prozent) werden auch genannt. „Der Begriff der ‚Diversity’ ist offenbar für viele Studierende noch nicht wirklich greifbar. 30 Prozent beantworten die entsprechende Frage mit ‚weiß nicht‘, 25 Prozent übersetzen schlicht, aber inhaltsarm mit ‚Diversität/Vielfältigkeit‘. Hier tut Aufklärung not“, meint Prof. Dr.-Ing. Erich Barke, Präsident der Leibniz Universität Hannover. „Erstaunlich ist, dass dennoch knapp 83 Prozent der Befragten ‚Diversity’ als Innovationstreiber verstehen“, fügt er hinzu. Bei all dem macht Wente dabei einen Fachkräftemangel im Bereich MINT aus, der hierzulande bei rund 30.000 Nachwuchskräften liegen soll und Deutschland als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort vor eine große Herausforderung stelle „Nämlich nicht nur MINT-Nachwuchs für den Bereich zu begeistern und Absolventinnen und Absolventen zu rekrutieren, sondern auch Vielfalt als Chance wahrzunehmen. Das heißt konkret den Innovationstreiber ‚Diversity’ in Bezug auf ältere Fachkräfte, Frauenförderung und Internationalität zu fördern und weiter voranzubringen“, so Wente.

Angesichts des Fachkräftemangels insbesondere bei Ingenieuren und Naturwissenschaftlern halten 52,7 Prozent der Befragten eine Zuwanderung von Fachkräften für eine Chance, damit Deutschland im internationalen Wettbewerb bestehen kann. Gleichzeitig sind sie aber geteilter Meinung, wenn es um die Senkung der Hürden für qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland geht: 42,9 Prozent stimmen dem zu, 40,5 Prozent lehnen dies ab. Der Aussage von Bundesbildungsministerin Annette Schavan – „Nicht Einwanderung muss uns aufregen, sondern Auswanderung aus Deutschland. Wenn wir dagegen nichts tun, wird sich der Fachkräftemangel zur größten Wachstumsbremse entwickeln“ – stimmen 73,3 Prozent eher oder vollkommen zu. „Das sollte man sicher näher hinterfragen und analysieren“, regt Barke an. Drei Viertel der Befragten sehen übrigens im Konzept des „lebenslangen Lernens“ (also in der Weiterqualifizierung von älteren und gering qualifizierten Mitarbeitern) eine Chance, um besser im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, dabei fordern sie von Wirtschaft und Staat Engagement, um Arbeit für dringend benötigte Fachkräfte bis 67 Jahre leistbar zu machen.

Konkret fordern die Studierenden von der Wirtschaft Angebote von Weiterbildungsmaßnahmen und deren Finanzierung (17,6 Prozent), das Angebot von zeitlich flexiblen Arbeitsplätzen (9,9 Prozent), Wertschätzung von Erfahrung (4,2 Prozent), Förderung von Mitarbeitern unterschiedlichen Alters (4,5 Prozent), mehr Altersteilzeit (4,5 Prozent) und altersangepasste Versetzungen (4,1 Prozent) im Unternehmen. Vom Staat erwarten sie, dass dieser die Einstellungen älterer Arbeitnehmer fördert (9,7 Prozent), Weiterbildungsmaßnahmen schafft (7,6 Prozent) und finanziert (5,5 Prozent), die Subventionierung von Unternehmen mit einer hohen Quote älterer Mitarbeiter (6,5 Prozent) und die Förderung von Altersteilzeit (4,0 Prozent). Die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland an sich schätzen die Befragten mit insgesamt 72 Prozent als gut bis sehr gut ein. Ihre persönliche Wettbewerbsfähigkeit allerdings bewerten nur 53,3 Prozent der Studierenden im internationalen Vergleich als gut bis sehr gut, auch ihr erworbenes Wissen im internationalen Vergleich bewerten die Studentinnen und Studenten um rund 8 Prozentpunkte schlechter als noch im Jahr zuvor (Top 2: 2011: 54,7 Prozent; 2010: 62,4 Prozent). „Die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen wird vom Großteil der Studierenden zunehmend als überdurchschnittlich empfunden. Im Gegenzug sieht ein Drittel der Studierenden ihr an der Universität erworbenes Wissen als lediglich zufriedenstellend an.

Die Umfrage hat aber noch weitere Ergebnisse zutage gefördert, etwa was die Bereitschaft betrifft, für zwei oder drei Jahre in anderen Regionen der Welt zu leben und zu arbeiten. Diese soll sich gegenüber früheren Befragungen kaum verändert haben. Wie schon in 2009 und 2010 wollen die Absolventinnen und Absolventen nicht „irgendwo“ und „unbedingt“ im Ausland tätig werden, sondern machen ihre Entscheidung von der Attraktivität des Ziellandes abhängig. Die Schweiz und USA erfreuen sich mit Abstand der größten Beliebtheit: Auf einer Skala von eins (= ganz bestimmt) bis fünf (= ganz bestimmt nicht) erreichen diese Länder den Wert 2,5 (USA) und 2,7 (Schweiz). Schlusslicht sind noch immer die osteuropäischen Staaten (3,8) und Russland (4,0), sogar hinter asiatischen Ländern wie Japan (3,6) und China (3,8). „Im Ausland zu arbeiten, oder wie in meinem Fall Wettkämpfe zu bestreiten, hat immer einen besonderen Reiz. Ein unbekanntes Umfeld bringt zwar neue Herausforderungen mit sich, kann aber auch als dicker Pluspunkt in der persönlichen Vita vermerkt werden. Ich persönlich trage meine Wettkämpfe gerne in Ländern aus, die ich noch nicht kennengelernt habe, da ich so immer wieder neue interessante Städte, Menschen und Kulturen entdecken kann“, sagte beispielsweise Ariane Friedrich, Leistungssportlerin und Absolventin der Verwaltungsfachhochschule Wiesbaden, im Rahmen der jüngsten „Continental-Studentenumfrage“. cm

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