Die Conti-Schaeffler-Saga: Alles wird gut – hoffentlich

40 Prozent plus der Continental-Aktien waren angepeilt. Sollten es mehr als 50 Prozent werden, standen Treuhänder bereit, um alle dem Unternehmen über die 50-Prozent- Schwelle hinaus angedienten Conti-Aktien zu übernehmen und umgehend wieder zu verkaufen; sofern und sobald der Aktienkurs es zuließ. Dank der Lehman-Pleite wurden es 90 Prozent, der Kurs fiel danach ins Bodenlose, der Schuldenberg wuchs über Nacht um 4,5 Milliarden Euro an. Die Katastrophe war eingetreten. Die Schaefflers erlebten damit das, was Jahren zuvor Passagieren eines Aloha-Airlines-Fluges widerfuhr. In Erwartung märchenhafter Urlaubstage auf Hawaii hatten sie es sich in den Flugzeugsesseln bequem gemacht, als urplötzlich das Dach über ihnen mit Karacho noch höher in den Himmel abhob und das Flugzeug zum Cabriolet machte. Angeschnallt im Sturzflug nach unten, Panik unterdrücken, auf Landung hoffen, irgendwie. Da schreit, da weint man, lacht hysterisch, ist nicht mehr Herr seiner Sinne. Runter kommen sie bekanntlich alle. Noch lebend, erst einmal davongekommen, aber noch nicht entkommen. Urlaubsstimmung perdu. Die nächste Zeit wird nur noch bellend gelacht.

In der Rückschau stellt Maria-Elisabeth Schaeffler fest, angesichts des explodierenden Schuldenbergs habe ihr Verstand „kurzzeitig ausgesetzt“. Welch vornehme Untertreibung. Tatsächlich werden fleißige Helfer verzweifelt ihre Stirn mit nassen Läppchen und Eisbeuteln bearbeitet haben, denn Körpertemperaturen über 42 Grad hinaus können wirklich nur ganz, ganz kurzzeitig ausgehalten werden. In tiefster Verzweiflung unterlief ihr prompt ein peinlicher Fehler. Sie verglich ihr Unternehmen mit systemrelevanten Banken, stand um Staatsbürgschaften an und wurde prompt schroff abgewiesen. Man sah Schaeffler nicht als Opfer der Wirtschaftskrise, sondern als Verursacher der – hausgemachten – Schaeffler-Krise. Madeleine Schickedanz und Adolf Merkle haben ihre Fehler bitter bezahlt. Warum soll eine Regierung einem Unternehmen helfen, das seine Zukunft durch feindliche Übernahmen sichern will? Das führt zu Arbeitsplatzverlusten, weil doch stets „das scheue Reh Geld“ Produktionsverlagerungen in Billiglohnländer anmahnt. Es führt zu riesigen Steuerausfällen, weil schon Zinsen und Goodwill- Abschreibungen dem Jahresüberschuss an den Kragen gehen.

Am Leben gehalten wurde Schaeffler mittels eines sich durch Begriffe wie „Moral Hazard“, „Too Big to Fail“ auszeichnenden Systems. Da haben Banken bereitwillig Kredite verbindlich für 100 Prozent der Conti-Aktien zugesagt, während sie in Wirklichkeit nur die Hälfte davon finanzieren wollten. Dann lief alles schief, was nur schieflaufen konnte. Während alle Welt die Parole „Cash is king“ schwafelte, hatte Schaeffler nur Papier im Tresor. Die für 75 Euro gekaufte Aktie war zum Jahresende 2008 gerade noch 30 Euro wert, um in den nächsten sechs Monaten im weiteren Sturzflug auf fast zehn Euro zu fallen. Und nun? Welche Sicherheiten waren noch vorhanden für die riesigen Bankkredite? Conti- Aktien, die 85 Prozent ihres Wertes an der Börse verloren hatten? Dabei war nicht einmal der gewaltig angewachsene Schuldenberg das alleinige oder vorrangige Problem, sondern die Tatsache, dass die wie eine Naturkatastrophe ausgebrochene Wirtschaftskrise sowohl Schaeffler als auch Continental ihrer zuvor exzellenten Ertragskraft beraubt hatte, während – grob gerechnet – beide Konzerne zusammen täglich vier Millionen Euro für nichts als Zinsen zu berappen hatten. Nach Einschätzung vieler Experten würde es fünf Jahre in Anspruch nehmen, bis das vor der Krise vorhandene Absatz-, Umsatz- und Ertragsniveau wieder erreicht werden könne. Die Lage war hoffnungslos, aber nicht ernst. Hier passt der Kalauer, weil sich – welches Glück für Schaeffler – die Commerzbank mit dem Kauf der Dresdner Bank einen Bruch gehoben hatte und sich nur mit Hilfe der Allianz sowie mit Staatsgarantien retten konnte. Da beide Banken, Dresdner wie Commerzbank, zu den Hauptfinanzierern des Schaeffler-Deals gehören, sitzt die Commerzbank nach der Fusion mit der Dresdner Bank schlagartig auf einem zum Klumpen gewachsenen wackligen Milliardenkredit in Sachen Schaeffler/Conti. Ohne einen weiteren Canossa-Gang nach Berlin hätte sie eine Milliardenabschreibung auf die Schaeffler-Kredite nicht vornehmen können. Die Regierung („Too Big to Fail“) hätte einschreiten müssen und die Regierenden wären ein weiteres Mal dafür verhöhnt worden, der Bank ohnehin bereits 16 Milliarden Euro zugesteckt zu haben ohne realistische Aussicht auf eine baldige adäquate Verzinsung. Doch Probleme lassen sich offenbar lösen, sofern man nur richtig schön rechnen kann. So wie es Investmentbanken auf dem Höhepunkt der Krise vorzugaukeln wussten. Ihnen ging es gut, weil sie bestimmte ihrer Schrottprodukte, für die es angeblich keinen richtigen Markt gab, zu Preisen beinahe nach Gutdünken bewerteten. So konnte es kommen, dass Investmentbanken heute noch meinten, lediglich ein Fünf-Milliarden-Loch überbrücken zu müssen, das sich morgen schon als 50-Milliarden-Loch erweisen sollte, weil niemand ihre Schrottpapiere kaufen wollte. Richtig bleibt allerdings auch, dass nicht alles nur mit ja oder nein, richtig oder falsch zu beantworten ist. Waren 75 Euro für die Conti-Aktie zu viel? Schon möglich. Aber ist dieselbe Aktie derselben Firma schon ein halbes Jahr später wirklich nur noch zwölf Euro wert? Eigentlich ist eine Sache stets das wert, was ein Käufer am fraglichen Tag dafür zu zahlen bereit ist. Messen mit solcher Elle hätte in den Abgrund geführt. Entscheidend mögen diese Überlegungen gewesen sein: Ein Schaeffler- Zusammenbruch nützt weder Schaeffler, noch Continental, noch den Geldgebern, noch den Kunden, noch den Belegschaften und auch nicht dem Staat, damit uns allen nicht. Es geht nicht allein um beträchtliche Konkursausfallgelder, sondern man müsste hilflos zusehen, wer die Hand auf Schaeffler und wer die Hand auf Continental bekommen würde. Und an Heuschrecken besteht wenig Bedarf.

Hat Schaeffler somit eine Regelung ohne Hilfe der Politik gefunden? Es wäre für pragmatisch handelnde Regierungspolitiker der bessere Weg gewesen, Schaeffler verdeckt – durch Einflussnahme bzw. „Beratung“ der Commerzbank – zu helfen, statt ein riesiges Desaster einfach so geschehen zu lassen. Der US-Journalist Andrew Ross Sorkin hat in seinem Buch „Too Big to Fail“ mehrere Fälle beschrieben, in denen Regierungen, allen voran die US-Regierung, binnen Stunden in der Lage waren, zukünftige Milliarden-Hilfen glaubhaft machen zu können, wenn die jeweils anstehende Rettung gelänge, sodass sich die Institute „dem Wunsch“ oder der „Empfehlung“ gar nicht widersetzen konnten, „im nationalen Interessen zu handeln“.

Während Manfred Wennemer vielleicht rachedurstig dem Zeitpunkt entgegensah, dass die Banken seiner Kontrahentin Maria- Elisabeth Schaeffler endlich den Hals umdrehten, bewegten diese die ihnen zur Verfügung stehenden Hebel anders. Da es sich im Fall Conti/Schaeffler nicht um zu vernachlässigenden Fliegendreck handelt, waren sie gezwungen, nach Lösungswegen ohne Untergangsszenarien suchen zu müssen. Daumenschrauben und sonstige Folterwerkzeuge blieben eingepackt. Die Entscheidung wurde aufgeschoben. Die Banken verkauften Schaeffler das, was am nötigsten war: Zeit! Und zwar durch eine Neuordnung der Kreditverträge.

Raus aus den Sümpfen

Wie hoch der Schuldenberg ganz genau ist und zu welchen Konditionen er im Einzelnen abzutragen ist, bleibt Schaefflers Geheimnis. Jedenfalls gelang so etwas wie eine Zweiteilung. Knapp sechs Milliarden Euro lasten auf der Schaeffler-Gruppe, die für die Tilgung bei marktüblichen Zinsen sorgt und dabei dank wieder gut laufender Geschäfte erfolgreich ist. Sofern es keine neue weltweite Wirtschaftskrise gibt, ist ausreichend Vertrauen in die Schaeffler- Gruppe zu setzen, diesen Berg aus der überdurchschnittlichen Ertragskraft schnell spürbar abtragen zu können.

Im Rahmen der finanziellen Restrukturierung wurden im Sommer 2009 die restlichen Bankkredite, man spricht von etwa fünf Milliarden Euro, in eine eigens gegründete Holding eingebracht. Mit dieser Schuldenumschichtung sollte eigentlich eine Fusion der dann nicht mehr überschuldeten Schaeffler-Gruppe mit Continental möglich gemacht werden. Diese Holding ist auf Dividenden der Schaeffler-Gruppe einerseits und auf Dividenden der von ihr gehaltenen Continental-Aktien andererseits angewiesen, um so Zinsen und Tilgung garantieren zu können. Da Dividendenzahlungen auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise bei Schaeffler und bei Conti ausfielen, musste auf den Faktor Zeit gesetzt werden. Die auf der Schaeffler-Holding lastenden Bankkredite von fünf bis sechs Milliarden Euro werden am Ende ihrer Kreditlaufzeit im Jahr 2015 inklusive der bis dahin aufgelaufenen Zinsen bezahlt. Ob hier eine Zeitbombe tickt oder nicht, hängt davon ab, wie schnell Schaeffler und Continental zu ihrer alten Ertragskraft und damit verbundener Dividendenfähigkeit zurückfinden.

Aus heutiger Sicht kann man sich vorstellen, dass Schaeffler den Bogen schaffen wird. Bis 2015 ist es noch etwas hin, die Schaeffler-Gruppe wird bis dahin auf ihr lastende Schulden signifikant reduziert haben und damit wertvoller geworden sein und die Schaeffler- Holding kann von Continental Dividendenzahlungen erwarten, sodass der auf ihr ruhende Schuldenberg zumindest nicht weiter anwachsen wird. Von einem Abbau bis 2015 redet niemand, es dürfte dann um eine weitere Neuordnung und weitere Verlängerung gehen. Es könnten auch Continental- Aktien die Inhaber wechseln und den Schaeffler-Anteil von derzeit 75 Prozent sinken lassen. Voraussetzung bleibt, dass günstige Kurse einen Verkauf ermöglichen. Für diesen Fall unken Journalisten schon wieder von einer „Niederlage für Maria-Elisabeth Schaeffler“. Sind immer noch Zweifel daran möglich, dass sich die Welt wirklich langsam in ein kleines Irrenhäuschen verwandelt? Wer wollte Anfang 2009 noch darauf wetten, dass die Familie Schaeffler Ankeraktionär mit etwa 20 Prozent hätte bleiben können? Wer setzte darauf, dass die Schaefflers im eigenen Haus noch ein wenig Einfluss verteidigen würden, von einer Kontrolle der Familie sprach schon niemand mehr. Ab August 2012 ist Schaeffler nicht mehr darauf angewiesen, Aktienpakete treuhänderisch von den Privatbanken Metzler und Warburg verwalten zu lassen, sondern verfügt dann auch offiziell über einen Anteil von 75,13 Prozent bei Continental und hat volle Handlungsfreiheit.

Zwei Jahre nach der Lehman-Insolvenz war im Winter 2010 bei Schaeffler keine „Pleite“ mehr in Sicht. Begeistert schrieb selbst die Süddeutsche Zeitung, die sich durch den einen und anderen durchaus hämisch anmutenden Kommentar in Bezug auf Maria-Elisabeth Schaeffler hervorgetan hatte: „Es regnet Geld bei Schaeffler!“ Man sieht wieder Licht am Ende des Tunnels.

Nicht nur bei Schaeffler geht’s rund. Für Continental verlief 2009 schon nicht so schlecht wie prognostiziert, und im Jahr 2010 zeigt sich der Konzern gut erholt, die Geschäfte laufen wieder. Zinsen können bedient werden, der Abtrag des Schuldenbergs kann gelingen. 25,5 Milliarden Euro wurden umgesetzt, die EBIT-Marge schrammt an der Zehn-Prozent-Marke. Vor allem brummt die „Gummibude“ und bewährt sich ein weiteres Mal als Gelddruckerei. Alles wie gehabt: Ohne Gummi ist alles nichts bei Continental.

Schlau in der Rückschau

Unterlief Dr. Hubertus von Grünberg bereits 2006 der entscheidende Fehler mit dem Versuch, Schaeffler als Ankeraktionär für den Conti-Konzern zu gewinnen? Hatte er Maria-Elisabeth Schaeffler unterschätzt? Oder hat er sie einfach nur überschätzt?

Nach dem Ende des „Rheinischen Kapitalismus“ galt es neue Wege zu finden, die Aktiengesellschaften davor schützen, nicht völlig zum Spielball der Börsen bzw. Verhandlungsmasse wild gewordener, auf den schnellen Erfolg erpichter „Raider“ herabsinken zu lassen. Ein Ankeraktionär mit einem Anteil um die 20 Prozent kann recht zuverlässig schützen, weil ein „Raider“ ein Unternehmen nur dann nach Gutdünken zerlegen kann, wenn er alle Anteile, mindestens aber mehr als 75 Prozent hält und damit die Sperrklausel ausgehebelt hat. Der Ankeraktionär hat zwar Einfluss, aber noch keine Macht. Der Charme hätte für Schaeffler darin liegen können, auf einigen Gebieten bevorzugt, wenn nicht gar exklusiv mit Continental zusammenarbeiten zu können und last, but not least zeichnet eine gute Dividende eine gute Kapitalanlage aus.

Reiche Familien (-Dynastien) haben sich über Generationen gerettet und entwickelt, weil sie – so zum Beispiel Oetker – niemals alle Eier in einen Korb gelegt haben. Wer so denkt, hat ein großes Sicherheitsbedürfnis, lässt sich nicht verführen von einer vagen Aussicht auf Gewinnexplosionen. Erhalt und Sicherung der Unternehmensgruppe wird absoluter Vorrang eingeräumt. Expansion ist gut und schön, sofern man sie auch bezahlen kann und die Kontrolle der Unternehmensgruppe nicht gefährdet wird. So hübschen Puddingpulver, Pizzen etc. die Bilanz auf, wenn die See für die Oetker- Reederei „Hamburg Süd“ auch mal wirklich rau ist. Man bleibt, bildlich gesprochen, immer schön auf dem Teppich, lässt sich von größten Erwartungen nicht verführen. Immer schön cool bleiben, alles andere gefährdet den Erfolg nur unnötigerweise.

Es unterliegt aber nicht alles rationaler Kontrolle. Egoismen, Starallüren, Exzentrik, Eitelkeiten, Leichtsinn, Gier, Sucht nach Anerkennung und vieles andere mehr konkurrieren mit Rationalität. Stellvertretend für andere gescheiterte Akteure wie z.B. Schickedanz/Oppenheim/Middelhoff oder Merkle sei der Blick auf Porsche gerichtet. So ging es dem Sportwagenbauer und Wiedeking anfangs um Einfluss, um die Sicherheit, mit Volkswagen weiter partnerschaftlich auf Dauer arbeiten zu können. Eine Beteiligung von etwa 20 Prozent sollte alle Ernsthaftigkeit unterstreichen. Dann aber ging es um Macht, um undurchsichtige Aktienoptionsgeschäfte, um virtuelle Traumgeschäfte, und am Ende erhielten Wiedeking & Co. die Rechnung für fehlgeschlagene Zockerei. Wer das Spiel „Alles oder nichts“ bevorzugt, muss auch damit rechnen, am Ende wie ein räudiger Hund vom Hof gejagt zu werden.

Schaeffler befand sich hinsichtlich Umsatz und Ertragskraft in einer Liga mit Oetker. Der Wälzlagerhersteller war noch längst nicht am Ende seiner Möglichkeiten, zumal die riesigen asiatischen Märkte im Aufbruch sind. Warum sollte Maria-Elisabeth Schaeffler riskante Schritte wagen, wenn doch „organisches Wachstum“ ausreichend gegeben war? 20 Prozent Conti waren zu stemmen, die ganze Conti jedenfalls nicht. Deshalb könnte für einen von Rationalität geleiteten Hubertus von Grünberg der später folgende tatsächliche Ablauf niemals Gegenstand seriöser Erörterung gewesen sein. Wer wollte schon Frau Schaeffler so weit unterschätzen, dass diese sich zu einem Risiko verleiten ließ, das Kopf und Kragen hätte kosten können – und es ist ja noch nicht ganz überstanden!

In früheren Interviews hat Georg Schaeffler berichtet, dass Worst-Case-Szenarien seriös genug durchgespielt worden seien und sich keine durchgreifenden Bedenken ergeben hätten. Wenn man das heute anders sehe, dann komme das, so ist es wohl zu verstehen, einer Überdehnung der Worst-Case-Szenarien gleich mit der Folge, dass sich in der Wirtschaft dann nichts mehr bewege. Dem aber ist nicht zu folgen! Wenn am Ende aller Erwägungen die Erkenntnis steht, dass der Plan nicht mehr beherrschbar ist, wenn restlos alles schiefgegangen ist, was nur schiefgehen kann, ist genau das der Zeitpunkt, alle Gedankenspiele zu beerdigen. Man kann riskieren, ggf. eine große Summe Geld zu verlieren, aber allein die Gefahr, im ungünstigsten Fall mit dem geplanten Vorgehen die eigene Existenz zu zerstören, ist mehr als ein riesiges und unübersehbares Stoppschild. Von nun an könnte es nur noch eine Rechtfertigung für ein weiteres Verfolgen des Plans geben: Nur der erfolgreiche Coup kann das Unternehmen selbst noch retten! Geht es schief, ist es aus. Wird es gar nicht erst versucht, ist es ebenso aus. Schaeffler war aber eine außerordentlich attraktive Unternehmensgruppe mit einem Umsatz von rund acht Milliarden Euro und einer dick zweistelligen EBIT-Marge. Ein Juwel, dessen Verlust schließlich drohte. Wennemer hatte mit seiner Feststellung, obwohl sie anders gemeint war, vermutlich recht: Das Vorgehen war verantwortungslos. Lästermäuler könnten sich zur Feststellung hinreißen lassen, der Verstand der Firmenchefin habe schon bei der Entscheidung für den Angriff „kurzzeitig ausgesetzt“, ansonsten wäre der Übernahmeversuch unterblieben.

Manager wechseln Strategien wie Hemden

Im Dezember 2010 nannte Maria-Elisabeth Schaeffler auf dem Wirtschaftsforum in Hamburg die Attacke auf Continental „eine Frage der Vernunft, der Zukunftsorientierung“. Diese Sicht der Dinge überrascht nicht. In der, nennen wir es doch Business- World, gibt es keine aus Launen heraus entstandenen Schnapsideen, alles folgt einer weitsichtigen Strategie, der intensives Brainstorming bis der Notarzt in die Meeting Rooms stürmt vorausgegangen ist. In diesen Klimazonen läuft nix schief. Mitnichten. Es gibt bestenfalls ein paar externe, nicht im Einflussbereich des Managements liegende Faktoren. Und dann die Synergien! Zwar schlagen sich die nicht so recht nieder im Zahlenkleid, doch man müsse ja, so heißt es stets, im Kopf behalten, dass es anderenfalls wegen weltweit gestiegener Rohstoffkosten und allgemeiner Verknappung der Ressourcen noch weitaus schlechter aussähe. Und sobald alles so einigermaßen erledigt ist, wird mit großem und elegantem Schwung der Strategiemantel über das neue Gebilde geworfen. So, genau so, hat man es gewollt. Weitsichtig, visionär, zukunftsweisend.

Maria-Elisabeth Schaeffler gibt etwas als vernünftig aus, sieht und erahnt voraus, was die Zukunft mit sich bringt, und sie muss sich folgerichtig daran orientieren, muss ihre Positionen sich ständig ändernden Ansprüchen anpassen. Das ist eine bare Selbstverständlichkeit im Wettbewerb. Aber wer im Namen des Unternehmens auf welchen Strategiepfaden auch immer trampelt, muss stets als obersten Unternehmenszweck dessen Sicherung für die Familie im Kopf haben. Man lässt Steine liegen, die man nicht heben kann. Schmalspurpsychologen könnten leicht zur Vermutung verführt werden, der Erfolg der letzten zehn Jahre, vor allen Dingen auch die gelungene Übernahme der FAG Kugelfischer AG im Jahr 2001, habe das Management zu optimistisch, zu wenig selbstkritisch werden lassen. Motto: Wo wir sind, ist vorn!

Vom Sinn und Zweck

Man will, so heißt es, einen weltweit führenden und wettbewerbsfähigen Automotive Supplier basteln, das liege im Firmeninteresse, im Interesse der deutschen Automobilindustrie, und wenn das alles noch nicht reicht, dann liege es doch auch, so sagt man, im nationalen Interesse. Ja, das stimmt. Aber muss es nur einer sein bzw. nur ein zweiter hinter Bosch?

Schaeffler allein hat eine sehr wettbewerbsfähige Position, die seit Jahren erwirtschafteten EBIT-Margen sprechen eine beredte Sprache. Continentals Gummi- und Reifenbereich ist, ebenfalls seit Jahren, geradezu eine Goldgrube. Teves verdient mit und ohne Continental Geld, und selbst die VDO hat unter dem Siemens-Dach gute Gewinne erwirtschaftet, wenngleich die EBIT-Margen geringer ausgefallen waren. All diese Bereiche haben eine ausreichende Größe, um sich allein gut entwickeln und behaupten zu können. Größe allein bedeutet nichts. Die sehr erfolgreiche Reifenfirma Pirelli steuert mit einem Umsatz von rund vier Milliarden Euro zweistelligen EBIT-Margen entgegen, während die dreimal größere Goodyear seit ebenfalls schon mehreren Jahren um eine schwarze Null oder sogar nur um Reduzierung früherer Verluste kämpft.

Während man sich somit in Hannover und Herzogenaurach Gedanken um einen größeren Automobilzulieferer macht, hält Bosch im Automobilbereich die Stellung, strebt aber mit Siebenmeilenstiefeln neuen Geschäftsfeldern mit großartigen Zukunftschancen entgegen. Und verringert so die Abhängigkeit von der Automobilindustrie.

Gedankenspiele dieser Art führen zwangsläufig zur Frage, ob es denn tatsächlich wertvoll und attraktiv sein kann, aus vier Bereichen, die samt und sonders allein und unabhängig voneinander lebens- und wettbewerbsfähig sind, ein riesiges Unternehmen zu machen, um es sodann den Launen der Automobilhersteller aussetzen zu müssen.

Konzentration auf das Kerngeschäft? Ja, aber was ist Kerngeschäft? Wälzlager? Reifen? Keilriemen? Bremsen? Navigationsgeräte? Alles, was direkt oder indirekt mit dem Auto zu tun hat? Dann wären demnächst die Batteriehersteller und irgendwann sogar die Ölgesellschaften (die haben ja auch was mit Autos zu tun) heim unters Conti-Dach zu holen.

Oder geht es um Diversifikation? Man soll ja nicht alle Eier in einen Korb legen, oder?

Die Frage, was Gegenstand von Strategien werden soll, lässt sich rational nicht beantworten. Es kommt immer auf die Menschen an, auf das bisschen Macht, das sie gerade haben, oder die Fülle von Macht, die ihnen gerade zur Verfügung steht. Und was diese Herrschaften wollen, ändert sich nach Lebenslage. „Landesfürsten“, also der Frankreich-Chef für Conti-Reifen oder der für Amerika zuständige Teves-Manager, wissen zu genau, dass sie, und nur sie wissen, was für das Unternehmen in ihrem Gebiet gut und richtig ist und dass sich „die Zentrale“ gefälligst am besten aus allem heraushalten sollte, damit die Ergebnisse gut werden und gut bleiben können. Und es sind dieselben Menschen, die nach Zentralisierung der Organisation schreien, sobald sie befördert und in die Zentrale zurückgerufen worden sind. Es geht um Macht, um Wichtigkeit, ums Ego. Es geht um Selbstüberschätzung, denn ich weiß wie es geht, die anderen sind noch feucht hinter den Ohren.

Bei allen Akquisitionen und Fusionsbestrebungen landet man zum Schluss bei der meistgestellten Frage: Was kostet das alles? Und wer managt das alles? Politiker gefallen sich mit lautstark vorgetragenen Vorgaben, in Bildung und Ausbildung investieren zu wollen, leider haben sie alles zur Verfügung stehende Geld aber schon anderweitig verpulvert. Wirtschaftskoryphäen predigen die Wichtigkeit, Forschung und Entwicklung nicht zu vernachlässigen, weil es auf Ergebnisse dieser Art in einem Land ohne Rohstoffreichtümer halt ankomme. Was viele von ihnen aber tun, ist im vorliegenden Fall dokumentiert. Sie verschulden sich gnadenlos, um sodann Tag für Tag Millionen zur Bank zu schleppen, nur für Zinsen. Ganz überschlägig gerechnet: 356- mal wurden zwei Millionen Euro zu Banken in Herzogenaurach gefahren und 356-mal im Jahr dasselbe Spiel, ebenfalls stets mit zwei Millionen Euro, in Hannover. Damit sind 1,4 Milliarden eben nicht in Forschung und Entwicklung, sondern in den „Tierschutz“ – zur Erinnerung: Geld ist ein scheues Reh – geflossen. Zum Trost kann man sagen, dass die Zinsen im zweiten Jahr schon ein wenig niedriger liegen und im dritten Jahr noch ein wenig niedriger. Wenn’s denn gut läuft. Ist das wirklich Sinn und Zweck von Wirtschaft? Zum Schluss sind Milliarden für Zinsen ausgegeben worden, während Forschungs- und Entwicklungsbudgets gekappt werden mussten. Vernachlässigung von Forschung und Entwicklung bedeutet im Wettbewerb schnell den Tod. Niemand weiß so recht, was die Konkurrenz auf der Pfanne und damit in Form neuer Produkte alsbald in der Pipeline hat.

Wer managt einen zusammengewürfelten Konzern? Das ist doch kein Problem. Wir haben sie, die Spitzenmanager dieser Zeit, die alles können, alles wissen und alles bewirken können. Zu Zeiten der „alten Continental“ gab es zunächst mit Hubertus von Grünberg, dann mit Manfred Wennemer zwei herausragende Führungspersönlichkeiten, deren Wort Evangelium war. Zwar sind die einzelnen Vorstandsmitglieder de jure für den von ihnen geführten Bereich verantwortlich und den Anweisungen des VV nicht unterworfen, doch de facto sieht es meistens, wenn nicht gar so gut wie immer, völlig anders aus. Zu Wennemers Zeiten liefen sich mit Finanzchef Hippe und CAS-Chef Neumann zwei potenzielle Nachfolger warm, zu sagen hatte aber dennoch immer nur einer. Das dürfte sich jetzt allerdings geändert haben, denn statt von wie einst vier Vorstandsmitgliedern wird der Continental-Konzern nun durch ein Team von acht Vorstandsmitgliedern geführt, was auch wirklich sehr viel sachdienlicher sein sollte.

Die Rolle des Ankeraktionärs

Bei allen dadurch auch ausgelösten Problemen habe ich für die Schaeffler-Attacke so etwas wie eine Grundsympathie gehabt. Man musste davon ausgehen, dass Continental bei der gegebenen Aktionärsstruktur über kurz oder lang angegriffen werden würde, fraglich konnte nur sein, wer den Angriff wagen würde. Mit Schaeffler stand ein erstklassiges Unternehmen vor den Toren Hannovers. Es hätte für Continental wirklich schlimmer kommen können. Der Widerstand gegen Schaeffler überraschte dennoch nicht, weil Vorstände gerne übersehen, dass ihnen „ihr Unternehmen“ nicht gehört, sondern sie, wenngleich unter Berücksichtigung auch anderer Interessen, zu tun und zu lassen haben, was die Aktionäre wollen. Bei der lange gegebenen Aktionärsstruktur konnten von Grünberg und Wennemer fast wie Alleineigentümer walten und schalten; bis jemand sich daran machte, den Konzern zu übernehmen.

Schaeffler als Arbeitgeber hat und hatte einen guten Ruf. Während in Krisenzeiten in Hannover Belegschaften gegen Herrn Wennemer auf die Straße gingen, demonstrierte die Belegschaft in Herzogenaurach für ihr Unternehmen und für deren Eigentümer. Wie so viele andere Aktiengesellschaften, so glänzt auch Continental mit viel Papier und vielen darauf gedruckten Versprechungen zu Themen wie Corporate Governance, zu Unternehmensleitsätzen, zu Corporate Social Responsibility. Bekenntnisse solcher Art gibt es auch bei großen mittelständischen Betrieben, auch bei der Schaeffler-Gruppe. Während aber – so im Fall Schaeffler – ein Inhaber entscheidet, dass zum Beispiel zur Förderung der Kunst eine Million Euro hier und für soziale Projekte fünf Millionen Euro gespendet werden und auch „außer der Reihe“ Hilfsgelder fließen, wenn die Not groß ist, hätten sich in Konzernen wie Continental – okay, es ist vielleicht krass überzeichnet – selbst Manager der oberen Ebenen vor Herrn Wennemer ausdrücklich dafür verantworten müssen, dem Blindenverein in Hintertupfing mit vier Winterreifen für das Vereinsauto gefällig gewesen zu sein. Ein Unternehmen ist ja schließlich kein Sozialamt, oder?

Mit einem Ankeraktionär der Marke Schaeffler ist auch jedem mit Sitz im Vorstand oder Aufsichtsrat klar, wem der Laden gehört und dass man ihm nur dienen kann, selbst aus höchsten Managerpositionen heraus. Es werden sich so keine Konstellationen bilden dergestalt, dass man sich gegenseitig im Management in immer höhere Einkommensdimensionen treiben konnte, wie es z.B. dank der „Hochzeit im Himmel“ zwischen Daimler-Benz und Chrysler zu beobachten war.

Zu befürchten dürfte heute jedoch sein, dass auch Schaeffler, in dem Umfang wie die Gruppe nun wirklich kapitalmarktfähig gemacht wird (werden muss), dann auch genauso tickt wie andere Aktiengesellschaften auch. Die personelle Besetzung des neu geschaffenen Beirats deutet es an. Die Herren kennen sich aus. Sie hatten und haben Spitzenpositionen in größeren Aktiengesellschaften. Einen Vorteil sollte man darin nicht sehen.

Ein Kompliment muss man „den Schaefflers“ aber auf jeden Fall machen. Die von katastrophalen Marktumständen getriebene Schaeffler-Mannschaft hat den Mut niemals verloren, nie aufgegeben, immer alle denkbaren Alternativen mit dem Rücken zur Wand durchgestanden. Heute schien alles verloren, an anderen Tagen zeigten sich kleinere Hoffnungsstrahlen. Maria-Elisabeth Schaeffler hat Nerven, Stil und Stehvermögen bewiesen. Offenbar kann sie in schwierigsten Momenten immer noch Menschen für sich gewinnen; das zeichnet nun mal Führungspersönlichkeiten aus. Wer nicht mehr weiß wie es weitergeht, behielt fest im Auge, dass es weitergeht und greift zurück auf alte Volksweisheiten. „Festes Beharren im Wollen bringt jeden Karren ins Rollen. Und rollt er, stets daran denken, was sich bewegt, das lässt sich auch lenken.“ Wenn es denn noch nicht ihr Leitspruch war, heut könnte er’s sein. Sicher ist wohl: Die Verlockungen können noch so groß werden, Schaeffler ist nicht mehr das, was es mal war. Das Unternehmen hat am Abgrund gestanden. Davon kommt man nicht, wie oft behauptet wird, „gestärkt hervor“. Man wird anders. Sicherheit ist das Gebot der Stunde. Das gibt vielleicht niemals jemand zu, aber mit einiger Wahrscheinlichkeit wird sehr sehr viel in Zukunft von Nachhaltigkeit geredet werden, wenn man auch Sicherheit meint, wenn man meint, Schritt für Schritt auf „organisches Wachstum“ setzen zu sollen, denn auf Abenteuer.

Erinnerungen – Opfer lassen nie lange auf sich warten

Als Erster biss Manfred Wennemer freiwillig im August 2008 ins satte Gras. Ihm wurde die Restlaufzeit seines Vertrages mit mehr als sieben Millionen Euro sofort ausbezahlt, inzwischen wird er pensionsberechtigt sein und 60 Prozent des letzten Jahreseinkommens beziehen, Jahr für Jahr bis zum letzten Atemzug. Während ein Arbeiter sich auf Sperrung seines Arbeitslosengeldes einstellen muss bei einem solchen Verfahren, erhält ein Vorstand Millionen, einfach nur dafür, künftig keinen Finger mehr fürs Unternehmen krumm zu machen. Manfred Wennemer, ein Opfer?

Opfer Nummer zwei: Wennemer- Nachfolger Dr. Karl-Thomas Neumann. Er versuchte auf der Jahreshauptversammlung 2009 Tempo aufzunehmen und Schaeffler mit Ultimaten in Zugzwang zu bringen. Warum? Continental sah eine echte Chance, sich aus der Schaefflerschen Umklammerung doch noch lösen zu können. Man wähnte den nach Lage der Dinge völlig überschuldeten Großaktionär bewegungsunfähig an straffer Leine der Banken. Schaeffler? Großaktionär? Na und? Alles auf Pump. Wie man weiß, wurde Neumann Opfer von Aufsichtsräten, die ihn anstachelten, um ihn im entscheidenden Moment doch im Stich zu lassen. Doch Karl-Thomas Neumann hatte auch seinen Zahltag. Mit 7,4 Millionen Euro im Gepäck ging er von Bord und heuerte wieder bei Volkswagen an, führt dessen Aktivitäten auf dem chinesischen Markt und hat Chancen, irgendwann VW-Chef Winterkorn zu beerben. Karl-Thomas Neumann, ein Opfer?

Opfer Nummer drei: Finanzchef Dr. Alan Hippe. Er landet über eine Zwischenstation bei ThyssenKrupp ab März 2011 als Finanzchef bei Hoffmann-La Roche, Jahresgehalt vier Millionen Euro. Alan Hippe, ein Opfer?

Ansonsten sind viele Spitzenmanager sowieso relativ schmerzfrei. Es ist für sie einerseits ein lachhaftes Anerbieten, auf hier beschriebene Zahlungen, die ihnen sowohl nach Recht und Gesetz als auch nach dem Selbstverständnis zustehen, verzichten zu sollen, andererseits würden sie es als bodenlose Unverschämtheit ansehen, wenn ein Arbeiter Lohnfortzahlung dafür verlangen würde, dass er aus Verärgerung einfach so „in den Sack gehauen hat“. Das steht solch treulosen Gesellen ja wohl nicht zu. Ist das alles nicht nur logisch oder ist es ein Beweis dafür, dass sich die Welt wenigstens partiell in ein Irrenhaus verwandelt hat? Dass einflussreiche Persönlichkeiten es mit sich selbst und ihresgleichen nicht schlecht meinen, ist okay. Überraschend ist gelegentlich der Begründungsreichtum wie zwei Beispiele aus der Gummibranche zeigen. Zur Verabschiedung in den Ruhestand bekam Goodyear-Chef Gibara noch schnell eine knappe halbe Million Dollar Extrazahlung „für nicht genommenen Urlaub“. Eine Bonuszahlung wäre vor dem Hintergrund eines Rekordverlustes kaum zu begründen gewesen. Der vormalige ContiTech-Chef Gerhard Lerch war schon drei Jahrzehnte als Führungskraft in den Diensten der Continental gewesen, bis er 2005 in den Konzernvorstand berufen wurde. Dass ihm damit eine Pension aus dem Topf Leitender Angestellter zusteht, ist eine Selbstverständlichkeit. Einzelheiten über Vorstandspensionen waren in früheren Geschäftsberichten nachzulesen; der Name Lerch fehlte dabei. Steuerrechtliche Gründe, dies ist reine Spekulation, könnten der Gewährung einer üppigen Vorstandspension, wie sie bei der Conti üblich ist, im Weg gestanden haben wegen der vorhersehbaren nur noch kurzen Laufzeit von drei Jahren. Der im Jahr 2010 vorgelegte Geschäftsbericht 2009 informiert nun darüber, dass dem 66- jährigen Pensionär eine Karenzentschädigung für die Dauer eines (vermutlich zweijährigen) Wettbewerbsverbots gewährt wird und für das Kalenderjahr 2009 schon mal 687.000 Euro bezahlt worden sind und somit vermutlich die nächsten 687.000 Euro für 2010 folgen. Das ist sehr schade für Herrn Lerch, stand er doch bei seinen Leuten in sehr hohem Ansehen, während es ihn nun so aussehen lässt, als sei der ContiTech-Chef, der immer Loyalität einforderte und immer Loyalität bekam, nur mit Geld davon abzuhalten gewesen, der eigenen Mannschaft als Pensionär zum Dank dann doch noch in den Garten zu …, schon klar, nicht wahr? Schwamm drüber, nur keine Neiddebatte. Alles nur Peanuts.

Den Gipfel aller Begründungen kann jedenfalls ein Branchenfremder, Dr. Thomas Middelhoff, für sich reklamieren. Der „Ständige Ausschuss“ des Arcandor-Aufsichtsrates machte ihn um 2,3 Millionen Euro reicher. Ein Bonus habe ihm zwar nach den vereinbarten Kriterien, orientiert an Bilanzkennzahlen wie EBITDA und Cashflow nicht zugestanden und auch der „Zielerreichungsgrad“ lag zumindest beim Cashflow deutlich unter den Erwartungen. Deswegen wich man auf „Sonderboni“ aus, mit denen Middelhoffs „mutige Entscheidungen“ sowie sein „strategischer Weitblick“ gewürdigt wurden. Sechs Monate später war der Konzern pleite.

Es gibt aber auch wirkliche Opfer. So verloren beide Unternehmenssprecher ihre Jobs bei Schaeffler und Continental und, soweit bekannt, hat einer von ihnen immer noch nicht wieder Anschluss gefunden.

Nicht zu vergessen auch die vielen tausend Belegschaftsmitglieder, die ihren Job verloren, weil die bis zum Hals im Morast versunkenen Unternehmen Schaeffler und Continental mit Radikalkuren vorgehen mussten. Nach Umfragen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zählten zu Beginn des Jahres 2010 sowohl Continental als auch vor allem Schaeffler zu den „Top Ten der Stellenstreicher“. Übrigens konnte selbst Bosch auf Entlassungen nicht völlig verzichten, doch die Zahl der Entlassungen entsprach nicht mal einem Zehntel dessen, was bei Conti- Schaeffler offenbar unabdingbar war.

Es kann nur besser werden. Alles wird gut. Hoffentlich! klaus.haddenbrock@reifenpresse.de

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