Michelin Alpin A4: Seine Stärke ist seine Ausgewogenheit

Unlängst hatte Michelin eine große Veranstaltungsserie unter der Prämisse „Balance of Performance“ durchgeführt. Auf den dazugehörigen Workshops (vgl. NEUE REIFENZEITUNG 7/2010) war es das Ziel zu dokumentieren, dass der Hersteller Michelin zwar immer bestrebt ist, ein Produkt zu verbessern, dass dies aber niemals zulasten einzelner Kristerien gehen dürfe. Womit die Zielkonflikte gemeint sind, in denen sich Reifenentwickler permanent befinden, das heißt eine Reifeneigenschaft in direkter Wechselwirkung mit einer anderen steht. Mit der Überschrift „Seine Stärke ist seine Ausgewogenheit“ wollte Michelin beim im Rahmen einer deutschlandweit Ende September/Anfang Oktober durchgeführten Roadshow zur Einführung des Alpin A4 dokumentieren, dass bei diesem neuen Winterreifen die „Balance of Performance“ geglückt ist.

Der Winterpneu für Kompakt- und Mittelklassefahrzeuge löst den Alpin A3 ab und kommt zunächst in den 17 wichtigsten Dimensionen von 15 bis 17 Zoll mit Geschwindigkeitsfreigaben bis 210 km/h (Geschwindigkeitsindex H und T) in den Fachhandel (siehe Schaubild). Auch die noch in Vorbereitung befindlichen Ausführungen werden sich in diesem Größen- und Geschwindigkeitsbereich bewegen, so Wolfgang Mick, der Leiter Produkt- und Anwendungstechnik für Pkw-/LLkw- und Offroad-Reifen für den deutschsprachigen Raum. Wo diese Versionen (noch) nicht vorliegen, wird weiterhin das Vorgängerprodukt für die notwendige Marktabdeckung sorgen.

Ein Hinweis: Der vom Alpin PA3 bekannte Namenszusatz „Primacy“ für „komfortable Mittel- und Oberklasselimousinen“ findet beim neuen Alpin A4 (4 steht für die vierte Produktgeneration) „für Fahrzeuge der Kompakt- und Mittelklasse sowie Vans“ keinen Platz. Zur weiteren Produktnomenklatur mag sich Mick für künftige Michelin-Reifen nicht festlegen, immerhin: Man bemühe sich stets um Vereinfachungen in dieser Hinsicht. Und mit einem möglichen Missverständnis räumt er in diesem Zusammenhang auch gleich auf: Der Name „Alpin“ soll nicht suggerieren, dass es sich um einen Spezialisten fürs Gebirge bzw. alpine Regionen handelt, sondern um einen Reifen für Zentraleuropa.

Der neue Allrounder ist dank seines Profils mit V-förmiger Geometrie und Vollsilica-Laufflächenmischung mit Sonnenblumenöl (Restanteil Ruß: ca. zwei bis drei Prozent) auf die anspruchsvollen Straßenverhältnisse im Herbst und Winter abgestimmt. Das heißt er bietet beruhigende Sicherheitsreserven sowohl auf Schnee und Matsch als auch auf nasser und trockener Fahrbahn.

Gleichzeitig sei es den Michelin-Technikern gelungen, die Energieeffizienz und die Laufleistung des Reifens noch einmal deutlich gegenüber seinem Vorgänger zu steigern, so der Produktexperte. Der Alpin A4 verfügt über eine durchgängig V-förmige Profilkontur ohne Längskanäle, wobei Wolfgang Mick den von einigen Reifenherstellern gerne benutzten Begriff des „Pfeilprofils“ bewusst meidet und statt dessen von einer „bananenförmigen“ Profilierung spricht. Denn je ausgeprägter die Pfeilung des Profils, desto größer die Gefahr des sogenannten Sägezahneffekts, den die Entwickler doch tunlichst vermeiden wollen.

Die gewählte Konstruktion ermöglicht eine Vergrößerung der Aufstandsfläche, was gemeinsam mit der intelligenten Reifenarchitektur für eine besonders gleichmäßige Verteilung der Last sorgt. Ergebnis: Der Alpin A4 erreicht eine bis zu 35 Prozent höhere Laufleistung. Im Durchschnitt könne der Neuling ein Jahr länger gefahren werden, bevor er wegen Erreichen der für Winterreifen geltenden Leistungsgrenze von vier Millimetern ausgetauscht werden sollte. Gleichzeitig sorgt die größere Aufstandsfläche für eine hohe Seitenführung, stabilen Geradeauslauf und präzises Handling, scheibt Michelin.

Bei der sogenannten „Helio Compound +“-Laufflächenmischung geht es um den Zusatz von Sonnenblumenöl: Dadurch absorbiert der Pneu die Energie im Bereich der Lauffläche besser, die Folge seien hervorragende Performance in den Nässedisziplinen und ein spürbar starkes Fahrverhalten auf Schnee, heißt es. Besonders beruhigend: Der Nassbremsweg verkürzt sich gegenüber dem Vorgänger Alpin A3 um wertvolle Meter, haben Michelin-Messungen ergeben. In Kombination mit der neuartigen Laufflächenmischung konnten die Techniker auch den Rollwiderstand des Winterreifens weiter reduzieren. Das spart Kraftstoff und schont dank geringerer Emissionen zusätzlich die Umwelt. Ein moderner Winterreifen wie dieser liege heute beim Rollwiderstand auf dem gleichen Niveau wie ein Michelin-Sommerreifen.

Auf Schnee sorgt eine um 50 Prozent höhere Lamellendichte (gegenüber dem Vorgänger) für besonders gute Haftung und kurze Bremswege. Die sogenannten Stabiligrip-Lamellen sind dreidimensional gestaltet und verschränken sich unter einwirkenden Kräften gegenseitig. Dadurch bleiben die Profilblöcke in jedem Fahrzustand steif genug und sichern so die Spurstabilität, exaktes Handling und stabilen Geradeauslauf auf nasser und trockener Fahrbahn. Die Lamellen reichen bis zum Profilgrund, was bis an die empfohlene Verschleißgrenze von vier Millimetern für Winterreifen den optimalen Grip sichern dürfte.

Trend zu höherwertigen Produkten hält an

Die Endverbraucher setzen auch bei Winterreifen zunehmend auf Produkte mit hohen Geschwindigkeitsfreigaben. Michelin geht davon aus, dass der Anteil von Reifen mit Speedindex H (Freigabe bis 210 km/h) im Winter von 25,3 Prozent auf 26,5 Prozent (+4,7 Prozent) wachsen wird. Winterreifen mit Speedindex V (bis 240 km/h) sollen gemäß ETRMA-Schätzung (ETRMA: European Tyre & Rubber Manufacturers’ Association) sogar im zweistelligen Bereich (um 13,5 Prozent) zulegen. Das liegt vor allem an den steigenden Zulassungszahlen im Mittel-, Ober- und Luxusklassesegment. Der Markt für Mini- und Kleinwagen ist aufgrund des Booms in 2009 momentan weitgehend gesättigt – die Nachfrage von Reifen mit niedrigem Speedindex geht entsprechend zurück, womit im Wesentlichen das Q-Segment gemeint ist, während bei mit „T“ markierten Reifen der Anteil noch und gewiss auch noch mittelfristig in etwa konstant sein dürfte.

Der deutsche Markt für Pkw-Winterreifen wird 2010 ebenfalls mit Wahrscheinlichkeit vom außergewöhnlich guten Endverbrauchergeschäft des Jahres 2009 und dem lang anhaltenden Winter 2009/2010 positiv beeinflusst. Die Lagerbestände im Handel sind zu großen Teilen abgebaut. Statt wie im Schnitt sonst bei 15 bis 20 Prozent Lagerware, die noch von der vorherigen Saison übriggeblieben ist, dürfte der Anteil heuer eher bei fünf als zehn Prozent liegen, schätzt Rolf Ströbel, Regional-Verkaufsleiter Reifenhandel bei Michelin.

Bei einem stabilen Pkw-Bestand ist die Entwicklung der Neuzulassungen in Deutschland mit minus 28,7 Prozent (Stand bis August 2010) stark rückläufig. Im Segment Kleinwagen und Kompaktfahrzeuge hat die Umweltprämie im Vorjahr einen Boom ausgelöst, der in 2010 eine Marktsättigung nach sich zieht. Die rückläufigen Zulassungszahlen werden beim Sell-in (Verkäufe an den Handel) durch die geringen Lagerbestände und die konjunkturbedingt steigende Fahrleistung kompensiert: Bis Ende August 2010 wurden in Deutschland bereits 14,7 Millionen Winterreifen an den Handel verkauft, was an sich ungewöhnlich wäre, sich aber durch die erstaunlich guten Winterreifenabsätze in den Monaten Januar bis April 2010 erklärt, so jedenfalls das Ergebnis der Michelin-Marktforschung. Das entspricht einem Zuwachs von 26,6 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum. Die Verkäufe vom Handel an den Endkunden (Sell-out) deuten ebenfalls auf ein gutes Winterreifengeschäft hin. Bis August 2010 legte der Sell-out in Deutschland gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 12,4 Prozent zu.

Laut einer aktuellen Befragung von 1.200 Endverbrauchern vertrauen bereits 83 Prozent aller Fahrzeugbesitzer auf Winterreifen. Viele Autofahrer setzen dabei auf hochwertige Premiumprodukte, wie sie unter anderem Michelin anbietet. Eine aktuelle Statistik der ETRMA zeigt, dass der Anteil der Premiumprodukte am Ersatzreifenmarkt in Deutschland von 45,2 Prozent auf 46,1 Prozent anstieg.

Wachstum der Winterreifenmärkte in Österreich und der Schweiz

In den schneereichen Nachbarländern Österreich und Schweiz liegen die Verkaufszahlen für Winterreifen über dem Absatz für Sommerreifen. In der Schweiz verzeichnet der Winterreifenverkauf an den Handel ein großes Wachstum: Bis Juli 2010 konnten bereits 1,2 Millionen Winterreifen abgesetzt werden. Das entspricht einem Wachstum von 18,1 Prozent gegenüber 2009 im gleichen Zeitraum. In Österreich erreichten die Verkäufe in den Handel mit 2,3 Millionen Winterreifen bis August 2010 sogar ein Plus von 32,4 Prozent, so die Michelin-Marktforschung. Der Zuwachs in der gesamten Alpenregion resultiert aus einem stabilen Fahrzeugbestand und den geringen Lagerbeständen im Handel. detlef.vogt@reifenpresse.de

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