Beim Franchisekonzept von Euromaster soll der Partner im Zentrum stehen

Euromaster, unter dessen Schriftzug und Logo hierzulande die Selbstverpflichtung „Reifen brauchen Experten“ prangt, hat europaweit derzeit mehr als 1.600, in deutschen Landen mehr als 320 eigene Einzelhandelsniederlassungen. Auch mit dem Franchising ist die hundertprozentige Tochter des Michelin-Konzerns über die Mutter vertraut, die beispielsweise seit etwa zehn Jahren ein Partnersystem in Spanien führt, bei dem aktuell ca. 200 unternehmerisch unabhängige Reifenhändler vom Know-how der Gruppe profitieren. Auch im Heimatland des Konzerns Frankreich existiert ein Franchiseangebot, in Deutschland bis vor Kurzem nicht. Und das hat zuallererst historische Ursachen, liegt aber auch darin begründet, dass es förmlich Michelin-typisch erscheint, den Dingen erst einmal auf den Grund zu gehen, analytisch vorzugehen und schließlich dem Markt ein fertiges Franchisekonzept vorzulegen – das dann vor Ort an die Bedürfnisse des jeweiligen Partners angepasst wird – wie es dieser Tage geschieht. Die ersten Reifenfachhändler haben sich davon überzeugen lassen und entsprechende Verträge unterschrieben, weitere werden angesprochen oder können ihrerseits ihr Interesse bekunden. Das Motto dieser Annäherung: „Franchise für Experten“.

Historisch gesehen hatte die deutsche Handelskette bis in dieses Jahrtausend hinein aufzuarbeiten, zu kanalisieren und in eine eigene Identität zu überführen, was sich in den so verschiedenen Unternehmenskulturen von Stinnes und Gummi-Mayer, beide dann vereint als Viborg, und schließlich Euromaster selbst widerspiegelte. „Genau genommen hat sich Euromaster so um das Jahr 2004 herum erst einmal neu erfinden müssen“, erinnert Geschäftsführer Alexis Garcin in der Kaiserslauterner Unternehmenszentrale daran, dass die Identität Euromasters in Deutschland eigentlich viel jünger ist als die Entwicklungen anderer Reifenhandelsketten. Nach diesem durch die Umstände erzwungenen Selbstfindungsprozess begann das Euromaster-Management vor etwa zwei Jahren, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie man denn in Deutschland am ehesten expandieren könne. Und seit dem letzten Jahr wurden diese Überlegungen immer weiter konkretisiert und führten nach intensiver Vorarbeit zu einem Franchisekonzept, das die Handschrift von Franz Häring, Distribution Development Manager Deutschland/Österreich, trägt.

„Wir zäumen das Pferd anders auf“, erklärt Dr. Matthias Schubert, Direktor Marketing, Einkauf und Supply Chain, dass Euromaster sich für eine andere Herangehensweise entschieden hat als Wettbewerbssysteme im Markt. Bevor man überhaupt mit einem Franchiseangebot in den Markt gegangen ist, wurden Händler sehr genau befragt, was diese denn wollten und was eben nicht. Euromaster geht von einem bestehenden und hoch professionellen System aus, das in den eigenen Niederlassungen – nach den seinerzeit nötigen Anpassungen in Folge der Übernahme, wie Garcin einräumt – recht reibungslos funktioniert. Diese hohe Professionalität soll auch den potenziellen Franchisenehmern zugänglich gemacht werden. Daher stehen auch qualitativ hochwertige Reifenservicebetriebe im Fokus einer Akquise für das Konzept bzw. würden entsprechende Interessenten auf offene Ohren bei Euromaster treffen. Der Partner soll im Mittelpunkt stehen, gemeinsam mit ihm soll ein speziell für ihn verantwortlicher Ansprechpartner – mit Unterstützung der Spezialisten in der gesamten Organisation – analysieren, welche Potenziale vor Ort noch gehoben werden können. Alexis Garcin bringt den Anspruch knapp und einfach auf den Punkt: „Wir wollen, dass er noch mehr Reifen verkauft.“

Gewiss, das ginge natürlich auch über den Preis, allerdings zu Lasten von Margen, nachhaltiger Kundenbindung usw. Und darum wollen die Euromaster-Franchisegeber das eben nicht: Vermarktung, Dienstleistung, das ganze Paket soll hochwertig sein. Dafür lässt sich dann auch ein fairer Preis erzielen, ist eine Lehre aus den Erfahrungen des hauseigenen Filialnetzes. Das „Pricing“ im Hause Euromaster sei höchst ausgeklügelt und hochentwickelt, so Schubert und verweist auf ein aktuell europaweit laufendes sogenanntes Projekt „Euromaster Operational Way“, bei dem ermittelt wird, was machbar ist in Bezug auf Vermarktung, Prozesse und Standards. Diese Potenziale sollen Niederlassungsleitern und möglichen Franchisenehmern aufgezeigt und ihnen das Rüstzeug an die Hand gegeben werden, dass auch sie diese Vermarktungschancen optimiert nutzen können.

In drei wesentlichen Punkten werde sich Euromaster von anderen Angeboten im Markt unterscheiden, zählen die Euromaster-Verantwortlichen auf: durch die hauseigene Leasingplattform, die intensive und professionelle Partnerbetreuung und schließlich durch die Marketingstrategie bzw. das bereits erfolgreich praktizierte Kommunikationskonzept.

Im Leasing- und Flottengeschäft gilt Euromaster auch einigen Wettbewerbern als Benchmark. Ebenso nehmen die Flottenkunden diese Leistungsfähigkeit von Euromaster offensichtlich wahr, schlägt sich das doch in der Verleihung der wichtigen Branchenauszeichnungen des „Flottenaward“ (verliehen durch die Leser der Zeitschrift Flottenauto) als bester Reifendienstleister und der „besten Marken“ in der Kategorie Reifen-Dienste an die Euromaster-Mannschaft nieder; das ist jedenfalls das Ergebnis einer repräsentativen Kundenbefragung der Zeitschriften „trans aktuell“, „lastauto omnibus“ und „Fernfahrer“. Von Vorteil ist dabei sicherlich, dass dahinter nicht allein das Euromaster-Team steht, sondern es verstanden wird, die Synergien zu heben, die das Know-how der Michelin-Organisation ermöglicht. Euromaster hat mehr als tausend (!) Flotten- und Leasingkunden und ist nicht nur regional oder national, sondern europaweit exzellent organisiert: Das bedeutet nicht nur Mehrumsatz bei Reifen, sondern auch bei Dienstleistungen, besonders übrigens im Lkw-Bereich, auch wenn sich das Franchiseangebot natürlich auch an spezialisierte Pkw-Reifenhändler richtet mit demnach wenig bis keinem Nfz-Reifengeschäft.

Ein Ergebnis einer Marktanalyse habe ergeben, heißt es, dass sich bei anderen Systemen eine Diskrepanz ergebe zwischen gelegentlich zu Papier Gebrachtem und tatsächlich machbarer personeller Betreuung. Franz Häring erwähnt in diesem Zusammenhang die eigenen Autoservicecoachs, allesamt äußerst erfahrene Kfz-Meister und Praktiker, die es verstehen, Werkstätten für Autoserviceangebote vor Ort (!) aufzubauen bzw. zu professionalisieren. Wobei Alexis Garcin klarstellt, dass man gerade im Michelin-Konzern nicht vergisst, woher man kommt und was die eigentliche Expertise des Herstellers und seiner Handelsaktivitäten ist: Der bereits erwähnte Slogan „Reifen brauchen Experten“ verdeutlicht dies. Wenn Euromaster also von Autoservice spricht, dann ist damit auf jeden Fall das klassische Fast-Fit-Spektrum gemeint. Darüber hinausgehende Autoserviceangebote sollen gemacht werden, wo’s passt und eine Werkstatt dies auch professionell leisten kann. In einen Wettbewerb mit etablierten Kfz-Werkstattsystemen will Euromaster nicht treten. Garcin: „Wenn der Anteil des Autoservicegeschäftes so etwa 30 Prozent am Umsatz eines Betriebes überschreitet, werden wir uns die Frage stellen, ob wir nicht beginnen, die Kernkompetenz Reifen zu vernachlässigen.“

Euromaster ist wie die Wettbewerber Mehr-Marken-Anbieter und hat nicht die Absicht, aggressiv und gegen den Markt die Konzernmarken über Gebühr zu pushen. Gleichwohl ist Garcin überzeugt, dass eine konsequente Qualitätsorientierung von Franchisegeber und -nehmer letzten Endes dazu führen wird, dass sich die auf Qualität ausgerichteten Marken des Euromaster-Programms positiv entwickeln werden. Im Pkw-Bereich stehen neben den Marken der Michelin-Gruppe – neben Michelin vor allem BFGoodrich, Kleber und Tigar – die Produkte weiterer Partner zur Verfügung. Im Lkw-Markt wird die hauseigene Heißrunderneuerung Remix nach Michelin-Philosophie als zweite Marke definiert. Des Weiteren sind die Produkte weiterer Partner sowie die Runderneuerungen der Pneu Laurent Teil des Programms. Explizite Vorgaben, wie hoch der Anteil Konzernreifen bei einem Franchisenehmer zu sein habe, werden nicht gemacht.

Die dritte Säule, mit der Euromaster bei potenziellen Franchisenehmern punkten will, ist die ausgereifte Corporate Identity, der einprägsame Namenszug mit dem dazugehörigen Ährenkranz, das Kommunikationskonzept bestehend aus dem Auftritt, der Außendarstellung, der Shopeinrichtung, Werbung (Handzettel, Fernsehen und Internet), und nicht zuletzt seien die vielfältigen Kooperationen genannt, mit denen Euromaster schon so manches Mal im Markt für Verblüffung gesorgt hat. Dass das Unternehmen da noch mehr im Ideenköcher hat als beispielsweise die Aktion mit Tchibo, verrät Schubert, was genau – verständlicherweise – nicht. Aber eines wird klar, wie auch die enge Zusammenarbeit mit dem TÜV in Sachen Hauptuntersuchung zeigt: Berührungsängste gibt es keine, manchmal vielleicht unkonventionelle, aber das Retailgeschäft allemal ankurbelnde Aktionen wird man auch in Zukunft sehen. Garcin: „Dadurch haben wir im B2C-Geschäft in den letzten Jahren Kunden hinzugewonnen.“ Aber auch im B2B-Bereich werde man nicht nachlassen, vergisst der Euromaster-Chef nicht schnell nachzuschieben, damit erst gar keine Missverstände aufkommen. Vielmehr sei es unternehmenstypisch, keinen professionell operierenden Absatzkanal auszusparen.

Euromaster verfolgt eine Expansionsstrategie, aber keine um jeden Preis. Das neue Franchisekonzept soll helfen, „white spots“ auf der deutschen Reifenhandelslandkarte auszufüllen, und übrigens auch auf der österreichischen, für die Garcin ebenfalls die Verantwortung trägt. (Die Reifenhandelsbetreuung der Schweiz wird durch die französischen Kollegen wahrgenommen.) Das bestehende Euromaster-Filialnetz kennt zwar keine wirklich großen weißen Flächen, hat jedoch einzelne Lücken. So kann das Unternehmen auch mal in einem bevölkerungsreichen Ballungsraum unterrepräsentiert sein, aber es soll vermieden werden, dass eine Euromaster-Filiale und ein Euromaster-Franchisenehmer – die sich für den Endverbraucher aufgrund des identischen Auftrittes nicht recht unterscheiden mögen – einander ins Gehege kommen und sich gegenseitig die Endkunden abspenstig machen. Wo ein neuer Franchisenehmer eine starke lokale Positionierung hat, will Garcin den Händler auch nicht Euromaster-mäßig „sozialisieren“. „Wenn solch ein starker lokaler Händler Franchiser wird, dann unterstützen wir ihn bei der Pflege seines gut eingeführten Namens. Dann muss ein Weg gefunden werden, der den Euromaster-Auftritt als positive Ergänzung heraushebt. Wir werden also Euromaster neben den Namen des lokalen Reifenhändlers stellen.“ Einzelfälle wie den Wunsch, dass ein Filialbetrieb zu einem Franchiser gewandelt wird, schließt Garcin – ganz pragmatisch – nicht aus, angestrebt ist das nicht. Das Netz soll schließlich dichter, die Anzahl der Betriebe mit dem Namen Euromaster mehr werden.

Und das ist ein Aspekt, der sich durchs ganze Gespräch mit dem Euromaster-Team hinzieht, ohne explizit angesprochen zu werden. Euromaster strebt ein Franchising an, bei dem es einheitliche Regeln – wie den Auftritt – gibt. Darüber hinaus soll aber immer wieder individuellen Gegebenheiten Rechnung getragen werden. „Was ist Soft-, was ist Hardfranchising“, retourniert Dr. Schubert eine entsprechende Frage. Wenn ein Franchisenehmer ein Angebot partout nicht annehmen will, dann lässt er’s eben. Nur so ist gewährleistet, dass der Partner und seine Bedürfnisse auch im Zentrum bleiben. detlef.vogt@reifenpresse.de

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