Studie sieht deutsche Zulieferer „noch ganz vorn“

Die deutschen Automobilzulieferer verfügen auch in Krisenzeiten über eine – im internationalen Vergleich – noch unerreichte Leistungskraft. Sie müssen aber schon in naher Zukunft mit einer verstärkten Konkurrenz speziell aus den aufstrebenden Automobilnationen Asiens rechnen. Hierauf weisen die Unternehmensberatung Management Engineers und das Center of Automotive an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach in einer gemeinsamen Studie hin. Darin wurden die Finanzkennzahlen von weltweit fast 600 Automobilzulieferern ausgewertet und mithilfe eines eigens entwickelten Zulieferer-Performance-Index bewertet. Demnach sind die in der Studie berücksichtigten 34 deutschen Zulieferunternehmen noch mit viel Substanz durch die im Jahr 2008 beginnende Absatzkrise gesteuert. Gemessen an der Umsatzentwicklung, am EBIT, an der Eigenkapitalausstattung und der F+E-Quote weisen sie im globalen Vergleich die beste Durchschnittsperformance auf. Auf den weiteren Plätzen in dieser Länderwertung folgen die japanischen vor den übrigen europäischen Zulieferunternehmen. Am schwächsten aufgestellt sind der Untersuchung zufolge amerikanische Firmen. Auch die internationale Topten-Einzelwertung wird von zwei deutschen Firmen – ZF und Bosch – angeführt. Auf den weiteren Plätzen folgen unter anderem vier japanische Zulieferer, zu denen auch der Reifenhersteller Bridgestone auf Rang sieben zählt.

Allerdings wird dieses Ranking nur als Momentaufnahme bezeichnet, denn die automobile Weltkarte wird sich nach Ansicht der Autoren der Studie rasch verändern. In diesem Zusammenhang wird auf die aufstrebenden asiatischen Wirtschaftsregionen China, Indien und den ASEAN-Staatenbund als stärkste Beschleunigungsgeber verwiesen. Im Jahr 2030 werde es mit rund zwei Milliarden fast doppelt so viele Fahrzeuge auf der Welt geben wie heute, und allein in Asien werde sich der Automobilbestand bis dahin um eine halbe Milliarde erhöhen, wird prognostiziert. Verbunden damit seien nicht nur neue Marktchancen für die Zulieferunternehmen aus den traditionellen Automobilnationen, sondern auch eben auch neue Konkurrenz für sie. Schon heute sollen sich die in der Studie berücksichtigten 167 Zulieferer aus Südkorea, China und Indien „auf der Überholspur“ befinden, wie es in der Untersuchung heißt. Denn sie zeigten sich – mit zweistelligen Wachstumsraten beim Umsatz – fast gänzlich unbeeindruckt von der derzeitigen Absatzkrise auf den Automobilmärkten. Die neue asiatische Konkurrenz sei dabei längst nicht mehr nur über den Preis wettbewerbsfähig, auch ihre technologischen Fortschritte werden als enorm bezeichnet. Die gilt offenbar insbesondere für die chinesischen Zulieferer, die sich – von staatlichen Programmen gezielt unterstützt – erfolgreich neuen Zukunftsmärkten zugewendet hätten.

„China setzt beispielsweise seit Jahren alles daran, den Weltmarkt für Elektroautos zu erobern. Schon seit 2005 werden Investitionen in solche Fahrzeuge mit Milliardensummen subventioniert, zudem sind führende Forschungsinstitute in diese Projekte eingebunden. Mit Erfolg: In der Batterietechnologie sind chinesische Zulieferer heute weltweit vorn – die produzierten Elektroautos bereits heute zu günstigen Preisen marktfähig. China ist hier auf dem Weg zum Weltmarktführer“, meint Helmut Surges, Mitglied der Geschäftsführung von Management Engineers. „Die deutschen Zulieferer müssen sich in dieser neuen Konkurrenzsituation aber beileibe nicht verstecken, sondern gerade jetzt, in einer Phase, in der sich viele Firmen sowieso reorganisieren, alles daransetzen, neue Wachstumsfelder zu erschließen“, so Prof. Stefan Bratzel von der FHDW. „Die reine Gefahrenabwehr in der ersten Phase der Krise muss jetzt ergänzt bzw. ersetzt werden durch eine zukunftsgerichtete Strategieentwicklung“, empfiehlt Bratzel. Die deutschen Zulieferer müssten dabei einen „schwierigen strategischen Spagat der schöpferischen Zerstörung wagen“.

Einerseits dürften sie ihr Umsatzfundament, die Optimierung derzeitiger Technologien, nicht völlig vernachlässigen. Andererseits müssten sie konsequent die technologischen Voraussetzungen für das Auto der Zukunft schaffen, wodurch die bisherigen Produkte obsolet werden können, heißt es. Die Studie definiert dazu fünf Handlungsfelder für die deutsche und europäische Automobilzuliefererindustrie: Die Unternehmen sollten die „Neuerfindung des Automobils“ aktiv vorantreiben, sich stärker am Endkunden orientieren, sich auf Hightech-Produkte fokussieren (insbesondere solche Zulieferer mit Beschäftigungsschwerpunkt in Deutschland), ihre Kosten-/Produktionsstrukturen flexibler gestalten sowie diversifizieren bzw. ihre Non-Automotive-Felder stärken. Nach Ansicht der Autoren der Studie steht die Automobilbranche und vor allem die Automobilzulieferindustrie nämlich vor nichts weniger als einem „schwierigen Umbruchjahr 2010“. Die großen globalen Automobilzulieferer werden – prognostizieren die Management Engineers und das Center of Automotive an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach – das Jahr 2009 mit einem Umsatzminus zwischen 20 bis 25 Prozent abschließen. „Die Ertragslage wird darunter entsprechend leiden. Allerdings kann im Jahr 2010 ausgehend von der leichten Erholung der Automobilmärkte insbesondere in Nordamerika wieder von einem moderaten Umsatzwachstum der globalen Zulieferer von drei bis fünf Prozent ausgegangen werden“, heißt es weiter.

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