Conti/Schaeffler: Schulterklopfen nach „Showdown“

Werner Bischoff, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der Gewerkschaft IG BCE und stellvertretender Conti-Aufsichtsratsvorsitzender, zeigt sich zufrieden mit dem Ergebnis der jüngsten Conti-Aufsichtsratssitzung, nachdem man bis vor Kurzem doch noch betont hatte, eine Ablösung Neumanns sei die falsche Entscheidung. „Ich bin zufrieden, dass es zu einer tragfähigen Lösung im Conti-Aufsichtsrat gekommen ist. Wir erwarten, dass künftig in den Entscheidungsgremien wieder vertrauensvoll zusammengearbeitet wird und die gefassten Beschlüsse nun auch zügig umgesetzt werden“, so Bischoff. Dazu gehöre die gegenüber dem Aufsichtsrat abgegebene Erklärung, dass dessen Vorsitzender Rolf Koerfer seinen Posten zum 29. September niederlegt, nachdem die Neuordnung des Vorstands und insbesondere die Bestellung eines Finanzvorstands erfolgt ist. Doch er ist beileibe nicht der Einzige, der sich nach dem „Showdown“ in Sachen Conti/Schaeffler im Klopfen auf die (eigene) Schulter übt.

Hartmut Meine, IG-Metall-Bezirksleiter und Aufsichtsratsmitglied der Continental AG, hat den Sinneswandel der Arbeitnehmerseite in dem Kontrollgremium ebenfalls verteidigt und den nun gefundenen Kompromiss im Konflikt zwischen Continental und der Familie Schaeffler genauso als tragfähig bezeichnet. „In den Gesprächen, die unter Beteiligung der IG Metall und der IG BCE stattgefunden haben, mussten sich alle Beteiligten bewegen. Damit ist der Weg frei für die längst überfällige Lösung der Probleme“, sagt Meine. Die IG Metall erwarte vom neuen Vorstand ein verlässliches und an den Sachfragen orientiertes Handeln, bei dem die Sicherung der Arbeitsplätze und die Zukunft beider Unternehmen im Mittelpunkt stehe. Die Gewerkschaften hätten zwar gerne am Vorstandsvorsitzenden Dr. Karl-Thomas Neumann festgehalten, wollten aber – wie sie selbst sagen – einer Lösung der Situation nicht im Wege stehen, da auch der Aufsichtsratsvorsitzende Koerfer von seiner Funktion zurücktritt.

Unabhängig davon wertet der IG-Metall-Bezirksleiter das erzielte (Zwischen-)Ergebnis in der Auseinandersetzung zwischen Conti und Schaeffler als Beleg für „die positive Bedeutung der paritätischen Mitbestimmung in den Aufsichtsräten“. Die Arbeitnehmerseite habe stets verlässlich im Interesse der Beschäftigten gehandelt und sich bemüht sich, die Kontrahenten zu einem gemeinsamen Handeln zu bewegen. „Ohne Gewerkschafter und Betriebsräte wäre die emotionsgeladene Situation schon viel früher völlig eskaliert“, ist Meine überzeugt. Die Mitbestimmung habe sich – ergänzt er – unter schwierigsten Umständen bewährt und entscheidend zum gefundenen Kompromiss beigetragen. Das IG-BCE-Vorstandsmitglied Bischoff würdigt darüber hinaus zugleich die Mithilfe von dritter Seite und bedankt sich deshalb bei Commerzbank-Chef Martin Blessing und Altbundeskanzler Gerhard Schröder. „Für ihre im Vorfeld der Aufsichtsratssitzung geleistete Unterstützung“, heißt es.

„Die Zeit der Zerstrittenheit hat dem Unternehmen nicht gut getan. Die Gewerkschaften und Betriebsräte haben wesentlich dazu beigetragen, dass nun gute Chancen bestehen, Conti wieder zu stabilisieren und auf Erfolgskurs zu bringen. Es bringt nichts, nur zurückzublicken, wir müssen gemeinsam konstruktiv nach vorne schauen“, meint Bischoff. Und auch Werner Neugebauer, Bezirksleiter der IG Metall Bayern, fordert beide Unternehmen auf, das „Kasperltheater“ einzustellen und zu einer Einigung zu kommen. Eine Ansicht, die offensichtlich auch von der Politik geteilt wird. Zumindest lassen sich so Aussagen des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff anlässlich des auf der Aufsichtsratssitzung erzielten Kompromisses interpretieren. „Ein Unternehmen kann nur erfolgreich sein, wenn es das Vertrauen der Kunden, der Banken und der Öffentlichkeit genießt. Deswegen ist es richtig, dass es bei den Beschäftigten der Verbindung der Schaeffler KG mit der Continental AG zu einem Neuanfang kommt“, sagt er.

Es sei notwendig gewesen, dass aus dem Verlauf der letzten Aufsichtsratssitzung und der Interessenkollision von Rolf Koerfer die Konsequenzen gezogen wurden und der Aufsichtsratsvorsitzende ausgetauscht wird. „Nötig ist eine konsistente Strategie, eine überzeugende Kapitalmarktstory und eine Führungsmannschaft, die das Vertrauen aller Beteiligten genießt. Ich bin davon überzeugt, dass dies und die avisierte Kapitalerhöhung auch im Interesse der Schaeffler KG sind“, so der CDU-Politiker, der sich zugleich bei Dr. Karl-Thomas Neumann für die langjährige Arbeit im Conti-Vorstand bedankt. „Er hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Continental AG zu einem der erfolgreichsten börsennotierten Unternehmen der letzten Jahre in Deutschland wurde“, meint Wulff. Für die Erkenntnis, dass davon heute nicht mehr allzu viel übrig ist, genügt allerdings ein kurzer Blick auf den momentanen Kurs der Conti-Aktie, der irgendwo (Stand Mitte August) um die 24 Euro liegt. Zur Erinnerung: Noch im September vergangenen Jahres wurde das Wertpapier für knapp 75 Euro gehandelt und Mitte 2007 sogar für über 100 Euro – Erfolgsgeschichten sehen normalerweise anders aus.

Als „wichtigen Sieg der Vernunft“ begrüßt auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer die Einigung im Aufsichtsrat der Continental AG. Seehofer sieht jetzt gute Möglichkeiten, die Zusammenführung von Schaeffler und Conti in Ruhe und mit Erfolg fortzusetzen. „Schaeffler und Conti können gemeinsam zu einem international führenden Zulieferkonzern werden, der eine einzigartige Palette von Spitzenprodukten anbietet. Für den Industriestandort Deutschlands ist das eine hervorragende Chance“, glaubt er. Diese Chance könne am besten genutzt werden, wenn sich die Unternehmensverantwortlichen nunmehr voll auf den Prozess der Zusammenführung konzentrieren könnten. Seehofer zeigte sich zufrieden, dass der Aufsichtsrat trotz öffentlicher Kommentierungen, Ratschläge und Drohgebärden zu einer einvernehmlichen Lösung gekommen ist. Der Aufsichtsrat habe mit seiner Entscheidung bewiesen, dass ihn allein das Interesse an der Zukunftsfähigkeit beider Unternehmen mit Zigtausend Arbeitsplätzen in Deutschland geleitet hat.

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