Jahrestag: Charles Goodyear (er-)findet die Vulkanisation

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Auf den Tag genau 165 Jahre ist es heute her, dass Charles Goodyear vom amerikanischen Patentamt das „Patent 3633“ für die Vulkanisation von Kautschuk erhielt, die er – so ist überliefert – durch einen unglücklichen-glücklichen Zufall entdeckte. 1834 betritt Charles Goodyear die „Roxbury India Rubber Company“. Gerade ist seine Eisenwarenhandlung bankrott gegangen, er selbst ist pleite und auf der Suche nach einer neuen Geschäftsidee. Da entdeckt er einen Schwimmgürtel aus Kautschuk und verbessert ihn. Danach bittet er den Ladenbesitzer, das Produkt für ihn zu verkaufen. Aber der Mann lacht nur und führt Goodyear in sein Lager. Hier liegen Schwimmreifen, die wegen der Hitze zerlaufen oder wegen der Kälte zerbröselt sind. „Naturkautschuk ist nicht temperaturbeständig“, muss Goodyear lernen. Wer das Problem löse, prophezeit der Ladenbesitzer ihm, verdiene damit ein Vermögen. Der Gedanke lässt Goodyear nicht mehr los. Zu Hause experimentiert er mit Kautschuk und verschiedenen Chemikalien. Da er notorisch pleite ist, berichtet der WDR in einem Rückblick, verkauft er sogar die Schulbücher seiner Kinder, um weitermachen zu können. Die Bitte seiner Ehefrau, sich doch endlich eine Arbeit zu suchen, schlägt er in den Wind. Da kommt Goodyear der Zufall zu Hilfe: Als er dem Kautschuk Schwefel zufügt, tropft ein Teil der Masse auf die heiße Herdplatte. Heraus kommt ein ebenso elastisches wie stabiles Produkt. Am 15. Juni 1844 dann erteilt ihm das amerikanische Patentamt das berühmteste und bedeutendste Patent der Reifenbranche.

Goodyear selbst will Gummistiefel und Gummizelte produzieren. Aber er ist ein schlechter Geschäftsmann. Jahrelang sucht er verzweifelt nach Sponsoren, so der WDR weiter, wegen seiner Schulden muss er sogar öfter ins Gefängnis. Ein leichter Umschwung kommt 1845, als Goldsucher in Kalifornien wasserdichte Stiefel und Zelte brauchen. Auf der ersten Weltausstellung in London 1851 präsentiert Goodyear große Ballons, die an der Decke schweben sowie Gummimöbel, Gummibilder, Gummischmuck. Einen spektakulären Gerichtsprozess gegen den skrupellosen Geschäftsmann Horace Day wegen Patentverletzung gewinnt er schließlich. Day muss eine empfindliche Strafe zahlen.

Mit dem Geld aber kann Goodyear gerade einmal seine Schulden bezahlen. Für neue Projekte muss er neue Kredite aufnehmen. Auch das erste Latexkondom, das er 1855 entwickelt, wird kein Geschäftserfolg. „Wenn ihr einen Mann seht“, schreibt eine zeitgenössische Zeitung, „der eine Gummi-Kappe, einen Gummi-Stock, einen Mantel, eine Weste und Schuhe aus Gummi trägt und der eine Gummi-Geldbörse hat, in der sich kein Cent befindet, dann ist das Charles Goodyear.“

Das Geld mit Goodyears Zufallsentdeckung machen später andere. Die Brüder Seiberling zum Beispiel, die ihre 1898 gegründete Gummiwaren-Fabrik in Anerkennung des Erfinders „Goodyear Tires and Rubber Company“ nennen. Reifen für Kutschen und Fahrräder gehören zu ihren ersten Produkten. Heute ist die Firma einer der größten Reifenhersteller der Welt. Den Erfolg seines Gummis erlebt Charles Goodyear nicht mehr. Er stirbt 1860 in New York an den Folgen seiner chemischen Experimente. Seiner Familie hinterlässt er Patent 3633 – und 200.000 Dollar Schulden.

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