Definition, was ein M+S- bzw. Winterreifen ist, weiter nicht in Sicht

Die FDP-Fraktion hatte mit einem an den Deutschen Bundestag gerichteten Antrag die Bundesregierung dazu aufgefordert, auf europäischer Ebene auf die Schaffung technischer Kriterien für die Bezeichnung von Reifen als Winterreifen oder M+S-Reifen hinzuwirken. Dieser Antrag ist mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktionen FDP und Die Linke abgelehnt worden. Stattdessen haben die Fraktionen der Großen Koalition nach entsprechenden Beratungen des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung einen Entschließungsantrag formuliert, mit dem einerseits lang und breit der „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Kennzeichnung von Reifen in Bezug auf die Kraftstoffeffizienz und andere wesentliche Parameter vorgesehene Kennzeichnung von Reifen“ (also die geplante Einführung des sogenannten Reifenlabels) begrüßt wird. Andererseits heißt es in dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD, die „Bundesregierung möge sowohl in ihren Verhandlungen in den zuständigen Ratsarbeitsgruppen als auch im Verkehrsministerrat darauf hinwirken, dass die bestehenden Regelungen (ECE-R 30, 54 und 117 sowie die EG-Richtlinie 92/23 EWG) eine konkretere Definition für Winterreifen erhält“, wobei auch Traktionstests verbindlich vorgeschrieben werden sollen. Mit Blick auf diesen Entschließungsantrag, der – so zumindest die Meinung der christdemokratischen bzw. christsozialen Politiker in dem Ausschuss – die Frage der Standards für Winterreifen aufgreife, hat die Fraktion der CDU/CSU wie die der SPD den Antrag der FDP-Antrag abgelehnt.

Seitens der SPD-Fraktion wird zwar betont, das Anliegen der Freien Demokraten sei grundsätzlich ein sinnvolles. Man könne dem Antrag aber nicht zustimmen, weil zum einen der Wettbewerb in der Vergangenheit bereits zu sehr guten Winterreifen geführt habe und man zum anderen mit dem Entschließungsantrag in Sachen Reifenlabeling „etwas andere Akzente“ setze, aber trotzdem das Anliegen des FDP-Antrages aufgreife. Die Fraktion der FDP hat denn auch begrüßt, dass der Aspekt der Normen und Standards für M+S- und Winterreifen aus ihrem Antrag in dem Entschließungsantrag der Großen Koalition Eingang gefunden hat. Die positive Bewertung des im europäischen Vorschlag enthaltenen Labelingverfahrens teilt indes allerdings nicht. In der aktuellen Phase, in welcher die deutschen Reifenhersteller alle Kurzarbeit angemeldet hätten, müsse man fragen, ob es sinnvoll sei, hier zusätzliche Belastungen für die Hersteller vorzusehen, so die FDP. Kritisiert wird die Bundestagsentscheidung auch der Continental AG. Damit sei eine weitere Chance vertan worden, mehr Sicherheit und Transparenz für Endverbraucher zu schaffen, meint Alexander Lührs, Pressesprecher des Reifenherstellers. „Die M+S-Kennzeichnung ist an keinerlei Kriterien oder gar konkrete Leistungsanforderungen geknüpft wie beispielsweise bei der Auszeichnung mit dem Schneeflockensymbol“, bedauert er. „Plagiate und Billigimporte ohne Wintereigenschaften können so problemlos in den Verkehr gebracht und arglose Verbraucher getäuscht werden. Bei der Prüfung zur Erlangung des Schneeflockensymbols muss beispielsweise ein ABS-Bremstest auf Schnee bestanden werden“, erklärt Lührs.

Abgesehen davon und den zumindest von Otto Normalverbraucher größtenteils sicher nicht ganz nachvollziehbaren bürokratischen Klimmzügen, einen Antrag in Sachen Schaffung technischer Kriterien für die Bezeichnung von Reifen als Winterreifen oder M+S-Reifen mit der Begründung abzulehnen, dieser sei ja nunmehr Bestandteil eines anderen (Entschließungs-)Antrages, dürfte vor allem eines zu befürchten sein: Eine Definition, was ein Winter- bzw. M+S-Reifen ist, wird – wenn die Eurokraten erst einmal mit im Spiel sind – noch einige Zeit auf sich warten lassen. Ganz zu schweigen von einer belastbaren Definition dessen, was denn nun wohl wie in der Straßenverkehrsordnung formuliert unter einer den Witterungsverhältnissen angepassten Bereifung zu verstehen ist. „Der Verpflichtung zur geeigneten Bereifung, die 2006 im Rahmen der Novellierung der Straßenverkehrsordnung erlassen wurde, fehlt damit weiterhin eine wichtige Grundlage“, meint auch Lührs. „Im Sinne der Verkehrssicherheit wäre eine Definition mit klaren Leistungsanforderungen, die vor Ort von der Polizei überprüft werden könnten, das beste Mittel“, regt Lührs an. Solange es in Europa Billigsommerreifenimporte aus Ostasien gebe, die mit dem M+S-Symbol versehen sind, blieben nach dem Scheitern des FDP-Antrages eine klare Regelung sowie konkrete Sanktionen weiterhin „leider überfällig“.

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