VDA fordert bessere Kreditvergabe an Zulieferer

Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), hat auf dem 9. VDA-Mittelstandstag in Gravenbruch erneut öffentliche und private Banken sowie Kreditversicherer aufgefordert, ihrer gesamtwirtschaftlichen Verantwortung nachzukommen. „Unseren im Kern gesunden Zulieferunternehmen fehlt es aufgrund der rückläufigen Exportmärkte in erheblichem Ausmaß an Liquidität – nicht nur, um Forschung und Entwicklung weiter betreiben zu können, sondern auch, um das laufende Geschäft abzusichern.“ Der Bankensektor habe auf die Finanzkrise mit äußerst restriktiver Kreditvergabe reagiert und damit die Liquiditätsklemme für durchaus wettbewerbsfähige Unternehmen noch weiter verschärft.

„Sowohl Banken als auch Kreditversicherer nehmen derzeit generell Abschläge in unserer Automobilindustrie vor und stufen die Ratings der Zulieferer sowie der Anhänger- und Aufbautenindustrie pauschal herunter. Dagegen werden wir uns weiter wehren – in Gesprächen mit Banken, Kreditversicherern und auch der Politik“, betont Wissmann. Dabei gehe es um eine differenzierte Betrachtung, nicht um eine pauschale Bankenkritik.

Die Einschätzung der Lage werde durch eine Erhebung des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) gestützt, nach der jedes fünfte befragte Unternehmen von Schwierigkeiten mit Neu- oder längerfristigen Krediten oder von erhöhten Kreditsicherheiten berichtet. Zwei Drittel der Unternehmen beklagten eine Verschlechterung der Kreditkonditionen. Wissmann: „Dies deckt sich mit unseren täglichen Beobachtungen und den Berichten aus unseren Mitgliedsunternehmen.“

Der VDA-Präsident weist darauf hin, dass die weltweite Wirtschaftskrise durch die Finanzmarktkrise ausgelöst worden sei und die Kredit- und Bürgschaftsprogramme, die die Bundesregierung für den Bankensektor aufgelegt habe, die Aufgabe hätten, mit diesen Mitteln die Realwirtschaft zu stützen: „Daran erinnern wir Banken und Kreditversicherer.“

Auch im April habe sich die Auslandsnachfrage nach Pkw weiter abgeschwächt: Die Auslandsorder lagen im April um 29 Prozent unter Vorjahr, in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres sanken die ausländischen Bestelleingänge um insgesamt 31 Prozent. Die Exporte haben im bisherigen Jahresverlauf deutlich nachgegeben. Auch für den weiteren Verlauf des Jahres sei noch mit keiner Erholung zu rechnen, so Wissmann.

Diese schwierige Lage wirke sich insbesondere auf die innovationsstarke und meist mittelständisch strukturierte Zulieferindustrie aus, die mit einem Anteil von drei Viertel an der automobilen Wertschöpfung von zentraler Bedeutung für den Automobilstandort Deutschland sei. „Diese Unternehmen tragen in hohem Maße zum Gesamterfolg des deutschen Automobilbaus bei. Flexibilität, technologische Kompetenz und – trotz der allgemein notwendigen Globalisierung – Verbundenheit mit den heimischen Standorten zeichnen diese Unternehmen aus“, betont der VDA-Chef. Die hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung würden von den Mittelständlern überwiegend aus Eigenkapital finanziert. „Ein Absatzrückgang bei ihren Kunden, den Automobilherstellern, von zehn bis 20 Prozent hat aber einen Ertragsrückgang von 20 bis 40 Prozent bei den Zulieferern zur Folge“, erläutert Wissmann die Brisanz der Lage. Nach dem Ausnutzen der flexiblen Möglichkeiten der Beschäftigungssicherung über Arbeitszeitkonten und Kurzarbeit zeichneten sich nun erste negative Auswirkungen auf die Stammbelegschaften ab. „Ziel muss es weiterhin sein, diese Kräfte im Unternehmen zu halten“, unterstreicht Wissmann.

Es gebe allerdings auch positive Signale. So habe die Bundesregierung schnell auf die Krise reagiert und mit dem ersten und zweiten Konjunkturpaket wichtige Impulse gesetzt. Die mögliche Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes sei bereits auf 18 Monate verlängert worden. Nun stehe eine weitere Ausdehnung auf 24 Monate an, verbunden mit der Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge für die nicht in Anspruch genommenen Arbeitszeiten nach den ersten sechs Monaten. Die Aufstockung der KfW-Kredite und die Erhöhung der Mittel der Europäischen Investitionsbank (EIB) für umwelt- und klimafreundlich orientierte Projekte unterstützten die laufende Geschäftstätigkeit sowie Forschung und Entwicklung. „Wir weisen unsere Mitgliedsunternehmen auf diese Möglichkeiten hin und sprechen uns dafür aus, diese Mittel verstärkt in Anspruch zu nehmen“, erläutert Wissmann.

Zudem, so der VDA-Präsident, haben die Neuordnung der Kfz-Steuer und die Umweltprämie unseren Herstellern und Zulieferern bessere Rahmenbedingungen verschafft. Der Inlandsmarkt erlebe einen unerwarteten Höhenflug. Allerdings könne dieser das schwache Exportgeschäft nicht vollständig kompensieren – drei von vier Autos, die in Deutschland produziert werden, gehen in den Export. „Insofern sind wir davon abhängig, dass die weltweit aufgelegten Konjunkturprogramme greifen und sich vor allem die US-Wirtschaft wieder erholt. Klar ist aber auch: Diese Krise wird nicht ohne einschneidende Strukturveränderungen in unserer Industrie einhergehen“, sagt Wissmann.

VDA-Präsident Wissmann betont: „Unser strategisches Ziel ist es, stärker als unsere Wettbewerber aus dieser Krise herauszufahren.“ Die Voraussetzungen dafür seien durchaus gegeben. So steigern die deutschen Marken selbst auf dem schwierigen US-Markt derzeit kontinuierlich ihren Marktanteil. „Zum anderen weiß unsere Industrie eines ganz genau: Forschung und Innovation, die Investitionen in die Menschen, die hinter dem technischen Fortschritt stehen, sind die Grundlagen für eine erfolgreiche Zukunft.“ Allein im Jahr 2008 hat die deutsche Automobilindustrie fast 19 Milliarden Euro investiert, um die Entwicklung innovativer, klimafreundlicher und effizienter Technologien voranzutreiben.

Wissmann: „Diese Technologieoffensive werden die Unternehmen fortsetzen. Denn gerade in Zeiten der Krise darf eines nicht gekürzt werden: die Blutzufuhr zum Kopf! Nur wenn wir auch in dieser kritischen Phase nicht an Forschung und Entwicklung sparen, werden wir sicherstellen können, dass das Auto der Zukunft in Deutschland entwickelt und produziert wird.“ Ergebnisse dieser Anstrengungen seien deutlich sichtbar. So bieten bereits heute deutsche Marken rund 90 Modelle an, die weniger als fünf Liter pro hundert Kilometer Kraftstoff benötigen. Und die Unternehmen kommen bei der CO2-Reduzierung ihrer neuen Modelle immer schneller voran: Nachdem 2007 der durchschnittliche CO2-Wert aller neu zugelassenen Pkw in Deutschland bereits um 1,7 Prozent zurückging, konnten die CO2-Werte 2008 um 2,9 Prozent gesenkt werden. Im ersten Quartal 2009 lag die Reduktion bereits bei 5,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Wissmann zeigt sich zuversichtlich, dass die deutsche Automobilindustrie – Hersteller wie Zulieferer – die Krise meistern werde: „Trotz des heftigen Gegenwinds – wir sind gut aufgestellt, wenn wir Kurs halten, weiter investieren und neue innovative Produkte entwerfen.“

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