Zu viele Faktoren erschweren Prognose in Sachen Motorradreifengeschäft 2009

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Während die Absatzzahlen an Pkw- sowie auch Llkw- und Lkw-Reifen im Ersatzmarkt im zurückliegenden Jahr wohl ordentlich Federn lassen mussten, wird in Sachen Motorradreifen für 2008 von einem mehr oder weniger deutlich besseren Geschäftsverlauf als ein Jahr zuvor ausgegangen. Zumindest lautete so die letzte Prognose des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV) vom Herbst vergangenen Jahres. Haben sich die Hoffnungen auf Wachstum im Zweiradgeschäft bewahrheitet, und wie geht es wohl in dieser Saison weiter, die ja nun alsbald startet?

Von Krisenstimmung war auch im Rahmen der internationalen Motorrad- und Rollermesse Intermot nicht viel zu spüren, die im Herbst vergangenen Jahres zum inzwischen schon zweiten Mal nach 2006 wieder in Köln stattgefunden hat. Eher im Gegenteil: Die über 200.000 Besucher stimmten die Veranstalter der Messe durchaus zufrieden. Und angesichts eines unverändert hohen Fachbesucheranteils, der bei der jüngsten Ausgabe 2008 bei rund 30 Prozent gelegen haben soll, habe die Intermot Köln „nachhaltig bewiesen, für den in- und ausländischen Fachhandel die wichtigste Businessplattform“ zu sein, ist man bei der Koelnmesse GmbH überzeugt. In der Tat haben auch zahlreiche der im Motorradreifengeschäft aktiven Unternehmen in Köln bereits viele ihrer Neuheiten für die Zweiradsaison 2009 präsentiert. Doch ist wirklich alles eitel Sonnenschein und bleibt die Motorrad- bzw. Motorradreifenbranche trotz aller Schwarzmalerei von Wirtschaftsexperten wirklich von der möglicherweise nur herbeigeredeten oder vielleicht auch tatsächlich eintretenden Rezession verschont?

Krise oder vielleicht doch nicht?

Wer behauptet, diese Frage mit einem klaren Ja oder Nein beantworten zu können, leidet vermutlich an einer ähnlich hohen Selbstüberschätzung wie solche selbst ernannten Finanzexperten, die trotz des Verzockens von Milliardenbeträgen im globalen Monopoly nach wie vor davon überzeugt sind, ihre „Leistungen“ rechtfertigten eine Bezahlung oder Abfindungen in Millionenhöhe. Hilfreich ist es jedoch allemal, vor dem Antritt einer Reise zu neuen Zielen zunächst einmal zu bestimmen, wo man sich gerade befindet. Daher lohnt unter Umständen eine Rückschau auf das Motorrad- bzw. Motorradreifenjahr 2008. Ein erster Blick auf die offizielle Neuzulassungsstatistik des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) für das vergangene Jahr scheint dabei eine eher positive Grundstimmung im Zweiradsegment zu bestätigen. Denn die offiziellen KBA-Zahlen weisen für 2008 mit gut 187.400 neu auf bundesdeutsche Straßen gekommenen Krafträdern sogar ein leichtes Plus von 0,1 Prozent aus.

Eine diesbezüglich mehr oder weniger stabile Entwicklung belegt das Zahlenmaterial, das der Industrieverband Motorrad e.V. (IVM) rund um die Neuzulassungen motorisierter Zweiräder für das Jahr 2008 zusammengetragen hat. Aufgrund einer vom KBA augenscheinlich abweichenden Definition des Begriffes Kraftrad spricht der IVM für 2008 zwar nur von alles in allem knapp 166.300 neu zugelassenen motorisierten Zweirädern, doch auch hier weicht dieser Wert für das vergangene Jahr lediglich um 0,4 Prozent von der 2007er-Referenz (beinahe 166.900 Einheiten) nach unten ab. So weit so gut. Eine nähere Analyse zeigt jedoch, dass dabei „richtige“ Motorräder 2008 allerdings nicht mehr so gefragt waren wie noch ein Jahr zuvor: Zwar stellen die knapp 103.900 Maschinen mit einem Hubraum über 125 Kubikzentimeter, die dem IVM zufolge im ausgeklungenen Jahr neu auf deutsche Straßen gekommen sind, nach wie vor den größten Anteil an den Neuzulassungen aller Fahrzeuggruppen dar – dennoch waren deren Neuzulassungen im Vergleich zu den fast 114.900 Maschinen im selben Zeitraum 2007 um immerhin 9,6 Prozent rückläufig.

Zulegen konnten demgegenüber die Neuzulassungen von Leichtkrafträdern (Hubraum bis 125 Kubikzentimeter) von den gut 14.200 Einheiten per Ende Dezember 2007 auf über 17.500 Fahrzeuge ein Jahr danach. Dies entspricht einem Zuwachs von immerhin 23,1 Prozent. Steigender Beliebtheit konnten sich 2008 zudem die Leichtkraft- sowie die Kraftroller (bis bzw. über 125 Kubikzentimeter Hubraum) erfreuen: Für diese beiden Fahrzeugsegmente meldet der IVM ein Plus von 7,4 respektive beachtlichen 56,5 Prozent, was absolut gesehen einem Zuwachs von etwa 29.000 auf annährend 31.200 Fahrzeuge (Leichtkraftroller) bzw. von rund 8.700 auf nicht ganz 13.700 Fahrzeuge (Kraftroller) entspricht.

Fahr- oder doch eher „Standzeuge“?

Natürlich lassen diese Zahlen nur bedingt Rückschlüsse auf den in diesem Jahr zu erwartenden Motorradreifenabsatz im deutschen Ersatzmarkt zu, allenfalls ein gewisser Trend hin in Richtung Roller(-bereifungen) lässt sich daraus vielleicht ableiten. Doch bevor sich ein Händler angesichts der beobachteten Zuwachsraten bei den Rollerneuzulassungszahlen das Lager nun gleich bis unter die Decke mit entsprechenden Reifen für diese Fahrzeuggattung vollpackt, sollte im Auge behalten werden, dass dieses Wachstum von einer vergleichsweise kleinen Basis ausgeht. Unabhängig davon sollte man jedoch eigentlich erwarten können, dass zumindest ein leichtes Nachfrageplus nach Rollerreifen in den kommenden Jahren zu registrieren sein dürfte.

Wie dem auch sei, viele der letztjährigen Käufer eines Leichtkraftrollers oder eines Leichtkraftrades dürften ihre Kaufentscheidung für ein solch vergleichsweise preisgünstiges Fortbewegungsmittel wohl anscheinend vor allem vor dem Hintergrund der im Sommer 2008 auf Rekordhöhe gestiegenen Kraftstoffpreise getroffen haben. In diesem Sinne lässt sich zumindest der Saisonverlauf von deren Neuzulassungszahlen interpretieren: Im Gegensatz zu den „richtigen“ Motorrädern mit einem Hubraum jenseits der Marke von 125 Kubikzentimetern, wo 2008 die Nachfrage nach einem deutlichen Maximum im März kontinuierlich gesunken ist (so wie man es schon seit Jahren beobachten kann), waren die hubraumschwächeren motorisierten Zweiräder über fünf Monate annähernd gleich stark bei den Verbrauchern gefragt. Dieser Zeitraum von März bis hinein in den Juli fällt zusammen mit der Phase im vergangenen Jahr, der von beinahe täglich neuen Höchstständen bei den Kraftstoffpreisen gekennzeichnet war.

Wenn diese Fahrzeuge nun auch fleißig bewegt werden und nicht schnell wieder zu „Standzeugen“ degenerieren, könnte dies dem Reifenmarkt durchaus Impulse verleihen. Denn ein hoher Fahrzeugbestand, den es in Deutschland mit (Stand: Anfang 2008) rund fünfeinhalb Millionen motorisierten Zweirädern – davon knapp 3,6 Millionen mit mehr als 50 Kubikzentimetern Hubraum und etwa 1,9 Millionen Mopeds, Mokicks und Mofas mit einem Hubraum bis 50 Kubikzentimeter – ohne Zweifel gibt, ist sicherlich ein Faktor, der den Absatz entsprechender Reifen mit beeinflusst. Allerdings ist es nicht der alleinig entscheidende wie ein Blick auf die vom Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV) erhobenen Absatzzahlen an Motorradreifen im deutschen Ersatzgeschäft (Handel an Verbraucher) und ein Vergleich mit der Entwicklung des Fahrzeugbestandes verdeutlicht.

Fahrleistungen sinken

In der Zeit seit 1997 hat es zwar immer mal wieder den einen oder anderen Ausschlag nach oben (2001) oder unten (2006) gegeben. Dennoch lagen die Verkaufszahlen von Motorradreifen in Deutschland im Wesentlichen mehr oder weniger stabil rund um einen Mittelwert von 1,31 Millionen Einheiten, der gemäß der im Herbst vergangenen Jahres vom BRV vorgenommenen Korrektur der Prognose von ursprünglich 1,26 Millionen Reifen nach oben 2008 sogar ziemlich genau erreicht worden sein sollte. Gleichzeitig hat der Fahrzeugbestand von den laut IVM etwa 4,4 Millionen motorisierten Zweirädern 1997 – 2,7 Millionen mit mehr als 50 Kubikzentimetern Hubraum, 1,7 Millionen mit weniger als 50 Kubikzentimetern Hubraum – um rund ein Viertel zugenommen. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass die jährlichen Kilometerfahrleistungen der Zweiradfans eben um im Mittel etwa 25 Prozent gesunken sein müssen. Unterscheidet man zudem noch zwischen den Fahrzeuggattungen Motorrad/Kraftroller/Leichtkraftrad/Leichtkraftroller (> 50 cm³) auf der einen und Mopeds/Mokicks/Mofas (< 50 cm³) auf der anderen Seite, dann ergeben sich seit 1997 um 30 respektive 15 Prozent zurückgegangene Fahrleistungen.

Natürlich basieren diese Überlegungen auf der Voraussetzung, dass seither auch die Laufleistung der Reifen konstant geblieben ist bzw. dass sich deren Abriebsverhalten nicht wesentlich geändert hat. Jedoch sollte man dabei im Hinterkopf behalten, dass die Reifenhersteller schon gewisse Fortschritte in Sachen Laufleistung ihrer Produkte während der vergangenen Jahre erzielt haben. Gleichzeitig ist aber parallel dazu die Motorisierung gerade der „richtigen“ Motorräder in immer höhere Leistungssphären gedriftet. Von der lange Zeit in der Branche vorherrschenden freiwilligen Beschränkung aller Hersteller auf Maschinen mit maximal 100 Pferdestärken will ja bekanntlich schon lange niemand mehr etwas wissen. Selbst wenn es nicht gleich eine Hayabusa 1300 von Suzuki mit ihren inzwischen sogar beinahe 200 PS sein muss, so bleibt bei den im Durchschnitt immer leistungsstärkeren Motorrädern logischerweise entsprechend mehr Gummi auf der Straße, wenn mehr geballte Kraft auf die Fahrbahn zu übertragen ist. Insofern dürfte sicher ein nicht unerheblicher Teil der Bemühungen der Industrie, ihren Reifen mehr Laufleistung auf den Weg zu geben, durch den Leistungszuwachs der Motorräder wieder aufgezehrt werden.

Jedoch gibt es durchaus weitere Indizien dafür, dass die jährliche Fahrleistung der Motorradfahrer tatsächlich gesunken ist und nicht etwa langlebigere Reifen für das trotz Bestandszuwachs aufseiten der Fahrzeuge mehr oder minder konstante Absatzvolumen an Motorradreifen im deutschen Ersatzgeschäft verantwortlich sind. Vor etwa vier bis fünf Jahren hat beispielsweise das Europäische Motorradinstitut (EMI) die Ergebnisse seiner Fahrleistungserhebung veröffentlicht, wonach die jährliche Fahrleistung von Motorradfahrern in Deutschland 2004 im Durchschnitt bei etwa 3.600 Kilometer gelegen haben soll. Zu diesem Ergebnis war man damals durch die Auswertung von Verkaufsanzeigen für Gebrauchtmotorräder gelangt. Die NEUE REIFENZEITUNG hat nun Gleiches als Stichprobe bei einigen Onlineverkaufsplattformen für gebrauchte Maschinen durchgeführt und auf Basis von ein paar Hundert Verkaufsangeboten eine mittlere jährliche Fahrleistung von etwa 3.200 Kilometern ermittelt. Diese Zahl liegt damit gut zehn Prozent unter der EMI-Referenz für 2004 und passt vom Trend her durchaus zu dem aus der Fahrzeugbestandsentwicklung und dem Motorradreifenabsatz abgeleiteten Wert.

Neue Impulse?

Aber vielleicht kehrt sich diese Entwicklung durch die gestiegene Beliebtheit von Leichtkraftmaschinen und -rollern sowie von Kraftrollern ja wieder um. Denn obwohl die Kraftstoffpreise inzwischen wieder auf ein etwas erträglicheres Niveau gesunken sind, könnte es doch sein, dass das motorisierte Zweirad in Zukunft wieder mehr als vergleichsweise kostengünstiges Transportmittel von A nach B denn als reinrassiges Spaßgerät für das persönliche Freizeitvergnügen wiederentdeckt wird. Und eingesetzt im tagtäglichen Verkehr wie etwa auf dem Weg zur Arbeit fallen nun mal höhere Fahrleistungen an als bei nur gelegentlichen Wochenendausritten bei schönem Wetter, sodass in einem solchen Falle im Durchschnitt sicherlich mehr Kilometer zurückgelegt werden. Hinzu kommt, dass man mit motorisierten Zweirädern den inzwischen in diversen bundesdeutschen Großstädten eingerichteten Umweltzonen ein Schnippchen schlagen kann: Eine Umwelt- bzw. Feinstaubplakette brauchen sie anders als Personen- und Lastkraftwagen nämlich nicht – sie sind bislang von der dahinter stehenden „Verordnung zum Erlass und zur Änderung von Vorschriften über die Kennzeichnung emissionsarmer Kraftfahrzeuge“ ausgenommen.

Allerdings könnte eine solche Entwicklung durchaus auch mit Nachteilen für das Motorradreifengeschäft verbunden sein. Denn wenn das Motorrad bzw. motorisierte Zweirad in zunehmendem Maße tatsächlich wieder mehr als reines Fortbewegungsmittel angesehen wird (so wie etwa Mitte der 50er-Jahre, als sich noch nicht jeder ein Auto leisten konnte und stattdessen halt mit dem Motorrad vorliebnehmen musste), dann dürften die Reifenverkaufspreise unter Umständen noch weiter unter Druck geraten als während der vergangenen Jahre ohnehin schon. Für einen größer werdenden Anteil der Zweiradfans wäre die Bereifung ihrer Maschine dann nur noch das, was sie für die überwiegende Zahl der Pkw-Fahrer heute schon ist: schwarz und rund sowie gefühlt natürlich immer zu teuer. Ist es bislang noch eher so, dass sich viele Motorradfahrer mit der an ihrer Maschine verbauten Reifenmarke identifizieren bzw. meist eine recht eindeutige Meinung zu deren Qualitäten haben und darüber hinaus im Allgemeinen weit besser über das Thema Reifen informiert sind, könnte die damit verbundene Bereitschaft, für das – für den einen oder anderen dann eben nicht mehr reine – Freizeitvergnügen Motorradfahren nicht ganz so genau auf ein paar Euro mehr oder weniger zu schauen, noch weiter leiden als allein beispielsweise aufgrund der derzeit allerorten vorherrschenden Krisenstimmung.

Preisfrage

Eine geringere emotionale Aufladung bzw. mehr Sachlichkeit rund um das Motorradfahren bescherten dem Handel in diesem Szenario also mehr Absatz, aber aufgrund geringerer Preise gleichzeitig einen niedrigeren mit Motorradreifen zu erzielenden Umsatz bzw. wahrscheinlich auch eine schlechtere Marge. Und das, wo die Endverbraucherpreise für Motorradreifen nach Recherchen dieser Fachzeitschrift in den vergangenen drei Jahren ohnehin um gut ein Viertel gesunken sind: Vergleicht man die durch eine simple Abfrage bei einigen der bekannteren und größeren B2C-Onlineshops Anfang 2006 ermittelten durchschnittlichen Motorradreifenverkaufspreise für fünf der im Jahr zuvor am besten verkauften Maschinen (vgl. NEUE REIFENZEITUNG 2/2006) mit dem Ergebnis einer analog dazu durchgeführten Analyse für dieselben Maschinenmodelle Anfang dieses Jahres, so ergeben sich nach heutigem Stand je nach Reifenmarke zwischen 18 und 35 Prozent geringere Verkaufspreise.

Damals wie heute wurden zur Ermittlung dieses Wertes für jedes der fünf Modelle aus den Top Ten der 2005er-Zulassungsstatistik aus mehreren Webshops die Abverkaufspreise aller für das jeweilige Fahrzeug angebotenen Bereifungskombinationen aus Vorder- und Hinterrad eingeholt. Daraus wurde dann für die im deutschen Motorradreifenmarkt tonangebenden Marken – in alphabetischer Reihenfolge: Bridgestone, Conti, Dunlop, Metzeler, Michelin und Pirelli – ein Durchschnittspreis über die angebotenen Reifenpaarungen gebildet, sofern pro Reifemarke bzw. Shop mindestens ein Angebot für eine Reifenpaarung vorlag. Auffällig dabei: Während die Preise aller anderer Marken im Rahmen dieses Vergleiches zu Beginn des Jahres 2009 durchgängig um etwa 25 bis 28 Prozent unter dem Referenzwert von Anfang 2006 liegen, werden Bridgestone-Reifen für die fünf ausgewählten Maschinen heute „nur“ 18 Prozent günstiger angeboten, während der Verbraucher für solche der Marke Dunlop im Durchschnitt derzeit im Mittel beachtliche 35 Prozent weniger Geld auf den Tisch legen muss.

Somit sind es nunmehr Bridgestone-Reifen, die im Durchschnitt am teuersten vermarktet werden können, wobei sich diese Feststellung auch dadurch nicht verändert, wenn man die gleiche Erhebung für fünf Maschinen aus den Top Ten der 2008er-Zulassungsstatistik durchführt. Wer weiß, ob der Hersteller hier nicht von seinem Engagement in der MotoGP-Rennserie bzw. den zwei WM-Fahrertiteln der Jahre 2007 und 2008 bzw. dem Umstand profitiert hat, dass der eine oder andere Otto-Normal-Motorradfahrer ob der motorsportlichen Erfolge der Marke seine Maschine nun eben eher mit Bridgestone-Gummis bereifen will. Zu einem im Mittel fünf bzw. vier Prozent günstigeren Preis lassen sich unserer Erhebung nach Motorräder mit Michelin- oder Pirelli-Pneus ausrüsten, während Metzeler- und Dunlop-Reifen demnach sieben respektive neun Prozent billiger angeboten werden als Bridgestone-Reifenpaarungen. Dahinter rangiert dann die Marke Conti mit einer Differenz von etwa 14 Prozent zum Spitzenreiter dieses Vergleiches.

Blick in die Glaskugel

Unabhängig von diesen Details kann man die beobachteten Preisrückgänge nur als Paradoxon bezeichnen. Denn einerseits sind die heute angebotenen Reifenpaarungen dank der beständigen Weiterentwicklungen der Industrie sicherlich nicht nur leistungsfähiger als diejenigen Reifen einer Generation zuvor (der Produktzyklus bei Motorradreifen liegt in etwa bei drei Jahren), sondern auch aufgrund zwischenzeitlich hoher Rohstoffpreise sowie wegen der unvermeidbaren Inflation hätte die Preisentwicklung doch eigentlich in die andere Richtung, also hin zu höheren Endverbraucherpreisen gehen müssen, oder? Über die Gründe für den nichtsdestoweniger beobachteten „Preisrutsch“ lässt sich nur spekulieren. Zu vermuten ist, dass einerseits dem Verbraucher das Geld selbst für das Hobby Motorradfahren nicht mehr so locker im Portemonnaie zu sitzen scheint und zudem noch ein harter Konkurrenzkampf unter den vergleichsweise wenigen Marken in diesem Marktsegment tobt.

In Anbetracht eines mehr oder weniger rund um die Marke von jährlich etwa 1,3 Millionen Einheiten stagnierenden Motorradreifenersatzbedarfes in Deutschland kann ein solcher Verdrängungswettbewerb allerdings nur zulasten des Preises geführt werden. Zumal mit Continental – so wurde dieser Fachzeitschrift zumindest vonseiten des Handels zugetragen – insbesondere eine vergleichsweise preiswert gehandelte, aber qualitativ sicher nicht minderwertige Marke in den zurückliegenden Jahren an Gewicht im Markt gewonnen haben soll. Dennoch ist das Motorradreifengeschäft im Vergleich etwa zum Pkw-Reifenmarkt noch relativ gut dran. Denn einerseits ist die Zahl der hierzulande im Zweiradreifensegment aktiven Hersteller doch recht überschaubar – die sechs Marken Bridgestone, Conti, Dunlop, Metzeler, Michelin und Pirelli decken zusammen weit mehr als 90 Prozent des Marktes ab – und andererseits haben chinesische Billigmarken noch keinen Fuß in der Tür, wobei sicherlich auch die in Deutschland (noch?) etablierte Fabrikatsbindung bzw. Freigabepraxis bei Motorradreifen (vgl. NEUE REIFENZEITUNG 2/2008) eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen dürfte.

Dafür sorgen aber ebenso wie bei den Autoreifen B2C-Onlinereifenhandelsplattformen für mehr Preistransparenz, was ebenfalls ein Scherflein zu eher sinkenden Endverbraucherpreisen beitragen könnte. Insofern ist davon auszugehen, dass der Preisdruck im Motorradreifengeschäft eher noch zunehmen wird. Zu erwarten ist mit Blick auf die Entwicklung der vergangenen gut zehn Jahre schließlich nicht, dass sich der Absatz an Bereifungen für motorisierte Zweiräder 2009 dramatisch in die eine oder andere Richtung entwickeln wird. Eine konkretere Vorhersage gestaltet sich schon deshalb besonders schwierig, weil natürlich vor allem das Wetter zum Saisonstart im März/April ein ganz entscheidend mit prägender Faktor für die Gesamtentwicklung des Jahres ist.

Vielleicht auch das ein Grund, warum der BRV seine ursprüngliche Prognose vom Frühjahr vergangenen Jahres, wo man für 2008 noch von einem Anstieg des Motorradreifenabsatzes um 1,6 Prozent von 1,24 auf 1,26 Millionen Einheiten ausgegangen war, zum Herbst hin nachträglich auf ein Plus von sechs Prozent bzw. 1,31 Millionen Reifen angehoben hat. Derzeit ist es jedenfalls noch definitiv zu früh, um beurteilen zu können, ob diese Prognose letztlich mehr Wunsch war oder sich tatsächlich in der Wirklichkeit bestätigt hat. Zumindest hat so mancher Händler, mit dem die NEUE REIFENZEITUNG über dieses Thema gesprochen hat, so seine Zweifel an dieser Einschätzung angemeldet. Und was die zu erwartende Entwicklung für dieses Jahr angeht, herrscht ohnehin allgemeines Stochern im Nebel – zu groß sind offenbar die Unwägbarkeiten des Marktes vor dem Hintergrund der Finanzkrise.

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