Wheelworld: Kampf gegen Vorurteile

Dass ausgerechnet ein Geschädigter den Kampf gegen Vorurteile (siehe nebenstehenden Bericht) aufnimmt, ist schon ungewöhnlich. Rolf H. Bene (55) hatte mit seiner Firma SMC Automotive sowie seinem malaysischen Produktionspartner BSA Schiffbruch erlitten: Räder dieses Herstellers aus chinesischer Produktion mussten zurückgerufen werden, sie waren bei Tests gebrochen. Dass einige der Bene-Kunden (die ihm lange trotz der Vorgänge die Treue gehalten hatten!) in Folge des Desasters selbst in Mitleidenschaft gezogen worden sind, bedauert der „Vollbluträderverkäufer“ in großer Offenheit, ändern kann er es nicht.

Statt dessen erfolgt ein neuer Anlauf mit der in Winnenden angesiedelten Firma Wheelworld. Die Organisation ist klein und zählt – Rolf Bene inklusive – gerade mal drei Personen. Seit zwanzig Jahren ist er in der Branche, Stationen waren ATS, Autec/Südrad, Ferrara/BBS, SMC/BSA und nun eben Wheelworld. Aus Fehlern der Vergangenheit (die er im Gespräch unumwunden einräumt) habe er seine Lehren gezogen. Dass ausgerechnet der erste Wheelworld-Partner erneut ein Hersteller von Aluminiumgussrädern aus China ist, erscheint dem Außenstehenden mutig, Bene aber sieht sich abgesichert: Vor Ort sorgt die Firma ZPPS des Peter Schneider (früher Technischer Leiter bei Räderanbieter Autec, heute in China lebend und selbstständig), dass den Partnern „permanent auf die Finger gesehen wird“, erklärt er.

Der chinesische Räderhersteller heißt Zhejiang Jinfei Kaida Wheel, kurz Jinfei. Das Unternehmen aus der Provinz ist Teil der Zhejiang Jinfei Machinery Group, einem diversifizierten, seit fast einem halben Jahrhundert bestehenden Firmenkonglomerat mit mehr als einer Milliarde US-Dollar Umsatz. Ein Schwerpunkt der Unternehmensaktivitäten ist durchaus der Automotive-Bereich, hier wiederum die Beschäftigung mit Leichtmetallen und auch die Produktion von Aluminiumrädern für Motorräder (Zhejiang Jinfei Yada Wheel, Kapazität gut drei Millionen Einheiten p. a.) und für Pkw (Zhejiang Jinfei Kaida Wheel). Mit letzterer Geschäftseinheit arbeitet also Wheelworld zusammen.

Mit einer Jahreskapazität von bislang drei, jetzt auf vier Millionen Einheiten zustrebend liegt Jinfei in der Liste der chinesischen Aluminiumräderhersteller in etwa auf Rang 3 bis 5. Dass erst kürzlich eine moderne neue Lackieranlage installiert wurde, ist ein Signal, mit dieser Sparte weiter wachsen zu wollen. Im Gussbereich wird das Schwerkraftverfahren – wie in Fernost ohnehin überwiegend – ebenso betrieben wie das Niederdruckverfahren – wie in Europa dominierend und von den Automobilherstellern im Allgemeinen gewünscht.

Und so stehen auf der Liste der Jinfei-Erstausrüstungskunden auch renommierte Namen wie Beijing Benz (Daimler), Dengfeng (Peugeot-Citroën), FAW (Volkswagen), Chengshan Ford oder die auch nach Europa schielende chinesische Automarke Chery. Wer stark in der Erstausrüstung engagiert ist, gibt schon von daher eine gewisse Qualitätsgarantie. Eine Firma Daimler oder Volkswagen legt strenge Maßstäbe an ihre Zulieferer an – und davon will auch Wheelworld profitieren.

Gegründet vor knapp einem Jahr, fußt das Geschäftsmodell des Winnender Unternehmens auf zwei Säulen. Zunächst einmal will Bene seine Kontakte zu Jinfei nutzen, um die Bedürfnisse hiesiger Anbieter, die nach einer qualitativ einwandfreien, preislich aber wettbewerbsfähigen Produktionsquelle suchen, zu erfüllen. Welcher Name anschließend auf dem Nabendeckel steht oder irgendwo auf dem Rad platziert wird, ist dem „Vermittler“ Bene egal. Neben einigen Tunern sind es auch regional etablierte Reifenfachhändler, die so an eine Eigenmarke kommen können, die diese im Wiederverkäufergeschäft ebenso vermarkten (können) wie im eigenen Hofgeschäft. Eines Reifenhändlers Einzelmarke entzöge sich damit dem Wettbewerb mit den Kollegen in der Region, die überwiegend die renommierten Alurädermarken im Programm haben. Und mit ihrer Eigenmarke nutzen sie ihren eigenen Namen, was natürlich wohl nur klappen dürfte, wenn der in eben ihrer Region selbst Marke ist. Der „Gebietsschutz“ ist sozusagen „systemimmanent“. Diese „Agenturtätigkeit“ von Wheelworld ist vertraglich fixiert und erstreckt sich auf die Länder Deutschland und Österreich.

Die zweite Säule des Geschäftsmodelles ist die Eigenmarke selbst: Die Räder der Marke Wheelworld werden mit eigenen Kokillen hergestellt, diese stehen im Moment ebenfalls bei Jinfei, können aber jederzeit ebenso woanders hin verlagert werden wie Bene bei neuen Projekten nicht an den chinesischen Partner gebunden ist. Hier gilt es, Aufbauarbeit zu leisten. Die „klassischen“ überregionalen Großhandelsstrukturen stehen bekanntlich unter Druck. Rolf Bene versucht daher, auf regional bedeutsame Großhändler – auch auf Einzelhändler mit einem gepflegten Wiederverkäufergeschäft – auszuweichen und diese für die Marke Wheelworld zu begeistern. Beim Export erfreut er sich schon zum Start zweier blendender US-Kontakte, nie völlig abgerissene Kontakte zu potenziellen Exportkunden aus früheren Zeiten will er reaktivieren, neue unter anderem auf einem noch bescheidenen, aber doch feinen Messestand während der automechanika herstellen.

Er hat bereits weiterführende Pläne: Ein eigenes Lager – bislang lief das Geschäft noch ausschließlich über Containerlieferungen – ist für den Norden Deutschlands projektiert, eine Edelmarke deutlich über „Wheelworld“ soll „Axxion“ heißen … Rolf Bene ist wieder im Markt.

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