Otto Just setzt weiter auf Komplettradgeschäft

Die europäische Anhängerindustrie besteht weitest gehend aus kleinen und mittelständischen Betrieben, die sich bei der Erstausrüstung der von ihnen gefertigten Pkw-Anhänger mit Kompletträdern auf die Expertise einiger weniger Unternehmen verlassen. Es sind Unternehmen wie die Otto Just GmbH & Co. KG, die sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte auf dieses Marktsegment konzentriert und spezialisiert haben und dort große Teile des europäischen Marktes bedienen. Das Unternehmen aus Lübeck wird diesem Marktsegment zwar treu bleiben, doch große Ausbauchancen sehe man vorwiegend beim regionalen Reifengroßhandel. Wie Geschäftsführer Dr.-Ing. Detlef Göpfert im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG sagt, wolle man sich dabei auf wenige Marken beschränken und den regionalen Schwerpunkt dort setzen, wo der (seit Jahren) etablierte landwirtschaftliche Teilehandel Synergieeffekte ermögliche. Das Rückgrat der Unternehmung werde aber das Komplettradgeschäft bleiben.

Die Otto Just GmbH & Co. KG gehört in Deutschland und Skandinavien – den Kernmärkten des Unternehmens – ganz klar zu den Marktführern unter den Anbietern von Kompletträdern für alle Arten von Anhängern, die von einem Pkw gezogen werden. Zu den wenigen namhaften Wettbewerbern in diesem speziellen Marktsegment zählt etwa die Bohnenkamp AG aus Osnabrück. Otto Just hat dabei seine heutige Marktbedeutung, wie so oft, durch die konsequente Verfolgung einer simplen Geschäftsidee erlangt: Als Firmengründer Otto Just 1946 begann, Ersatzteile für landwirtschaftliche Maschinen und Pkw-Stahlräder zu vertreiben, wurde ihm recht schnell klar: Jemand musste den Komplettradbedarf der kleinen Handwerksfirmen decken, die zwar Anhänger für das im Aufbau befindliche Nachkriegsdeutschland bauten, aber mit der hauseigenen Montage der Einzelkomponenten in Klein- und Kleinstmengen kaum wirtschaftlich arbeiten konnte. Die Geschäftsidee einer zentralisierten und industriellen Komplettradmontage war geboren. Aus diesen zarten Anfängen wurde aus Otto Just recht bald der führende deutsche Zulieferer für Kompletträder, was sich durch die Entstehung einer regulären Anhängerindustrie in den 1970er Jahren nur noch verstärkte.

Heute, so Dr.-Ing. Detlef Göpfert, montiert das Unternehmen im Jahr über 700.000 Kompletträder und vermarktet diese vorwiegend in Deutschland und Skandinavien sowie in Teilen des angrenzenden Auslands. Hierzu unten mehr. Seit einigen Jahren gibt es noch einen zweiten Produktionsstandort in der Slowakei, der allerdings vom Produktionsvolumen (300.000 Kompletträder) weniger als die Hälfte dessen schafft, was in Deutschland an Kompletträdern gefertigt wird. Gemeinsam kommen beide Betriebe folglich auf einen jährlichen Output von rund einer Million Kompletträdern. Das slowakische Unternehmen Etop International ist als Joint Venture angelegt, bietet ein ähnliches Produktsortiment (allerdings ohne große Überschneidungen im Detail), bedient allerdings in der Regel andere Märkte als Otto Just aus Norddeutschland. Der Betrieb in der Slowakei war in den Jahren seit der Gründung 2003 deutlich gewachsen, weshalb Göpfert den Markt in Osteuropa auch als „Wachstumsmarkt für die Komplettradmontage“ bezeichnet. Marc und Philipp Evers, die Enkel des deutschen Unternehmensgründers Otto Just, halten die Mehrheit der Gesellschafteranteile an Etop International. Diese dritte Generation ist mittlerweile auch in der Otto Just GmbH & Co. KG aktiv und dort in die Geschäftsleitung eingetreten.

Otto Just stellt am Standort in Lübeck also heute rund 700.000 Kompletträder in klassischen Pkw-Dimensionen her (hauptsächlich 13 bis 15 Zoll) und liefert diese für alle Anhängerfahrzeuge, die grundsätzlich hinter einem Pkw gezogen werden können. Dazu zählen etwa Caravans, Pferdeanhänger, Bootstrailer, fahrbare Marktstände, Kastenanhänger, mobile Kompressoren, etc. Wie oben bereits angedeutet, ist Deutschland mit Skandinavien Kernmarkt des Zulieferers der Erstausrüstungshersteller und nur ein geringerer Anteil der gefertigten Kompletträder wird außerhalb dieser Region vermarktet.

Einer der wesentlichen Gründe für das eingeschränkte Exportgeschäft über diese Region hinaus, so Geschäftsführer Göpfert im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG, seien die hohen Logistikkosten. Da man eben in die Erstausrüstung und nicht für den Ersatzmarkt liefere, so der gelernte Wirtschaftsingenieur weiter, erziele man auch nur „Erstausrüstungspreise“, ohne jedoch ins Detail gehen zu wollen. Dennoch: Angesichts des geringen Lohnkostenanteils aus der weitgehend automatisierten Komplettradproduktion stehe und falle die Wettbewerbsfähigkeit von Otto Just eben mit den Logistikkosten, die – neben den Rädern und Reifen selbst – den größten Kostenblock ausmachten. Und die Logistikkosten pro Stück könnten sich beim Export nach Frankreich und in andere, weiter entfernte Länder, in denen zusätzlich auch Mautgebühren verlangt werden, schnell verdoppeln, was die ansonsten „auskömmlichen Margen“ zunichtemachen würde. Hinzu komme noch die allgemeine Wettbewerbssituation mit jeweils starken Anbietern auf den verschiedenen Exportmärkten. Auf solchen Märkten stünden „Chancen und Risiken nicht im Verhältnis“, so die Meinung des Geschäftsführers.

Für die Komplettradmontage betreibt Otto Just am Standort in Lübeck zwei Produktionsstraßen, wobei die zweite Straße aus früheren Tagen stammt und als Reserveanlage installiert bleibt. Die eigentliche Produktionsstraße stammt von Ghyselinck aus Belgien und kommt auf eine Taktzeit von acht bis neun Sekunden pro Rad, montiert also rund sieben Kompletträder pro Minute. Mitarbeiter in der Produktion „füttern“ die Rädermontagelinie mit Anhängerrädern – vorwiegend aus dem Hause Hayes Lemmerz (Fertigung in der Türkei) – und Reifen – vorwiegend aus dem Fernen Osten. Hinzu komme noch ein nicht unbeträchtlicher Anteil an gestempelten Reifen, denen technisch allerdings keinerlei nennenswerte Fehler anhaften. Wichtig bei der Produktion: In der Regel müssen Räder und Reifen montiert werden, deren Lastindex den höheren Anforderungen des Anhängerbaus standhalten. So gibt es etwa Kompletträder in 14 Zoll, die bis zu 950 Kilogramm und darüber hinaus tragen können müssen. Während Hayes Lemmerz Otto Just exklusiv mit Anhängerstahlrädern für höhere Tragfähigkeiten und entsprechende Einpresstiefen versorgt, gibt es daneben nicht viele andere Lieferanten. Auch wird nur ein gewisser Anteil an Leichtmetallrädern verbaut, obwohl diese gelegentlich bei Caravans, Pferde- und Bootsanhänger auf der Zubehörliste der Erstausrüster stehen.

Was für Räder gilt, gilt analog auch für die Reifen – ein Trend hin zu mehr Qualität sei erkennbar, so Göpfert, zumindest was die soeben genannten Anhängerarten betrifft. Reifen aus den Goodyear- und dem Continental-Konzernen würden daher gelegentlich für höherwertige Anhänger verbaut. Allerdings, so fügt der Geschäftsführer hinzu, werde das Komplettradgeschäft mehr und mehr durch Reifen aus Fernost bestimmt, was sich natürlich durch die niedrigeren Kosten erklärt. Eine Marke, die bei Otto Just in der Komplettradmontage besonders stark verbaut wird, sind Anhängerreifen der Marke GT Radial, die das Lübecker Unternehmen direkt aus den Werken und nicht über den deutschen Importeur Reifen Gundlach bezieht; entsprechende Reifen landen auch nicht auf dem hiesigen Ersatzmarkt. Außerdem sei das Ersatzmarktgeschäft mit Kompletträdern für Anhänger eh nur sehr klein, da die Reifen wegen des geringen Abriebs zumeist länger halten als der eigentliche Anhänger.

Wachsender Großhandel

Reifen, die aber sehr wohl auf dem hiesigen Ersatzmarkt landen, sind die, die Otto Just im Rahmen des im Aufbau befindlichen Großhandelsgeschäftes vermarktet. Wie eingangs erwähnt, begann Unternehmensgründer Otto Just in den 1940er und 1950er Jahre ursprünglich mit dem Vertrieb von Ersatzteilen für landwirtschaftliche Maschinen und von Stahlrädern, bevor das Komplettradgeschäft so richtig begann. Den „Agrartechnikhandel“ betreibt das Unternehmen immer noch. Dazu gehören allerdings ausschließlich Verschleißteile für landwirtschaftliche Fahrzeuge – also auch Reifen –, aber keine Motorteile. Dieses Teilegeschäft war schon immer ein äußerst regionales Geschäft. Die dafür etablierten Vertriebswege wolle man künftig verstärkt für den Aufbau eines regionalen Reifengroßhandels nutzen, erläutert Dr. Göpfert die Pläne der Otto Just GmbH & Co. KG.

„Durch den regionalen Schwerpunkt ergeben sich Synergien mit dem Agroteilehandel“, so der Geschäftsführer weiter. Neben einigen Pkw-Kernfabrikaten, die Otto Just als regionaler Reifengroßhändler bietet, beschränkt sich das neue Handelsgeschäft, mit dem in der jetzigen, strukturierten Form vor anderthalb Jahren begonnen wurde, noch auf Leichtmetall- und Stahlräder. „Wir wollen uns bewusst nicht mit einem Bauchladen präsentieren“, so Dr. Göpfert weiter, und unterstreicht damit die Kompetenz des Unternehmens in speziellen und ausgesuchten Marktsegmenten.

Der Großhandelsvertrieb von Reifen und Rädern habe sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich entwickelt und hat sich – spätestens seitdem er forciert wird – zu einem bedeutenden zweiten Standbein des Traditionsunternehmens gemausert. Bereits heute stammen rund 20 Prozent des Umsatzes von Otto Just nicht aus dem zentralen Komplettradgeschäft – Tendenz steigend. Während der Großhandel derzeit noch durch Pkw-Reifen bestimmt wird, sollen schon bald auch Lkw-Reifen ins Sortiment mit aufgenommen werden.

Bis vor zehn Jahren betrieb das Lübecker Unternehmen noch eine Filiale in Bremen, die dann allerdings verselbstständigt und in ihrem Lieferprogramm spezialisiert wurde. Die P. Just GmbH & Co. KG von Klaus-Peter Just – Sohn des Unternehmensgründers Otto Just – konzentriert sich mehr auf das Geschäft des Reifengrossisten und macht dafür weniger Kompletträder für die Erstausrüstung; die unternehmerischen Schwerpunkte beider Gesellschaften sind demnach anders verteilt, obwohl sich die Geschäftsfelder sehr ähnlich sind. Wie Dr. Göpfert sagt, kooperieren beide Unternehmen auf gewissen Gebieten miteinander. Die Hauptgesellschafterin der Otto Just GmbH & Co. KG Gabriele Just ist die Schwester von Klaus-Peter Just, dem Inhaber der Bremer Filiale. Auch deren Ehemann Jost Evers ist in der Geschäftsführung der Gesellschaft aktiv.

Das Lübecker Familienunternehmen generiert heute einen Jahresumsatz in Höhe von 32 Millionen Euro und beschäftigt 40 Menschen.

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