CO2-Pläne der EU-Kommission stoßen auf heftigen VDA-Widerstand

Die EU-Kommission legte heute Pläne vor, die nun von den Mitgliedsstaaten beraten und beschlossen werden müssen. Neuwagen sollen ab 2012 höchstens noch 120 Gramm CO2 je Kilometer in die Luft blasen. Hersteller großer Autos – also beispielsweise BMW, Mercedes oder Porsche – sollen beim Klimaschutz deutlich stärker in die Pflicht genommen werden als Konkurrenten, die überwiegend Kleinwagen fertigen. Der Kommissionsvorschlag sieht vor, dass ein Fahrzeug mit dem doppelten Gewicht eines Kleinwagens nur 60 Prozent mehr CO2 ausstoßen darf. Der deutsche VDA (Verband der Automobilindustrie) forderte umgehend drastische Nachbesserungen am so genannten „Dimas-Barroso-Vorschlag“ zur CO2-Regulierung bei Pkw und mahnte auch „ergänzende Maßnahmen“ – wie beispielsweise die Verwendung von Leichtlaufreifen – an.

„Mit dem heutigen Dimas-Barroso-Vorschlag zur CO2-Regulierung wird weder dem Klimaschutz noch der wirtschaftlichen Vernunft gedient. Die von EU-Präsident Barroso und EU-Kommissar Dimas vorgeschlagenen Kompensationszahlungen sind völlig überhöht und übertreffen vergleichbare Zahlungen anderer Branchen um das bis zu 23-fache. Solche Zahlungen sind innovationsfeindlich und helfen nicht dem Klima. Sie würden besser für neue Technologien als für Transferzahlungen in andere europäische Länder eingesetzt“, betonte Matthias Wissmann, Präsident des VDA. Die Belastungen für die Automobilindustrie müssten in ausgeglichenem Verhältnis zu denjenigen anderer Industrien stehen. Der VDA-Präsident mahnte zudem an, dass im Beschluss der EU-Kommission eine Regelung für die „ergänzenden Maßnahmen“ enthalten sein müsse, die vor allem den Einsatz von CO2-freundlichen Biokraftstoffen, Leichtlaufreifen, Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und Fahrerschulung umfassen und mit deren Hilfe weitere CO2-Minderungen erreichbar seien. „Es wäre auch unter klimaschutzpolitischen Gesichtspunkten sinnvoller, das Gesamtpaket als „integrierten Ansatz“ zu verfolgen“, so Wissmann. Offensichtlich habe sich die EU-Kommission selbst ohne Not unter erheblichen Zeitdruck gesetzt.

„Der Dimas-Barroso-Vorschlag ist lediglich die erste Etappe auf einem Marathonlauf bis zur endgültigen Regulierung. Jetzt geht es darum, diesen Vorschlag im Europäischen Parlament und im Rat grundlegend zu verbessern, so dass die CO2-Minderungsvorgaben wettbewerbsneutral, ausgewogen und klimaeffizient gestaltet werden“, so Wissmann. Er bekräftigte, dass die deutschen Automobilhersteller auf Basis ihrer hohen Innovationskraft und Leistungsfähigkeit alle Anstrengungen unternehmen werden, um die CO2-Emissionen von Neufahrzeugen weiter zu senken. „Diese Schlüsselindustrie ist gerade bei Öko-Innovationen sehr gut aufgestellt, kann bereits Erfolge bei der CO2-Reduktion vorweisen und braucht keinen Wettbewerber zu fürchten, wenn es um die Effizienz ihrer Fahrzeuge geht“, sagte Wissmann. So habe die deutsche Automobilindustrie ihre nationale freiwillige Selbstverpflichtung zur Reduzierung des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs von Neufahrzeugen um 25 Prozent eingehalten. In einer Steigerung der Kraftstoffeffizienz sehe die deutsche Automobilindustrie zudem auch die Chance, durch technologischen Fortschritt ihre Position im weltweiten Wettbewerb weiter zu stärken.

Die Entscheidung, das Fahrzeuggewicht als Basis für die CO2-Regulierung zu nehmen, sei angemessen. Dimas und Barroso hätten sich grundsätzlich für einen Ansatz ausgesprochen, der berücksichtigt, dass ein Familienvan nun einmal mehr CO2 emittiert als ein Kleinwagen. Bedauerlicherweise sei aber die von Barroso und Dimas für einen gewichtsbezogenen Ansatz gewählte Kurve, die die CO2-Zielwerte für jedes Fahrzeug festlegt, kontraproduktiv. Einzelne Flotten in Europa mit vornehmlich kleineren Fahrzeugen brauchen dann bei nahezu der Hälfte der Autos keine Verbesserungen vorzunehmen. Man frage sich, warum der automobile Sachverstand in den EU-Generaldirektionen und -Kabinetten gar nicht vernünftig genutzt worden sei. „Jeder Hersteller, jedes Fahrzeug muss seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten, da darf sich niemand zurücklehnen. Europäische Klimaschutzpolitik darf nicht zu Lasten einzelner Hersteller gehen“, sagte Wissmann.

„Der Entwurf fordert von den Herstellern größerer Pkw eine überproportionale Senkung der CO2-Emissionen. Wenn die Verbrauchssenkung allerdings überwiegend bei großen Fahrzeugen angemahnt wird, werden wir insgesamt für den Klimaschutz nur wenig erreichen. Europa braucht deshalb eine Regulierung, die für jedes Fahrzeug ambitionierte, aber noch erreichbare Grenzwerte setzt“, betonte Wissmann. Wer überzogene Minderungen von großen Fahrzeugen verlange, mache Industriepolitik mit wenig Effekt für das CO2-Gesamtziel. Der VDA-Präsident verwies darauf, dass eine Verbrauchssenkung um 20 Prozent bei den 50 Modellen mit den höchsten CO2-Emissionen lediglich eine Reduktion beim Gesamtverbrauch der Neufahrzeuge von 0,4 Prozent bringe. Andererseits führe eine Verbrauchssenkung um 20 Prozent bei den 50 meistverkauften Autos zu einer Gesamtreduktion von 14 Prozent. „Wenn die EU es mit dem Klimaschutz ernst meint, dann muss sie alle Hersteller angemessen in die Pflicht nehmen, aber so, dass am Ende noch eine für alle Kunden erschwingliche Lösung dabei herauskommt.“

Der VDA-Präsident unterstrich, dass die Erreichung der ehrgeizigen Ziele zudem eine Übergangsfrist erfordere. Angesichts von Produktzyklen von sieben Jahren sei eine mindestens drei Jahre lange Einführungsphase nach 2012 notwendig. Schließlich sei eine verbindliche Regelung frühestens Ende 2008 zu erwarten.

Wissmann wies darauf hin, dass die Belastungen in anderen Branchen wesentlich niedriger seien: „Eine Tonne CO2 kostet die Chemie- oder Stahlindustrie 20 Euro, die EU-Kommission will hingegen die Automobilindustrie mit bis zu 500 Euro pro Tonne belasten.“ Bereits bei einer Zielabweichung von nur 1 g/km CO2 über die gesamte Flotte müsste die europäische Automobilindustrie nach den Vorstellungen der EU-Kommission bis zu 1,3 Mrd. Euro an Kompensationszahlungen leisten. Das Auto sei in Europa mit lediglich zwölf Prozent an den CO2-Emissionen beteiligt, zum weltweiten CO2-Ausstoß trügen europäische Autos gerade einmal 0,2 Prozent bei. Eine Ungleichbehandlung der CO2-emittierenden Industrien sei „nicht hinnehmbar“. Wissmann: „Mobilität ist kein Selbstzweck. Wenn Neuwagen deutlich teurer werden, dann spüren das allein in Deutschland Millionen von Autofahrern.“ Damit würden ältere Fahrzeuge mit höheren CO2-Emissionen zunehmend länger auf der Straße bleiben, so dass für die Umwelt kein Fortschritt erzielt wird.

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