Euro-Tyre führt indische Apollo-Reifen in Europa ein

Es ist gerade das Budget-Segment, dem viele Reifenhändler heute ein großes Wachstumspotenzial. Nicht umsonst bemühen sich derzeit viele Unternehmen um Exklusiv- oder Eigenmarken, die in diesem Segment platziert werden können und gleichzeitig interessante Margen für alle Beteiligten bieten. Indische Pkw-Reifen hat man bisher in Europa noch nicht in großem Stil vermarktet – dies soll sich aber ab sofort ebenfalls ändern. Der holländische Reifengroßhändler Euro-Tyre B.V. hat sich nun die Vermarktungsrechte an Pkw-Reifen von Apollo Tyres Ltd. aus Gurgaon (Indien) gesichert und will diese zur kommenden Saison in Westeuropa einführen. Die ersten Container mit 12.000 Apollo-Reifen seien jetzt bei Euro-Tyre angekommen, erfuhr die NEUE REIFENZEITUNG vor Ort. Die Verantwortlichen in Venlo um Firmeninhaber Siegfried Schlacks sind äußerst zuversichtlich, somit eine langfristige Geschäftsbeziehung zum gegenseitigen Wohle eingegangen zu sein.

Die europäischen Ersatzmärkte können ein weiteres Fabrikat verkraften, zeigen sich Michael Istel und Frank van Leeuwen im Gespräch mit dieser Zeitschrift überzeugt. Apollo Tyres Ltd. sei auch schließlich nicht irgendein Reifenhersteller. Apollo hat sich einerseits durch die Übernahme von Dunlop Tyres International in Südafrika Anfang des Jahres zum größten indischen Hersteller gemausert, erwartet im laufenden Geschäftsjahr sogar erstmals einen Umsatz von über einer Milliarde US-Dollar, und hat dadurch außerdem direkten Zugriff auf Winterreifen- sowie Radialreifentechnologie bei Lkw-Reifen. Seither verfolgt der indische Hersteller eine klare und durchaus expansive Strategie, zu der nun die Aufnahme Europas als neuer Absatzmarkt kommt. Erst im August hatte Apollo angekündigt, zusätzlich zu seinen vier bereits bestehenden Produktionsstätten eine neue Reifenfabrik für 85 Millionen Euro bauen zu wollen, in der dann ausschließlich Radialreifen gefertigt werden.

Erstmals seien sich die neuen Partner auf der Tyrexpo Asia in Singapur Ende 2005 begegnet, so Michael Istel und Frank van Leeuwen. Apollo Tyres war auf der Suche nach einem „Vermarkter, der eine bestimmte Stückzahl in Europa absetzen“ kann. Im Verlauf weiterer Treffen auf internationalen Reifenmessen (Essen, Johannesburg) seien dann die näheren Details der künftigen Zusammenarbeit fixiert worden. Allerdings zeigt man sich bei Euro-Tyre in Venlo betont pragmatisch und wolle zunächst einmal die ersten Reifen an ausgesuchte Kunden vertreiben, um ein Gespür für das für Europa komplett neue Fabrikat aus Indien zu erhalten. Apollo ist der erste indische Hersteller überhaupt, der sich den anspruchsvollen europäischen Markt zutraut. Derzeit plane man bei Euro-Tyre, diese ersten Erfahrungen mit Reifenhändlern in Deutschland, in Italien, Portugal und Spanien, in Griechenland und in den Benelux-Staaten zu machen. Die „Erstkontakte“, so Sales Manager Frank van Leeuwen, seien diesbezüglich bereits hergestellt und man werde Anfang des kommenden Jahres über ein erstes Feedback verfügen.

Man müsse bei potenziellen Kunden im Reifenfachhandel – Zwischengroßhändler sollen nicht bedient werden – natürlich zunächst einmal die „Nachfrage stimulieren“. Wenn sich zeigen sollte, dass Apollo-Pkw-Reifen am Markt entsprechend nachgefragt werden, sollen die indischen Produkte europaweit vertrieben werden. Die einzige Ausnahme dabei werde Großbritannien sein, wo Apollo offenkundig andere Pläne hat. Dass Euro-Tyre die Vermarktungsrechte für das gesamte Westeuropa hat, könnte unterdessen für den holländischen Großhändler eine gute Möglichkeit sein, auch außerhalb des eigenen Stammmarktes Deutschland und Benelux eine Exklusivmarke anbieten zu können. Bisher verfügt Euro-Tyre exklusiv über die Marken Silverstone (Malaysia und neuerdings China), Fate (Argentinien) und Westlake (China). Diese kann das holländische Unternehmen allerdings nur in Benelux und in Deutschland vermarkten. Mit Apollo als neuer Exklusivmarke hätte man auch außerhalb dieser Märkte ein Alleinstellungsmerkmal und könnte dort neue, lukrative Geschäftsbeziehungen aufbauen, die vielleicht bisher nicht möglich gewesen waren. Die Marke Apollo könnte Euro-Tyres geschäftliche Aktivitäten noch europäischer werden lassen.

Für den deutschen Reifenersatzmarkt rechnet Euro-Tyre mit einem guten Entrée. Apollos Pkw-Reifen sollen am oberen Ende des Budget-Segments angesiedelt werden, so Michael Istel, designierter Nachfolger von Firmengründer Siegfried Schlacks. Die Reifen versprächen ein „vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis“, so die Verantwortlichen weiter. Gerade bei Einführung eines neuen Fabrikates auf einem hart umkämpften Markt wie Europa spiele der Preis eine wichtige Rolle: „So ist das natürlich auch bei Apollo.“ Dies soll aber nicht bedeuten, dass die indischen Pkw-Reifen beim Preis ganz unten herauskommen. Ihnen stünde außerdem von der Qualität her auch eine andere Positionierung zu, betont Michael Istel.

Was allerdings gegenwärtig noch etwas hinderlich sei, ist das Fehlen eines adäquaten Winterreifensortimentes. Apollo Tyres verfügt zwar durch Dunlop Tyres International über das Wissen und die Technologie, auch Reifen für die Wintersaison zu bauen. Nur seien diese derzeit noch nicht unter der Marke Apollo zu haben. Eine Einführung von Winterreifen zum kommenden Jahr sei aber „sehr wahrscheinlich“. Da Euro-Tyre die Vermarktungsrechte aber in ganz Westeuropa (außer Großbritannien) besitzt und hier nunmal in vielen südlichen Ländern eben kaum Winterreifen vermarktet werden, sei ein Einstieg in die Verkaufsaktivitäten bereits jetzt durchaus sinnvoll. Auf dem für Euro-Tyre so wichtigen deutschen Markt – dort macht der Großhändler wenigstens 50 Prozent seiner Umsätze – ist die Ergänzung des Apollo-Sortiments um Winterreifen aber eine unbedingte Voraussetzung für den Markterfolg. Dennoch seien bereits jetzt „Stückzahlen vorgegeben, die nicht unrealistisch sind“, so Sales Manager van Leeuwen.

Dazu werde sicher auch die Unterstützung in Sachen Marketing helfen, ergänzt Michael Istel, die man den Reifenhändlern gemeinsam mit Apollo Tyres geben möchte. Welche Maßnahmen dort konkret geplant sind, ist derzeit zwar noch nicht beschlossen. Dennoch werde die neue Marke anders als viele andere im Budget-Segment nicht einfach so still und heimlich eingeführt. Die Einführung soll von werblichen Maßnahmen begleitet werden. Wenn man von der Seriosität und Professionalität des indischen Reifenherstellers Rückschlüsse auf die Qualität der Produkte ziehen würde, dann stünde einer erfolgreichen Markteinführung in Westeuropa nicht viel entgegen, zeigen sich die Verantwortlichen bei Euro-Tyre überzeugt. Auch unterstreiche das selbstbewusste Auftreten der neuen Geschäftspartner aus Indien, dass hier nicht die sprichwörtliche „schnelle Mark“ verdient werden soll, sondern dass beide Seiten an langfristigen geschäftlichen Bindungen interessiert sind, dass beide Seiten „gemeinsam wachsen“ wollen.

Euro-Tyre als erster und bisher einziger Importeur einer indischen Reifenmarke in Europa kann aber auch auf das Produktsortiment des neuen Partners verweisen, das Mitte November im Rahmen einer Pressekonferenz im indischen Mumbai eindrucksvoll um eine Innovation erweitert wurde: den ersten asymmetrischen Ultra-High-Performance-Reifen aus indischer Fertigung. Der „Apollo Acelere Sportz“, der vom Hersteller im Premiumsegment des heimischen Reifenmarktes angesiedelt wird, ist zunächst in Größen zwischen 14 und 16 Zoll und dem Speedindex V verfügbar. Der Acelere Sportz sei eine Weiterentwicklung der wachsenden Acelere-Produktrange, über die Euro-Tyre verfügen kann. Gegenwärtig, so wurde in Mumbai anlässlich der Pressekonferenz erklärt, halte Apollo Tyres einen 15-prozentigen Marktanteil in Indien; mit dem Acelere Sportz solle sich dieser Anteil auf 20 Prozent steigern lassen. An den aus Indien exportierten Reifen – das waren während der vergangenen sechs Monate durchschnittlich 67.000 Pkw-Reifen bzw. 5,7 Prozent der Produktion indischer Hersteller – hält Apollo nach eigener Aussage sogar einen Anteil von 48 Prozent.

Bei Euro-Tyre hat man natürlich zunächst noch andere Zielsetzungen, ist aber von dem Potenzial der Apollo-Reifen überzeugt. Neben den oben genannten Produkten werde der holländische Großhändler noch einen reinen Sportreifen anbieten, den „Apollo Aspire“, sowie den „Apollo Amazer XL“, mit dem der Hersteller im Jahr 2000 erfolgreich den Einstieg in das Radialreifensegment schaffte. Das komplette, verfügbare radiale Pkw-Reifensortiment umfasse Produkte zwischen 13 und 17 Zoll, wobei der Sportreifen Apollo Aspire in 225/45 R17 W 91 derzeit die obere Grenze im Sortiment bildet.

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