RS Exclusiv setzt auf Wachstum aus eigener Kraft

Großhändler, die sich ihre eigenen Absatzkanäle absichern wollen, haben im Prinzip zwei Möglichkeiten: Entweder ihnen gelingt es, langfristige Beziehungen zum Reifenfachhandel aufzubauen, oder sie treten selber ins Retailgeschäft ein. Natürlich gibt es auch hier einen Mittelweg, der das beste aus beidem miteinander verbindet. RS Exclusiv, Großhändler aus Neumünster in Schleswig-Holstein, baut derzeit intensiv das eigene Filialnetz Gummi Grassau aus und intensiviert gleichzeitig sein Großhandelsengagement.

Als die regionale Reifenhandelskette Gummi Grassau mit ihren zwölf Niederlassungen im Sommer 2003 Insolvenz anmelden musste, stellte dies eine gute Gelegenheit für Thomas Schmidt dar, Geschäftsführer und Inhaber von RS Exclusiv Großhandel für Reifen, Räder & Autoteile GmbH. Schmidt gründete für das insolvente Unternehmen zum Ende des Jahres 2003 eine Auffanggesellschaft und übernahm somit die zwölf Niederlassungen im Norden der Republik. Seither musste zwar eine Niederlassung geschlossen werden, dafür wurden neun neue gegründet, von denen zwei sogar auf der grünen Wiese entstanden, so Dennis Schmidt (26). Der Einkaufs- und Organisationsleiter ist seit zehn Jahren in der Firma seines Vaters in verschieden Aufgaben tätig und hat die Gummi-Grassau-Übernahme mitverfolgt.

Die Niederlassungen gehörten bis zur Übernahme allesamt zu point S. Dies stellte allerdings durch die hohen Abnahmeverpflichtungen über die Kooperationszentrale keine Option für die Zukunft der neuen Gesellschaft dar. Wie Vertriebsleiter Christian Schmidt (26), Neffe von Thomas Schmidt, in dem Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG sagt, habe man durch die Übernahme der Grassau-Niederlassungen einen „direkten Absatzweg zum Kunden“ erlangen wollen. Jetzt, nachdem die Gummi-Grassau-Filialen aus point S ausschieden und bei First Stop aufgenommen sind, könne RS Exclusiv nahezu 100 Prozent der in der Schwesterfirma abgesetzten Reifen und Felgen liefern, betont der Vertriebsleiter. Somit trage auch das Wachstum bei den derzeit 20 Filialen mit ihren bis zu 90 Mitarbeitern zum Wachstum des Großhandelsbetriebes bei, ergänzt Dennis Schmidt. Gummi Grassau wird im Übrigen von Thomas Schmidt sowie André Reinke geführt – beide sind Geschäftsführer.

Wichtig ist, dass Gummi Grassau bei RS Exclusiv nur den Status eines sehr guten Kunden, aber nicht mehr habe, und auch so einkauft, so dass es im Markt keinerlei Probleme bezüglich Preiserosion geben kann, da RS Exclusiv ebenfalls das gesamte Pricing für die angeschlossenen Filialen übernimmt, ergänzt Thomas Schmidt, Inhaber beider Firmen.

Man habe bei RS Exclusiv in Neumünster zwar ein Fernziel, wie viele Gummi-Grassau-Niederlassungen einmal bestehen sollen. Dabei solle aber nicht vergessen werden, dass der Großhandel mit seinen Kunden mindestens die gleiche Priorität besitzt, so Thomas Schmidt weiter. Hier bestehe weiterhin das Ziel, das „Partnersystem“ zu den wichtigsten Handelspartnern weiter auszubauen und den Kontakt zu festigen. Weiterhin besteht der Plan, das Franchise-System mit Gummi Grassau im Kern auf- und auszubauen. Hier setze man auf den mit dem Filialnetz gewonnenen Erfahrungsschatz in Bezug auf Außenauftritt, Autoservice, Flotten- und Leasingabrechnung, Marketing, Pricing, Sortimentsgestaltung und Werbung. Dadurch habe man schon im Hause Gummi Grassau die vergangenen drei Jahre erfolgreich und mit einem gesunden Wachstum vollzogen. Diese Erfahrung wolle man nutzen und an seine Partner im System weitergeben. Hinzu kommen natürlich die von dem Systempartner angebotenen Tools, wie z.B. Lagerbereinigung, großzügige Bevorratungsangebote mit Zahlungsziel, Sortimentsvielfalt und Werbeartikel, etc. Man könne nicht immer der Günstigste sein, wolle aber durch weitere Leistungsbausteine den Mehrwert für beide Seiten erhöhen, erklärt Thomas Schmidt die zukünftige Ausrichtung seines Großhandels.

RS Exclusiv führt zwar auch den Begriff „Autoteile“ in der Firmierung. Dies soll sich aber in naher Zukunft ändern, so Vertriebsleiter Christian Schmidt. Während die Grassau-Filialen zwar allesamt den üblichen Autoservice bis hin zu Unfallreparaturen und Motorinstandsetzungen anbieten, sollen Autoteile demnächst aus dem Großhandelsprogramm genommen werden. Diese Entscheidung sei im Februar dieses Jahres gefallen. Stattdessen, sagt auch Einkaufs- und Organisationsleiter Dennis Schmidt, wolle man sich künftig viel stärker auf das Großhandelsgeschäft mit Felgen konzentrieren. Dieses Geschäft habe man lange Zeit vernachlässigt. Bereits während der ersten sechs Monate des Jahres habe man ein Plus beim Absatz von Leichtmetallrädern in Höhe von 215 Prozent erzielen können, verrät der Vertriebsleiter mit Blick auf den neuen Schwerpunkt. Im vergangenen Jahr hatte RS Exclusiv insgesamt 12.000 Leichtmetallräder sowie 20.000 Stahlräder verkaufen können. Im ersten Halbjahr 2006 waren dies allein schon 13.000 Aluminiumräder. Als Jahresziel habe man sich die Marke von 25.000 Aluminium- und 30.000 Stahlrädern gesetzt. Dieses Ziel könne man nur durch eine gezielte Lager- und Sortimentspolitik verfolgen, wobei die Verfügbarkeit eine sehr hohe Rolle spiele. Mittelfristig wolle man 60.000 Leichtmetall- und 60.000 Stahlräder im Jahr vermarkten, ergänzt Thomas Schmidt. Dieser positive Trend werde hoffentlich anhalten, so Dennis Schmidt, weist aber gleichzeitig auf die Unwägbarkeiten hin, die durch die höheren Rohstoffpreise entstehen. Bereits seit einigen Jahren führt RS Exclusiv hauptsächlich die Marke Rial im Sortiment, beliefert Kunden aber auch mit BBS- und O·Z-Felgen. Seit Anfang dieses Jahres führt man ebenfalls Leichtmetallfelgen der Marke Anzio im Sortiment.

Gleichzeitig werde der schleswig-holsteinische Großhändler künftig auch das Angebot an Lkw-Reifen weiter reduzieren, da hier die Lagerumschlagshäufigkeit ebenfalls zu gering war. Man werde weiterhin nur noch die Rennergrößen als Kernsortiment am Lager vorhalten. Das Großhandelsgeschäft wird künftig noch stärker ein Pkw-Reifen- und Alufelgengeschäft werden. Während man am Hauptsitz ein Lager mit einer Lagerfläche von rund 6.000 m² für die Reifenlagerung sowie Kommissionierung hat, betreibt das Unternehmen in zwei Kilometern Entfernung noch ein weiteres Lager (4.000 m²), in dem hauptsächlich die Leichtmetall- und Stahlfelgen eingelagert sind. Hinzu kommen noch mehr als 50 Container, in denen jeweils die größeren Mengen pro Reifengröße eingelagert werden. Hier werde man zukünftig noch einen weiteren Lagerplatz für bis zu 200 Containern schaffen, da die Lagerkapazitäten bereits mehr als ausgeschöpft sind, ergänzt Thomas Schmidt.

Im vergangenen Jahr hat RS Exclusiv insgesamt rund 700.000 Reifen abgesetzt, erläutert Vertriebsleiter Christian Schmidt im Gespräch. Beim Absatz sei man in „kleinen und gesunden Schritten“ gewachsen; dies werde sich in Zukunft fortsetzen. Rund 100.000 der abgesetzten Reifen hat das Unternehmen über die Gummi-Grassau-Niederlassungen abgesetzt, wobei hier wie auch im traditionellen Großhandelsgeschäft die neue Exklusivmarke „America“ eine bedeutende Rolle spielt, die RS Exclusiv in Deutschland als einziger Anbieter vertreibt. Man habe jetzt gerade die erste Saison mit Sommerreifen erfolgreich hinter sich gebracht. Zur kommenden Wintersaison werden auch Winterreifen dieser Marke verfügbar sein, so dass man sich insgesamt einen America-Absatz von bis zu 120.000 Einheiten in diesem Jahr ausrechnet. America-Reifen werden allen 6.000 RS-Exclusiv-Kunden angeboten; es gibt hier keinen Gebietsschutz für Einzelhändler. Als Unterstützung für die Vermarktung am Point-of-Sale bietet RS Exclusiv seinen Kunden ein umfangreiches Programm an Werbemitteln für die Marke „America“ an.

Aber auch für die neue Marke „Event“, die bei der Shandong Linglong Rubber Co., Ltd. in China gefertigt wird, oder Marangoni-Reifen, die seit März anstatt Marangonis Zweitmarke Stunner im Portfolio läuft, errechnet sich der Großhändler aus Schleswig-Holstein wichtige Beiträge zum stetigen Unternehmenswachstum.

Bis vor kurzem hatte das Unternehmen auch koreanische Marken wie Kumho, Hankook oder Kingstar (Hankooks Zweitmarke) im Sortiment. Mit diesen Marken, wie im Übrigen auch mit der Handelsmarke „First Stop“, mache man keine Umsätze mehr, und das, obwohl RS Exclusiv einmal größter Kingstar-Abnehmer in Deutschland war, so Vertriebsleiter Christian Schmidt. Stattdessen wolle man mit dem neuen Sortiment aus Premium- sowie Budgetreifen und Reifen aus dem mittleren Marktsegment wachsen. „Wir wollen schon aus eigener Kraft wachsen“, so Einkaufs- und Organisationsleiter Dennis Schmidt, und weist folglich darauf hin, dass RS Exclusiv wie auch Gummi Grassau getrennt voneinander expandieren sollen. Im vergangenen Jahr erzielte der Großhändler RS Exclusiv mit seinen bis zu 60 Mitarbeitern bereits einen Umsatz in Höhe von rund 30 Millionen Euro.

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