Kumho erwartet OE-Großauftrag aus Europa

Für Kumho Tire Europe stellt das laufende Jahr einen wichtigen Schritt für die weitere Entwicklung dar. Durch die Einführung des eigenen Runflat-Systems, eines ersten Ganzjahresreifens sowie die Veränderungen bei der Logistik hofft das Unternehmen seinen Stand in Europa weiter ausbauen zu können. Aber auch bestehende und neue Aufträge aus der Erstausrüstung nähren die Erwartung, dass auch Kumho – wie der größere koreanische Wettbewerber Hankook – demnächst eine eigene Reifenfabrik in Europa bauen wird.

Der koreanische Reifenhersteller Kumho Tire Co. hat sich große Ziele gesetzt. Wie Dr. Sae-Chul Oh, Präsident und CEO des Mutterkonzerns, in der eigenen Kundenzeitschrift als Aufruf auch an die Mitarbeiter weltweit formuliert, verfolge man langfristig die Vision, zu den großen fünf der Reifenbranche zu gehören; bis 2009 jedenfalls wolle man bereits neuntgrößter Reifenhersteller weltweit sein und somit auf Hankook aufschließen. Dazu gibt Oh vier wichtige Zielrichtungen aus, in die das Unternehmen vorstoßen soll. Erstens benötige man eine wettbewerbsfähige Marke mit einem Markenwert, zweitens müsse man zukunftsweisende Produkte und Technologien bieten, drittens müsse die Profitabilität durch höhere Preise und geringere Kosten gesteigert werden, und viertens sollen die Beziehungen zwischen Management und Arbeitern auf Vertrauen aufbauen. „Wir leben gegenwärtig in einer Zeit der Unsicherheit, in der Möglichkeiten und Risiken koexistieren. Unsicherheit könnte uns in eine Krise führen“, so Sae-Chul Oh weiter und fordert alle Mitarbeiter auf, gemeinsam an dem großen Ziel mitzuarbeiten.

Bei Kumho Tire Europe jedenfalls sieht man sich darauf vorbereitet, den eigenen Anteil zur der Erreichung dieses Ziels beizutragen, so Vertriebs- und Marketingdirektor Helmut Haak im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG. Bereits heute stellt der europäische Markt für das koreanische Unternehmen einen wichtigen Baustein in der globalen Strategie dar. Von den derzeit rund 40 Millionen produzierter Reifen werden etwa sieben Millionen (17,5 Prozent) in Europa abgesetzt (2005). Davon landen etwa zwei Millionen Einheiten auf dem deutschen Ersatzmarkt und 1,5 Millionen auf dem britischen. Der hiesige Markt stellt also, was wenig verwundert, den wichtigsten Markt für den koreanischen Hersteller dar.

Absatzsteigerungen verspricht sich der Hersteller etwa von der Einführung des eigenen Runflat-Systems, das unter dem Namen „XRP“ (eXtended Runflat Performance). Kumhos XRP-System wurde in diesem Sommer erstmals in Deutschland mit dem ebenfalls neuen „Kumho Ecsta SPT KU31“ eingeführt. Dieser als UHP-Reifen ausgelegte Newcomer wird zunächst in fünf Runflat-Dimensionen zwischen 245 und 195 sowie Querschnitten von 55 bis 40 und in 16 bis 18 Zoll angeboten. Außerhalb Europas, etwa in Nordamerika, wird das neue System noch in weiteren Größen angeboten. Das XRP-System wurde in Korea entwickelt in Zusammenarbeit mit dem Kumho European Technical Centre (KETC) im englischen Birmingham. Folglich sei es speziell auf die Anforderungen des europäischen Marktes abgestimmt, so Helmut Haak. Neben dem Augenmerk auf die üblichen Notlaufeigenschaften (150 Kilometer bei 80 km/h) haben sich die Kumho-Entwickler auch schwerpunktmäßig mit den Eigenschaften des Reifens im intakten zustand befasst. Während konventionelle Runflat-Systeme lediglich auf die Fahreigenschaften bei vollkommenem Luftdruckverlust achten, behauptet das Unternehmen in einer Broschüre, so verbessere ein XRP-Reifen auch den Komfort sowie die Geräuschemissionen bei normaler Fahrt. „Dies ist der Unterscheidungspunkt unseres XRP-Systems zu anderen Systemen“, heißt es weiter in der Produktveröffentlichung. Für die kommende Wintersaison hat Kumho mit dem „I’Zen XW KW 17“ ebenfalls Pkw-Winterreifen mit Notlaufeigenschaften im Programm. Zunächst werden sechs Größen in den wichtigsten Dimensionen angeboten, die bereits einen Großteil der Nachfrage etwa von BMW-Fahrern abdecken können.

Ebenfalls hilfreich bei der Steigerung der Absätze in Europa soll der neue Ganzjahresreifen sein. „Man erkennt die Trends und möchte dort mitspielen“, erläutert Vertriebs- und Marketingdirektor Helmut Haak die strategische Entscheidung des Herstellers, von der Trennung der Pkw-Produkte nach Saisons abzuweichen. Auf dem Markt soll der „Kumho Solus Vier KH21“ mit annähernd 30 Größen von 145/80 R13 75 T bis 225/45 R17 XL 94V, zwischen 13 und 17 Zoll in den Serien 80, 70, 65, 60, 55, 50 und 45 und den Speed-Indizes T, H und V verfügbar sein. Der Solus Vier KH21 sei eine interessante Alternative für all jene, die nicht zweimal im Jahr Reifen wechseln wollen und überwiegend mit ihrem Fahrzeug in städtischen Ballungsräumen unterwegs sind.

Aufseiten der Produkte sieht sich der koreanische Hersteller weitest gehend gut aufgestellt. Was jedoch bisher eher am Rande eine Rolle bei den Vermarktungsaktivitäten in Europa und in Deutschland gespielt hat, sind Lkw-Reifen. „Hier wollen wir 2007 ein klareres Signal setzen“, erklärt Helmut Haak. Bisher sei man in diesem als „ruinös“ angesehenen deutschen Marktsegment nach Stückzahlen noch nicht besonders aufgefallen. Künftig sollen in den Produktionsstätten in Korea und China entsprechende Kapazitäten für den hiesigen Lkw-Reifenmarkt vorgehalten werden. Aber auch bei Offroad- bzw. SUV-Reifen werde man in naher Zukunft eine Offensive starten: „Wir wollen uns da stärker etablieren.“

Um künftig noch stärker auf dem europäischen Markt präsent sein zu können, hat die Kumho Tire Europe GmbH mit Sitz Offenbach bei Frankfurt neuerdings einen neuen Logistikpartner. Seit Anfang des Jahres arbeite man mit dem Logistiker Atege zusammen, aus dessen Lager in Dortmund nun die meisten Aufträge bedient werden. Neben diesem „European Distribution Center“ betreibe man bei der Firma Bischoff Logistik Systeme im bayerischen Hof noch ein Lager, das auch weiterhin für gewisse Produktgruppen genutzt werden. In Auflösung befinde sich derzeit allerdings eine weiteres Lager im belgischen Genk. Die derzeitige Restrukturierung sorge dafür, „die Logistik um einiges einfacher zu machen“, so der Vertriebs- und Marketingdirektor weiter. Neben diesen Lägern in Zentraleuropa betreibe Kumho in Italien und in Spanien zusätzliche Vertriebsbüros, die sich um die jeweiligen lokalen Märkte (Italien/Griechenland sowie Spanien/Portugal) kümmern. Beide Vertriebsbüros sind der Europazentrale zugeordnet. Darüber hinaus betreibt Kumho in Graz ein weiteres so genanntes Head Office, in dem man sich um die Märkte in Osteuropa (außer Russland) kümmert; Russland wird direkt aus Offenbach bedient. Das Head Office in Graz betreibt ebenfalls zwei eigene Zentrallager: eines in Österreich selbst, ein weiteres im benachbarten Slowenien.

Der koreanische Reifenhersteller, der nach eigener Aussage auf dem Heimatmarkt Marktführer ist und auf dem wichtigen chinesischen Markt bereits auf Platz zwei rangiert, sieht sicherlich auch die Erstausrüstung als Schlüssel zum Erfolg in Europa. Es werde „generell immer darüber nachgedacht“, eine Fabrik in Europa zu installieren, wie es aus Offenbach heißt. Eine entsprechende Entscheidung sei jedoch „abhängig von der europäischen Erstausrüstung“, so Haak weiter.

In diesem Markt hat Kumho Tire wenigstens schon einmal den Fuß in der Tür und hofft auf einen weiteren, maßgeblichen Abschluss „mit einem europäischen Volumengrößenhersteller in absehbarer Zeit“. Der Vertriebs- und Marketingdirektor will allerdings noch nicht verraten, um welchen Hersteller bzw. welches Fabrikat es sich dabei handelt. Er gab lediglich bekannt, dass die ersten Lieferungen vermutlich noch nicht in diesem Jahr stattfinden und dass Kumho kein Exklusivausrüster werde. Es sei allerdings einer „neuer Kunde“ in der Erstausrüstung, der verschiedene Dimension ordern wolle. Während man daheim bei Automobilherstellern wie Hyundai, Kia, Ssangyong, etc. in der Erstausrüstung sei, liefere man in Europa derzeit lediglich für den Volkswagen Polo Reifen der Größe 185/60 R14 an die Produktionsbänder nach Pamplona (Spanien) und Bratislava (Slowakei). Hier sei die Nachfrage seit 2002 deutlich gestiegen, betont Helmut Haak das Potenzial des Erstausrüstungskunden VW. Daneben liefere man noch Reifen für die Erstausrüstung des Smart. Die europäische Erstausrüstung laufe auch logistisch über das „European Distribution Center“ bei Atege sowie die anderen Läger. Wie sich dies mit dem oben angedeuteten Neuauftrag ändern wird, wird sich zeigen. Darüber hinaus ist es bei Kumho Tire Europe erklärtes Ziel, weitere Freigaben aus der Erstausrüstung zu erlangen. Auch hier wird sich zeigen, wie sich dies auf die Schaffung neuer Produktionskapazitäten – vielleicht sogar in Europa – auswirken wird.

Der Reifenhersteller Kumho bzw. der entsprechende Markenname wird zwar in der Öffentlichkeit gerne mit UHP-/HP-Reifen in Verbindung gebracht. Und dies sei laut Helmut Haak sicherlich auch kein Zufall, schließlich sei die gesamte Kommunikation und das Marketing auf eben dieses lukrative Marktsegment ausgerichtet. „Dort sind wir sicherlich ganz vorne dabei.“ Die Zweitmarke „Marshal“ beispielsweise werde zwar weiterhin vertrieben, nimmt aber in der Darstellung des Unternehmens nach außen keine Bedeutung mehr ein. Dennoch wäre es sicherlich falsch, Kumho als reinen UHP-/HP-Reifenhersteller zu beschreiben. Man sehe sich einerseits als Vollsortimenter, so Helmut Haak. Und dazu zählt in diesem Zusammenhang nicht nur das Angebot von Reifen aus allen Produktsegmenten. Sondern Kumho liefert hier auch die komplette Bandbreite der verschiedenen Größen. So hat der koreanische Hersteller Reifen von zehn (Cooper Mini) bis 28 Zoll (Hummer) im Sortiment. Auch habe man im Transporterbereich eine „sehr große Range an Produkten“ und „einen sehr guten Anteil“ am hiesigen Ersatzmarkt. Für den Vertriebs- und Marketingdirektor beginnt das HP-/UHP-Segment bei Reifen ab 16 Zoll Durchmesser und in 55er Querschnitten und darunter. Der Hauptanteil des Absatzes in Europa gehöre zwar in dieses Segment; beim Standardanteil sei man aber ebenfalls „auffüllend gut dabei“. Brot-und-Butter-Reifen „werden mitverkauft“, so Helmut Haak im Selbstverständnis eines Technologieanbieters. Im Vergleich zum Wettbewerb sieht der Vertriebs- und Marketingdirektor seine Marke im mittleren Marktsegment. Aber: „Da wollen wir die besten sein.“

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