Kooperation als Mittel gegen den „Automobilkrieg“

„Zwischen allen Wertschöpfungsstufen der Automobilindustrie herrscht offener Krieg. Zulieferer, Hersteller und Händler üben massiven Druck aufeinander aus, um als Einzelkämpfer Wege aus der Nachfragekrise zu finden“, stellt die Management- und Technologieberatung Booz Allen Hamilton in einer aktuellen Studie fest, hält dies aber für eine fatale Fehlentscheidung aufseiten der Unternehmen. Denn die Folge sei ein radikaler Wandel in der Gewinnverteilung über die Wertschöpfungskette, wobei die Hersteller und Händler als Verlierer und schwächste Glieder in dieser Kette identifiziert werden. Scheinbare Gewinner seien die Zulieferer, die – anders als die Hersteller, die in den vergangenen beiden Jahren im europäischen Markt rund ein Viertel ihres Ergebnisses eingebüßt hätten – von 2003 auf 2004 in Europa und USA ihre Profitabilität verdreifachten. Für eine Stabilisierung der Branche hält das Beratungsunternehmen daher neue partnerschaftliche Modelle für den einzigen richtigen Ausweg.

„Auf den ersten Blick wirkt die Nachricht positiv: Mit 175 Milliarden Euro pro Jahr geben deutsche Kunden mehr Geld aus als je zuvor für den automobilen Transport. Nutznießer sind aber nicht die Hersteller, im Gegenteil. Sie hatten versucht, über massiv gesteigerte F&E-Aufwendungen (durchschnittlich ca. acht Prozent mehr) bzw. durch eine stark verbreiterte Modellpalette (durchschnittlich ca. plus zwölf Prozent) der Krise Herr zu werden“, so Booz Allen Hamilton. So habe etwa die VW-Gruppe die Zahl neuer Modelle in den letzten fünf Jahren von zwei auf fast sechs pro Jahr erhöht und gleichzeitig die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung von 1,5 auf fast 2,5 Milliarden Euro gesteigert. Ähnliches gelte für die gesamte Branche, sodass Ergebnisrückgänge die Folge waren.

„Das Ungleichgewicht in der Gewinnverteilung kann keinen Marktteilnehmer freuen – auch die Gewinner nicht“, so Peter Soliman, Partner des Automotive-Teams von Booz Allen Hamilton. „Es signalisiert: Die Player müssen viel stärker vertikal und horizontal kooperieren. Partnerschaftlichkeit zahlt sich für Hersteller mit einer doppelt so hohen Profitabilität aus.“ Dabei gebe es klare Handlungsoptionen. So bestehe ein klarer positiver Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit von Zulieferern und Endkunden eines Herstellers, ebenso wie zwischen der Zufriedenheit von Händlern und Endkunden. Doch nicht nur Letztere sollten davon profitieren. Auch Hersteller, die von Zulieferern und Händlern gute Noten in der Zusammenarbeit erhalten, weisen – so die vorgelegten Untersuchungsergebnisse – eine zwei bis drei Prozent höhere Umsatzrendite auf, als jene, die ihre Partner unter Druck setzen. In diesem Zusammenhang wird Toyota als das derzeit positive Maß aller Dinge bezeichnet.

Für alle Beteiligten ergäben sich konkrete Lösungsansätze. Booz Allen Hamilton empfiehlt den Akteuren, von ihrem Konfrontationskurs abzuweichen und sich neuen Kooperationsformen hinzuwenden. Im Einzelnen bedeute dies beispielsweise für die Beziehungen zwischen Herstellern und Zulieferern, dass eine langfristige Zusammenarbeit zur Minimierung von Reibungsverlusten ebenso angestrebt werden sollte wie die herstellerseitige Konzentration auf weniger so genannte „Kernzulieferer“. Zudem werden die gemeinsame Entwicklung und das Sharing neuer Technologien auf Basis einer „Vertrauenskultur“ als hilfreich angesehen. Im Zusammenspiel zwischen Herstellern und Händlern seien der Verzicht auf „überregulierte“ Verträge oder gemeinsam erarbeitete Zielvorgaben Erfolg versprechend.

„Hersteller müssen künftig ihre Entscheidungen sehr viel offener mit ihren Partnern abstimmen und kommunizieren. Gegenüber Zulieferern sollten sie unter anderem lernen, ein besseres Verständnis der Technologie sowie der Prozesse/Geschäftsmodelle zu entwickeln, um eine auf Inhalte fokussierte Diskussion zu führen, klare und langfristige Spielregeln bei der Zusammenarbeit einzuhalten sowie Risiken – z.B. für Volumina und Gewährleistungen – fair zu teilen“, so die Beraterfirma. Gegenüber Händlern müssten die Hersteller mehr in gemischten Teams arbeiten – unter Einbeziehung von Händlern in die Strategie- und Produktdefinition. Außerdem legt ihnen Booz Allen Hamilton nahe, eine so genannte „Market-Back“- anstelle einer „Product-Forward“-Kultur zu schaffen.

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