KPMG: Wachstum bei Autoverkaufszahlen in China lässt nach

Die Zahl der verkauften Pkw ist in China im ersten Halbjahr 2004 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 32 Prozent gestiegen, doch hat sich das Wachstum deutlich verlangsamt. So war die Pkw-Verkaufszahl vom 1. Halbjahr 2002 zum 1. Halbjahr 2003 noch um 70 Prozent gewachsen. Gründe für die Kaufzurückhaltung sind vermutlich der anhaltende Preiskampf auf dem chinesischen Markt, der Kunden auf weiter sinkende Preise hoffen lässt, sowie neue restriktivere Vorschriften für die Vergabe von Krediten für Autokäufe. Das hat eine Analyse von KPMG ergeben, die heute anlässlich des Automobilsalons in Paris vorgestellt wurde. Sie basiert auf aktuellen Marktdaten und zahlreichen Interviews mit führenden Branchenvertretern.

Die Zahl der in China verkauften Pkw betrug demnach in den ersten sechs Monaten 2004 rund 1,1 Millionen – so viele wie im gesamten Jahr 2002. Für 2004 wird insgesamt mit 2,3 Millionen verkauften Pkw (2003: 1,97 Millionen) gerechnet. Die Hersteller verzeichneten laut KPMG im ersten Halbjahr 2004 einen Gewinn von insgesamt 5,36 Milliarden US-Dollar. Das seien zwar 14 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, aber das Wachstum habe sich verlangsamt – ein Indiz für schrumpfende Gewinnspannen der Hersteller, wie das Unternehmen meint. Die Preise für Pkw, die in 2003 bereits um rund elf Prozent gefallen seien, sind in diesem Jahr demzufolge weiter gesunken.

„Die zehn Modelle mit den stärksten Preisnachlässen waren im Juli 2004 um 14 bis 24 Prozent billiger zu haben als noch im Februar. Den größten Preisverfall verzeichnete mit 24,3 Prozent das einheimische Fabrikat ‚Lobo’. Die Preise für einen VW Golf (1.6) oder Audi A6 (2.4) sanken im selben Zeitraum um 15,2 bzw. 14,1 Prozent. Dennoch blieb der erhoffte Nachfrageboom bisher aus“, so die KPMG in ihrer Analyse. „Führende Industrievertreter drückten uns gegenüber die Befürchtung aus, dass die chinesischen Kunden umso länger mit einem Kauf warten, je häufiger die Preise gesenkt werden. Angesichts der immer noch beachtlichen Produktionszuwächse sollte dies allen großen Herstellern zu denken geben“, sagt Hans-Dieter Krauss, Leiter des Bereichs Automotive bei KPMG in Deutschland.

Die Verkaufszahlen gingen auch deutlich zurück, seit die People’s Bank of China im April schärfere Richtlinien für die Vergabe von Automobilkrediten erlassen hat. Seitdem ist die Laufzeit eines Kredits laut der Unternehmensberatung auf fünf Jahre beschränkt; die Höhe dürfe außerdem maximal 80 Prozent des Kaufpreises betragen. Dies habe zur Folge gehabt, dass im ersten Halbjahr 2004 nicht einmal zehn Prozent aller Autokäufe mit einem Bankdarlehen finanziert wurden – für 2003 wird diese Quote noch mit 30 Prozent angegeben. Ungeachtet des stagnierenden Wachstums hätten aber viele große Hersteller trotzdem angekündigt, ihre Produktion in China ausweiten zu wollen. So beabsichtigt zum Beispiel die Volkswagen AG eigenen Angaben zufolge ihre Kapazität von derzeit 800.000 Pkw im Jahr bis 2008 auf 1,6 Millionen zu verdoppeln. General Motors hat angekündigt, die Kapazitäten von derzeit 530.000 sogar auf 1,3 Millionen in 2007 auszuweiten.

Unterdessen sollen im ersten Halbjahr die Anteile europäischer Marken auf dem chinesischen Markt auf 30,6 Prozent (2003: 40 %) gefallen sein, während US-amerikanische Hersteller ebenso zugelegt (von 10,4 auf 13,9 Prozent) hätten wie japanische (von 21,9 auf 23,7 Prozent), koreanische (von 4,9 auf 7,5 Prozent) sowie einheimische Produzenten (von 22,8 auf 24,3 Prozent). Die meisten Autoexporte nach China verzeichnen der KPMG-Analyse zufolge Japan, Deutschland und Korea, die im ersten Halbjahr insgesamt 88 Prozent aller chinesischen Autoimporte ausmachten.

„Nachlassendes Wachstum bei den Verkaufszahlen und sinkende Gewinnspannen sowie rückläufige Profitabilität auf der einen Seite, wachsende Überkapazität auf der anderen Seite: Pessimisten mögen darin schon den Anfang vom Ende des chinesischen Automarktes sehen. Doch weit gefehlt: Was wir hier beobachten, ist eine Phase der Anpassung, die hoffentlich zu größerer Stabilität führen wird“, meint Hans-Dieter Krauss.

Und Thorsten Amann, Leiter des China Desk bei KPMG in Stuttgart, ergänzt: „Der Automobilsektor in China ist, wie viele andere Industrien, geografisch noch recht zersplittert. Pkw-, Lkw- und Bushersteller sind an den unterschiedlichsten Standorten vertreten. Auch wenn es vermutlich noch einige Zeit dauert, so ist doch zu erwarten, dass sich die Produktion in den nächsten Jahren auf drei oder vier geografische Zentren konzentrieren wird. Im Laufe der Zeit dürften sich mehrere chinesische ‚Detroits’ herausbilden.“

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