Challenge Bibendum

Die vor fünf Jahren zum 100. Geburtstag des Michelin-Männchens „Bib“ ins Leben ge-rufene Challenge Bibendum entwickelt sich weiter zu einem grandiosen Erfolg des französischen Reifenherstellers. Was als einmalige Veranstaltung gedacht war, hat sich geradezu zu einem Schaufenster für Fahrzeuge mit alternativen Antriebstechni-ken entwickelt. Der Reifenhersteller bringt alljährlich in einem neutralen Forum die besten Technologien zusammen, die für besonders umweltschonende Fahrzeuge der-zeit schon zur Verfügung stehen und die sich gegeneinander messen können.

Es handelt sich, darauf legte Konzernchef Edouard Michelin in seiner Begrüßungs-rede erneut großen Wert, jedenfalls nicht um ein Rennen oder um eine Veranstaltung für Sieger und Besiegte. Vielmehr ist die Challenge Bibendum als Wettbewerb zu ver-stehen, der die seltene Gelegenheit bietet, unterschiedliche Antriebstechnologien im Kopf-an-Kopf-Vergleich erleben zu können, begonnen bei Elektroautos über Hybrid-konzepte und Brennstoffzellenmodelle bis hin zu wasserstoffgetriebenen Fahrzeugen. Zu den Bewertungskriterien zählen Emissionen, Beschleunigung, Bremsen, Handling, Geräusche und Kraftstoffkonsum.

Die diesjährige Challenge Bibendum fand in Sonoma und San Francisco statt. Mehr als 100 Personenwagen und Nutzfahrzeuge, darunter die Modelle der führenden Automo-bilhersteller der Welt, stellten die erreichten Fortschritte unter Beweis. Gut 1.000 Teilnehmer erlebten die Veranstaltung täglich hautnah und Journalisten aus aller Welt berichteten über das Ereignis, das seinen Höhepunkt am letzten Tag mit einer Art Sternfahrt von Sonoma nach San Francisco fand. Zu diesem Zweck war die weltberühmte Golden Gate Bridge kurzzeitig für den sonstigen Verkehr gesperrt wor-den.

Diese Veranstaltung ist für Michelin inzwischen ein – salopp formuliert – teurer Spaß geworden, aber dennoch ist das Geld sehr gut angelegt. Kaum sonst irgendwo kann der Reifenhersteller so eng mit seinen wichtigsten Kunden der Automobilindust-rie zusammenkommen wie zu diesem Anlass.

Ford

So demonstrierten die teilnehmenden Ford-Fahrzeuge nach den Worten des Ford-Direktors Mike Schwarz „den Prozess der schrittweisen Abkehr von der aktuellen Wirtschaft auf der Grundlage von Mineralöl hin zu einer Wasserstoffökonomie“. Jedes Fahrzeug stelle eine vollkommen eigenständige Entwicklung dar.

Es wurde mit dem Focus ein Verbrennungsmotor vorgestellt, der mit gasförmigem Wasserstoff betrieben wird. Die CO2-Emissionen verringern sich um 99 Prozent im Vergleich zum Benzinbetrieb, der Verbrauch sinkt um 25 Prozent.

Ein in den Wettbewerb geschickter Focus Kombi wurde angetrieben von einem mit Wasserstoff betriebenen Verbrennungsmotor und gekoppelt mit einem modular aufgebau-ten Elektroantrieb. Dabei gehen die Emissionen von schädlichen Kohlestoffverbindun-gen, wie etwa CO2, auf Null zurück. Dank des integrierten Elektromotors kann der Verbrennungsmotor bei stehendem Fahrzeug abgeschaltet werden. Darüber hinaus stellt der E-Motor Extrakraft beim Beschleunigen und zur Unterstützung des Motors zur Ver-fügung. Ford ließ ein weiteres Fahrzeug mit einer Wasserstoff-Brennzelle teilneh-men, das lediglich Wasserdampf emittiert, sowie ein Serienfahrzeug für den gewerb-lichen Einsatz, das vor allem zum Lasttransport und zu Lieferzwecken dient. Kraft-quelle des als SULEV (Super Ultra Low Emission Vehicle) ist ein mit Erdgas betrie-bener Verbrennungsmotor.

DaimlerChrysler

DCX war mit zwölf Fahrzeugen vertreten, u.a. von Mercedes-Benz, Smart, Dodge und Freightliner, um die erzielten Fortschritte im Bereich der Umwelttechnologie de-monstrieren zu können. Repräsentiert wurde der neueste Stand in der Diesel- und Brennstoffzellentechnologie. Das Modell der A-Klasse wird mit einer durch gasförmi-gen Wasserstoff betriebenen Brennstoffzelle angetrieben. Rund um die Welt werden derzeit 60 Fahrzeuge dieses Typs unter Alltagsbedingungen erprobt.

Über einen Brennstoffzellenantrieb verfügt der Omnibus Mercedes-Benz Citaro. Auch dieses Modell wird derzeit bereits in zehn europäischen Großstädten und 30 Fahrzeu-gen erprobt.

Der Chrysler PT Cruiser (hier ein Serienfahrzeug aus europäischer Produktion) verfügt über einen 2,2-Liter-Turbodiesel, während der Dodge Ram 2500 von einem 5,9-Liter-Turbodiesel angetrieben wird.

So viel wurde jedenfalls deutlich: Am schnellsten und kurzfristig wird allein der Dieselantrieb Entlastung bringen können. Der nach wie vor vorhandene Widerstand der amerikanischen Öffentlichkeit beruht dabei allerdings mehr auf dem Wissen von ges-tern. So wird es eine wirklich vordringliche Aufgabe sein, das Image der als „Dreckschleudern“ verschrieenen Dieselmotoren zu verbessern. Daimler-Benz ist übri-gens seit dem ersten Start der Challenge Bibendum mit im Boot und das wird auch so bleiben.

Toyota

Der japanische Automobilhersteller Toyota, nach Überzeugung nahezu aller Fachleute die künftige Nr. 1 der Automobilhersteller dieser Welt, fehlt bei solch wichtigen Anlässen ebenso natürlich nicht. Das Unternehmen zeigte die komplette Bandbreite moderner Technologien, die es heute bereits an Bord von Fahrzeugen mit Hybrid- und Brennstoffzellenantrieb sowie Verbrennungsmotor anbietet. An den Test- und Medien-fahrten nahmen der Prius, ein PZEV Camry (Partial Zero Emission Vehicle), ein Sien-na Minivan, ein Luxus-Geländewagen Lexus RX 330 und ein Toyota-Brennstoffzellen-/Hybridfahrzeug teil.

Honda

Der nahezu ebenso bedeutende japanische Automobilhersteller Honda nahm mit sieben Fahrzeugen teil und unterstrich seine führende Rolle bei Niedrigemissions- und Hyb-rid-Fahrzeugen, bei Antriebssystemen mit alternativen Kraftstoffen und in der Brennstoffzellen-Technologie. Die Challenge Bibendum biete eine glänzende Gelegen-heit, der Öffentlichkeit die Fortschritte von Honda auf dem Feld zukunftsweisender Antriebssysteme zu demonstrieren, hieß es bei Honda.

Volvo setzt ganz auf Gas

Der schwedische, nunmehr zum Ford-Konzern gehörende Fahrzeughersteller setzt stark auf Erd- und Biogasautos. Er bietet in Europa bereits bivalente Fahrzeuge an, die mit Methan aus Erd- oder Biogas fahren und sich durch hohe Sicherheit und Alltags-tauglichkeit auszeichnen. Biogas ist ein sauberer, erneuerbarer Energieträger, er lässt sich lokal erzeugen und reduziert die CO2-Emissionen deutlich.

Nicht ganz in Vergessenheit geraten sollten hier weitere Teilnehmer von einer Vielzahl von Behörden, Universitäten und sonstigen Forschungseinrichtungen und na-türlich der Michelin-Partner Bosch, der die Wichtigkeit des Events erkannt hat und immer stärker an die Seite des Reifenpartners tritt.

Wie wichtig für Michelin die Challenge Bibendum ist, lässt sich u.a. leicht daran ablesen, dass beide Managing Partners des Konzerns, Edouard Michelin und René Zingraff, vom Anfang bis zum Ende dabei waren und jeden Tag für Interviews oder auch Hintergrundgesprächen zur Verfügung standen. Der Reifenhersteller kann nach Zingraffs Worten klar demonstrieren, mit welchen Anstrengungen man dabei ist, dem Verbraucher ein besseres und noch umweltfreundlicheres Produkt zur Verfügung zu stellen. Dass diese Veranstaltung wächst und wächst und damit jedes Mal teurer wird, stört Zingraff nicht. Beim ersten Mal 1998 in Frankreich seien 20 Fahrzeuge beteiligt und die Automobilhersteller nicht allzu sehr interessiert gewesen. Doch das habe sich ja nun stark geändert.

Journalisten wollen gerne einen Event wie diesen in eine Art Rennen umfunktionie-ren, um Sieger und Besiegte besser identifizieren zu können. Doch da macht Zingraff nicht mit. Er verwies darauf, dass es Resultate gebe und diese allen Journalisten zur Verfügung stünden. Deren Aufgabe sei es, wenn sie es denn für richtig hielten, zu entscheiden wer Sieger und Besiegter sei. Die Challenge Bibendum könne nur die Chance zur Entscheidungsfindung bieten. Dass ausgerechnet die im letzten Jahr noch stark vertretenen französischen Automobilhersteller dieses Mal nicht dabei waren, entlockte Zingraff nur eine kurze Bemerkung: „Ich vermisse natürlich alle, die nicht hier sind.“ Doch was sollen die Franzosen zur Zeit in den USA, nachdem sie diesen Markt doch freiwillig aufgegeben haben? Zingraff ist auch bereit, zehn Jahre vorauszuschauen: „Die Challenge Bibendum wird dann größer und größer geworden sein. Aber wir betrachten das von Jahr zu Jahr und entscheiden immer wieder von Jahr zu Jahr. Es ist ein großartiges Ereignis auch für uns. Natürlich brauchen wir Partner. Jeder Partner ist uns willkommen, aber letztlich werden wir doch die Kontrolle über die Challenge Bibendum halten.“

Die nächste Challenge Bibendum wird im September 2004 in China stattfinden. Dabei sein wird dann auch der Volkswagen-Konzern. Michelin betreibt in China derzeit drei Fabriken und beschäftigt mehr als 5.000 Menschen dort. klaus.haddenbrock@reifenpresse.de

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