Grönholms besonderes Gespür für Schnee

Peugeot- und Michelin-Pilot Marcus Grönholm wiederholte seinen Vorjahres-Erfolg und gewann auch die diesjährige Ausgabe der Rallye Schweden. Der amtierende Weltmeister übernahm bereits auf der zweiten von insgesamt 17 Wertungsprüfungen die Führung, die er souverän bis ins Ziel verteidigte – und dabei nicht weniger als acht Mal die schnellste Zeit setzte. Hinter Grönholm und Subaru-Mann Tommi Mäkinen erreichte der britische Peugeot-Michelin-Fahrer Richard Burns das Ziel als schnellster Nicht-Skandinavier auf dem dritten Rang. Für Michelin stellte der Sieg beim schwedischen WM-Lauf – der 22. in den vergangenen 24 Jahren – den insgesamte 194. Erfolg seit Bestehen der Rallye-Weltmeisterschaft dar. Drei Mal in Folge hatte sich der amtierende Titelträger Fehler geleistet, rund um die schwedische Provinz-Metropole Karlstad überzeugte er wieder mit unerschütterlicher Präzision: Marcus Grönholm setzte beim zweiten Lauf zur diesjährigen Rallye-WM-Saison die ungebrochene Dominanz der Skandinavier bei der rasanten Schnee- und Eis-Veranstaltung fort. Mit einem Vorsprung von 50,8 Sekunden verwies der Finne mit dem schwedischen Namen seinen Landsmann, den vierfachen Weltmeister Tommi Mäkinen auf den zweiten Rang. “Mein Peugeot 206 WRC lief perfekt”, freute sich der dreifache Familienvater nur wenige Tage nach seinem 35. Geburtstag über den 13. WM-Sieg seiner Karriere. Dabei hatte Grönholm zu Beginn des zweiten Tages noch befürchtet, dass seine Pechsträhne – Überschlag bei der Rallye England, dem Saisonfinale 2002, Rolle beim “Michelin Race of Champions”, Felskontakt bei der Rallye Monte Carlo vor zwei Wochen – auch im hohen Norden ihre Fortsetzung finden würde: “Zu Beginn der 43 Kilometer langen Auftaktprüfung haben wir ein mächtiges Schlagloch getroffen, danach stimmte die Spur der Vorderachse nicht mehr”, so der Titelverteidiger. “Gottlob stellte sich heraus, dass das Auto noch fahrbar war – obwohl wir uns durch die schief stehenden Räder viele Spikes der Michelin-Pneus herausgerissen haben.” Zusätzliches Glück für Grönholm: Die Beschädigungen an seinem Auto konnten beim direkt nachfolgenden Service-Stopp behoben werden. Mit einer Bestzeit auf der ersten Prüfung überraschte einmal mehr das neue “Wunderkind” von Citroën, der (noch) 28-jährige Monte-Carlo-Sieger Sébastien Loeb. Doch dann verebbte das Feuerwerk des Elsässers etwas: Als aktueller WM-Leader musste der Nachwuchsstar als Erster auf die Strecke und für die nachfolgende Konkurrenz den Schneepflug spielen. Die Folge: Loeb stürzte vorerst ab ins Nirwana der Zeitenliste. Ab dem zweiten Rallye-Tag jedoch blies das Riesentalent zu einer fulminanten Aufholjagd, die ihn noch bis auf den siebten Rang nach vorne spülen sollte. Für eine Überraschung sorgte auch Ford-Nachwuchsmann François Duval: An seinem Focus WRC kollabierte auf der fünften Prüfung die Vorderachsaufhängung, der Allradler blieb manövrierunfähig exakt zwischen den Schneebänken liegen – ein nicht passierbares Hindernis, wie als erster Hyundai-Pilot Armin Schwarz erkennen musste. Die Staubildung führte zur kompletten Annullierung der WP 5. Besonders flott unterwegs waren auch die beiden Peugeot-Piloten Richard Burns sowie sein Teamkollege Harri Rovanperä. Doch den Finnen erwischte es am zweiten Rallye-Tag auf der achten Wertungsprüfung: Der Schweden-Sieger von 2001 interpretierte die aufgeregte Gestik der zahlreichen Zuschauer als Anfeuerung und erkannte zu spät, dass sie ihn vor dem auf der Strecke liegenden 206 WRC von Juuso Pykalisto warnen wollte – die Kollision blieb unvermeidlich. “So ein Pech”, stöhnte Peugeot-Teamchef Jean-Pierre Nicolas über den Verlust von gleich zwei Fahrzeugen, die sich bequem in den Top-Sechs etabliert hatten – und zeigte sich zugleich enorm erleichtert, dass keiner der Beteiligten gesundheitlichen Schaden erlitten hatte. Unterdessen etablierte sich Michelin-Partner Richard Burns auf dem dritten Rang. “Die Temperaturen waren am zweiten Rallye-Tag höher, der Grip damit konstanter”, so der Weltmeister von 2001. “Ich orientiere mich weder nach vorne noch nach hinten, sondern fahre mein Tempo und freue mich über meine Position als bester Nicht-Skandinavier.” Grund zur Freude hatte auch Markko Märtin: Der mit 28 Jahren ebenfalls noch recht junge Ford Focus-Pilot aus dem Baltik-Staat Estland überraschte mit besonderem Gespür für Schnee, etablierte sich vom Start weg unter den Schnellsten und lief im Ziel als Viertplatzierter ein – vor Colin McRae, dem schnellsten Vertreter aus dem Citroën-Michelin-Lager. Für großes Staunen sorgte aber auch Toni Gardemeister: Der 27-jährige Finne in Skoda-Diensten wuchtete den mächtigen, ebenfalls Michelin-bereiften Octavia derart vehement um die Ecken, dass er sich schnell bis unter die ersten Fünf vorarbeiten konnte. Am zweiten und dritten Rallye-Tag jedoch konnte der zweifache finnische Formel 2-Meister die von hinten nachdrängende Konkurrenz nicht mehr halten. Ein WM-Zähler für den achten Rang – den er vor Citroën-Star Carlos Sainz verteidigen konnte – dient ihm durchaus als Belohnung. Knapp an den Punkterängen vorbei schrammte indes die Werksabordnung von Hyundai: Das koreanisch-britische Team hatte vor dem “Grand Prix von Schweden” auf Testfahrten verzichtet – ein Nachteil, wie sich herausstellen sollte. Während Freddy Loix auf Platz zehn einen Marken-WM-Zähler nur knapp verpasste, kämpfte Armin Schwarz zudem mit fehlender Motorleistung und sah das Ziel als 13. der Gesamtwertung. Dabei hatte sich der Franke über eine für ihn besonders nachteilige Entscheidung mächtig geärgert: Als 16. des ersten Tages wollte Schwarz auch als 16. Auto auf die Prüfungen der zweiten Etappe gehen – doch die Sportkommissare sortierten die Startreihenfolge um, stellten einen Nicht-Werksfahrer nach hinten und schickten den Deutschen als erstes Fahrzeug auf die Strecken. Ergebnis: siehe Sébastien Loeb. Michelin darf nach der diesjährigen Rallye Schweden eine zufriedenstellende Zwischenbilanz ziehen: Von den insgesamt 24 WM-Läufen im Reich von König Carl Gustav und Königin Silvia konnte der französische Reifenhersteller nicht weniger als 22 gewinnen – ein Erfolg auch für die überlegene Spike-Technologie aus Clermont-Ferrand. Dabei dürfen bis zu 380 der maximal 20 Millimeter langen Nägel pro Pneu verbaut werden – und je mehr davon am Ende der Wertungsprüfungen noch ihren Dienst in den maximal 100 Millimeter breiten und 16 Zoll hohen Reifen versehen, umso besser. In der WM-Zwischentabelle teilt sich Sébastien Loeb nun den ersten Rang mit Ford-Michelin-Piloten Colin McRae. Mit jeweils zehn Zählern im Tornister reisen Marcus Grönholm, Richard Burns und Markko Märtin zum nächsten WM-Lauf, der erstmals ausgetragenen Rallye Türkei (27.2 – 2.3.2003). In der Marken-Wertung belegen die Michelin-Partner Citroën (24 Punkte), Peugeot (22) und Ford (15) die ersten drei Plätze. Hinter Subaru (11) folgen Hyundai und Skoda mit jeweils drei WM-Zählern.

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