Finanzwelt teilt Goodyears Optimismus nicht

Robert Keegan, Goodyear-CEO seit dem 1. Januar, hat in einem Brief an die Belegschaft letzte Woche erstmalig zum Ausdruck gebracht, dass die Führung des Konzerns in der Vergangenheit Fehler gemacht hat. Der Konzern sehe sich großen Herausforderungen ausgesetzt, die aber zu bewältigen seien. Leicht werde es aber nicht. Auch wird, wenngleich in einem Nebensatz und eher beiläufig, für 2002 ein Verlust eingestanden. Es heißt, weltweit seien die Geschäfte in Ordnung gewesen, allerdings hätten die dort erzielten Gewinne die in Nordamerika erlittenen Verluste nicht kompensieren können. Finanzanalysten bleiben nach diesem Brief und insbesondere nach in der vergangenen Woche erhaltenen Informationen sehr skeptisch. Am Rande der Detroit Motor Show 2003 kam es Anfang Januar zu mehreren Treffen von Bank-Analysten mit Vertretern der Automobil- und auch der Reifenindustrie. Während der Michelin-Konzern um Edouard Michelin frank und frei zugab, dass sich die Wettbewerbssituation in Nordamerika verschärft habe und es angesichts der seit wenigen Monaten festzustellenden negativen Entwicklung in der Automobilindustrie, die sich auch in diesem Jahr fortsetzt, sehr schwer sein wird, die bereits eingeführten und teils noch angekündigten Preiserhöhungen halten oder umsetzen zu können, versprühten Vertreter des Goodyear-Konzerns um Robert Keegan vollen Optimismus. Mit größerem Interesse blicken Banken und potenzielle Investoren darauf, was Keegan ihnen im Februar wie bereits angekündigt offenbaren wird. Gerüchteweise geht es um weitere Entlassungen in Akron und eine weitere personelle Ausdünnung in Nordamerika “nationwide” sowie um das Schließen von Fabriken in den USA und Verlagerung von Produktion in Billiglohnländer. Nicht überzeugend hat Goodyear bisher gewirkt, weil der Konzern einerseits die Unions im Nacken hat, mit denen derzeit zu verhandeln ist und andererseits über keinerlei finanzielle Spielräume mehr verfügt. Jede größere Restrukturierung koste nun mal erst Geld und genau dieses Geld habe Goodyear nicht. Ganz im Gegenteil. Das Sichern von Liquidität sei unter den gegebenen Umständen das Gebot der Stunde. Angesichts der vielen Enttäuschungen der letzten Jahre hätten Investoren allen Grund, gegenüber Goodyear skeptisch zu bleiben.

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