Michelin Motorsport-Direktor Pierre Dupasquier im Porträt

Klein von Gestalt, aber ein Riese in der Welt des Rennsports: Michelin Motorsport-Direktor Pierre Dupasquier leitet seit fast 30 Jahren die Wettbewerbsaktivitäten des französischen Weltkonzerns. Als die treibende Kraft hinter dem Formel 1-Engagement von Michelin steht er wie kein anderer für den hoch technisierten Wettstreit auf dem Reifensektor. Sein Name gilt als Synonym für Motorsport bei Michelin: Der 65-jährige Pierre Dupasquier ist als Wahrzeichen des Reifenspezialisten kaum weniger bekannt und charakteristisch als der weltberühmte Michelin-Mann “Bibendum”. Nach seiner Zeit als Kampfjet-Pilot bei der französischen Luftwaffe verbrachte er sein gesamtes Arbeitsleben in Diensten des Reifenherstellers aus Clermont-Ferrand. Dort bestimmten zwei herausragende Eigenschaften seinen Weg: Sein fundiertes technologisches Wissen und seine brennende Leidenschaft für den Motorsport. Ersteres führte ihn 1962 in die Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Clermont-Ferrand, letztere ab 1973 an die Spitze der damals noch recht kleinen Motorsport-Truppe. Unter seiner Führung setzte Michelin zu einer beispiellosen Erfolgsserie an: Die Partner des französischen Reifenspezialisten gewannen Dutzende Weltmeistertitel in der Rallye-WM und der Motorrad-Königsklasse. Auch die Krone des Langstreckensports, die 24 Stunden von Le Mans, haben Michelin-Teams seit rund 20 Jahren geradezu abonniert. Mit dem ersten Formel 1-Einstieg 1977 steuerten die Reifenspezialisten auf den vorläufigen Höhepunkt der Titelsammlung unter Pierre Dupasquiers Ägide zu: Die Einführung der Radial-Technologie in den Grand Prix-Sport bescherte Michelin dreimal die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft sowie zwei Fahrertitel mit Jody Scheckter (Ferrari) und Nelson Piquet (Brabham-BMW). Das Erfolgsgeheimnis des energischen Rennleiters spiegelt zugleich dessen zwei Seiten wider: Als Analytiker und Antreiber zugleich fordert er jedem Teammitglied Höchstleistungen ab. Ganz gleich, ob ein Rennen mit Sieg oder “nur” Podiumsplatzierung endet – unterm Strich zieht Dupasquier nach jedem Rennen dasselbe Fazit: “Dieses Ergebnis motiviert das gesamte Team, noch härter zu arbeiten, um beim nächsten Mal noch besser abzuschneiden.” Ende der 80er wechselte Dupasquier für sechs Jahre als Vize-Präsident Produktentwicklung in die USA. Bei seiner Rückkehr nach Frankreich erwartete ihn seine bislang größte Aufgabe: der erneute Einstieg von Michelin in die Formel 1, die der eigenwillige Rennleiter nie aus den Augen verloren hatte. Bereits 1995 richtete er eine zwar offizielle, aber geheime Forschungsgruppe ein, die Reifen nach dem jeweils gültigen Grand Prix-Reglement entwickelte. Im Dezember 1999 war es dann so weit. Michelin verkündete die Rückkehr in die höchste Motorsport-Liga zur Saison 2001. Die Entscheidung fiel nicht zuletzt auf Betreiben von Dupasquier, der sich nicht nur damit befasst, wie die Michelin-Partner auf der Strecke schneller werden, sondern auch messerscharf analysiert, in welcher Form ein Motorsport-Engagement das Image eines der größten Reifenkonzerne der Welt positiv beeinflusst. Mit Erfolgen schon im ersten Jahr, in dem Ralf Schumacher und Juan Pablo Montoya auf Anhieb vier Siege für die Franzosen einfuhren, ließen aufhorchen. Und auch mit dem Verlauf der Saison 2002 zeigte sich der Motorsport-Direktor zufrieden: Seine Leute hatten das für sie technisch Mögliche geleistet. “Wenn wir das Gefühl bekämen, unser Wettbewerber erledigte seine Arbeit besser als wir, wäre das extrem schwierig”, erklärt er. Doch gerade weil Dupasquier weiß, wie gut seine Mannschaft und seine Reifen arbeiten, reagierte er auf die Berichterstattung während der vergangenen Saison ironisch: “Wenn du das mit Abstand beste Team ausrüstest, ist das eine feine Sache, weil du jeden Sonntag angeln gehen kannst, während der Rennstall den Job erledigt”, versuchte er das eigene Team zu motivieren und die Erfolge des erfolgreicheren Wettbewerbers zu relativieren. Die durchaus nennenswerten Verbesserungen der Michelin-Teams – abzulesen an den Verschiebungen im Mittelfeld – hätten vermutlich besser gewürdigt werden können von weiten Teilen der Presse. Dupasquier versteht eigenen Angaben zufolge wenig Spaß, wenn seine Mannschaft von außen kritisiert wird. Dabei ist sein Verhältnis zu den Medien ziemlich gut. Obwohl oder gerade weil seine Aussagen in der Öffentlichkeit immer unverblümt, pointiert und manchmal gar schroff ausfallen. Sein persönliches Verhältnis zu Hiroshi Yakusawa, Rennleiter von Bridgestone, soll fast schon als freundschaftlich zu beschreiben sein. Die Herren wissen offenbar, was sie aneinander haben: “Dank unseres Wettbewerbs auf höchstem Niveau wird so viel über unsere Firma und unsere Reifen-Technologien gesprochen wie nie zuvor. Und das ist fast so wichtig wie Grand Prix-Siege.”

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