Rallye Deutschland, 10. Lauf zur Rallye-WM, 23. – 25.08. 2002

Aus drei mach’ eins: Die Rallye Deutschland stellt quasi eine Kombination der ehemaligen DM-Klassiker “Deutschland”, “Hunsrück” und “Saarland” dar. Aus diesem Umstand bezieht der jüngste in den WM-Kalender aufgenommene Lauf seine besondere Charakteristik. Während die FIA verstärkt über eine zukünftige Rückkehr zu so genannten “Misch-Rallyes” nachdenkt – also Veranstaltungen, die auf unterschiedlichen Untergründen ausgetragen werden – setzt die Rallye Deutschland diese Maßgaben bereits heute nahezu um. Nach den gewundenen, mit zahlreichen Spitzkehren gewürzten Straßen in den Mosel-Weinbergen auf der ersten Etappe wartet am zweiten Rallye-Tag das Truppenübungsgebiet Baumholder mit seinen rauhen, von einer feinen Sandschicht überzogenen Betonpisten auf die Teilnehmer. Von der offiziellen Einordnung als Asphalt-Rallye ist auf diesem Streckenabschnitt nicht durchgehend etwas zu spüren – manche Passagen rund um den Zuschauerpunkt “Panzerplatte” erinnern eher an typische Schotter-Veranstaltungen. Schnelle, kurvenreiche Strecken charakterisieren wiederum die dritte Etappe der Rallye Deutschland, die rund um den saarländischen Bostalsee im St. Wendeler Land führen. Die unterschiedlichen Bedingungen auf den einzelnen Etappen stellen besondere Anforderungen an die Reifen. “Für die Baumholder-Etappe haben wir einen Reifen entwickelt, der je zur Hälfte Spezifikationen für Asphalt und Schotter aufweist”, erläutert Aimé Chatard, Sportlicher Leiter der Rallye-Abteilung von Michelin. “Die Reifenwahl bleibt für die Piloten zwar nach wie vor schwierig, aber mit den von uns entwickelten Pneus erleichtern wir ihnen die Entscheidung deutlich – insbesondere, wenn es regnet.” Auch für die Asphalt-Etappen sieht Chatard die Michelin-Piloten bestens gerüstet: “Verglichen mit der vergangenen Saison sind unsere Asphalt-Reifen rund zwei Zehntelsekunden pro Kilometer schneller”, erklärt der Franzose. “Diese Zeitverbesserung entspricht in etwa einer um 30 PS gesteigerten Motorleistung.” Da die Motoren durch Luftmengenbegrenzer laut Reglement auf 300 Pferdestärken limitiert sind, stellt dies einen unschätzbareren Vorteil dar. Der größte Vorteil bei der ersten WM-Ausgabe der Rallye Deutschland lautet jedoch: Erfahrung. “Ich kann mit Sicherheit davon profitieren, hier schon im vergangenen Jahr gefahren zu sein”, zeigt sich beispielsweise Marcus Grönholm zuversichtlich, der Führende in der Weltmeisterschaft. “Ich kenne die Strecken, und wir verfügen dadurch auch schon über einen Aufschrieb.” Doch auch Peugeot-Teamkollege Richard Burns, der die “Deutschland” nur von Testfahrten kennt, sieht keinen Anlass zum Tiefstapeln: “Es wird eine sehr schwierige Rallye, aber ich kann dort siegen.” Ein weiterer Michelin-Pilot, der bei Asphalt-Rallyes stets zum engeren Favoritenkreis zu zählen ist, erhält dagegen keine Chance auf den Siegerkranz: Gilles Panizzi ist aufgrund seines Schulterbruchs – ein Haushaltsunfall – nach wie vor außer Gefecht gesetzt. Für den Franzosen pilotiert Harri Rovanperä den dritten Werks-Peugeot 206 WRC. Auf die nötige Erfahrung kann auch Michelin-Pilot Armin Schwarz zurückgreifen. “Mein Wissen über die schwierigen Verhältnisse in den Weinbergen und auf Baumholder gibt mir eine gewisse Sicherheit”, erklärt der Franke. “Als Ziel setze ich mir deshalb auf jeden Fall einen Platz unter den ersten Sechs.” Die Reaktion seines Beifahrers Manfred Hiemer auf diese Einschätzung läßt darauf schließen, dass der Hyundai-Werksfahrer vielleicht sogar ein wenig tief stapelt. Doch bevor die Erwartungshaltung zu groß wird, schiebt Schwarz die Favoritenrolle weit von sich: “Die Citroën- und Peugeot-Fahrer schätze ich als stärkste Konkurrenten aus dem breiten Mitbewerber-Lager ein”, analysiert der 39-Jährige. “Und ich glaube, mein Teamkollege Freddy Loix könnte hier sogar mein größter Rivale werden, denn ein Großteil der Strecke ähnelt belgischen Rallyepisten.” Das angesprochene Citroën-Team nimmt den zugespielten Ball gerne auf. “Wir kommen, um erneut zu gewinnen”, lässt Sportchef Guy Fréquelin verlauten. Aufgrund des Vorjahressieges von Philippe Bugalski und zufriedenstellend verlaufenen Testfahrten, sehen sich die “Roten” bestens gerüstet, mit ihren Xsara WRC ganz weit vorne zu landen. Sebastien Loeb verspürt darüber hinaus noch besonderen Anreiz, schnell zu fahren: “Ich werde moralisch von einer Menge meiner Freunde aus dem Elsaß unterstützt, die extra anreisen”, stellt der Franzose seinen persönlichen Fan-Club vor. “Da werde ich schon Einiges bieten müssen.” Dies möchte auch Michelin-Partner Matthias Kahle, der die beiden Skoda-Werksfahrer Kenneth Eriksson und Toni Gardemeister mit einem dritten Octavia WRC unterstützen wird. “Dies ist eine der wichtigsten Rallyes meiner Karriere”, ist sich der Deutsche Meister sicher. “Ich spüre zwar einen großen Druck, aber ich versuche trotzdem entspannt damit umzugehen. Ich will zeigen, dass ich mit meinen beiden Teamkollegen und ihrer Weltmeisterschafts-Erfahrung mithalten kann.”

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