Conti-Bilanz: Hohe Verluste und keine Dividende

Während der Bilanzpressekonferenz betonte Manfred Wennemer, Vorsitzender des Vorstands der Continental AG, vor Journalisten in Hannover, dass die Strategie des Unternehmens beibehalten werde: Als weltweit agierender Zulieferer beliefere Continental die Automobilindustrie mit intelligenten Fahrwerks- und Sicherheitssystemen und stehe ihr als kompetenter Entwicklungspartner zur Verfügung. "Dabei ist es jetzt, in einer Phase mit schwächerer Automobilkonjunktur, unsere vordringlichste Aufgabe, das Unternehmen gestärkt aus dem Konjunkturtal herauszuführen. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir im vergangenen Jahr in umfangreiche Restrukturierungen investiert", so Wennemer in seiner Rede. Er betonte weiter, dass sich Continental angesichts der konjunkturellen Situation wacker geschlagen habe. Der Konzernumsatz stieg im Jahr 2001 um 11,1 Prozent auf 11,2 Mrd. Euro. Ohne Änderungen im Konsolidierungskreis, insbesondere durch die erstmalige Einbeziehung der Conti Temic, lag die Steigerung bei 5,6 Prozent. Das operative Ergebnis vor planmäßigen Goodwill-Abschreibungen und vor Einmalbelastungen lag bei 500 Mio. und damit 93 Mio. Euro unter Vorjahr. Das operative Ergebnis vor planmäßigen Goodwill-Abschreibungen (EBITA), das Continental im Vorgriff auf Bilanzierungsvorschriften des US GAAP als Kennzahl eingeführt hat, reduzierte sich gegenüber dem Jahr 2000 um 500 Mio. Euro auf 32,8 Mio. Euro. Ausschlaggebend für den Rückgang sind in erster Linie erhebliche Einmalbelastungen in Höhe von 468 Mio. Euro (Vj. 60 Mio.) für Restrukturierungsmaßnahmen, vor allem in den Reifenbereichen. Abgesehen von diesen Aufwendungen liegen die Gründe für den Ertragsrückgang vor allem im Ergebniseinbruch beim Reifengeschäft in Nordamerika. Insgesamt ergibt sich für den Konzern ein Jahresfehlbetrag von 257,6 Mio. Euro und ein Ergebnis pro Aktie von minus 2,05 Euro. Die Nettofinanzschulden der Continental liegen bei 2,601 Mrd. Euro nach 2,018 Mrd. Euro im Jahr 2000. Der Vorstand des Unternehmens sieht es daher als eine seiner vordringlichsten Aufgaben, Eigenkapital und Fremdkapital wieder in eine angemessene Relation zurückzuführen und die entsprechende Kennzahl, die Gearing Ratio, von derzeit 168 Prozent bis Ende 2003 auf 100 Prozent zu reduzieren. Der Forschungs- und Entwicklungsaufwand im Konzern stieg im vergangenen Jahr auf 459,3 Mio. nach 418,3 Mio. Euro in 2000 und erreichte 4,1 Prozent vom Umsatz. Die Investitionen in Sachanlagen und Software stiegen auf 741 Mio. nach 715 Mio. Euro im Jahr 2000, was einer Investitionsquote von 6,6 Prozent nach 7,1 Prozent im Vorjahr entspricht. Die einzelnen Konzernbereiche Der Konzernbereich Continental Automotive Systems (CAS) erzielte im Jahr 2001 einen Umsatz von 3,986 Mrd. Euro – ein Zuwachs von 31,8 Prozent (Vj. 3,023 Mrd.). Ohne Änderungen im Konsolidierungskreis, insbesondere durch die erstmalige Einbeziehung von Conti Temic, hätte der Anstieg 13,2 Prozent betragen. Das EBITA des Bereichs erhöhte sich um 8,4 Prozent auf 184,9 Mio. Euro (Vj. 170,5 Mio.). Hier zeige sich – so das Unternehmen -, dass CAS trotz hohen Preisdrucks in der Erstausrüstung und konjunkturbedingten leichten Rückgängen bei mechanischen Bremsprodukten mit der Konzentration auf elektronische Bremssysteme und Elektronikbauteile einen erfolgreichen Kurs eingeschlagen habe. Bei CAS werden 59 Prozent des Umsatzes von den Geschäftsbereichen Elektronische Bremssysteme, Elektronik und Luftfedersysteme erzielt, während die hydraulisch-mechanischen Produkte der Bereiche Radbremse und Bremsbetätigung zusammen mit dem Ersatzgeschäft 41 Prozent ausmachen. Der Marktanteil bei Elektronischen Bremssystemen (ABS/ESP) liegt nach Konzernangaben bei rund 44 Prozent in Europa und etwa 29 Prozent im NAFTA-Raum. In 2002 wird CAS rund 2,6 Mio. ESP bauen nach zwei Millionen Einheiten im Jahr 2001. Bereits heute liegen Aufträge über 4,2 Mio. Einheiten für das Jahr 2004 vor. Der Konzernbereich Pkw-Reifen erzielte im abgelaufenen Jahr mit einem Umsatz von 2,846 Mrd. Euro eine Steigerung um 7,8 Prozent (Vj. 2,639 Mrd.). Ohne Änderungen im Konsolidierungskreis beträgt der Anstieg 6,6 Prozent. Das operative Ergebnis (EBITA) bei Pkw-Reifen reduzierte sich auf 180,5 Mio. Euro (Vj. 196,4 Mio.). Darin enthalten sind Einmalkosten in Höhe von 141 Mio. Euro für die Restrukturierungsmaßnahmen der europäischen Reifenwerke, die Schließung der Runderneuerung in Bad Nauheim sowie Verluste aus dem Verkauf der britischen Handelskette National Tyre Service (NTS). Im Erstausrüstungsgeschäft hat Continental Marktanteile gewonnen und den Umsatz um 20 Prozent auf über 600 Mio. Euro gesteigert. Die Entwicklung im Ersatzgeschäft war mit einem Plus von 8 Prozent ebenfalls positiv, während der Umsatz im Handelsgeschäft wegen der Restrukturierungen in Großbritannien, die zum Jahresende in den Verkauf der NTS mündeten, mit 768 Mio. Euro nicht das Niveau des Vorjahres (841 Mio.) erreichte. Continental stellte 2001 rund 63 Millionen Pkw-Reifen (plus 4 Prozent) in Europa her. Rund 21 Millionen Einheiten, fast ausschließlich Produkte der Marke Continental, gingen in die Erstausrüstung. In den Ersatzmarkt gingen rund 42 Millionen Reifen, von denen rund 16 Millionen zur Marke Continental gehörten. Der Konzernbereich Nfz-Reifen verzeichnete 2001 einen Umsatzrückgang um 9,3 Prozent auf 886 Mio. Euro (Vj. 976 Mio.). Der Bereich weist für das Jahr 2001 einen operativen Verlust (EBITA) von 97,9 Mio. Euro aus nach einem Gewinn von 36,0 Mio. im Jahr 2000. Das EBITA war vor allem durch Einmalkosten in Höhe von 113 Mio. Euro für die Beendigung der Lkw-Reifenproduktion im belgischen Herstal und für die zur Jahresmitte geplante Schließung des Werkes Traiskirchen in Österreich belastet. Der Absatz von Lkw-Reifen im Erstausrüstungs- und Ersatzgeschäft reduzierte sich um rund 4 Prozent. Einschließlich der gesunkenen Exporte in die USA (rund 0,4 Millionen Einheiten nach rund 0,7 Millionen im Jahr 2000) ergab sich ein Absatzvolumen von rund 3,5 Millionen Stück (Vj. 3,9 Millionen). Der Ausbau der Lkw-Reifen-Fabrik in Puchov in der Slowakei mit einer Jahreskapazität von 1,5 Millionen Nfz-Reifen wurde im letzten Jahr realisiert. Der Konzernbereich Continental Tire North America (CTNA), der im Januar 2002 in die beiden europäischen – jetzt weltweit operierenden – Reifenbereiche integriert worden ist, verringerte seinen Umsatz leicht um 1,1 Prozent auf 1,743 Mrd. Euro (Vj. 1,763 Mrd.). In US-Dollar reduzierte sich der Umsatz um 4,4 Prozent. Ursache war der Einbruch der nordamerikanischen Automobilproduktion. Nach einem operativen Gewinn in Höhe von 20,9 Mio. Euro im Jahr 2000 wies CTNA in 2001 einen operativen Verlust von 314,8 Mio. aus. Das Ergebnis ist vor allem durch Einmalkosten in Mexiko für die Schließung des Werkes Guadalajara und die Wertminderung des Anlagevermögens in Höhe von insgesamt 203 Mio. Euro belastet. Die Produktion von Pkw-Reifen bei CTNA reduzierte sich im Jahr 2001 um 6 Prozent auf rund 27 Millionen Einheiten, die von Nutzfahrzeugreifen fiel um 11 Prozent auf rund 1,8 Millionen Stück. Trotz der schwierigen Situation im nordamerikanischen Automobilmarkt konnte CTNA nach Continental-Angaben Marktanteile gewinnen. Der Konzernbereich ContiTech wurde ebenfalls von der Abschwächung der Automobilkonjunktur betroffen und blieb mit einem Umsatz von 1,768 Mrd. Euro um 1,1 Prozent unter dem des Vorjahres (1,787 Mrd.). Ohne Veränderungen im Konsolidierungskreis durch den Verkauf kleinerer Unternehmensteile wäre das Vorjahresniveau erreicht worden. Das operative Ergebnis (EBITA) reduzierte sich um rund 13 Prozent auf 122,0 Mio. Euro (Vj. 140,3 Mio.). Es wurde durch Kosten für Produktionsanläufe in Mexiko und Ungarn und Aufwendungen zur Optimierung von Werkstrukturen belastet. Der Verkauf der Deutschen Schlauchbootfabik und der Schuhbedarfsaktivitäten wirkten positiv. Der Verbleib des Konzernbereichs ContiTech im Unternehmen macht eine selektive Weiterentwicklung einzelner Geschäftsbereiche möglich. Neben Joint Ventures und anderen Formen der Kooperation ist zur Finanzierung der vornehmlich geographischen Expansion von ContiTech auch der Verkauf einzelner Geschäfte nach wie vor denkbar. Zum 31. Dezember 2001 beschäftigte der Continental-Konzern weltweit 65.293 Mitarbeiter (Vj. 63.832). Durch die erstmalige Einbeziehung von Conti Temic sowie der neuen Töchter von CAS in Japan (Shin-Ei und Shin Tec) wuchs der Konzern um 6.179 Personen. Dem stand ein in erster Linie in den Reifenbereichen verursachter Personalabbau von 4.773 Mitarbeitern gegenüber, verursacht im Wesentlichen durch die Werksschließungen. Die Zahl der Auszubildenden erhöhte sich besonders durch die Einbeziehung von Conti Temic von 1.040 auf 1.190. Vorstand und Aufsichtsrat des Unternehmens sind davon überzeugt, dass es für ein Geschäftsjahr mit einem hohen negativen Ergebnis und weiter gestiegener Verschuldung nicht angemessen wäre, eine Dividende auszuschütten und schlagen der Hauptversammlung am 29. Mai daher vor, für das Jahr 2001 auf die Dividende zu verzichten. Continental geht jedoch davon aus, dass es sich dabei um eine einmalige Situation handelt und das Unternehmen im nächsten Jahr wieder in der Lage sein wird, für das laufende Geschäftsjahr eine angemessene Dividende zu zahlen. Die Zahlen der ersten drei Monate des Jahres 2002 betätigen laut Continental diese positive Einschätzung für das laufende Jahr. Umsatz und Ergebnis liegen im Konzern über dem Vorjahresniveau. Die im vergangenen Jahr vollzogenen und eingeleiteten Restrukturierungen verlaufen plangemäß. Wenn auch Faktoren wie die Konjunkturentwicklung und Fahrzeugproduktion zurzeit nur schwer einschätzbar seien, sieht sich das Unternehmen in jedem Fall durch den Abbau von bestehenden Überkapazitäten bei Reifen und der Verbesserung der Fabrikeffizienz in allen Bereichen auf ein Wiederanziehen der Automobilkonjunktur gut vorbereitet. So erwartet Continental in diesem Jahr einen leichten Umsatzanstieg und eine deutliche Verbesserung des Ergebnisses.

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