Röntgenreihenuntersuchung für Reifen?

Sich lösende Laufstreifen oder brechende Felgen sind die Horrorszenarien der Reifen- und Räderwelt. Die Fertigungsqualität gewinnt daher auch vor dem Hintergrund der Produkthaftung – man denke nur an die Kosten des Firestone-Rückrufes – bei fast allen Herstellern beständig an Bedeutung. Genau da möchte die in Hamburg beheimatete YXLON International X-Ray GmbH – ein auf sicherheits- und funktionsrelevante Prüfaufgaben spezialisiertes Unternehmen, das sich selbst als Weltmarktführer der zerstörungsfreien Materialprüfung mit Röntgentechnik bezeichnet – ansetzen. Laut YXLON-Geschäftsführer Dr. Joseph Kosanetzky bildet die Automobil- und Zulieferbranche deswegen auch einen Schwerpunkt der Aktivitäten der Hamburger – und schon heute rechnet man viele Reifen- und Felgenhersteller zu seinen Kunden. YXLON ist ein noch recht junges Unternehmen, das aus einem Zusammenschluss von Philips Industrial (Hamburg) und der Firma Andrex (Kopenhagen) entstanden ist. 1998 erfolgte die Übernahme des US-amerikanischen Unternehmens LumenX, und 1999 wurden die japanischen Philips-Aktivitäten im Bereich industrieller Röntgentechnik integriert. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete YXLON mit heute rund 260 Mitarbeitern – davon 160 allein am Standort Hamburg, 50 in Akron/USA, 45 in Kopenhagen/Dänemark und sechs in Tokio/Japan – einen Umsatz von rund 61 Millionen Euro. Für die letzten drei Jahre wird ein Umsatzwachstum von 20 Prozent angegeben. “Der Faktor Sicherheit gewinnt immer mehr an Bedeutung”, erklärt Dr. Kosanetzky. “Ein gutes Beispiel sind die erhöhten Sicherheitsanforderungen an Flughäfen nach den Terroranschlägen vom 11. September letzten Jahres.” YXLON liefere auch Anlagen für diesen Bereich, von zunehmender Bedeutung sei aber vor allem die Automobil- und Zulieferindustrie. Mit den von den Hamburgern entwickelten Prüfgeräten und -verfahren können beispielsweise Risse in Schweißnähten und die Korrektheit/Vollständigkeit von Montagen entdeckt bzw. überprüft werden. Typ- und Mengenbestimmung von Materialien gehören darüber hinaus ebenso zu den Einsatzgebieten wie die Erkennung von Fehlern und Einschlüssen in Gussteilen. Gerade dem zuletzt genannten Punkt verdankt die Röntgenprüftechnik laut Dr. Kosanetzky seine zunehmende Popularität im Fahrzeugbau. “Ob Motorblock, Getriebegehäuse, Einspritzpumpen, Kolben, Fahrwerk und natürlich nicht zu vergessen die Räder – der Aluminiumanteil bei den Autoherstellern wächst stetig”, so der Geschäftsführer. Unterschieden wird dabei im Hause YXLON nach sicherheitsrelevanten Komponenten wie beispielsweise Reifen, Felgen, Radaufhängung, Bremsscheiben, Bremszylinder, Quer-/Längslenker, Airbagkomponenten usw., bei denen ein Defekt schwerwiegende Folgen nach sich zieht, und funktionsrelevanten Bauteilen wie zum Beispiel Stecker, Pleuel Lager, Zylinderköpfe, Kurbelwellen etc., die bei einem Ausfall “nur” für Unannehmlichkeiten sorgen, weil das Fahrzeug dann unter Umständen vielleicht nicht mehr benutzt werden kann. Doch egal ob nun die eine oder andere Kategorie – den Autoherstellern ist natürlich an einer möglichst hohen Produktqualität und -zuverlässigkeit gelegen. Darüber hinaus lassen sich durch eine kontinuierliche Überwachung der Produktion auch Kosten sparen. Das Alurad, das beispielsweise mit zu vielen Einschlüssen aus dem Giessautomaten kommt, braucht erst gar nicht weiter bearbeitet zu werden, sondern kann gleich wieder eingeschmolzen werden. Kein Wunder also, dass in der Kundenliste der Hamburger viele namhafte Rädererstausrüster auftauchen und viele der großen Reifenhersteller mit YXLON-Geräten arbeiten. Angeboten wird von dem Unternehmen eine breite Palette von Lösungen für die unterschiedlichsten Ansprüche. So gehören einzelne Komponenten (Röhren, Kameras, Bildrechner usw.) ebenso zum Produktportfolio wie Standardprüfsysteme (Kabinen, Manipulatoren etc.). Einen Schwerpunkt bilden jedoch vor allem an Kundenforderungen angepasste Anlagen. Solche wegen des hohen Durchsatzes meist vollautomatisch arbeitende Systeme werden dann in die Fertigungsstraßen des jeweiligen Kunden integriert. Das “MU231” bezeichnete Röntgensystem beispielsweise wurde für die Serienprüfung von Leichtmetallrädern in hoher Stückzahl konzipiert. Pro Minute können zwei Räder geprüft werden, und die Anlage lässt sich laut YXLON in gängige Fördersysteme integrieren. Mit einem Transportshuttle fährt das Rad dabei durch einen Strahlenschutztunnel in die Prüfposition, wo die Felge in Rotation durchleuchtet wird. Standardmäßig sind zwei Prüfmodi möglich: Im halbautomatischen Betrieb ist das Be- und Entladen der Räder sowie der Prüfablauf automatisiert. Jeder Prüfschritt muss dabei vom Operator nur noch mit “gut” oder “Ausschuss” quittiert werden. Im Gegensatz dazu wird im manuellen Betriebsmodus die Positionierung der Räder per Joystick gesteuert, und die Einstellung der Röntgenparameter erfolgt ebenfalls vom Bediener der Anlage. YXLON betont jedoch, dass auch das “MU231”-System in Richtung vollautomatischem Betrieb ausgebaut werden kann. Das Pendant zur Prüfung von Rad-Reifen-Einheiten heißt “MU2000”. Eingesetzt wird dieses Gerät laut Hersteller in der Reifenentwicklung, beim Design eines neuen Pneus, aber auch im Fertigungsprozess oder in der Unfalluntersuchung. Dazu wird die Rad-Reifen Einheit auf einen Rollenbock gesetzt, der in horizontaler Richtung beweglich ist. Da die Röntgenröhre und der zur Analyse benötigte Bildverstärker auf einem in Auf- und Abwärtsrichtung beweglichen C-förmigen Arm angebracht sind, soll sich jede benötigte Prüfposition problemlos anfahren lassen. Nach Aussagen des Hamburger Unternehmens eignet sich die Röntgenkabine “MU2000” besonders zur Überprüfung des korrekten Sitzes der Reifenwulst auf der Felge, auf die der Reifen montiert wurde. Prüfungen auf Laufflächenablösungen, falsche Lage der Reifensubkomponenten oder Stärkeabweichungen bei Innenseele, Seitenwänden und Laufflächen seien – so YXLON – mit der Anlage ebenfalls schnell und einfach durchzuführen. Die Möglichkeiten, die sich dadurch bei der Unfallursachenforschung ergeben, machen solche Geräte den Worten Dr. Kosanetzkys zufolge auch für Versicherungsunternehmen interessant. “Die Versicherungen gehen mehr und mehr dazu über, im Falle eines Falles den defekten Reifen bzw. die kaputte Felge selbst zu untersuchen als sich auf die Prüfergebnisse der jeweiligen Hersteller zu verlassen”, weist der YXLON-Geschäftsführer auf weiteres Absatzpotenzial im Bereich industrieller Röntgenprüftechnik hin. Noch mehr Interesse ist zudem von Seiten der Reifenhersteller zu erwarten, wenn sich seine Aussagen bezüglich einer gesetzlich geregelten Mindesttestquote in der Neureifenproduktion bewahrheiten sollten. Laut dem Manager des jungen Hamburger Unternehmens gibt es in den Vereinigten Staaten nämlich Bestrebungen, einen Röntgentest in der Neureifenproduktion verbindlich vorzuschreiben. Mindestens 20 Prozent der Produktion sollen – so der angebliche Entwurf einer gesetzlichen Regelung – demnach zukünftig stichprobenartig überprüft werden.

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