Continental setzt Abwanderung in Billiglohnländer fort – Tschechische Republik, Slowakei, Rumänien, Indien, Südafrika

Continental redet mit dem Management der Moskauer Reifenwerke seit etwa drei Jahren. Dabei hat der russische Markt alle nur denkbaren Höhen und Tiefen gezeigt. Momentan scheinen Anzeichen dafür zu sehen zu sein, dass sich der Markt mittelfristig festigen und Wachstum zeigen werde. Der Continental-Konzern dürfte etwa 100.000 Reifen jährlich in Russland absetzen. Allerdings ist auch klar, dass nur mit einer eigenen Produktionsstätte in Russland diese Situation spürbar verbessert werden könnte, weil die Einfuhrzölle erheblich sind. Aufregend sind die immer wieder aufkommenden Gerüchte keinesfalls. Von Continental sind ohnehin keine Auskünfte zu bekommen, weil es eben außer lockeren Kontakten keine konkreten Verhandlungen und erst recht kein konkretes Verhandlungsstadium gibt. Im übrigen scheinen die im Handelsblatt genannten 30 Millionen Euro als Investment in eine mit Problemen beladene Reifenfabrik schon deshalb ungewöhnlich hoch, weil Investitionen in Russland nach wie vor mit ungewöhnlich hohen Risiken behaftet sind, die potentielle Investoren abschrecken. Es ist der NEUE REIFENZEITUNG ebenfalls bekannt, dass auch Michelin seit langer Zeit immer wieder Gespräche mit den Moskauer Reifenwerken führt. Continental gilt allerdings aus Sicht der Zeitschrift im Falle einer konkreten Übernahme als Favorit, weil es personelle Seilschaften nicht zuletzt über das Otrokovice-Management gibt. Continental hat sich in den letzten Jahren einen Namen gemacht als High-Tech-Konzern, der den Glauben an den Standort Deutschland mehr und mehr verloren hat und mehr und mehr Reifenproduktion in Billiglohnländer verlagern will. Inzwischen ist Teves auch bereits im selben Fahrwasser und bemüht sich um Billigproduktion von Bremsenteilen in der Tschechischen Republik. Lousado Die Fabrik in Lousado/Portugal hat zwischenzeitlich eine Tageskapazität erreicht, die im Jahr eine Produktion von zehn Millionen Reifen ermöglicht. In Lousado sind die Löhne am niedrigsten unter allen EU-Staaten. Continental produziert dort Pkw-Reifen aller Konzernmarken sowie auch Private Brands ausschließlich für die europäischen Reifenersatzmärkte. Barum/Otrokovice Aber auch bei Barum in Otrokovice wird die Expansion vorangetrieben. Aus diesem Werk bezieht übrigens der Michelin-Konzern Reifen der Marke Riken. Wie von dort zu hören ist, laufen alle Anstrengungen darauf hin, die derzeitige Produktionskapazität von etwa 10,5 Millionen Pkw-Reifen und rund 400.000 Lkw-Reifen schnellstmöglich auszubauen. Wenn die offensichtlich verabschiedeten Pläne umgesetzt sind, werden in Otrokovice jährlich 17 Millionen Pkw-Reifen gebaut werden. Die Tageskapazität, die zur jährlichen Produktion von 17 Millionen Pkw-Reifen erforderlich ist, dürfte Ende 2001 erreicht sein. Man kann somit davon ausgehen, dass nahezu die gesamte vormalige Produktion aus der Fabrik Newbridge/Schottland und die “gekappte” Pkw-Reifenproduktion aus Traiskirchen/Österreich in das Barum-Werk verlagert werden wird. Und ein weiteres Mal steht das Barum-Werk im Zentrum der Überlegungen. Es wird ein Werk an das bestehende angebaut werden, in dem ausschließlich radiale Treibradreifen für Ackerschlepper produziert werden sollen. Damit hofft Continental, sodann gegen die Taurus-Konkurrenz besser als bisher gewappnet zu sein. MMP-Werk in Rumänien Und ein weiteres Werk entsteht bereits, dieses Mal in Rumänien. Hierbei handelt es sich um ein so genanntes MMP-Werk, das im September diesen Jahres “on stream” gehen soll und in mehreren Schritten auf eine Jahresproduktion von 9 bis 10 Millionen Reifen hochgefahren wird. Angeblich plant der Konzern die Errichtung zweier weiterer MMP-Fabriken für Westeuropa, ohne bisher detaillierte Informationen geben zu wollen. Hieß es noch Anfang Januar, Traiskirchen sei als Lieferant für MMP-Fabriken ausgesucht worden, scheint jetzt aber einiges darauf hinzudeuten, dass Mischungen und Module auch in größerem Umfang aus Deutschland, hier vermutlich Korbach, angeliefert werden könnten. Festzuhalten an dieser Stelle ist, dass MMP-gefertigte Reifen ausschließlich für das Ersatzgeschäft produziert werden. Während Automobilhersteller der Meinung sind, diese Reifen seien für die Erstausrüstung nicht geeignet, heißt es bei Continental, das sei nicht der Fall, allerdings habe man sich bisher aber ohnehin nur auf Ersatzmärkte beschränkt. Ob für die neu entstehenden Produktionskapazitäten westeuropäische Werke geschlossen werden müssen, lässt sich derzeit wohl schwer absehen. Continental setzt auf mehr Wachstum und hofft, die zusätzliche Produktionskapazität vermarkten zu können. Falls das nicht der Fall sein sollte, werde man auch vor weiteren Schließungen von Fabriken nicht zurückweichen. Jointventure mit Matador Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch das 75:25-Jointventure mit Matador. In Puchov werden ausschließlich Lkw-Reifen produziert und innerhalb kürzester Zeit soll eine jährliche Produktionskapazität von etwa 1,5 Millionen Nutzfahrzeugreifen zur Verfügung stehen. Südafrika Fracht ist auch rund um die Welt kein allzu großer Faktor. Das südafrikanische Werk liefert und produziert keinesfalls ausschließlich für den lokalen Markt, sondern das Management ist bestrebt, möglichst viele Reifen aus Südafrika zu beziehen, nicht zuletzt schon deshalb, weil die südafrikanische Regierung Exporte mit saftigen Prämien versüßt. So richtig dies aus südafrikanischer Sicht ist, so gut es für die Menschen dort ist, so überlebensfähig es sein mag, führt doch kein Weg daran vorbei, dass so auch Arbeitslosigkeit von einem Kontinent in einen anderen exportiert wird. Indien Last but not least Asien. Continental hat seit Jahren einiges in Indien vor. Dass der Konzern bereits 15 Prozent an Apollo übernommen habe, wurde dementiert und als indische Zeitungsente klargestellt. Was sollte der Konzern im übrigen auch mit einer Beteiligung von 15 oder 16 Prozent. Richtig ist allerdings, dass die Deutschen in Indien gleich an mehreren Stellen verhandeln. Und zwar sprechen sie mit JK Industries, mit Apollo und dem in heftigsten wirtschaftlichen Problemen befindlichen Reifenhersteller Modi, der ohnehin seit vielen Jahren Reifen der Marke Continental produziert. Aber auch und besonders in Indien ist heute und auf lange Zeit weiterhin eigentlich nur die Produktion von Nutzfahrzeugreifen von Interesse. In Indien arbeitet die Zeit eher für die Deutschen und gegen die Inder, denn in den zurückliegenden Jahren konnten sich die meisten indischen Reifenhersteller nur deswegen einigermaßen über Wasser halten, weil die Rohstoffkosten niedrig waren. Aber genau das hat sich inzwischen grundlegend geändert. Ob der Continental-Konzern auch in Gesprächen mit indonesischen Reifenherstellern geblieben ist, die ebenfalls alle mehr oder weniger zahlungsunfähig sind, war nicht in Erfahrung zu bringen. Mexiko Zur Abrundung müssen die im letzten Jahr getätigten Aktivitäten in Mexiko genannt werden. Zum 1. Dezember 1998 hatte Continental u.a. dort die beiden Reifenwerke der Grupo Carso (Euzkadi) übernommen. Dieser Unternehmensbereich ist übrigens der Continental General Tire in Charlotte/USA unterstellt.

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